In Sicherheit

Wie wir es noch rechtzeitig geschafft hatten uns in Sicherheit zubringen? Wohl Glück, Karma oder von beiden etwas!

Das Häuschen war massiv gebaut, nach den neuesten Standards für Menschen, die an der See leben. Man rechnete dort immer wieder mit Unwetter, wovon andere überhaupt nichts abbekommen. Am Morgen noch strahlender Sonnenschein und ruhige See. Und am Abend bereits eine tosende See, Wellen meterhoch, das Wasser nicht mehr klar, sondern gallegrün bis schwarz, so als hätte sich soeben ein Höllenschlund geöffnet.

„Was für eine Vorlage für einen Roman!", dachte ich für mich. Meine Akkus waren voll und so begann ich die ersten Zeilen in meinen Laptop zu klimpern. Natürlich war ich jetzt wieder interessant für die kleine junge Dame. „Zeig mal her, gibt es schon Bilder von hier?", wollte sie wissen. „Das werden wir gleich wissen!", rief ich in die Runde.

Tatsächlich hatten sich bereits ein paar Schaulustige aufgemacht und die ersten Bilder nach diesem Sturm aufgenommen und ins Netz gesetzt. Matthis kannte sich mit Technik, wie Computer,Tablet, moderne Handies nicht aus. Er wusste nur so viel, dass das was er sah, noch längst nicht alles war. Und um mir das zu beweisen,wollte er mit mir an den Strand. Seine Enkelin durfte nur mit, wennsie dieses Mal nicht wieder einfach abhauen würde.

Das war schon gefährlich genug gewesen. Nicht auszudenken, wenn ihr etwas passieren würde. Das könnten er und seine Frau sich niemals verzeihen. Schlimm genug, dass ihre Tochter nicht mehr hierher kommen wollte. Es herrschte zwar nicht gänzliche Funkstille zwischen ihnen,aber man hatte sich nicht wirklich viel zu sagen. Traurig, aber wahr.

Deswegen war sie ja auch mit ihrer Tochter weggegangen. Man rief sich höchstens zwei Mal im Jahr an und auch da wurde nicht viel gesprochen. Doch nachdem die Tochter die ersten Bilder im Internet gesehen hatte, versuchte sie schon seit Stunden ihre Tochter zu erreichen. Aber ihr Guthaben war aufgebraucht. Nun war es an Matthis und er fragte mich, ob ich mich mit seiner Tochter übers Internet in Verbindung setzen könne.

„Das kann ich versuchen!" und zufrieden schaute er seinen kleinen Wildfang an. Ich schrieb der Tochter von meinem Laptop aus eine Email: „Liebe Unbekannte, ich bin zur Zeit Gast bei deinen Eltern. Ihnen geht es gut. Wir haben es rechtzeitig ins Häuschen geschafft. Liebe Grüße".

Von jetzt an schrieben wir täglich mehrmals am Tag Emails hin und her und hielten sie damit auf dem laufenden. Auch habe ich ihr geschrieben, dass die eigentliche Jahrhundertflut noch kommen würde.Ihr Vater hätte mir alles genau erklärt und mir auch die Auswirkungen direkt vor Ort gezeigt. Ich beruhigte sie aber, dass alles in bester Ordnung sei. Dass es allen gut gehen würde und wir auch mit allem reichlich versorgt seien.

Das stimmte natürlich auch.Doch vorsichtshalber wollten wir noch einmal in die Stadt, um uns noch mit weiteren Konserven und wetterfester Kleidung einzudecken. Gesagt, getan. Die beiden Frauen blieben zu Hause und bereiteten das Mittagessen zu und wir beiden Männer wollten beide Autos betanken und auch noch einkaufen. Also ging es gleich nach dem Frühstück los. Noch immer regnete es in Strömen und wir hatten Mühe die Autos auf Spur zu halten. Da wir aber beide gute Fahrer waren, gelang es uns dann doch.

Auf dem Weg in die Stadt kamen wir an einem kleinen Örtchen vorbei. Dort standen an der Seite zwei Autos, die sichtbar ineinander verkeilt waren und bisher war von einem Krankenwagen oder gar einem Notarzt weit und breit nichts zu sehen. Über Handy kontaktierten wir die Frau von Matthis und so erfuhr sie, dass sie wir noch zwei weitere Gäste mitbringen würden. Den Fahrern der beiden Autos war wie durch ein Wunder nichts passiert. Da ich früher als Rettungsassistent ausgeholfen hatte, checkte ich ihre Werte. Das war mir schon in Fleisch und Blut übergegangen.

