23: Schuld

"Tante Anni?", fragte meine Cousine leise, als wir unser Haus betraten.

"Was ist los, Hope?", antwortete sie sanft, sodass mir vor Sehnsucht nach meiner Mom fast wieder der Atem weg blieb, obwohl sie direkt vor mir stand. Es war wie damals, vor zwölf Jahren, als ich mit sieben meine Mutter verlor und daran beinahe zerbrochen wäre. Ich konnte nachts nie schlafen, da mich die Albträume wach hielten und hatte mehrere Jahre nicht mehr ehrlich gelacht. Ich war nie wirklich über ihren Verlust hinweggekommen und sie jetzt zu sehen, wie sie hier vor mir stand, so lebendig, als wäre alles wie früher... Es machte mich einerseits glücklich, aber auf der anderen Seite hatte ich dadurch nur noch mehr Angst, dass sie nur eine Illusion war, die verschwinden würde, sobald ich nur einmal blinzelte oder sie nicht mehr berührte.

"Es... Es tut mir leid...", murmelte Hope leise, während ich die Tür hinter uns schloss und riss mich so aus meinen Gedanken.

"Was? Wieso? Was hast du denn falsch gemacht?", fragte Mom verwirrt.

"Ich... ich war Schuld an deinem Tod. Wenn ich nicht gewesen wäre, wärest du nie gestorben. Ich hätte das alles verhindern können.", flüsterte sie und sah dabei auf den Boden.

Sofort stand meine Mom neben ihr und hob das Gesicht ihrer Nichte an, was ehrlich gesagt ziemlich merkwürdig aussah, wenn beide in etwa das gleiche Alter hatten. "Ja, Hope, ich bin für dich gestorben. Aber achte auf den genauen Wortlaut: Für dich, nicht wegen dir. Du trägst keine Schuld an meinem Tod. Die einzigen, die wirklich Schuld sind, sind ich, weil ich mich selbst getötet habe, und Zoë und ihre Töchter der Natur, die mich zu dieser Entscheidung zwangen. Du warst sieben Jahre alt, Hope, und ich wollte nicht nur dich beschützen, sondern unsere gesamte Familie und das war nun mal nur so möglich. Ich hätte es mir nie verzeihen können, wenn jemand von euch von den Töchtern der Natur verletzt worden wäre, nur weil ich zu feige und egoistisch war, diesen Schritt zu gehen. Also nein, du bist nicht Schuld an meinem Tod und du hättest ihn auch mit keiner einzigen Handlung verhindern können. Du wusstest ja nicht einmal, dass du das Hauptziel von Zoë warst."

Hope schwieg während dieses Vortrags nur und lächelte ihre Tante dann zögernd an, während ich mich schon mal ins Wohnzimmer auf die Couch setzte.

"Mom? Kannst du uns erzählen, was passiert ist, nachdem... du dich umgebracht hast?", fragte ich leise als sich die beiden auch ins Wohnzimmer neben mich setzten.

Ich bemerkte, wie sie leicht schluckte, dann aber vorsichtig nickte. "Ich habe zwar nicht mehr sehr viele, klare Erinnerungen daran, die man beschreiben könnte, aber ich werde versuchen, die richtigen Worte zu finden..."

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top