Amoklauf
Y/N POV
Ich hielt mir die Hand vor den Mund und unterdrückte ein Gähnen. Seit dem Vorfall in meinem Zimmer vor drei Tagen, hatte ich keine Nacht mehr gut geschlafen. Ich war schreckhaft und hoffnungslos übermüdet.
Ich saß mit Ye-Rin und Yi-Kyung in der Cafeteria und war kurz davor im sitzen einzuschlafen.
"Alles ok bei dir?" Rin sah mich besorgt an.
"Sag mal, hast du überhaupt geschlafen letzte Nacht?" Kyu nutzte meine Lethargie und schnappte sich ein Fleischbällchen von meinem Teller. Dann sah sie mich mit gerunzelter Stirn an "Sag bloß du hörst immer noch Geräusche...da war doch alles in Ordnung neulich, oder etwa nicht?"
Ihre grünen Augen musterten mich interessiert.
Wenn ich nicht so verdammt übermüdet wäre, würde mir jetzt sicherlich die Röte ins Gesicht steigen. So gähnte ich nur erneut und zuckte leicht die Schultern.
Ich schob mit meinem Stäbchen die letzten drei Fleischbällchen auf dem Teller von links nach rechts und wieder zurück. Ich hatte ihnen noch nichts erzählt.
Ich hatte mich nicht getraut.
Ich hatte Angst davor meine besten Freundinnen in Gefahr zu bringen. Mit Jungkook war schließlich nicht zu spaßen. Er hatte mir deutlich gedroht, als er bei mir im Zimmer war. Mich fröstelte noch immer bei dem Gedanken daran.
Aber gleichzeitig wollte ich es Ihnen unbedingt erzählen. Vielleicht konnten sie mir helfen und selbst wenn nicht, würde ich mich bestimmt besser fühlen, wenn ich darüber reden konnte. Vielleicht konnte ich dann auch wieder besser schlafen. So konnte es ja auch nicht weiter gehen...
Ich begann unruhig auf meinem Stuhl hin und herzurutschen und gab mir innerlich einen Ruck.
"Nun ja..."begann ich leise, als sich plötzlich von hinten eine Hand auf meine Schulter legte.
"Hey, Y/N" Ich zuckte zusammen und schaute über meine Schulter zu der Person hoch. Für den Bruchteil einer Sekunde befürchtete ich Jungkook hinter mir zu sehen.
Aber es war Jeong Yun Ho. Er war erst vor zwei Tagen neu an unsere Uni gewechselt. Ich hatte ja immer angenommen, dass es ein Ding der Unmöglichkeit ist, mitten im Semester die Uni zu wechseln aber Yunho hat mich eines besseren belehrt. Er hatte vorher an der Busan Daehakgyo, also an der National Universität von Busan, Ingenieurwissenschaften studiert und ist nun hierher gewechselt. Ich hatte alle meine Kurse mit ihm zusammen.
"Oh...hi" antwortete ich. Wirklich überracht war ich allerdings nicht. Seit er an unserer Uni ist, war er irgendwie ständig in meiner Nähe. Es war mir schon fast ein bisschen unangenehm, auch wenn Yunho einen sehr netten Eindruck machte und eine lustige, lockere Art hatte.
Yi-kyung und Ye-rin zogen mich schon auf, weil es doch etwas auffällig war, wie er an mir klebte. Ich vermutete aber, dass es damit zusammen hing, dass er neu hier ist und ich die Einzige bin, mit der er alle Kurse, Seminare und Vorlesungen gemeinsam hat. Ich an seiner Stelle würde mich sicher ähnlich verhalten. Schließlich sucht man immer Anschluss, wenn man neu ist.
"Hatten wir Aufgaben in Analysis auf?" fragte er nun und zog sich den Stuhl neben mir an der Lehne zurecht, sodass er sich neben mich setzen konnte. Er ließ sich auf den Stuhl fallen und drehte sich zu mir. Er trug den Hoodie mit dem SNU Logo unserer Universität. Er stand ihm sehr gut. Es sah lässig und sportlich zugleich aus und unterstrich damit Yunho's sportlich-lockere Ausstrahlung.
"Nein, diesmal nicht. Ich wette Professor Chong hat es diesmal vergessen. Er gibt sonst eigentlich immer welche. " 'Oder ich habs vermasselt, weil ich komplett übermüdet bin', ergänzte ich in Gedanken.
"Bloß gut, ich dachte schon, ich habe was verpasst. Professor Chong spuckt beim Reden wie ein Lama, da bin ich lieber in der letzten Reihe geblieben. Dort war er aber kaum zu verstehen."
Ich lachte. Ja der Lama Vergleich passte. Ich setzte mich bei Prof. Chong auch nie in die vorderen Reihen. "Jap. Bei ihm solltest du immer einen gewissen Sicherheitsabstand einhalten" stimmte ich ihm zu.
