149: Nur ein kleines Kind...

"Niklaus hat nach dir gefragt.", meinte Elijah.

"Was? Was will er von mir?"

"Nichts Besonderes. Er wollte nur wissen, wie es dir geht."

Spöttisch lachte ich. "Ja, bestimmt."

"Vielleicht hat er auch gefragt, was er wohl tun muss, damit du ihm verzeihst."

"Vielleicht sollte er mich ja selber fragen."

"Anni, du kennst Niklaus. Für ihn war es schon eine Demütigung, mich danach zu fragen. Es ist ein kleines Wunder, dass er es überhaupt getan hat. Du bedeutest ihm viel."

Er hatte Recht. Verdammt, ich hasste es, wenn er Recht hatte und ich dastand wie ein kleines Kind, das keine Ahnung hat. Wobei ich das im Vergleich zu ihm ja auch war. Nur ein kleines Kind.

"Eine Entschuldigung.", meinte ich leise. "Ich möchte eigentlich nichts weiter als eine vernünftige, aufrichtige Entschuldigung."

"Hat er sich nicht bereits bei dir entschuldigt?"

"Doch, aber das war nicht ernst gemeint. Es kam nicht wirklich von ihm. Hauptsächlich hat er es getan, weil ihr es ihm gesagt hat, und der andere Teil hatte Angst, dass ich ihm das so übel nehmen würde, dass ich mich rächen wollte."

"Ja, das kann ich verstehen."

Ich unterdrückte ein Gähnen. Mittlerweile war es schon ziemlich spät. Einem Teil von mir fiel ein, dass Rose und ich bei all der Aufregung tatsächlich unseren ersten Arbeitstag verpasst hatten, aber ich war so müde, dass ich das einfach verdrängte.

Elijah lächelte leicht, als er meine Müdigkeit bemerkte. "Ich denke, du solltest langsam schlafen gehen."

"Ja, wahrscheinlich. Möchtest du hier bleiben?"

"Nein, ich denke, ich suche mir ein Hotelzimmer."

"Sicher? Du kannst auch ruhig auf der Couch schlafen?"

"Ich auf einer Couch?", fragte Elijah amüsiert.

Ja, okay. Die Vorstellung war schon irgendwie absurd. "Hast ja Recht. Gute Nacht."

"Gute Nacht, Anni." Sanft küsste er mich auf die Stirn und ging. Ich torkelte müde ins Schlafzimmer, zum Umziehen hatte ich keine Lust mehr. Also fiel ich einfach so in mein Bett und war sofort eingeschlafen.

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Am nächsten Morgen wachte ich erst gegen Mittag auf. Es war wirklich ziemlich spät geworden gestern Abend. Von nebenan hörte ich Rose, die irgendetwas in der Küche tat. Schnell stand ich auf und zog mir neue Klamotten an.

"'Morgen, Rose!"

"Wohl eher Mittag, du Schlafmütze.", begrüßte sie mich grinsend.

"Ich glaube, ich habe noch nie so lange geschlafen."

Spöttisch zog sie eine Augenbraue hoch (eine Fähigkeit von ihr, auf die ich zugegeben ein wenig neidisch war). "Hast du nicht letztens noch eine Woche am Stück geschlafen?"

"Nö, da hab ich nicht geschlafen. Da war ich tot."

Wir beide brachen in Lachen aus, als uns das Absurde dieser Situation klar wurde.

"Mary, du weißt, dass wir unseren ersten Arbeitstag verpasst haben?"

"Ja. Ich werde ihn wohl manipulieren müssen."

"Ich weiß nicht. Ich will nicht, dass du... wir... alle Leute in unserer Umgebung manipuliert werden."

"Ich ja auch nicht. Aber ich muss es in diesem Fall sowieso tun. Er wird irgendeine Bescheinigung haben wollen, dass wir alt genug sind, so spät so lange zu arbeiten und dass wir die Schule zuende gemacht haben. Keines können wir vorzeigen, also..."

"Ja, ist gut."

"Aber vielleicht sollten wir Elijah bitten, das für uns zu tun. Nur zur Sicherheit."

"Wieso?"

Schnell erklärte ich ihr, dass meine Manipulationen anders wirkten und ich auf jedes noch so kleine Wort achten musste, damit es keine Schlupflöcher gab. Wenn ich nicht darauf aufpasste... Naja, wir hatten ja an Marcel gesehen, was passiert war. Ich könnte aus Versehen einen gesamten Charakter ändern.

Rose stimmte meinem Vorschlag zu und so rief ich Elijah an, der auch sofort kam. Auf ihn konnte man sich halt immer verlassen. Dann gingen wir gemeinsam ins Rousseau's...

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