Four
Four:
der seltsamste Heldenmut, der je existiert hatte
Den halben Flug verpennte ich erstmal. Ich war müde, da ich mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen worden war. Deswegen war mir dies nur recht gewesen.
Doch mindestens 'ne Stunde bevor wir landeten bekam ich wieder diese Schübe und Dränge. Ich wollte mich unbedingt bewegen, unbedingt etwas die Beine vertreten. Aber ich musste mich gedulden.
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„Darren, wir haben ein Problem." Sie machte die Riemchen ihrer Handschuhe nochmal auf, ehe sie sie fester surrte und dann wieder zumachte.
„Noch größer als dieses mit den Muffins?", hob er eine Backform an. „Ich glaube, ich werde Mutters Rezept wohl niemals richtig auf die Kette bekommen." Er seufzte, sah sehnsüchtig auf die verkackten Muffins, die nicht so schmeckten, wie er erhofft hatte.
„Erinnerst du dich noch an ein vierjähriges rothaariges Mädchen, dass uns beide immer mit ihren Puppen nervte und verlangt hat, mit uns zu spielen?" Darren sah ruckartig auf. „Sie war immer Dads Liebling."
„Nein", schüttelte er den Kopf. „Wag es dich, es auszusprechen", hob er den Zeigefinger, zeigte auf sie, ehe seine Sicht verschwamm.
„Ginevra lebt", sprach sie es dennoch grummelnd aus.
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Als wir landeten, war ich heilfroh, endlich wieder richtig rumlaufen zu können. Seit ich damals am Strand von Renesmee und Jacob gefunden worden war, hatte ich immer mal wieder das starke Bedürfnis nach Bewegung gehabt. Ich ging zum Beispiel in ein paar Kampfkurse, bis ich nach Princeton zog. Ich ging hauptsächlich aber für Fitness in der Highschoolzeit ins Fitnessstudio. Das war mir wichtiger gewesen als Karate oder Jin Jitsu.
Doch seit ich nach Princeton gezogen war hatte ich kaum noch Zeit für Sport. Ich konnte anstatt viermal die Woche nur noch dreimal die Woche ins Fitnessstudio – aber das war's dann auch. Mehr Zeit hatte ich einfach nicht erübrigen können, wenn ich meinen Abschluss gut halten wollte.
Ich stieg hinter den ganzen Passagieren aus dem Flieger und lief zur Gepäckausgabe, wo ich meine Reisetasche schnell ausfindig machte. Alice hatte mir ja auch eine knallgrüne Reisetasche zu Weihnachten schenken müssen. Der einzige Vorteil manchmal an Alices Geschenk war, dass sie auffällig waren und so leichter in der Öffentlichkeit wiederzufinden.
Ich lief weiter durch die Scanner, legte vorher meinen Schmuck ab – der eigentlich nur aus meinem alten verranzten Amulett bestand. Das war damals im Rucksack gewesen, den ich bei mir getragen hatte. Es war ein dreieckiger Stein, der grün, lila und blau schimmerte – hier und da war dann auch noch orange, rot und gelb zu sehen. Der Diamant war mal in einer goldenen Fassung gewesen, nur heute war sie braun geworden. Anscheinend war die Fassung kein Echtgold gewesen – denn der Stein war es laut einem Juwelier.
Ich lief gedankenverloren zum Ausgang, nachdem ich die Schleusen durchkreuzt hatte. Mein Handy bimmelte und ich ging schnell ran, ohne zu achten, wer dran war. „Ja?", blinzelte ich, lief auf einen Imbiss zu, um noch etwas zu essen.
„Ich bin's. Paris." Sie seufzte. „Meine Mum kam auf die bescheuerte Idee, shoppen zu gehen. Aber jetzt sitzen wir im Stau und kommen zu spät irgendwo noch an. Kannst du auf mich warten und mit zurücknehmen?", erklärte sie mir gereizt.
„Klar", lächelte ich leicht. „Bis gleich."
Paris hatte zwar einen Führerschein, aber kein Auto. Und auf eine Rückfahrt mit ihrer Mutter konnte jedes Lebewesen verzichten. Diese Frau hatte ich ganze viermal in meinem Leben getroffen. Und ganze viermal hatte ich danach das Bedürfnis gehegt, mir die Pulsadern mit Käsesauce zu verstopfen.
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Seufzend wollte ich noch schnell zu McDonald's für einen kleinen Snack für Zwischendurch. Und nebenbei, beim Laufen, öffnete ich Instagram auf meinem Handy und scrollte so durch die Ereignisse, die ich in den letzten drei Tagen verpasst hatte. Oder wohl in der ganzen letzten Woche – da ich nicht häufig auf dieser Plattform unterwegs war.
Ein plötzlich knall riss mich allerdings aus den Gedanken und meinen Fingerfertigkeiten, die ich mit dem Handy an den Tag legte.
„Hä?", machte ich als Männer mit Masken und Waffen in die Halle stürmten. „Oh."
„Okay, alle runter auf den Boden!", schrie einer ganz vorne. Und ich musste den Drang zu lachen mir verkneifen. Er klang wie ein Mädchen. „Und legt die Telefone vor euch!"