"Isst du die noch?" fragte er nun und zeigte auf die letzten drei Fleischbällchen. Ich schüttelte den Kopf. "Nein, kannst du haben" Ich schob ihm den Teller hin und schon verschwanden sie in seinem Mund.
"Wie war's eigentlich so an deiner letzten Uni? Ich habe gehört, die Professoren dort sollen noch merkwürdiger sein als hier?" fragte Kyu interessiert und lehnte sich leicht über den Tisch in seine Richtung. Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. Yunho war mit seinem sportlichen Äußeren genau ihr Typ.
Yunho erzählte uns nun ein paar lustige Geschichten aus seiner Zeit in Busan und ich genoss es ihm zuzuhören, denn es lenkte mich ab.
Wir bemerkten gar nicht wie die Zeit verstrich bis Rin plötzlich aufquiekte "in vier Minuten beginnen unsere nächsten Vorlesungen Leute!"
Rin und Kyu hatten zusamen eine Vorlesung koreanische Literatur. Sie schnappten sich ihre Rucksäcke und sausten auch schon los.
"Müssen wir nicht auch los?" Yunho stand auffordernd vor mir und grinste mich an.
Ich war so müde! Ich sah hilflos zu ihm hoch. "Hey, deine Motivation hält sich ja heute wirklich in Grenzen, na komm schon. Ich will nicht alleine zum Lama" Er sah mich amüsiert an und zog mich am Arm zu sich hoch. "Komm. Ich bin schließlich der Neue und will nicht gleich einen schlechten ersten Eindruck hinterlassen." Mit diesen Worten zog er mich auch schon mit sich.
Da die Vorlesung in einem Gebäude am anderen Ende des Campus war, hatten wir es wirklich eilig. Er verfiel also ins joggen und da er mich immer noch am Arm festhielt blieb mir nichts anderes übrig als mitzurennen, wenn ich nicht hinfallen wollte.
Wir rannten über das Unigelände um es noch halbwegs rechtzeitig zu schaffen. Zu meiner Überraschung genoss ich das Rennen. Es machte mich wach und ich konnte alle Sorgen und Ängste vergessen. Ich dachte nur daran es noch pünktlich zu schaffen und Yunhos Hand, an meinem Arm, gab mir das Gefühl nicht alleine zu sein. Sein Griff gab mir Kraft und das tat gerade unheimlich gut.
Wir erreichten den Vorlesungsraum tatsächlich noch vor Professor Chong, da dieser sich leicht verspätet hatte und nahmen in der vorletzten Reihe Platz.
JK POV
Es war nun 3 Tage her seit ich bei ihr war. Ich hatte seitdem viel zu tun, trotzdem schaute ich immer mal wieder nach dem roten Punkt auf meinem Handy. Meine Sonne nutzte ihr Fahrrad aber anscheinend nicht in dieser Zeit. Der rote Punkt bewegte sich nicht vom Fleck. Ich war enttäuscht und neugierig zugleich.
Heute hielt ich es dann nicht länger aus. Ich musste sie sehen. Musste wissen, wie es ihr ging und was sie so machte.
Ich kam also zu Ihrer Uni.
Ich sah sie in der Cafeteria mit Ihren Freundinnen. Ich lächelte. So wie es aussieht, hat sie seit unserer letzten Begegnung nicht geschlafen. Ich muss sie wohl ganz schön erschreckt haben.
Ich hielt mich im Hintergrund und beobachtete sie.
Meine Sonne sah so niedlich aus, wenn sie müde ist. Ich hätte mich gern neben sie gesetzt und ihren Kopf auf meine Schulter oder an meine Brust gelegt, ihr über die seidigen Haare gestreichelt und mit den kleinen Haarsträhnen gespielt, die ihr zartes Gesicht umgaben...
Was ich dann zu sehen bekam schockte mich. Da kam ein Typ und legte seine Hand auf ihre Schulter. Dann nahm er genau dort Platz, wo ich am liebsten gesessen hätte. Sie unterhielten sich und Y/N und die anderen beiden Mädchen lachten über seine Witze. Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Anscheinend hatte ich sie noch nicht genug eingeschüchtert. Wie konnte sie es wagen zuzulassen, dass sich ein anderer Typ so an sie ranschmiss. Und dann auch nicht irgendein Typ sondern Jeong Yunho von Ateez. Ich knirschte mit den Zähnen.
Als er dann auch noch ihren Arm nahm und sie mit sich mitzog stand ich kurz vorm Amoklauf. Was verdammt hatte Ateez hier zu suchen?!
Ich verfolgte die beiden noch bis zu Ihrer Vorlesung. Als die große, braune Holztür sich hinter ihnen schloss, bemerkte ich erst, wie fest ich den Griff meines Revolvers umfasst hielt. Mein Atem kam in Stößen. Ich musste mich beruhigen, sonst würde das hier blutig enden. Fluchend verließ ich das Universitätsgelände.
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(Bildquelle zum Bild oben: Bild von Hans Braxmeier auf Pixabay)
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