7. Wirklich Feinde?
SOPHIE:
„Warts nur ab Karla, dieses Mal vermassle ich es ganz bestimmt nicht!"
Meine Freundin und ich befinden uns im Hologramm-Trainingsraum und versuchen das nächste Level eines Spiels zu schaffen, das der Chef uns Junior-Agenten programmiert hat.
Dabei muss man sich durch verschiede Level kämpfen, in denen man MAD-Agenten besiegen muss. So kann man Punkte sammeln. Es gibt insgesamt 50 Level und niemand hat es je zu Ende geschafft.
Karla und ich sind immerhin schon auf Level 22. Das ist sehr weit, bedenkt man, dass der Junior-Agent, der es am weitesten gebracht hat – wohlgemerkt mein Ballbegleiter Dominik – nur bis zu Level 31 gekommen ist.
„Ach komm, Sophie, du versuchst es jetzt schon den ganzen Morgen.", meint Karla. „Wir haben noch nicht gefrühstückt! Lass uns was essen gehen, bevor Chef Gontier euch wieder eine neue Mission zuteilt."
Da geht die Tür auf und Chef Gontier kommt herein, begleitet von meinem Onkel.
„Ah, Sophie, hier bist du. Ich habe wieder eine Mission für euch."
„Immer her damit, Chef!", sage ich, während Karla sich verabschiedet. Sie macht sich auf zur Kantine um ihr Frühstück nachzuholen während mein Onkel den Missionsball entgegen nimmt.
„Den Informationen eines unserer Agenten zufolge plant Kralle den Mond aus seiner Umlaufbahn zu stoßen. Wir wissen, dass er dazu den größten Laser der Welt, der in der Schweiz im Berner Museum steht, benutzen will. Ihre Mission ist es, Kralle aufzuhalten. Diese Nachricht wird sich selbst zerstören."
„Warum will Kralle denn den Mond aus seiner Umlaufbahn stoßen?"
„Das wissen wir nicht, Sophie." Ich habe nicht bemerkt, wie Professor Rotoskop zu uns getreten ist. Er spricht weiter. „Aber wenn das gelingt, wird die Welt in Umweltkatastrophen versinken. Die Meere werden verrücktspielen. Den Regierungen wird nichts anderes übrig bleiben als zu kapitulieren."
Ich sehe den Professor erschrocken an. „Wirklich? Wir müssen Titus – äh, Kralle stoppen!"
Mein Onkel und ich machen Anstalten, aus dem Raum zu gehen, da erinnert sich Onkel Gadget an den Missionsball in seiner Hand.
„Das gehört Ihnen, Chef!", mit diesen Worten drückt er Chef Gontier den Ball in die Hand. Dieser explodiert sogleich.
Als wir beim Gadgeto-Mobil angekommen sind, zieht Onkel Gadget etwas aus seiner Tasche.
„Ach, Sophie, das hätte ich fast vergessen. Ich habe mir gestern einen echten Stern gekauft. Schau mal!"
Ich nehme das Blatt Papier in die Hand. Es ist tatsächlich ein Zertifikat, dass Onkel Gadget als den Besitzer eines Sterns auszeichnet.
„Oh, ähm, klasse Onkel Gadget!"
„Ja, nicht wahr? Ich habe ihn sogar nach dir benannt, ähm, beziehungsweise nach deinem privaten Status auf AgentMessage, den ich als dein Verwandter als einziger sehen kann. Der Stern heißt jetzt „©SophieXTitus©". Ich habe zwar keine Ahnung was das bedeutet, aber ist ja auch egal."
„WAAS?" ich laufe puterrot an und reiße ihm den Zettel aus der Hand. „I-ich dachte diesen Status könnte NIEMAND sehen!"
Ich fasse es nicht. Als ich das Blatt betrachte, steht dort tatsächlich „©SophieXTitus©".
„O-onkel Gadget, das darfst du NIEMANDEM zeigen, okay?"
„Was? Aber warum? Na gut, ich werde den Leuten, denen ich es schon gezeigt habe, sagen, sie sollen es nicht weiter erzählen."
„D-du HAST es schon her gezeigt? WEM?" Ich klinge bereits panisch.
„Keine Sorge, nicht so vielen. Nur zirka dem ganzen Hauptquartier und noch ein paar anderen."
Ich klatsche mir mit der Hand auf die Stirn. Das darf doch nicht WAHR sein!
TITUS:
„Äh, WARUM genau willst du den Mond nochmal aus seiner Umlaufbahn stoßen?"
