155: Hilfe

Phils P.o.V.

"Aubrey, beruhige dich.", sprach ich sanft auf sie ein, aber sie hörte nicht auf, sich zu wehren. Sie erkannte mich offenbar nicht, aber wenn ich sie jetzt einfach losließe, würde sie sofort vor mir wegrennen, ohne mich anzusehen, und das konnte ich nicht zulassen. Ich hatte mir schon gedacht, dass sie irgendetwas Dummes tun wird, als sie nach oben gegangen war. Also war ich aufmerksam geblieben und war weiter aufmerksam geblieben. Sobald ich das Geräusch vom Fenster gehört hatte, war ich aufgestanden und unter einem Vorwand nach draußen gegangen. Und dort, am Waldrand, hatte ich auf Aubrey gewartet. Ich war mir sicher gewesen, dass sie versuchen würde, alleine nach ihrer Mutter zu suchen, und das war jetzt ja auch passiert.

"Aubrey, ich bin es. Phil. Ich tue dir nichts.", versuchte ich es noch einmal und sie sah mir plötzlich direkt in die Augen.

"Phil? Was machst du hier?", fragte sie mich erschrocken, entspannte sich aber langsam wieder. Vorsichtig ließ ich sie los, musterte sie aber weiterhin, damit sie nicht einfach wieder verschwinden konnte. Ich würde sie jetzt auf gar keinen Fall alleine irgendwo hingehen lassen. Das war viel zu gefährlich.

"Ich habe auf dich gewartet, was denn sonst?", meinte ich nur locker und grinste sie leicht an.

"Auf mich gewartet? Wieso? Woher wusstest du überhaupt, dass ich weg will? Ich wusste es bis gerade eben schließlich selbst noch nicht.", sagte sie und sah mich verwirrt an.

"Ich habe mir so etwas schon gedacht, als du nach oben gegangen bist.", antwortete ich ehrlich. "Dir geht es nicht gut mit dieser ganzen Situation, das merke ich doch. Du willst deiner Mutter helfen, das ist einfach deine Art."

Erstaunt sah sie mich an. Wahrscheinlich wurde ihr gerade klar, dass ich sie besser kannte als sie sich selbst. Und es erleichterte mich unheimlich, dass sie bei diesem Gedanken nicht ängstlich aussah, sondern sogar ein leichtes Lächeln auf den Lippen hatte.

"Aber gerade eben warst du doch noch im Wohnzimmer. Wie...?", fing sie an, doch ich unterbrach sie lächelnd.

"Du bist nicht die einzige mit Vampirspeed."

Kurz musterte sie mich nachdenklich und schien dann eine Entscheidung zu treffen. "Ich kann nicht einfach hier rumsitzen und darauf warten, dass wir durch irgendeinen Zufall doch herausfinden, wo Mom ist. Sie war immer für mich da und jetzt braucht sie meine Hilfe. Ich muss sie finden, das bin ich ihr schuldig. Du kannst mich nicht dazu zwingen, hier zu bleiben."

Aufmerksam sah ich sie an. Sie sah ängstlich aus. Fürchtete sie sich wirklich davor, dass ich sie gegen ihren Willen hier einsperren könnte? Ich könnte ihr doch niemals so etwas antun. Wusste sie das? Oder hatte sie nur Angst, dass sie Christine vielleicht wirklich finden könnte, diese sie dann aber angriff?

"Ich habe auch nicht vor, dich zu irgendetwas zu zwingen.", sagte ich also ruhig. "Das könnte ich dir nicht antun."

Überrascht sah sie mich an und dann ein wenig beschämt auf den Boden. Anscheinend war auch ihr klar geworden, dass so eine Idee absurd war. Dafür bedeutete sie mir einfach zu viel, auch wenn ich ihr das noch nie so gesagt hatte.

"Dann lass mich gehen. Ich muss zu Mom und zwar so schnell wie möglich. Jede weitere Sekunde, die ich warte, bringt sie nur weiter in Gefahr.", sagte Aubrey eindringlich und ich sah sie nachdenklich an. Sie meinte das wirklich ernst. Ich könnte sie gar nicht davon abhalten, ihre Mutter zu suchen, selbst wenn ich das versuchen sollte. Sie war so fest davon überzeugt, dass es ihre Pflicht war, Christine zu helfen, dass ich keine Chance hatte, sie davon abzuhalten. Irgendwann würde sie eh einen Weg finden, wie sie sich doch davonschleichen könnte. Und wenn ich verhindern wollte, dass sie sich alleine auf die Suche nach ihrer Mutter begab, gab es nur einen Weg.

"In Ordnung. Ich werde mitkommen."

Erstaunt sah sie mir wieder in die Augen und ich bemerkte, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass ich das sagen würde. Genau genommen hatte ich das ja auch selbst gar nicht vorgehabt, als ich hergekommen war. Ich hatte sie einfach nur aufhalten wollen, um sie vor einem großen Fehler zu beschützen. Aber spätestens als sie mich so ängstlich angesehen hatte, weil sie gedacht hatte, dass ich sie hier einsperren würde, war mir klar geworden, dass ich das nicht wollte. Sie brauchte Freiheit und dazu zählte es nun mal auch, diesen Fehler zu machen und Christine zu suchen. Trotzdem würde ich sie deswegen noch lange nicht alleine gehen lassen. Ich war schließlich immer noch der Meinung, dass sie sich bei dieser Suche in Gefahr bringen würde. Die einzige Frage war nur, ob Christine selbst oder ihr Hexenzirkel am gefährlichsten sein würden. Doch wer auch immer es war, war zu mächtig, um sich alleine dagegen behaupten zu können. Aber wenn ich mitkommen würde, könnte ich Aubrey verteidigen und sie wäre in Sicherheit. Zumindest so sehr, wie man in so einer Situation nur sein konnte.

"Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee...", fing Aubrey zweifelnd an, doch ich unterbrach sie sofort.

"Doch, das ist es. Ich werde dich ganz sicher nicht alleine gehen lassen, das ist viel zu gefährlich. Zu zweit ist man immer stärker als alleine. Also entweder du bleibst mit mir hier oder ich begleite dich."

"Aber... Es ist gefährlich, das hast du selbst gesagt. Das hier ist nicht dein Problem, du solltest dich deswegen nicht in Gefahr bringen müssen."

"Das muss ich ja auch gar nicht. Ich habe mich selbst dazu entschieden. Wenn etwas passieren sollte, wovon ich nicht ausgehe, dann ist das ganz allein meine Schuld. Ich werde trotzdem mit mir gehen. Du musst das nicht alleine machen. Bitte, nimm meine Hilfe einfach an."

Sofort breitete sich ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen aus. Sie sah so wunderschön aus, wenn sie lächelte. Aber das sollte ich ihr jetzt vermutlich nicht sagen, das wäre unpassend und würde nur dafür sorgen, dass es merkwürdig zwischen uns würde. Auf ihr Nicken hin grinste ich leicht und sah sie dann an. "Also, was ist der Plan?"

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