93: Questions

"Du wirst mir immer gefallen, Phil, weil du mein Sohn bist. Es liegt nun mal in meiner Natur, dich zu lieben. Ich kann gar nicht anders. Deswegen musst du dir also wirklich keine Sorgen machen. Aber im Moment kann ich mir kaum vorstellen, dass du das hier wirklich getan hast. Im Moment bin ich einfach nur furchtbar enttäuscht von dir und ich denke, das weißt du auch. Ich hätte niemals erwartet, dass du so gegen alles handelst, was ich dir jemals beigebracht habe, und tatsächlich in meinem Tagebuch liest, obwohl du ganz genau weißt, dass es nicht für dich bestimmt ist. Du weißt doch, dass es falsch ist, wieso hast du es also trotzdem getan?"

"Ich weiß es nicht. Ich wollte nur... keine Ahnung. Ich war einfach zu neugierig."

Kurz musterte sie mich und überlegte wohl gerade, ob sie mir Hausarrest geben könnte oder ob das irgendwie albern war. Anscheinend entschied sie sich jedoch für das Letztere, denn sie schüttelte nur leicht den Kopf.

"Ich hätte mir niemals vorstellen können, dass es je einen Grund geben könnte, der dich dazu bringt, mein Vertrauen so zu missbrauchen. Tu das nicht wieder."

"Werde ich nicht, ich verspreche es dir. Es tut mir leid, Mom."

Leise seufzte sie auf und nickte leicht. Sie verstand mein Handeln immer noch nicht und konnte es nicht im Geringsten nachvollziehen, aber immerhin schien sie mir nicht mehr ganz so böse zu sein.

"Ist sonst noch etwas?", fragte sie mich, als ich nach einigen Sekunden immer noch nicht gegangen war.

"Ja. Ich, ähm... Ich habe eine Frage."

"Worum geht's?", fragte sie mich, nun schon deutlich lockerer, während sie ihr Tagebuch im Schrank verstaute.

"Würdest du mich jemals anlügen, um mich oder jemand anderen zu beschützen?" Ich weiß nicht genau, warum ich diese Frage stellte. Vielleicht liegt es daran, dass ich das Gefühl habe, meine Mutter kaum noch zu kennen, vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass ich viel zu häufig nachdenke.

Für eine Sekunde hielt Mom in ihrer Bewegung inne und drehte sich dann mit ernstem Gesicht zu mir um. "Nein. Ich würde dich niemals anlügen. Aber ich würde dir auch nicht immer die ganze Wahrheit sagen oder überhaupt antworten. Wenn es dich beschützt, würde ich dir auch Dinge verschweigen, aber niemals würde ich dir gegenüber bewusst etwas Falsches behaupten."

Erleichtert lächelte ich sie an und spielte dann nervös an meinen Händen. Jetzt war genau der richtige Augenblick, um meine andere Frage zu stellen. Die Frage, auf dessen Antwort ich wirklich gespannt war. Die ich eigentlich schon seit Tagen stellen wollte. Aber ich traute mich nicht. Ich wusste einfach nicht, wie sie auf diese Frage reagieren würde, wie sie sie auffassen würde. Das hier war der beste Moment, um sie zu stellen, aber eigentlich gab es gar keinen richtigen Moment für diese Frage.

"Was ist los, Phil? Was liegt dir noch auf dem Herzen?", fragte Mom mich sanft und ich räusperte mich kurz.

"Ich... Ich habe mich nur gefragt... Jetzt, wo du bei den Ahnen warst und ja jetzt die Aufgabe von Zoëübernommen hast... Hast du auch diesen Drang? Den Drang, Hope zu töten?"


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