Ⅵ
Regeln der Unterwerfung
Wooyoung saß auf dem schmalen Bett, die Hände fest um die Bettkante gekrallt. Seine Gedanken rasten, sein Herz schlug wie wild in seiner Brust. Das Zimmer war düster, die vier Betten eng aneinander gereiht, kaum Platz zum Atmen. Neben ihm saß Yeosang, der ihn mit einem Ausdruck von müder Resignation musterte.
„Du siehst aus, als würdest du am liebsten schreien", sagte Yeosang leise und verschränkte die Arme vor der Brust.
Wooyoung hob den Kopf, sah ihn an und schluckte schwer. „Vielleicht will ich das auch", murmelte er.
Yeosang lächelte schwach, aber es war ein Lächeln ohne Freude. „Ich verstehe, wie du dich fühlst. Aber glaub mir, Schreien wird dir hier nicht helfen. Es wird dich nur schneller brechen."
Wooyoung wollte etwas erwidern, doch er spürte, dass Yeosang nicht unrecht hatte. Die Dunkelheit des Zimmers, die Stille, die nur von gelegentlichem Knarren der Dielen unterbrochen wurde – all das fühlte sich wie ein Käfig an, aus dem es kein Entkommen gab.
„Wie lange bist du schon hier?" fragte Wooyoung schließlich, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
Yeosang sah ihn für einen Moment an, als würde er überlegen, ob er antworten sollte. Schließlich sagte er: „Lange genug, um alles zu wissen, was du wissen musst. Und lange genug, um zu wissen, dass Hoffnung hier nichts wert ist."
Wooyoungs Herz zog sich zusammen. „Und Hongjoong? Er scheint... gebrochen."
Yeosang nickte langsam. „Hongjoong war einer der Ersten hier. Er hat mehr durchgemacht, als ich in Worte fassen kann. Aber er kämpft immer noch, auch wenn es nicht so aussieht. Das tun wir alle."
Wooyoung sah ihn an, suchte nach einem Funken Hoffnung in seinen Augen, fand aber nur eine tiefe, alte Traurigkeit. „Was... was erwartet mich hier? Was muss ich tun?"
Yeosang seufzte und lehnte sich gegen die Wand. „Das Wichtigste, was du verstehen musst, ist die Rangordnung. Die Alphas stehen über uns, immer. Du darfst sie niemals direkt ansehen, es sei denn, sie fordern es. Selbst dann solltest du vorsichtig sein. Ein falscher Blick, ein falsches Wort – das könnte dein Ende sein."
Wooyoung schluckte schwer. „Aber... warum? Warum sind wir überhaupt hier? Warum behandeln sie uns so?"
Yeosang schüttelte den Kopf, ein bitteres Lächeln auf den Lippen. „Weil sie es können. Weil wir Omegas sind. Wir sind dazu geboren, ihnen zu dienen, Kinder zu gebären, ihre Befehle auszuführen. Für sie sind wir nichts weiter als Werkzeuge. Und wenn du das nicht akzeptierst, wird es nur schlimmer."
Wooyoung spürte, wie ihm die Luft wegblieb. „Aber das ist... das ist nicht richtig."
„Natürlich ist es das nicht", sagte Yeosang scharf. „Aber das ist die Realität. Du kannst kämpfen, aber das wird dir nichts bringen. Die Alphas haben alle Macht. Und wenn du versuchst, dich zu widersetzen, werden sie dich brechen – oder dich töten."
Wooyoung senkte den Blick, seine Hände zitterten. „Ich kann das nicht. Ich kann so nicht leben."
Yeosang legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Das dachten wir alle am Anfang. Aber du musst lernen, zu überleben. Es geht nicht darum, zu leben, wie du es willst. Es geht darum, überhaupt zu leben."
Die Stunden vergingen, während Yeosang ihm die ungeschriebenen Regeln des Hauses erklärte. Die wichtigsten waren klar: Kein Widerspruch, kein Aufsehen, keine Versuche, sich zu wehren. Arbeiten, gehorchen, schweigen – das war das Leben hier.
„Und die Paarbindung?" fragte Wooyoung schließlich, seine Stimme zitterte.
Yeosang seufzte schwer. „Das ist der schlimmste Teil. Sie binden uns, weil es uns schwächer macht, fügsamer. Eine Paarbindung zwischen einem Alpha und einem Omega ist normalerweise etwas Heiliges, etwas Schönes. Aber hier..." Seine Stimme brach, und er sah zur Seite.
„Hier wird es benutzt, um uns zu kontrollieren. Wenn du einmal gebunden bist, kannst du nicht mehr weg. Dein Körper wird dich immer zurückziehen, selbst wenn dein Verstand fliehen will. Es ist wie eine unsichtbare Kette."
Wooyoung schüttelte den Kopf, Tränen stiegen ihm in die Augen. „Das ist nicht fair. Das ist... grausam."
Yeosang nickte langsam. „Ja, das ist es. Aber das ist die Welt, in der wir leben."
Am Abend, als die anderen Omegare – Hongjoong und Mingi – ins Zimmer kamen, herrschte eine bedrückende Stille. Wooyoung musterte sie vorsichtig. Hongjoong wirkte erschöpft, seine Schritte schwer, als hätte er die Last der Welt auf seinen Schultern. Mingi hingegen versuchte, ein schwaches Lächeln aufzusetzen, als er Wooyoung ansah.
„Du bist also der Neue", sagte Mingi leise.
Wooyoung nickte. „Ja... Wooyoung."
„Mingi", stellte er sich vor und setzte sich auf eines der Betten. „Es wird nicht einfach, aber wir sind hier, wenn du Hilfe brauchst."
Hongjoong hob kurz den Kopf und sah Wooyoung an. Seine Augen wirkten leer, doch in ihnen lag auch etwas, das Wooyoung nicht deuten konnte – eine Mischung aus Mitleid und Warnung.
„Es gibt keine Flucht", sagte Hongjoong plötzlich, seine Stimme kalt und tonlos.
Wooyoung starrte ihn an. „Was?"
„Ich weiß, was du denkst", fuhr Hongjoong fort. „Dass du einen Weg finden wirst, zu entkommen. Aber das ist eine Illusion. Niemand entkommt hier. Und selbst wenn du es versuchst – sie werden dich finden. Und dann wird es noch schlimmer."
Wooyoung wollte widersprechen, doch die Worte blieben ihm im Hals stecken. Er konnte den Schmerz in Hongjoongs Stimme hören, die bittere Wahrheit, die er durchlebt hatte.
In der Nacht lag Wooyoung wach, seine Gedanken rasten. Die Worte von Yeosang und Hongjoong hallten in seinem Kopf wider, und er fragte sich, ob es wirklich keinen Ausweg gab.
Er dachte an Hwayoung, fragte sich, ob sie in Sicherheit war. Vielleicht hatte sie mehr Glück gehabt, vielleicht war der Alpha, der sie mitgenommen hatte, freundlicher. Er betete, dass es so war.
Doch für sich selbst sah Wooyoung keine Hoffnung. Die Welt, in die er geworfen worden war, war dunkel und grausam, und er wusste nicht, wie er darin überleben sollte.
Am nächsten Morgen begann sein neues Leben – ein Leben aus Gehorsam, Arbeit und Schmerz. Ein Leben, in dem Hoffnung nichts als ein ferner Traum war.
Youna
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