Zuckerbrot und Peitsche

Seonghwa POV

Ich lehnte an der Wand in der Nähe ihrer Zelle. Ich versuchte ruhig zu bleiben und einfach abzuwarten. Ich verspürte den Drang mit meinen Fingern über die Gittertür neben mir zu fahren und bei jedem Draht abzuzählen  'Geh ich rein' oder 'Bleib ich draußen', 'Geh ich rein' oder 'Bleib ich draußen', Ich ließ meine Hände aber in den Hosentaschen. Nach einer schieren Ewigkeit kam Hongjoong heraus, schob die Stahltür hinter sich zu, und atmete hörbar frustriert aus, dann rauschte er davon ohne etwas zu sagen und ich war mir noch nicht mal sicher, ob er mich überhaupt bemerkt hatte.

"Lebt sie noch?" rief ich ihm hinterher und als von ihm nur ein dumpfes Grummeln als Antwort zurück kam, machte ich mir noch mehr Sorgen um Y/n.

Er hatte sie sicher nicht umgebracht, dann hätte er jetzt auch anders reagiert, aber da ich wusste, wie furchteinflößend Hongjoong sein konnte, machte ich mir doch Sorgen um ihren Gemütszustand. Etwas unschlüssig stand ich nun also vor ihrer Tür, entschied mich dann aber doch dazu nicht mit leeren Händen zu ihr zu gehen, sondern ihr wenigstens eine kleine Stärkung mitzunehmen.

Ich ging also erstmal in die Küche. Zum Glück war ich gestern einkaufen gewesen und hatte die Vorräte hier mal ein bisschen aufgefüllt.

Ich erwärmte gerade eine Portion Tteokbokki in der Mirkrowelle als Hong Joong neugierig in die Küche kam. "Ich brauche jetzt was Süßes" nuschelte er.

Er blieb in der Tür stehen und sah sich um, sein Blick fiel auf die Mikrowelle und dann auf das Tablett, auf dem ich schon einen süßen Reiskuchen , eine Tasse heiße Schokolade und eine Tasse grünen Tee stehen hatte.

Ich spannte die Schultern an und wappnete mich für einen Anschiss, weil ich sie bewirtete und sie ja unsere Gefangene und nicht unser Gast war,  aber es kam nichts. Verwundert sah ich über die Schulter zu ihm rüber. Hongjoong grinste nur.

"Zuckerbrot und Peitsche, was?" fragte er. Er kam zu mir und legte mir seine Hand auf die Schulter "dann sind die Rollen ja klar verteilt. Du bist also der Liebe und ich der Böse."

Ich runzelte die Stirn 'war da etwa ein leises Bedauern in seiner Stimme?'

Doch bevor ich etwas sagen konnte, zuckte er mit den Schultern und drehte sich weg "meinetwegen" setzte er noch hinzu.

Dann nickte er in Richtung des Tabletts " Ist noch so ein süßer Reiskuchen da?"

"Nein" sagte ich immer noch verdattert. Hongjoong musste gestern Abend schon welche davon gefuttert haben, denn die Packung war schon wieder leer.

"Na dann.." flink griff er zum Tablett und bevor ich begriff, was geschah, hatte er schon die Hälfte des kleinen Reiskuchens im Mund.

"Oh Alter" stöhnte ich.

Er grinste nur und krümelte dabei auf den Fußboden. "Wenn ich schon der Böse bin, dann auch richtig" Er hatte offenkundig Spaß an der Sache.

"Wir wollen sie ja nicht zu sehr verwöhnen", setzte er neckisch hinzu nachdem er runtergeschluckt hatte und griff auch schon wie selbstverständlich zu der Tasse mit heißer Schokolade und trank einen Schluck.

"Also jetzt reicht's aber!" rief ich und riss ihm die Tasse aus der Hand. Dabei schwappte mir ein kleines bischen der noch heißen Flüssigkeit auf die Finger. Schöner Mist.

Mit einem Seufzen stellte ich die nun fast schon halbleere Tasse aufs Tablett.

HongJoong sah mir zu "Danke, dass du dich um sie kümmerst" sagte er dann so leise, dass ich mir nicht sicher war, ob ich mich nicht verhört hatte, dann drehte er sich rum und ging aus der Küche "aber kaufe das nächste Mal ein paar mehr von den süßen Reiskuchen, die sind echt gut!" rief er mir noch zu.

Ich grinste und schüttelte den Kopf. Der hatte sie doch nicht mehr alle.

Y/N POV

Ich lag immer noch im Bett, als es wieder piepte.

Ich wollte gern reglos liegen bleiben,  wischte mir dann aber doch mit dem Handrücken über das verheulte Gesicht, schniefte und schielte Richtung Tür.

Seonghwa stand da. Ich sah ihn an und erinnerte mich sofort an vorhin, als ich in ihn hineingerannt bin und er mich festgehalten hat. Wie wäre es ausgegangen, wenn das nicht passiert wäre? Wäre ich Hongjoong entkommen? Wohl kaum.

