Kapitel 75
„Wann haben wir Bescherung?" Mit meinem niedlichsten Gesichtsausdruck sehe ich meinen Vater von meinem Platz in der Mitte des Autos an. „Dann wenn wir Bescherung haben", antwortet er stumpf ohne den Blick von der Straße zu haben. „Und wann ist das?", frage ich mit einem quengelndem Unterton, den ich leider nicht ganz verhindern kann. „Später", kommt die sehr zufriedenstellende Antwort. Nicht. „Lass ihn. Erzähl mir lieber wie die neue Schule so ist. Und wie lange du deine Schiene noch tragen musst." Corinna schaut mich erwartungsvoll an. „Ganz ok. Und noch zu lange" antworte ich ohne sie anzusehen. „Gehts auch nen bisschen genauer als ‚ganz ok'?", mischt sich nun auch Jenny in unser Gespräch ein und sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Seufzend erzähle ich von der Schule und meinen Klassenkameraden. Grade als meine älteste Schwester nach meinem Bein fragen will, ertönt ein „Wir sind da" von vorne. Erleichtert schnalle ich mich ab. Meine Schwestern steigen aus dem Auto aus und grade als ich mich ebenfalls erheben will, steht Jason mit meinen Krücken vor mir. Augenverdrehend lasse ich mir von ihm hoch helfen und nehme meine Krücken an. „Übrigens muss ich mir wegen euch ein Zimmer mit Charlotte teilen", wende ich mich schmollend an meine Schwestern als wir vor der Tür stehen. „Ach du. Und das wird dich jetzt umbringen?" Jenny lächelt mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Jaha. Und du bist dann schuld." Schmollend gehe ich als erste nach meinem Vater rein und strecke Jenny im Vorbeigehen die Zunge raus. Diese lacht nur. Drinnen werden Jenny und Corinna freudig von meiner Stiefmutter begrüßt und bringen ihre Sachen auf ihr Zimmer. „Da wir jetzt ja alle vollzählig sind, können wir gerne Mittag essen. Ich hoffe, ihr habt Hunger?" Meine Schwestern nicken beide und setzen sich an den großen Esstisch. „Charlotte, Anna-Sofie, deckt ihr den Tisch?" Auffordernd sieht meine Stiefmutter mich an. „Ich darf nicht. Ich darf mein Bein nicht überlasten", erwidere ich schnell so unschuldig wie möglich und setze mich zwischen meine Halbschwestern. Charlotte stöhnt genervt aus. „Clemens hilfst du dann bitte?" „Warum ich?! Ist doch nicht mein Fehler dass die nen gebrochenes Bein hat" trotzig verschränkt er die Arme vor der Brust. „Die da hat einen Namen. Und ich kann gerne den Tisch decken wenn du dafür mein gebrochenes Bein nimmst. Ich habe nämlich nicht darum gebeten!" Augenverdrehend geht Clemens in die Küche und murmelt dabei etwas was sich verdächtig nach „Zicke" anhört. „Ich kann dich hören", rufe ich ihm deshalb hinterher. „Anna-Sofie, lass gut sein", mischt sich nun auch mein Vater ein. Genervt verdrehe ich die Augen.
Nach dem Essen gehen Charlotte und ich auf unser Zimmer und reden ein bisschen. Schlussendlich entscheiden wir uns dazu gemeinsam einen Film auf meinem Laptop zu schauen. „Ich bin für Marvel. Die Filme sind genial und du hast die noch nicht gesehen." Überlegen schaue ich Charlotte an. „Aber die sind ab 12 und ich bin noch nicht zwölf!" „Seit wann interessierst du dich für die FSK? Wer rennt noch immer rum und erzählt, dass er bald zwölf ist? Oder hast du etwa Schiss?" Provozieren macht doch immer Spaß. Speziell wenn es die jüngeren Geschwister, mit denen man sich ein Zimmer teilen muss, sind. „Nein, hab ich nicht!" Charlotte verschränkt ihre Arme vor der Brust. „Sicherlich nicht. Und was spricht dann gegen MarvelFilme?" Charlotte verdreht ihre Augen und schiebt mir dann Captain America: the First Avenger zu. Überlegen grinsend lege ich die in das externe DVD Laufwerk und starte den Film. Knapp über der Hälfte des Films, klopft es plötzlich und ein brauner Schopf schiebt sich durch die Tür. „Was schaut ihr?" Clemens versucht einen Blick auf den Bildschirm zu erhaschen. Schnell schließe ich eben diesen. „Das ist noch nichts für dich. Dafür bist du noch zu klein. Und jetzt zisch ab!" Mit meinem gesunden Fuß versuche ich ihn vom Bett zu schubsen. „Aber das ist unfair!" Clemens schlägt auf die Bettdecke und rennt so schnell wie er gekommen ist aus dem Zimmer. Weiter unten im Flur hören wir einen Ruf der sich verdächtig nach einem weinenden Clemens anhört. „Kleine Nervensäge", murmelt Charlotte. Ich nicke zustimmend und starte den Film wieder.