Ich stehe im Berner Museum vor dem Laser und spreche mit meinem Onkel über mein Armband.
„Weil er mir die Sicht auf meinen Stern versperrt!"
„Deinen was?"
„Na den Stern, den ich mir vor kurzem gekauft habe! Ich habe die Koordinaten des Sterns überprüft –"
„NEIN das war ICH!"
„Unterbrich mich nicht! Also, und dieser Stern liegt direkt hinter dem Mond. Also will ich den Mond weghaben um meinen Stern sehen zu können!"
„Ähm, Onkelchen, du weißt schon, dass der Mond im Laufe der Nacht wandert, oder?"
„Das ist mir komplett egal!", donnert Onkel Kralle. „ICH WILL IHN WEGHABEN, IST DAS SO SCHWER ZU VERSTEHEN???"
„Nein, nein, schon gut." Ich gebe es auf, meinem Onkel die Naturgesetze beibringen zu wollen. „Aber mal im Ernst, wer kauft denn bitte einen Stern? Das machen doch nur die größten Loser...äh, *die größten Loser* sagt man heutzutage, wenn man echt supercoole Typen meint..."
Man, ich muss echt vorsichtig sein, das was ich denke von dem was ich sage zu trennen.
„Wusstest du", fährt Onkel Kralle fort, dass ich den Stern auch benennen durfte?"
„Ach ja?" Ich versuche nicht mal so zu tun als würde mich das interessieren. Er merkt es eh nicht.
„Ja und ich habe ihn nach dem Spruch benannt, der auf deinem Handy erscheint, wenn man das Display entsperrt. Der Stern heißt jetzt „Titus+Sophie=4ever". Ich weiß zwar nicht was das heißen soll, aber mir fiel kein besserer Name ein."
Ich wirble herum. „W-wie bitte? WARTE wieso warst du an meinem Handy?"
„So halt. Und jetzt mach deine Arbeit. Ich will „Titus+Sophie=4ever" heute noch am Himmel sehen, VERSTANDEN?"
Mein Armband deaktiviert sich. Man, ich muss diesen Status echt dringend ändern. Ja, vor allem weil er nicht mehr zutrifft.
Ich lächle böse. Dann greife ich nach meinem Handy und tippe: „Sophie=Loser, Titus=Winner".
Ja, das ist besser.
SOPHIE:
Ich bin gerade mit Fino und meinem Onkel im Berner Museum angekommen. Das Gadgeto-Mobil ist gelandet und wir stehen vor dem größten Naturkunde-Museum Berns.
Es ist gigantisch und ich hätte große Lust, einmal in meiner Freizeit herzukommen, aber jetzt ist nicht die Zeit, sich all die alten Schätze anzusehen. Ich muss Titus aufhalten – und mich bei ihm entschuldigen. Kaum zu glauben.
Ich schleiche mich durch das Museum, auf der Suche nach meinem Lieblingsfeind. Fino habe ich wie immer da gelassen, um auf meinen Onkel aufzupassen. Dieser hat in einer historischen Standlaterne offenbar seinen *vom Himmel gefallenen* Stern wiedererkannt und ist glücklich, solange diese nicht ausgeht.
Mal sehen, ob mein Hund das hinkriegt.
Im obersten Stock angekommen, sehe ich eine Glasschiebetür, die auf die Panorama-Aussichtsterrasse, die sich unter freiem Himmel befindet, führt.
Dort sehe ich die Umrisse eines riesigen Gebildes, das der Laser sein könnte.
Ohne zu zögern schlage ich die Tür mit einem Seitwärtskick ein und stürme auf die Terrasse. Kein Mensch ist zu sehen. Erst wundere ich mich, dann überkommt mich sogar leichte Panik. Wo ist Titus? Er sollte doch schon längst...
Doch ehe ich den Gedanken zu Ende denken kann, trifft mich etwas hart im Genick. Ich falle zu Boden und sehe kurz Sternchen. Dann schüttle ich meinen Kopf und sehe hoch.
In zwei mir sehr vertraute braune Augen.
Titus.
TITUS:
Da liegt sie, direkt vor mir. Na, ist wohl nicht gerade das was du erwartet hast, Sophie. Wie ist es so, der Realität in die Augen zu sehen?
Wir sind Feinde, sage ich mir. Und dieses Mal verhalte ich mich auch so.
Ich mache sie fertig. Keine Gnade. Nicht heute.
