150: Explaining

Marys P.o.V.

Aubrey wohnte mittlerweile schon fast einen Monat bei uns, ohne dass mir irgendjemand erklären konnte, warum. Ich hatte bereits mehrfach versucht, Christine anzurufen, um sie zu fragen, was passiert war, aber sie war nie rangegangen. Anscheinend hatte sie beschlossen, mich zu ignorieren. Wenn ich doch nur wüsste, wieso.
Stattdessen konnte ich nur in unserem Haus sitzen und Vermutungen anstellen. Ich hatte auch Phil schon ein paar Mal darauf angesprochen, wie es dazu gekommen war, dass Aubrey bei uns wohnte, aber er war mir nur mit der Ausrede ausgewichen, er könne es mir nicht erzählen, weil er es Aubrey versprochen habe. Einerseits machte mich das unfassbar stolz, weil er alles tat, um sein Versprechen zu halten, aber ich machte mir auch furchtbare Sorgen. Irgendetwas stimmte nicht, das konnte ich schon seit einiger Zeit spüren. Und ich hasste es, nicht zu wissen, was los war. Ich würde sie so gerne unterstützen und ihnen helfen, aber das konnte ich nicht, solange mir nie jemand etwas verraten wollte.
Aber jetzt, nach fast vier Wochen reichte es mir langsam. Christine war meine Freundin und sie war sicher nicht gerade glücklich, dass ihre Tochter von zu Hause fortgelaufen war. Ich konnte es mir zumindest nicht vorstellen, dass sie kein Problem damit hatte. Vielleicht wusste sie ja auch gar nicht, wo Aubrey war, und machte sich einfach nur Sorgen. Egal, was zwischen ihnen vorgefallen war, ich wollte es wissen. Ich musste es einfach wissen, ansonsten würde ich nie wieder ruhig schlafen können. Ich wusste schließlich, dass irgendetwas nicht stimmte.
Also wartete ich an diesem Tag darauf, dass mein Sohn und Aubrey von ihrem kleinen Ausflug zurückkamen, damit ich mit ihnen reden konnte. Sobald ich unsere Haustür hörte, ging ich sofort in den Flur und sah die beiden ernst an. "Es reicht mir.", verkündete ich leise und sah den beiden fest in die Augen. "Es sind jetzt schon vier Wochen und ihr habt immer noch kein Wort darüber verloren, was überhaupt passiert ist. Ich kann es ja verstehen, dass ihr nicht darüber reden wollt. aber das ist keine Lösung. Ich spüre, dass etwas nicht stimmt und euch beiden geht es auch immer schlechter. Ich mache mir doch nur Sorgen. Aber ihr müsst mir jetzt endlich erzählen, was los ist."

"Mom, ich...", fing mein Sohn leise an, wurde jedoch von Aubrey unterbrochen. "Ist schon okay, Phil. Ich kann nicht erwarten, dass ich hier so lange wohnen darf, ohne zu erklären, wieso. Erzähl es ihr einfach. Ich gehe solange duschen."

Bevor einer von uns etwas sagen konnte, war sie bereits nach oben verschwunden. Mir sollte das auch recht sein. Sie musste nicht darüber reden, wenn sie das nicht wollte. Hauptsache, irgendjemand erklärte mir endlich, was los war. Abwartend musterte ich meinen Sohn, bis er leise aufseufzte. "Okay. Können wir ins Wohnzimmer gehen? Das wird jetzt wohl ein wenig länger dauern."

Ich nickte daraufhin nur leicht und kurz darauf saßen wir beide auf einem der bequemen Sofas. "Also, zuerst einmal solltest du wissen, dass Christine bei weitem nicht so unschuldig ist wie sie tut.", fing Phil an und ich musterte ihn fragend. Was meinte er denn damit? Ich kannte Christine schon seit vielen Jahren und ich hatte nie das Gefühl, dass sie in irgendeiner Weise etwas Böses wollen würde. Trotzdem zwang ich mich, nicht noch einmal nachzufragen. Ansonsten würde das nur unnötig lange dauern. Er würde mir gleich schon erklären, was er damit meinte. Also hörte ich ihm einfach nur aufmerksam zu, während er leise weitersprach. Und was er mir in den folgenden Minuten erzählte, veränderte einfach alles.

Als er nach etwa einer Stunde mit seinen Erklärungen endete, konnte ich ihn nur fassungslos ansehen. "Du meinst... Christine hat die ganze Zeit gewollt, dass Aubrey stumm bleibt? Und sie hätte sie umgebracht, als sie herausfand, dass Aubrey ihre Stimme zurückhat?", fragte ich überrascht nach. So hätte ich sie niemals eingeschätzt.

"Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, ob sie sie umgebracht hätte. Aber zumindest war sie extrem wütend und Aubrey hatte wahnsinnige Angst. Christine hat sich aufgeführt wie eine Verrückte. Ich glaube nicht, dass sie von selbst einfach damit aufgehört hätte."

"Das ist furchtbar. Wieso habt ihr mir denn nicht eher davon erzählt?", fragte ich erschüttert. Wenn ich das eher gewusst hätte... Ich hätte doch niemals zugelassen, dass es überhaupt soweit kommt. Außerdem hätte ich gerne mit Christine selbst über all das gesprochen. Vielleicht hatte sie ja auch eine ganz logische Erklärung, wieso sie das getan und nie darüber gesprochen hatte. Auch wenn ich das irgendwie bezweifelte, ich hätte sie zumindest gerne gefragt. Aber das war jetzt nicht mehr möglich. Sie wollte ja ganz offensichtlich keinen Kontakt mehr zu mir.

"Ich konnte nicht. Tut mir leid, Mom, aber Aubrey wollte nicht, dass irgendjemand davon erfährt. Sie wollte nie, dass es zu so einem Drama kommt und ich hatte ihr versprochen, es dir nicht zu verraten. Wir wussten ja nicht, dass so etwas passieren würde. Es ist einfach alles falsch gelaufen.", entschuldigte sich mein Sohn leise und ich lächelte ihn liebevoll an.

"Das ist schon in Ordnung. Ich kann es ja auch irgendwie verstehen, dass sie nicht darüber reden wollte. Und jetzt weiß ich ja auch, was überhaupt passiert ist. Es ist zwar zu spät, um das alles zu verhindern, aber ich kann euch helfen."

"Helfen?", fragte Phil überrascht nach. "Wie willst du denn helfen? Und wieso? Ich meine, ja, es war furchtbar, was passiert ist. Aber so wie es aussieht, ist Christine ja keine wirklich Gefahr mehr. Oder?"

"Ich weiß es nicht.", antwortete ich ehrlich. "Vielleicht will sie noch irgendetwas Böses, vielleicht auch nicht. Zumindest ist es verdächtig, dass sie sich seitdem nicht mehr gemeldet hat, weder bei Aubrey noch bei mir. Irgendetwas stimmt nicht. Und selbst wenn ich mich irre und sie nichts plant, zerrt diese ganze Situation extrem an euren Nerven. Das war in den letzten Tagen ja wohl offensichtlich. Ihr werdet nicht ruhig schlafen können, bis ihr wisst, was mit Christine ist, und das gleiche gilt für mich. Also ist es offensichtlich, was ich tun werde: Ich werde mit ihr reden."

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