56: Elijah?

Nachdem ich ausgepackt hatte, nahm ich mir wie mechanisch mein Handy. Mir wollte einfach das Bild von Damons Wunde nicht mehr aus dem Kopf gehen, was vermutlich unter anderem auch der Grund war, warum ich so mies drauf war. Ich überlegte, wen ich anrufen könnte, um zu reden. Ich würde niemandem von Damons Biss erzählen, das war ja wohl mal klar und da ich sonst nur mit Stefan darüber konnte, mit dem ich gerade nicht reden wollte, rief ich bei Elijah an. Ich würde ihm nichts von Damon erzählen, aber ich wollte wissen, was aus seiner Sicht heute Nacht passiert war.

"Wer ist da?"

"Elijah, ich bin's."

"Mary?"

"Wer sonst?"

"Es tut mir leid."

"Was denn? Dass du Klaus gerettet hast oder dass das dazu geführt hat, dass mein Vater vollkommen umsonst gestorben ist?"

"Dein Vater ist tot?"

Ich nickte, auch wenn er das am Telefon nicht mitbekam, aber mir stiegen die Tränen in die Augen, und ich konnte nicht mehr reden, weil ich einen dicken Kloß im Hals hatte. Elijah schien zu verstehen, denn er meinte: "Ich bin sofort da."

Und tatsächlich, keine Minute später stand er vor meiner Haustür. Ich öffnete die Tür und sah ihn fragend an: "Wieso bist du nicht einfach so reingekommen?"

"Ich wusste nicht, ob ich noch erwünscht war."

"Bist du immer. Du bist mein Bruder."

"Es tut mir unglaublich leid, Mary. Ich wollte Klaus töten, ich schwöre es, aber er meinte, dass Kol und FInn nicht im Meer sind. Es war der einzige Weg wieder zu ihnen zu finden, bitte verstehe doch."

"Ich verstehe dich..."

"Danke."

"...aber ich finde es trotzdem nicht gut. Ich finde es sogar ziemlich ätzend."

"Ich auch, Mary, ich auch. Aber jetzt sag, wieso ist John Gilbert gestorben?"

"Er hat Elena gerettet. Aber damit ein Mensch wieder auferstehen kann, muss ein anderer sterben, damit das Gleichgewicht der Natur nicht verletzt wird oder so."

"Dann ist er nicht umsonst gestorben. Sein Tod war nicht sinnlos. Dank seines Opfers bleibt Elena ein Mensch."

"Ja, aber auch Elenas Tod war sinnlos, jedenfalls für uns. Klaus ist jetzt nur noch mächtiger geworden. Und wir haben nichts außer John, der gestorben ist, und Elena, die tot sein müsste."

"Wir haben unsere Familie, Mary. Würdest du nicht auch gerne deine anderen Brüder kennenlernen?"

"Keine Ahnung. Vermutlich schon, aber nicht zu diesem Preis. Und glaubst du ernsthaft, dass Klaus dir gibt, was du willst?"

"Wieso sollte er nicht?"

"Er hat sie erdolcht,Elijah. Er wird dafür einen Grund gehabt haben. Und ich denke nicht, dass Kol und Finn Klaus vergeben würden, dass er ihnen fast ein Jahrhundert ihres Lebens geraubt hat. Niemals wird er dieses Risiko eingehen."

"Er hat mir versprochen, mich mit meiner Familie zusammenzubringen und ich glaube fest daran, dass er sein Versprechen hält."

"Ich aber nicht. Was ist, wenn er dich einfach wieder erdolcht?"

"Das wird er nicht. Habe etwas mehr Vertrauen zu ihm."

"Wieso sollte ich? Er hat mir nicht gerade einen Grund dafür gegeben."

"Weil er irritiert war, er war verwirrt und hat sich ausgeschlossen gefühlt."

"Einsamkeit und Verwirrung entschuldigen nicht sein Verhalten."

"Vergib ihm seine Fehler, er bereut sie."

"Ach, tut er das? Dann hat er eine ziemlich miese Art, das zu zeigen. Ich werde ihm niemals vergeben, wenn er keine Reue zeigt!"

"Aber..."

"Nein, Elijah. Ich weiß, dass du noch an das Gute in Klaus glaubst, aber ich nicht mehr. Ich will nicht mit dir über ihn streiten. Ich sollte jetzt schlafen gehen, es ist schon zwei Uhr. Gute Nacht Elijah, und bitte, bitte pass auf dich auf."

Seufzend gab er sich geschlagen. "Gute Nacht, Mary. Wir sehen uns morgen. Außer du willst nichts mehr mit mir zu tun haben?"

"Doch, Elijah. Wir sehen uns morgen." 
Sobald er draußen war, schloss ich seufzend die Tür. Ich machte mir Sorgen um Elijah, mehr als ich zugeben wollte. Schließlich hatte ich mich noch nie mit ihm gestritten. Keine Ahnung, was mit ihm los war, er war sonst immer ganz anders. Er hätte mich in den Arm genommen, mich getröstet, sich tausendmal entschuldigt. Klaus machte eine andere Person aus ihm, eine, die versessen darauf war, das Gute in einer abgrundtief bösen Seele zu finden. Auch ich glaubte tief in meinem Inneren daran, dass nicht alles an Klaus schlecht sein konnte, aber ich war auch davon überzeugt, dass es zu schwer war, an das Gute von ihm zu kommen. Und wenn man das trotzdem versuchte und dabei scheiterte, konnte es passieren, dass man mit einem Dolch in der Brust in einem Sarg endete.

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