SOPHIE:
Ich habe keine Zeit darüber nachzudenken, was er tut, warum er es tut. Ich habe nicht einmal Zeit, Luft zu holen, da schlägt er wieder zu. Im letzten Moment drehe ich mich zur Seite.
Sein Fuß prallt zwei Zentimeter neben meinem Gesicht auf den Boden.
Ich ringe nach Atem, komme hoch, da attackiert er mich schon wieder.
Er sagt kein Wort, keine Begrüßung, kein Lächeln, nicht einmal ein Augenzwinkern. Aber das ist nicht das Schlimmste daran.
Das schlimmste ist der Ausdruck in seinen Augen. Jegliche Freundlichkeit ist aus ihnen gewichen. So habe ich ihn noch nie gesehen.
Alles, was ich tue, ist seinen gnadenlosen Attacken ausweichen, während ich krampfhaft versuche, nachzudenken.
„T-Titus, was ist mit dir..." Sein Schlag lässt mich nicht ausreden. Dann lächelt er, aber es ist nicht das spitzbübische Verführerlächeln, das ich von ihm kenne. Nein, dieses Lächeln ist böse.
„Freut mich, dass du fragst, Sophie. Ich dachte, nach unserem letzten Gespräch wäre alles geklärt – wir sind Erzfeinde, das hast du doch selbst gesagt – und es wird Zeit, damit anzufangen, sich auch so zu verhalten."
Da stehen wir also, auf dem Dach des Berner Naturkundemuseums, neben einem riesigen Laser und kämpfen. Aber nicht so, wie wir sonst kämpfen. Das war eher spielerisch – eine Art Wettkampf. Wir beide wussten, dass wir dem jeweils anderen nicht wirklich etwas antun könnten und in einer brenzligen Situation konnten wir uns darauf verlassen, dass der andere und hilft.
Jetzt, begreife ich, ist alles anders. Wenn ich jetzt ausrutschen und von der Kante stürzen würde, würde er mich nicht auffangen. Vielleicht, würde er mich sogar hinabstoßen.
Zum ersten Mal, seit ich Titus kenne und gegen ihn kämpfe, habe ich Angst.
Und nicht nur ein bisschen. Ich bekomme richtig Panik. Panik davor, dass er in seinem Zustand fähig wäre, mich umzubringen.
Was ist nur geschehen? Hat sein Onkel irgendetwas mit ihm gemacht? Als ich ihn danach frage, lacht er verächtlich.
„Mein Onkel hat nichts mit mir gemacht. Du allein warst es, die mich dazu gebracht hat, einzusehen, wie es wirklich ist. Ich brauche keine Gehirnwäsche um den Fehler zu erkennen, den ich gemacht habe, jedes Mal als ich gegen dich gekämpft habe. Aber es wird Zeit, aus dem Traum aufzuwachen Sophie. Werde endlich erwachsen."
Mit diesen Worten stößt er mich unsanft zu Boden. Ich weiß nicht was mehr wehtut, der Stoß oder seine Worte.
Ich? Ich soll an seiner Veränderung schuld sein? Ich kann nicht verhindern, dass sich meine Augen mit Tränen füllen.
Er richtet den Laser auf mich. Ich habe keinen Zweifel daran, dass er abdrücken wird. Ich werde sterben.
„Titus – ich wollte –" Es hat keinen Sinn mehr. Aber ich muss es sagen.
„Es – es tut mir leid."
Ich weiß nicht mehr, ob er es hört oder nicht.
Alles, was dann passiert, erlebe ich wie durch einen Schleier. Mein Onkel, der auf seinem Schrauber angeflogen kommt. Fino, der an seinem Bein hängt, und sich auf den Laser fallen lässt und diesen vom Dach hinunterstürzt.
Erleichtert springt er zu Boden, nur um wenige Sekunden später von meinem Onkel erneut von den Füßen gerissen zu werden.
„Donnerlittchen, hat jemand von euch meinen Stern gesehen? Der MAD-Agent, der als Museumswärter verkleidet war, hat ihn mir weggenommen!"
Als er sich aufrichtet, stößt er Titus, der immer noch daneben steht, versehentlich um, sodass dieser stolpert und vom Dach fällt.
Ich eile zur Kante, kann aber nichts sehen. Man, Sophie, er hat doch Raketenstiefel! Aber egal wie oft ich mir das auch sage, es hilft nichts.
Wir sind Feinde, hat er gesagt. Und wir sollten auch anfangen, uns so zu benehmen. Ja, er hat Recht. Vielleicht sollte ich wirklich erwachsen werden.
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