6: Der erste Schultag
Am nächsten Morgen wachte ich schon früh auf. Ich wusste, dass ich jetzt nicht wieder einschlafen könnte, also stand ich auf und zog mich an. Weil ich gestern so müde gewesen war, hatte ich es nicht mehr geschafft, mich abzuschminken, also frischte ich mein Make-Up nur noch ein wenig auf. Ich lockte meine Haare ein wenig, sodass sie sanft bis auf meine Schultern fielen und ging dann in die Küche. Wie ich feststellen musste, hatte ich immer noch kein Essen, also würde ich wohl wieder irgendwo ein Brötchen kaufen müssen.
Ich überlegte, was ich heute machen würde, bis mein Entschluss feststand: Ich würde mich hier an der High School einschreiben. Meine Papiere hatte ich alle dabei. Sobald ich mich entschieden hatte, stand ich allerdings wieder vor dem nächsten Problem: Meine Klamotten, die ich gerade trug, konnte ich auf keinen Fall anlassen. Also ging ich zurück in mein Zimmer und durchwühlte meinen Kleiderschrank. Wie ich traurig feststellte, hatte ich kaum passable Kleidung. Ich würde wohl mal wieder shoppen gehen müssen, auch wenn es mir nicht gefiel, das alleine zu tun. Aber wer weiß, vielleicht würde meine Halbschwester (ich kann's immernoch kaum glauben) mich begleiten, sie schien ja ganz sympathisch zu sein.
Nach einigem Überlegen entschied ich mich für ein schlichtes kurzes Kleid, das oben dunkelblau war und nach unten hin immer heller wurde. Es reichte mir bis zu den Knien. Dazu noch eine schlichte, lange Goldkette und mein Outfit für den ersten Schultag war fertig. Es war zwar nichts Besonderes, sah aber trotzdem gut aus.
Ich verließ die Wohnung, und fuhr bei der Bäckerei vorbei, um mir einen Kaffee und ein belegtes Brötchen zu kaufen. Mal wieder nahm ich mein Frühstück im Auto zu mir. Wenn das so weiterging, konnte ich noch meine Küche untervermieten, ich brauchte dringend Essen zu Hause.
Mittlerweile war es bereits so spät, dass ich mich auf den Weg zur Mystic Falls High School machte. Nach einigem Suchen fand ich das Sekretariat, wo ich mich anmeldete. Alles ging erstaunlich schnell und schon nach wenigen Minuten hielt ich die Kombination für ein Schließfach und meinen neuen Stundenplan in der Hand. Heute hatte ich Englisch, Mathe, Biologie und Geschichte, jeweils Doppelstunden. Die ersten Stunden brachte ich einigermaßen unversehrt über mich. Am Anfang war es mir unangenehm, dass mich alle anstarrten, später einfach nur noch nervig. Dieses Klischee der Neuen gefiel mir nicht. Ich war schließlich kein eingesperrtes Tier, das man wie im Zoo anstarren konnte.
Der Unterricht war wie in London auch. Uninteressant.
In der Mittagspause winkte mich Jeremy zu sich. Ich setzte mich zu seiner Gruppe. Die Leute da stellten sich der Reihe nach vor: Jeremy und Elena kannte ich schon, und auch Jeremys Freundin Bonnie Bennet kannte ich aus dem Grill, sie war das dunkelhäutige Mädchen am Billardtisch gestern. Matt Donovan war Kellner im Mystic Grill und hatte blonde Haare. Er war mit Caroline Forbes zusammen, einem hübschen, blonden Mädchen, die ein bisschen wie eine zickige, aber liebenswert verrückte Klischee-Cheerleaderin schien. Der andere blonde Junge stellte sich als Stefan Salvatore vor. Er war Damons Bruder, aber das krasse Gegenteil von ihm: Er war höflich, freundlich und ehrlich gesagt wäre er auch ein wenig langweilig gewesen, wenn ihn nicht so etwas Geheimnisvolles umgeben würde. Es war wie bei Damon, man spürte förmlich, dass sie ein Geheimnis hatten. Na ja, Stefan war jedenfalls mit Elena zusammen und die beiden waren echt süß, wie sie nicht die Augen voneinander lassen konnten.
Alle waren insgesamt sehr nett zu mir und ich unterhielt mich lange mit Elena. Wir verabredeten uns für den Nachmittag, damit wir uns besser kennenlernen konnten. Ich schlug vor, shoppen zu gehen, ich hatte schließlich nicht vergessen, wie leer mein Kleiderschrank war, und sie war einverstanden.
Auf den Geschichtsunterricht am Nachmittag hatte ich keine Lust mehr, aber da alle so von unserem Lehrer, Alaric Saltzman, geschwärmt hatten, dass der Unterricht bei ihm nie langweilig war, hatte ich nicht allzu schlechte Laune. Tatsächlich war er einer der besten Lehrer, die ich kannte. Außerdem bekam er bei mir jede Menge Sympathiepunkte, weil er weder wie unser Mathelehrer darauf bestanden hatte, dass ich mich vor der ganzen Klasse vorstellte noch mich ignorierte wie unser Bio-Lehrer. Er meinte einfach nur: "Das ist Mary Ohara, sie ist neu hier und ich möchte, dass ihr alle nett zu ihr seid. Damit könnt ihr jetzt schonmal anfangen, indem ihr sie nicht anstarrt wie eine unbekannte Zeitreisende aus dem 18. Jh. Apropos 18. Jh, wer kann mir erzählen, was am Anfang des 18. Jh. in Mystic Falls passiert ist?"
So starrte mich niemand an und ich konnte mich das erste Mal heute unbeobachtet an meinen Platz setzen. Auch sonst war der Unterricht sehr interessant, da wir hauptsächlich über die Geschichte von Mystic Falls redeten. Am Ende der Doppelstunde packten alle ihre Sachen zusammen und ich atmete erleichtert aus: Ich hatte meinen ersten Schultag ohne größere oder kleinere peinliche Missgeschicke überstanden.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top