Und als ich das Okay geben konnte, nahmen wir die beiden mit. Natürlich sperrten wir die Unfallfläche entsprechend ab. Nicht dass noch welche hineinfahren würden. Über Funk informierten wir auch die Polizei. Doch die hatte mit größeren Problemen zu kämpfen. Im Eiltempo besorgten wir alles, was auf der Einkaufsliste war und nachdem wir vollgetankt hatten, machten wir uns wieder auf den Heimweg. Jetzt noch zwei junge Männer mit im Gepäck.

Von ihnen erfuhren wir, dass Claas und Morton heißen, ebenfalls hier Urlaub machen wollten und von dem Wetter überrascht worden waren. Ihr Quartier war nicht mehr zu erreichen gewesen wegen des schlechten Wetters. Sie wollten sich daher im Nachbarort noch eins suchen, waren dann aber irgendwie ineinander verkeilt, was wohl mit der schlechten Sicht und dem Wetter zusammenhing. Und nichts mit ihren Fahrkünsten zu tun hatte.

Sie hatten einfach nur großes Glück. Ich staunte nicht schlecht, wie schnell man einkaufen gehen konnte, wenn man es musste. Matthis hatte da schon seine Erfahrungen und er kannte den Supermarkt wie seine Westentasche, wenn die nicht ständig irgendwas umräumen würden. Denn er hatte eigentlich keine große Lust zu suchen, wo die einfachsten Dinge, wie Toilettenpapier, Küchenrolle und so weiter zu finden waren.

Da wir ja nun auch noch zwei Gäste mehr mit hatten, mussten natürlich auch die entsprechenden Sachen besorgt werden, wie Decken, Kissen, dicke Socken, festes Schuhwerk. Denn das was sie mit hatten, reichte bei weitem nicht. Längst hatten sie sich an den Gedanken gewöhnt, hierfür längere Zeit nicht weg zu können. Also kauften auch sie für sich noch privat ein. Bloß gut, dass wir mit zwei Autos unterwegs waren.

Auf dem Rückweg kamen wir an der Unfallstelle vorbei. Noch immer war keine Polizei zu sehen. Matthis' seine Frau hatte diese über Funk davon in Kenntnis gesetzt, wo die beiden Unfallgegner zu finden seien und darum gebeten, so bald als irgend möglich einen Arzt bei uns vorbeizuschicken. Nur so für alle Fälle. Außer mir hatte ja keiner medizinische Vorkenntnisse. Doch die mussten erst mal genügen.

Denn wie sich viel später herausstellte, war es nicht abzusehen, ob in nächster Zeit überhaupt ein Arzt zur Verfügung stehen würde. Denn der liebe Doc hatte selber einen Unfall und musste eiligst in den Op. Er hatte innere Verletzungen und würde viele Wochen ausfallen. Da nicht nur ein Teil der Ostsee, sondern ganze Ortschaften von der Jahrhundertflut betroffen sein würden, war es auch nicht möglich einen anderen Arzt zu schicken. Und als man erfuhr, dass es ihnen so weit gut gehen würde und sie ersthelferisch versorgt waren, schickte man auch keinen anderen Arzt zu ihnen.

Davon hörten wir aber erst am Mittag, besser Nachmittag als wir wieder zu Hause bei Matthis ankamen. Die beiden jungen Männer waren mehr als dankbar. Wir konnten sie gerade noch rechtzeitig aus ihren Autos befreien und Teile von ihrem Gepäck zum Glück auch. Alles richtig gemacht, zwei junge Leute gerettet. Darüber sprachen wir aber nicht mehr.

Das war einfach ein Muss, man wusste nie, ob man nicht selbst mal in so eine Situation geraten würde. aus den Autos holen, bevor sie dann ganz ausbrannten. Es war schon ein nicht nur ein kleines Wunder, dass wir genau auf dieser Strecke vorbeigefahren waren. Wer weiß, ob die beiden dann so viel Glück gehabt hätten. Sie hatten nicht nur einen Schutzengel gehabt, sondern anscheinend eine ganze Schutzengelbrigade.




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