„Was ist los? Warum schließt ihr Clemens aus?!" Meine Stiefmutter steht in der Türöffnung und schaut uns sauer an. „Weil wir alleine einen Film schauen wollen. Clemens muss eben auch mal was alleine machen. Er wird das überleben, wenn wir mal für zwei drei Stunden nichts mit ihm machen." Zustimmend nicke ich. „Es geht nicht um die zwei, drei Stunden jetzt, sondern darum, dass ihr ihn generell immer ausschließt. Was schaut ihr überhaupt?" „Nen Actionfilm. Dafür ist Clemens sowieso noch zu klein", entgegne ich. „Actionfilm? Welche Altersfreigabe hat der denn überhaupt?" „12. Und ich bin schon fast 12 Mama. Und der ist echt nicht so krass. Der Film ist echt ..." setzt Charlotte an, wird jedoch von meiner Stiefmutter unterbrochen: „12? 12?! Charlotte, du bist noch nicht 12! Da fragt man bevor man so einen Film guckt. So hab ich dich nicht erzogen." Charlotte verdreht ihre Augen. „Jaja. Kannst du jetzt gehen?" Übertrieben freundlich lächelt Charlotte ihre Mutter an. Ich nicke bekräftigend. Zu unserem Glück, oder auch Pech, da wir unseren Film jetzt nicht mehr weiter gucken können, klingelt mein Vater die Glocke, die uns sagt, dass jetzt Bescherung ist. Sofort greife ich nach meinen Krücken und springe auf. Genau in dem Moment fangen jedoch schwarze Sterne an vor meinen Augen zu tanzen und ich merke, wie ich zu schwanken beginne. Eine Hand legt sich auf meinen Arm. "Alles ok?", höre ich meine Stiefmutter Sandra fragen. Ich zwinge mich zu einem Nicken und gehe einen, wenn auch wackligen, Schritt nach vorne. Nach zwei Schritten fangen die Sterne an zu verschwinden und ich gehe wieder sicherer. Genau in dem Moment als ich wieder richtig sehe, kommt Jason aus seinem Zimmer uns gegenüber. In zwei Schritten ist er bei mir und sieht mich besorgt an. "Was ist los?". Forschend und besorgt blickt er mich an. "Nichts. Alles gut", behaupte ich und begebe mich zum Wohnzimmer. Auf dem Weg kann ich jedoch Jasons brennenden Blick auf mir spüren. Im Wohnzimmer setzen wir uns alle auf den Boden. Mein Vater und meine Stiefmutter haben alle Geschenke unter den Tannenbaum gelegt, auch wenn alle eigentlich nur meine Geschenke für die anderen und deren Geschenke für mich bedeuten. Mein Vater verteilt die Geschenke an uns und wir fangen an die Geschenke zu öffnen. Clemens und Charlotte haben anscheinend auch noch jeweils ein weiteres Geschenk bekommen. Ich bin ziemlich zufrieden mit meinen Geschenken. Von Papa und Sandra hab ich Geld bekommen, von Charlotte ein neues Buch, von Clemens einen neuen Film und von meinen Schwestern hab ich einen neue Hülle für mein iPad und MacBook bekommen. "Ich geh kurz die Sachen auf mein Zimmer bringen", erkläre ich und stehe auf. Und schon wieder merke ich wie schwarze Punkte vor meinen Augen tanzen, diesmal jedoch hartnäckiger. Ich versuche nach irgendwas zu greifen, um mich daran festhalten zu können, treffe jedoch nichts. Im letzten Moment, bevor ich ganz das Bewusstsein verliere, merke ich wie jemand aufspringt und mich auffängt. Dann bin ich ganz weg.
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1183 Wörter
I'm back! Lang hat's gedauert, aber ich bin finally back. Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen.
LG
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