Und schon wieder auf der Flucht

Der kleine Raven, gerade mal wenige Stunden alt, wird irgendwann in naher Zukunft einer mächtigsten Hexer sein; und wir, seine Tanten hatten die Aufgaben, ihn mit unserem eigenen Leben zu beschützen und ihm all unser Wissen beizubringen, zu lehren.

Inzwischen war der neue Tag angebrochen und wir mussten uns in ein neues Versteck begeben, waren nicht mehr lange hier sicher. Wir huldigten noch einmal den Ahnen, bevor wir uns auf unsere weitere Reise begaben. Und es sollte eine unendlich lange werden, mit vielen Gefahren, die uns von allen Seiten drohten.

Noch immer auf der Flucht vor all dem Bösen, waren inzwischen bereits außer Landes und erreichten bereits die Grenze des Landes, wo man uns bereits sehnsuchtsvoll erwartet.  Ich rechnete mit allem, aber nicht mit dem, was gleich passieren würde.

Madame Sole hatte ja bereits alles vorbereitet, war uns voraus gereist: Doch sie war nicht allein. Und wo waren wir denn überhaupt, versuchte mich zu orientieren, was nicht ganz einfach war. Denn ich war hier noch niemals gewesen.

Von weiten konnte ich allerdings Zwiebeltürme erkennen. "Nein, das konnte doch wohl echt nicht sein? Waren wir jetzt wirklich hierher gereist?" und ich schaute die anderen an.

Sie nickten mir zu und so wusste ich, dass ich mich nicht getäuscht hatte. Gut, ich wollte da schon immer mal hin, aber wohl eher unter anderen Umständen. Doch von wem wurden wir denn nun erwartet und wo war unser genauer Treffpunkt?, Fragen über Fragen...keine Antwort, zumindest noch nicht sofort.



Und noch immer niemand zu sehen. Hoffentlich hatte alles reibungslos geklappt? Raven schlief noch immer friedlich, eingehüllt in eine warme Decke, verborgen in den Armen seiner Mutter. Wenn man in ihre Augen schaute, konnte man das ganze Glück darin sehen. Schade nur, dass er ohne meinen Bruder aufwachsen musste.

Der einzige Wehrmutstropfen, der mir wirklich sehr sauer aufstieß. Doch wo sollten wir denn nun endlich Quartier beziehen? Was war ich vielleicht ungeduldig, dies nun endlich zu erfahren. Aber ich musste mich noch in Geduld üben. Endlich hörte ich von weitem jemand meinen Namen rufen:

Da fuhr eine dunkle Karosse auf vier Rädern vor, mit abgedunkelten Scheiben. "Nicht, dass der auffiel!", entfuhr es mir ein wenig ungläubig. Ich eilte da hin und schaute, wer uns abholen wollte.

Ein breitschultriger Typ mit langem Haar, was in langen Locken zur Seite fiel. Er trug ein Kapuzenshirt, was keinen Blick auf sein Gesicht zuließ. Ich erfuhr, dass er Damian heißt und von Madame Sole gerufen worden war.

Ganz ehrlich, konnte ich kaum meine Augen von seinem schönen Gesicht abwenden. So fein gezeichnet, ausdrucksstark und funkelnde Augen. Und ein wohlgeformter Mund komplettierte seine mächtige Erscheinung.

"Bist du fertig mit schauen?", fragte er mich und ich beeilte mich stotternd zu antworten:

"Jjjjaaaa." und schon waren alle anderen direkt neben mir. Damian half Madame Lilly beim Einsteigen, hielt vorsichtig den kleinen Raven, nicht ohne einen Blick auf ihn erhaschen zu können. Sein Gesicht sprach jetzt Bände. Damit hatte ich wohl am wenigsten gerechnet.

So, endlich alle im Auto und los ging die Fahrt. Vorbei an menschenleeren Straßen. "Wo waren die denn alle?", wollte wohl nicht nur ich wissen. Damian antwortete mir auf die gleiche Weise wie ich gefragt hatte. Er war also auch ein Telepath.