Wieder kamen mir die Tränen. Ich wollte nicht heulen, konnte aber gar nichts dagegen machen. Ich sah schnell weg. Ich wollte Seonghwa jetzt nicht sehen. Ich wollte  jetzt niemanden sehen. Also zumindest keinen von diesen Typen.

"Ich habe dir was mitgebracht" sagte er ruhig und lief zum Tisch um dort das Tablett abzustellen.

Es war still im Raum bis auf mein Schluchzen.

"Ich hatte dich vor Hongjoong gewarnt" sagte er nun in diese Stille aber in seiner Stimme lag kein Vorwurf.

Ich hob den Kopf und nickte.

Ich bemerkte, wie sein Blick auf mir lag, und sah an mir hinab. Ich hatte noch immer seine rote Jacke an. "Äh..."

"Schon gut" lachte er "lass sie an, bis du neue Klamotten hast. Yunho bringt heute welche her."

Ich nickte stumpf. Yunhos Name stach mir wie eine Nadel ins Herz.

"Y/N?"

"Ja?" Ich war wohl kurz in meiner eigenen Welt gewesen, denn als ich nun zu Seonghwa sah, stand der schon an der Tür.

"Pass auf dich auf"

Pah. Pass auf dich auf. Wie denn bitte schön? Ich war diesem Wolf doch ausgeliefert.

Er muss meine Gedanken errraten haben, denn er sagte "Du musst mitspielen, Y/N. Du musst tun, was er sagt. Hongjoong ist kein schlechter Mensch. Er ist nur...."

"...sadistisch? brutal? psychopathisch? total bekloppt?" ergänzte ich aufgebracht.

"Nein, Y/n. Nur unbeherrscht. Das ist alles."

Oh. Das ist alles.

"Und er setzt sich immer durch. So einfach ist das." fiel ihm noch ein.

Ja. So einfach ist das.

Er ist unbeherrscht und setzt seinen verdammten Dickschädel immer durch und er darf das. Ich bin hier die Dumme, weil ich mich nicht anpasse.

"Verschwinde" zischte ich.

Er zog die Augenbrauen zusammen und sah wieder aus, wie der Vampir , den ich bei unserer ersten Begegnung in ihm gesehen hatte, aber diesmal hatte ich  keine Angst.

Er nickte mir ernst zu, schob die Tür auf und ging.

Im ersten Moment war ich erleichtert, aber bald fühlte ich mich schlecht.

Ich sah rüber zum Tisch und fühlte mich noch schlechter.

Ich kroch langsam näher und nippte vorsichtig an der heißen Schokolade, die mittlerweile nur noch kalter Kakao war. Wahrscheinlich hat er es nur gut gemeint.

Ich sah zu dem Essen und hatte überhaupt gar keinen Appetit, da ich aber nicht wissen konnte, wann und ob ich wieder etwas bekäme, entschied ich mich dazu es trotzdem zu essen.




Als es wieder Piepte, sah ich auf und erwartete Yunho.

Ich zuckte regelrecht zusammen, als ich Hongjoong erblickte. Er trat ein und schloss demonstrativ die Tür hinter sich. Ich seufzte leise. Dieser Fehler würde ihm kein zweites Mal passieren, das war so sicher, wie das Amen in der Kirche.

Er hielt etwas in der Hand und ich erkannte das Verbandszeug. Oh nee.

Ich wich zurück. Er sollte mich nicht anfassen. Auf keinen Fall. Das konnte ich jetzt nicht ertragen.

"Nein" sagte ich mit dünner Stimme.

"Nein?" fragte er,  wie als müsste er das Wort testen.

"Lass es mich machen" Ich streckte meine Hand aus. "Bitte" setzte ich sogar noch hinzu.

Sein Gesicht war ausdruckslos und er schüttelte langsam den Kopf.

"Du solltest wirklich lernen, dass man mit mir nicht diskutiert" sagte er dann. Er kam in großen Schritten auf mich zu, legte das Verbandszeug; einen neuen sterilen Verband, eine Kompresse, die Wundheilungssalbe, und eine große Rolle Pflaster,  auf dem Bett ab und holte mit einem Griff die Handschellen aus der Hosentasche.

Ich erstarrte. Ich wollte noch weiter zurück weichen, da packte er mich schon am Handgelenk und riss meinen Arm grob über meinen Kopf. Er kniete nun auf mir und schnappte sich auch mühelos den zweiten Arm, ich sah das Ganze wie im Film ablaufen und war noch nicht mal in der Lage mich richtig zur Wehr zu setzen. Bevor ich richtig begriffen habe, was gerade passiert, hatte er mich schon mit zwei Paar Handschellen ans Bett gefesselt.

Das war doch jetzt nicht sein Scheiß Ernst?

