Die reine Wahrheit


Darin war sie eine wahre Meisterin, eine Großhexe des höchsten Ranges eben. Und sie konnte mir so vieles beibringen, vor allem den Umgang mit Wölfen.Sie rief sie per Gedanken und eh ich mich versah, standen sie in unserer Mitte. Sie nahmen den Geruch der Speisen auf, wagten es aber nicht sich welche aus der Küche zu stibitzen. Sie wussten was sie durften und was nicht. Ihr Futter befand sich in einem Nebenraum,ebenso ihr Wassernapf. Und nur dort wurde auch gefressen und getrunken. Niemals würden sie es wagen ihren Napf durch die Gegend zu bugsieren. Diese beiden der Species Lupin waren einfach sehr guter zogen und trotzdem durften sie noch Wolf sein.

Ich ging zu White Wolve und berührte ihn. Sofort begann er an mir herumzuschnüffeln.Dann durfte ich ihn kraulen. Er hatte das gern und zeigte mir auch,dass er das mochte. Was würde Sam dazu sagen, wenn ich einen weißen Wolf mit ins Haus brächte? Oh, Sam, ich vermisste ihn gar arg, aber noch immer durfte ich mich mit ihm nicht treffen. Das war schon hart und auch Miles durfte nicht mehr zu mir, dass ihn grämte. Nicht einmal SMS durften wir schreiben. Und auch chatten war strengstens verboten. „Verdammt, lange würde ich das nicht mehr aushalten!".Ich war ganz schön wütend, dass mir meine Mutter nichts von meinem wahren Wesen erzählt hatte. Sicher hatte sie ihre Gründe dafür.

Inzwischen zweifelte ich ihre wahre Todesursache an und wollte unbedingt nachforschen. Doch Madame Sole hielt mich davon ab: „Das bringt sie dir auch nicht mehr zurück, Kindchen!". Wo sie recht hatte...aber ich war nun einmal ein neugieriger Mensch, der alles genau hinterfragte. Das konnte ich nicht verleugnen. Madame Sole hatte keine andere Wahl als mir die Wahrheit zu sagen.

Meine Mutter war beim Kampf mit Hexen des Schwarzen Clans tödlich getroffen worden und man ließ es dann wie einen Autounfall aussehen. Ich war geschockt. Warum musste man mich so lange anlügen? Bin ich denn so zerbrechlich, dass ich die Wahrheit nicht vertragen kann? Doch weitere Fragen beantwortete sie mir ganz bewusst nicht. Sie wollte verhindern, dass ich Albträume bekomme. Doch die waren ja schon längst da. Und sie kamen immer wieder. Sie waren einfach grausame Realität.Ich wusste, dass ich einen Weg finden musste mit ihnen zu leben. So schnell würden sie nicht mehr verschwinden.Das war so sicher wie das Amen in der Kirche.

Apropos Kirche, hier ganz in der Nähe befand sich eine kleine versteckte Kirche, die mir Madame Sole unbedingt zeigen wollte. Von außen sah sie aus wie andere Kirche auch, doch von innen...da verschlug es mir die Sprache. Zahlreiche Ahnentafeln an den Wänden zeigten wer hier das Sagen hatte. Es waren ausnahmslos welche von meinem Geblüt und jeder hatte ein anderes Tier, einen anderen Gefährten an seiner Seite gehabt. Auch meine Mutter hatte hier eine Tafel bekommen und was ich bis dato nicht wusste, ihr Gefährte war ein schwarzer Rabe. Ich kann mich nur dunkel erinnern, dass er immer in ihrer Nähe war, nur dachte ich mir früher nichts weiter dabei. Es war für mich nichts besonderes,kannte es ja nicht anders.

Auch meine Großmutter war hier verewigt worden. Ihr Gefährte war ein Uhu. Majestätisch thronte er auf ihrer rechten Schulter. Mir stellten sich bei diesem Anblick die Nackenhaare auf, konnte es nicht verhindern. Denn diese Tiere sind sehr groß und eigentlich auch sehr scheu. Es war mir ein Rätsel wie sie diesen großen Vogel gezähmt hatte. Doch Madame Sole erklärte mir sogleich, dass dieser Gefährte nicht verändert werden darf .Entweder er sucht dich oder du ihn. Wenn du ihn ohne große Anstrengung und Scheu berühren kannst, dann war es das richtige Tier.

