Magie zwischen uns


Nachdem ich den ersten Schock über Colins Wesen überwunden hatte, durfte ja immer noch mit keiner meiner Schwestern darüber reden, überlegte ich wie es nun weitergehen konnte. Von meinem Großvater und seinen gedungenen Widerlingen war noch immer nichts zu sehen oder merken, was eher untypisch für ihn war.

Ich rechnete eigentlich stündlich damit, dass er urplötzlich vor uns erscheinen konnte. Er plante wirklich was richtiges Großes, dessen war ich mir mehr als sicher. Da hatte ich dann so ein Bauchgefühl, auf das ich mich immer verlassen konnte. Irgendwie hatte ich diese Gabe von Geburt an, erkannte immer sofort, wer mir wohl gesonnen war und wer gegen mich stichelte.

Aber ich behielt meine Beobachtungen für mich, irgendwann konnte ich dann zu einem Gegenschlag ausholen, von denen sich die meisten dann nicht mehr erholen würden. Ich war nach außen ruhig, still und bescheiden, doch in meinem Inneren brodelte ein Vulkan, ohne dass ich bisher wusste, warum das eigentlich so war.

Pat hatte mich als Freundin gefunden, mich erst später in alles eingeweiht, nachdem sie meinen Ex gesehen hatte. Daher war nun klar, was sie schon lange vorher gewusst hatte. Es gab kein Irrtum mehr und auch keine Umkehr meines Weges. Mein Schicksal war schon lange vorher geschrieben worden. Und genauso war es mit Damian und Colin.

Auch ihre Geschichte war schon lange vor ihrer Geburt geschrieben worden, und sie konnten auch nichts daran ändern. Denn wenn man sein Schicksal verändert, bleibt das nicht ohne Strafe. Das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse muss immer gewahrt bleiben. Das ist eine alte Regel, die niemals gebrochen werden sollte.

Doch Colin hörte nicht auf seinen Vater und schon gar nicht auf Damian, was dazu führte, dass er mit diesem Fluch belegt worden war, immer öfter zu diesem Urzeitmonster zu mutieren. Keiner der Großmeister und Oberhexen konnte ihn bisher von diesem Fluch erlösen. Er war ein mahnendes Beispiel für Ungehorsam.

Colin durfte zwar leben, aber was war das für ein Leben? Sollte er sich mal verlieben, wie lange konnte er dann bei der Frau liegen, war das überhaupt noch möglich? Er bereute seine Ungestümtheit schon längst und musste trotzdem den Preis zahlen. Er hoffte wirklich darauf, dass ich ihm vielleicht helfen konnte. Doch jetzt konnte wir seine Situation für uns nutzen.

Bisher wusste nur ich von Colins Verwandlung, doch lange würden wir das sicher nicht mehr geheimhalten können. Und ich musste mit Damian reden, dass ich endlich auch meine Schwestern einweihen musste. Doch jetzt wollte ich mich erst mal wieder um meinen kleinen Neffen kümmern, den ich ja sehr in mein Herz geschlossen hatte.

Der kleinen Raven wurde seinem Vater, meinem Bruder, immer ähnlicher und er wuchs in rasender Geschwindigkeit. Ob da wohl doch mehr als nur Magie dabei war? Langsam konnte man schon stutzig werden, wenn man in seine kleinen strahlenden Augen blickte. Er war ein richtiges drolliges, knuddliges Kind, immer freundlich, zumindest wenn er satt und zufrieden war.

Doch ich musste mich auch weiter üben in den Künsten der Magie und weiter üben, ob ich schon alles beherrschte, was nötig war, um meinen Großvater gegenübertreten zu können.  Das hieß nun also mal wieder zusammen mit jemanden diese Sachen bis zum Erbrechen pauken. Doch ich wollte Lilly noch ein wenig schonen, auch wenn sie die Geburt gut überstanden hatte.

Ganz einfach ist es dann doch nicht, auch für sie als Großmeisterin der weißen Magie. Da blieb dann wohl doch mal wieder einer übrig, der auf mich eine magische Anziehung hatte, doch ich fürchtete mich auch davor, konnte ja nicht wissen, wie sich das weiterentwickeln würde.