Wenigstens stieg er jetzt wieder von mir runter.

"Durch deinen dämlichen Fluchtversuch hast du dein Bein so stark belastet, dass die Wunde am Ende wieder aufgerissen ist" erklärte er während er  das neue Verbandszeug auspackte, dann sah er zu mir. Ein Mundwinkel hob sich zu einem spöttischen Grinsen und ich ahnte nichts Gutes.

Er lehnte sich über mich und seine Hände griffen zielstrebig von unten unter die Jacke an meinen Hosenbund.

Ich schlug mit meinen Beinen um mich, zappelte wie verrückt und schrie wie als wöllte ich damit die Wände zum einstürzen bringen. Das hätte ich aber besser sein gelassen, denn nun nahm er die große Rolle Pflaster und klebte mir einen breiten Streifen auf den Mund.

"So."

"Besser."

Sagte er zufrieden.

Ich kniff die Augen zu Schlitzen zusammen.

Als er nun den Knopf und den Reissverschluss meiner Jeans öffnete, erklangen aus meinem Mund nur noch gedämpfte, dumpfe Laute.

Mit einem Ruck zog er die Hose nach unten und ich wäre am liebsten im Erdboden verschwunden. Zum Glück hatte ich noch Seonghwas Jacke an, die war so lang, dass sie mir obwohl sie etwas nach oben gerutscht war noch über die halben Oberschenkel reichte.

Ich war wie erstarrt. Ich wartete was als nächstes passieren würde und wollte es eigentlich gar nicht wissen. Ich konnte nicht glauben, was da gerade mit mir passierte, wieder hatte ich das Gefühl in einem Film zu sein und nur noch von außen zu zusehen, was da gerade ablief. Es war, wie als wolle mich mein Verstand davor schützen und mir einreden, das da auf dem Bett bist nicht du, das passiert nicht dir.

Aber das war ich und es passierte mir.

Ich begann zu schluchzen.

Er griff nach meinem Bein und legte meinen Unterschenkel wieder auf seinem Schoß ab, dann wickelte er vorsichtig den Verband ab.

Ich zitterte und versuchte meinen Fokus ebenfalls auf meine Verletzung zu richten und den Rest auszublenden.

Ich hob den Kopf leicht an um einen Blick erhaschen zu können.

Er entfernte gerade die Kompresse mit einem zufriedenen Gesicht. "Die Wundsalbe hat gute Arbeit geleistet. Dein Opfer beim letzten Mal war es also wert" er warf mir einen schnellen Blick zu, bevor er sich wieder meinem Bein zuwendete "nur hier ist es ein bisschen aufgerissen und es hat wieder geblutet," Er nahm noch eine Kompresse aus der Packung, mit der er das Blut an der Stelle abwischte, "ist aber nicht viel, zum Glück."

Dann griff er zur Wundsalbe "Achtung. Brennt wieder" warnte er. Doch das war mir diesmal absolut Schnitte. Ich hatte immer noch andere Sorgen.

Als er die Kompresse mit der Salbe aufgelegt hatte und nun den neuen Verband um mein Bein wickelte, wirkte er total ruhig und abgeklärt. Mein Herz hämmerte unterdessen gegen meinen Brustkorb, sodass ich fürchtete, er würde zerspringen und mein Herz würde ihm direkt in den Schoß fallen.

"So. Geschafft" sagte er dann zufrieden. Ohne Vorwarnung schnappte er sich das Pflaster auf meinem Mund an einer Ecke und zog es mit einem heftigen Ratsch ab. Es zwiebelte heftig und meine Haut um meinen Mund fühlte sich wund an. Ich blinzelte ihn unsicher an.

Er griff mit einer Hand nach dem alten Verbandszeug und stand auf. Dann warf er die raue Decke über mich.

"Die alte Jeans, brauchst du nicht. Yunho kommt dann gleich mit neuen Sachen." erklärte er mir.

"ÄH, hallo? Vielleicht hätte ich dann da trotzdem wieder gern was an?!" Protestierte ich sofort.

Er grinste anzüglich und kam einen Schritt auf mich zu "Soll ich sie dir etwa wieder anziehen?"

Ich presste die Lippen aufeinander und schüttelte schnell den Kopf.

Er lachte. Dann beugte er sich vor und ich hielt die Luft an.

Er löste die Handschellen und ich rieb mir über die Handgelenke.

"Und ? War doch halb so schlimm oder?"

Ich sah ihn fassungslos an. Er wollte darauf jetzt nicht wirklich eine Antwort von mir haben oder?

Ich wurde immer unsicherer und merkte, wie langsam Panik in mir aufstieg. Doch zu meinem Glück zuckte er dann nur mit den Schultern und lief zur Tür.

Ich hörte es piepen und war unglaublich erleichtert, als die Tür wieder zu war und das kleine rote Lämpchen wieder blinkte.




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