Ich hatte voran im Kopf, was ich machen sollte, weil die Menschen hier drin hätten, höchstwahrscheinlich keine Chance. Aber was sollte ich machen, außer denen mit den Waffen zu gehorchen? Sterben wollte ich auch nicht.
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„Also mal so eine Frage", hob ich die Hand und die meisten sahen zu mir.
„Haben wir gesagt, wir wollen, dass ihr redet?", fragte einer nach.
„Wenn einer von uns", ich verdrehte meine Augen, „Reinhypothetisch", merkte ich an, „Sein Handy nicht auch dort abgelegt hat", deutete ich auf den Tresen. „Wird er dann erschossen?" Die Jungs sahen sich an. „Denn ich hatte dieses dringende Bedürfnis, mein Handy zu verstecken und vorher den Notruf zu drücken, als ihr hier hereingestürmt seid", lächelte ich leicht. „Oh, und meine Familie sieht's nicht gern, wenn ich in Gefahr bin", merkte ich noch an als sich einer vor mich hinstellte. „Also bitte nicht zu fest zuhauen", sah ich zu ihm hoch.
„Wo ist das Handy?" Ich legte den Kopf schief, ehe ich auf mein Gesicht deutete.
„Ich seh auch so aus, als würde ich das wissen, oder?" Ich sah mich kurz in der Halle um. „Haben Sie eine Ahnung, wie groß der Flughafen ist und wie viele Ecken und Kanten es hier gibt?"
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„In welchen Flieger ist sie gestiegen?"
„Ich habe nicht drauf geachtet", seufzte sie.
„Verdammt! Du hast einmal eine Chance!", schrie er. „Und dann verkackst du sie auch noch?!" Er raufte sich die Haare. „Verdammt, Lara!"
Sie verdrehte ihre Augen. „Vielleicht sollten wir uns auf diese Geiselnahme und Zoran erstmal konzentrieren."
„Vielleicht sollten wir in Erfahrung bringen, ob Ginevra nach Phili geflogen ist, du hirnverbrannte-", erschrocken sah er auf seinen Mund als ihm die Sprache versagte.
„Zügle dein Mundwerk, Darren", warnte sie ihn, schob sich ihre Brille auf die Nase und schlug ihr Buch auf, ehe sie die Füße, noch in ihre Stiefel gepackt, auf dem Tisch ablegte. „Ich hatte nicht das Bedürfnis, mehr über sie in Erfahrung zu bringen, außer der Tatsache, dass sie nun braune Haare hat."
„Und wenn sie auf diesem Flughafen ist und Zoran sie in die Finger kriegen sollte?", fragte er als sie mit ihrer Hand eine kleine Bewegung machte und ihm seine Stimme wiedergab. „Was ist, wenn sie das Amulett bei sich trägt?"
Sie rollte mit ihren Augen. „Das bezweifle ich. Es ging mit Dads Sachen unter."
„Das weißt du doch gar nicht", schüttelte er seinen Kopf.
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Vor lauter Hitze um mich herum wurde ich wach.
Doch sobald ich meine Augen offen hatte, fing ich an zu husten. Denn es war mir zu stickig. Krächzend versuchte ich, mich aufzurichten, was ganz gut klappte. Bis ich geradeaussah und den Herzinfarkt des Jahres erlitt. Es knisterte und war ziemlich grell vor mir, was einige Sekunden später auf Feuer zurückzuführen war als Stichflammen in die Höhe stiegen.
Ich hustete weiter, strich mir über die Stirn und versuchte dann, nach hinten auszuweichen. Nur als ich dann auf meine Beine sah, sah ich, dass mein Fuß versteckte. „Komm schon", presste ich die Zähne angestrengt aneinander. Doch ich bekam meinen Fuß dort nicht heraus.
„Oh, wie süß." Irritiert sah ich auf. Woher kam die Stimme? „Ginevra, du bist groß geworden." Was? „Und hast anscheinend noch größere Probleme als damals." Woher kam diese tiefe männliche Stimme?
Ich zuckte mit dem Kopf zurück als ein Mann mit einem Tattoo im Gesicht mitten aus den Flammen zu mir gelaufen kam.
>Tat das nicht weh?
„H-hilfe", krächzte ich schwach und versucht, mich aufzurichten.
Er lachte lediglich, beugte sich zu mir herab. „Ich könnte dich hier und jetzt töten, wenn ich wollen würde." Er legte den Kopf schief und ich hielt mit meinem Gezappel inne. „Doch, nein." Er schmunzelte leicht. „Ich spiele lieber noch mit dir", flüsterte er nahe meines Gesichtes.
„Spielen?"
Er nickte ernst. „So wie du mit mir gespielt hast, du Hure." Im nächsten Moment hörte ich es rauschen, nur dann begann ich auch schon zu schreien als meinen Fuß ein dermaßen schlimmer Schmerz durchfuhr. Das einzig Positive war danach, dass ich von ihm davonkriechen konnte. Nur ich war nicht schnell genug. Denn ich sah nur noch eine Faust und mir wurde wieder schwarz vor Augen während ich hörte, wie er schnaubte.
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Datum der Veröffentlichung: 17.06.2019 17:30 Uhr
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