„Gab es das auch, dass man später einen anderen Gefährten hatte oder waren die beiden zeitlebens miteinander verbunden?".Wenn eine der Großmeister starb auf welchem Weg auch immer, dann verstarb auch ihr Gefährte. Daher werden auf den Tafel immer beide gleichberechtigt verewigt. Die Gebeine der jeweilige Großmeister befinden sich aber nicht hinter dieser Tafel, sondern werden an einem geheimen Ort aufbewahrt. So war sichergestellt, dass man ihre Magie nutzen konnte, sofern es nötig war. Dafür war aber auch ein Teil des jeweiligen Gefährten von Nöten.

Bei deiner Mutter eben eine Feder ihres Raben. Bei deiner Großmutter eine Feder ihres Uhus.Bei deinem Vater...aber das weißt du ja...er war ja Opfer eines Dämonenangriffs und konnte daher hier nicht hineingebracht werden.Er wurde an einem geheimen Ort zur Ruhe gebettet und seine Überreste mussten leider zerstört werden. So auch die seines Gefährten. Er hatte einen Bussard, was du aber nicht wissen konntest.

Noch immer war ich verwirrt über das was ich gerade alles über meine Familie erfahren hatte. „Und was ist mit meinem Großvater?", wollte ich von ihr wissen. Dass dies ein ganz heikles Thema war, konnte ich schon weitem spüren, da sich ihre Aura entsprechend veränderte. „Das kann ich dir hier an diesem heiligen Ort nicht sagen!" und damit war für sie das Thema vorerst erledigt.

„Oh, ich hatte in ein Wespennest gestochen!", dachte ich für mich und sie nickte. „Verdammt, ich vergesse immer, dass sie meine Gedanken lesen kann!". Ich war wütend auf mich selbst, auf die Umwelt, auf das Ganze hier. Wer weiß wo das alles noch hinführen würde. Dann zeigte sie mir eine der hinteren Tafeln. „Schau das hier ist die Tafel meiner Mutter!"und sie hatte Tränen in den Augen. Auch sie hatte einen Wolf als Gefährten gehabt und dieser sah fast genauso aus wie meiner. Das konnte doch eigentlich kein Zufall mehr sein! Und das war es auch nicht.

Mein „White Wolve" stammte von diesem Wolf ab. Gerade dachte ich an dieses schöne Tier und ein paar Minuten später stand er plötzlich vor mir. Wie war das denn möglich? Ich hatte keine Erklärung dafür.Ich musste noch so viel lernen, wollte noch so viel wissen über die Natur, über meinen Clan, über die Großmeister und ihre Aufgaben.Aber dafür war ja noch genug Zeit. Ich konnte vorerst eh nicht von Madame Sole weg. Und mittlerweile wollte ich es auch nicht mehr.

Doch wir mussten immer aufpassen ob wir nicht von irgendjemand verfolgt wurden. Dieser Jemand konnte alles sein, ein Mensch, ein Tier, ein Kind sogar. Nur wenn man ihr Inneres blickte, konnte man den Verrat spüren und dann war ja auch noch diese böse Aura, die eine Spion umgab. Kein Zauberspruch der Welt konnte sie verändern. Böse blieb böse und konnte sich daher nicht in etwas gutes verwandeln,zumindest nicht in seinem Inneren.

Klingt kompliziert, ist es aber eigentlich gar nicht. Ich hatte von Geburt an die Fähigkeit, die Aura meines Gegenüber zu erspüren, und dass ohne ihn zu berühren. Das konnten nur wenige von uns und ich war nun eine von ihnen. Wieder ein Grund mehr mich auf die dunkle Seite ziehen zu wollen. Langsam wurde mir klar, warum niemals über meinem Großvater gesprochen worden war. Niemals.



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