Warum dachte ich nur, dass er zu so etwas nicht fähig war? Lag es an seinem Aussehen, seiner ganzen Erscheinung? Er sah aber auch aus..was kam ich gerade wieder ins Schwärmen. Eher so ein Typ wie aus der Werbung, mit durchtrainiertem Body und einer Ausstrahlung, die einem die Nackenhaare nach oben  klettern ließen.

Aber dieser Damian war noch etwas ganz anderes, einer von unserer Zunft. Ein gewaltiger Hexer...einer dieser, die man keineswegs verärgern sollte. Und genau deswegen versuchte ich nicht daran zu denken, was mich eigentlich quälte. Nicht dass ich auch darauf noch eine Antworten erhalten würde.

Raven war ungewöhnlich ruhig. Komisch, Babies haben doch eigentlich immer Hunger. Kopfschüttelnd, schaute mich Madame Lilly an. "Er hat doch genug bekommen, ist noch gar nicht wieder dran.". Zufrieden, schaute ich sie an und schaute nun auch auf meinen kleinen Neffen.

"So klein, so unschuldig und bald so gefährlich!", dachte ich mir noch. Eigentlich sollte ich mich über gar nichts mehr wundern. Doch das würde sich sowieso gleich ändern. Damian hatte schließlich auch noch eine Familie und auch die konnte sich sehen lassen.

Endlich waren wir an unserem Ziel angekommen. Etwas außerhalb gelegen, nicht sofort von jedem einsehbar, bewacht von den Gefährten. "Ja, auch er und seine Brüder hatten jeder solch einen Gefährten." und ich war neugierig, welchen er sein eigenen nannte.

Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Vor uns standen nun dreizehn hochgewachsene junge Hünen, die nur jeweils eine andere Haarfarbe trugen als Damian. Ansonsten sahen sie fast identisch aus. So etwas hatte ich noch nie zuvor gesehen, trieb mir doch die Röte ins Gesicht.

Eigentlich dachte ich, dass ich aus der Pubertät raus wäre. Fühlte mich aber gerade wie zu dieser Zeit. Damian konnte sich ein Schmunzeln nicht wirklich verkneifen. Nacheinander stellte er uns seine Brüder namentlich vor. Oh, so viele tolle Namen, die eher an Götter als an Hexer erinnerten. Konnte sie mir dann doch nicht merken.

Ein war mir noch im Gedächtnis geblieben: "Colin", nur warum. Erinnerte mich vielleicht doch an jemand ganz bestimmten? Ja, von der Seite sah er Sam ein wenig ähnlich, allerdings nur ein ganz klein wenig.

Und da war er wieder dieser Gedanke an Sam: " Was würde er denn inzwischen tun? Geht es ihm denn gut? Und was machen Miles und sein Lebensgefährte?", konnte es kaum erwarten, wieder etwas von ihnen zu hören.

Damian und auch Colin hatten mich genau beobachtet, wie auf dem Präsentierteller. "Ihnen geht es allen gut! Wir passen auf sie auf, und dass schon sehr lange.". Sollte ich jetzt zufrieden sein oder mich fragen, wie das sein konnte?

Was hatten mir Miles und sein Lebensgefährte verschwiegen, was jetzt langsam aber sicher an die Oberfläche wollte? Oder wusste ich es schon längst, hatte es nur verdrängt?'"Ich muss aufhören!", rief ich mich selbst zur Ordnung und trat augenblicklich zu Raven.

Madame Lilly hielt ihn mir hin: "Nimm ihn, das wolltest du mich doch gerade fragen?". Wie immer konnte sie mich sehr gut einschätzen. Klein-Raven schlug seine kleinen Äuglein auf und lächelte mich an. War er schon wieder gewachsen oder bildete ich mir das gerade ein?

Was war ich gerade überfordert mit allem, mit meinem so anderen Leben, meiner neuen Familie und mit Damian, Colin und seinen Brüdern. Doch wo hatten sie uns denn nun eigentlich hingebracht? Und wo waren denn die Schergen von meinem Großvater?

Weit konnten sie ja nicht wirklich sein. Leider hatte ich auch damit wieder mal recht. Ich hatte dafür schon ein Gefühl bekommen, dass wir auch hier nicht bleiben konnten.

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