Doch um den kleinen Raven beschützen zu können und gleichzeitig auch meinem Großvater im Kampf auf Leben und Tod entgegen treten zu können, brauchte ich seine Hilfe, ob ich es nun wahrhaben wollte oder nicht. Ich musste mein eigenes Empfinden hinten anstellen, hier ging es um das große Ganze und ich war ein Teil davon, der eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hatte.

Damian spürte natürlich, dass ich ein wenig unentschlossen war, mich unbehaglich in seiner Nähe fühlte, doch ich wollte mich zusammenreißen.

 "Du kannst dich nicht dagegen wehren. Es ist wie es ist. Mehr kann ich dir dazu nicht sagen.", flüsterte er mir ins Ohr. Verdammt, der Kerl roch mal wieder gut, hatte eine Ausstrahlung, der es immer schwerer machte, nicht seinem Werben zu erliegen.

Und er wusste auf seine Wirkung auf Frauen, insbesondere auf mich. Er kannte sein Schicksal und was uns miteinander verband. Ich hingegen wusste bisher nur einen Teil davon, war von ihm abhängig, er musste sich mir offenbaren und nicht umgedreht. Furchtbar, so darauf warten zu müssen, dass man endlich die volle Wahrheit erfährt.

Doch ich wollte mir merken, dass er mich so zappeln ließ, wollten ihn zu einem späteren Zeitpunkt dafür büßen lassen. Ungestraft durfte er mit mir nicht so umspringen. Das wollte ich ihn lehren. Er hatte zwar die größeren Kräfte, zumindest noch. Meine waren ja noch nicht entfaltet und würden es auch noch nicht in den nächsten Stunden.

Wenn ich erst im Vollbesitz meiner Kräfte wäre, dann müsste er sich erst recht warm anziehen. Denn ich konnte richtig wütend werden, was ihm vielleicht dann nicht wirklich bekommen würde. Es käme dann auf einen Versuch an. Doch warum grinste er immer so, wenn er mich nur ansah? Das war schon nicht mehr lustig.

Er spielt nicht mit offenen Karten und ich fand das echt nicht fair von ihm, was ich ihm wohl doch nochmal klar machen sollte. Eigentlich hatte ich kein Problem, solche Dinge offen anzusprechen, aber da waren sie mal wieder, diese Zweifel, ob ich es dann tatsächlich tun sollte. Er raunte mir schon wieder was ins Ohr, verdammt er geisterte in meinem Kopf herum, noch immer, eigentlich bei jeder Gelegenheit.

"Hast du mich vermisst?", was für eine dummdreiste Frage und jemand anderen hätte ich da schon Bescheid gesagt, aber bei ihm war einfach alles. Eine Anziehung, die von ihm ausging, der ich mich einfach nicht entziehen konnte.  Wir waren irgendwie miteinander verbunden, seit wir uns das erste Mal gesehen hatten.

Hatten wir etwa eine gemeinsame Geschichte zu erfüllen? Er rückte einfach nicht wirklich mit der Sprache raus. "Komm, du solltest jetzt üben!", flüsterte er mir schon wieder ins Ohr, ohne dass ich ihn zu Gesicht bekam. Schon wieder eine Fähigkeit, die er mir voraus hatte. Das war echt unfair verteilt, wusste noch nicht, wie ich selbst unsichtbar sein konnte.

Ich hatte keine Wahl, musste sein Spiel erst mal mitspielen, war aber immer auf der Hut. Doch heute benahm er sich ausnahmsweise mal normal, was man normal nannte. Er paukte stundenlang mit mir Formel von Tränken, Salben und  so weiter. Dann musste ich die verschiedensten Zauber im Kopf durchgehen und er schaute, ob ich das auch wirklich schon beherrschte.

Wenn uns einer beobachten, konnte er nur sehen, dass wir uns einfach nur anschauten. Von außen konnte man einfach nichts erkennen. Dafür hatte Damian schon gesorgt, uns nach außen hin abgeschirmt, was irgendwie spannend war.






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