Der Plan
Nach der langen Mittagsruhe kamen nacheinander Phylis und Matthis sowie Doris und Thiess nach unten. Morton und Claas hatten sich inzwischen um Tammy gekümmert. Die beiden Mädchen schliefen noch immer, wir wollten sie auch noch ein wenig schlafen lassen. So konnten wir in Ruhe alles für die nächsten Tage besprechen. Kinder mussten das nicht unbedingt hören. Es war schon schwierig genug für uns Erwachsene.
Während der Teekessel zu singen begann, als Zeichen dass das Wasser endlich kochte, war Claas damit beschäftigt, für alle einen leckeren Tee zuzubereiten. Hier war es üblich Tee und keinen Kaffee zu trinken. Frisches Gebäck fanden sie in einer schön verzierten alten Dose. Das wusste Doris. Und nun begann Thiess wieder seine alten Geschichten zu erzählen.
Jetzt wurde mir immer klarer, dass er schon einmal eine Jahrhundertflut erlebt haben muss, nur eben als ganz kleiner Junge. Er berichtete uns, dass von Tag zu Tag der Himmel, immer düsterer wurde und auch die See zu toben anfing, jeden Tag ein klein wenig mehr bis keine Steigerung mehr möglich war.
Das Wetter spielte verrückt: Erst gab es sonnige Abschnitte und dann gleich wieder Hagel, abwechselnd mit Gewittern, die an Kraft und Stärke immer mehr zunahmen.
Wer an jemanden da oben glaubte, jetzt wurde es langsam Zeit mit beten anzufangen. Es lag nicht mehr in unserer Hand was passieren würde. Doch wir waren auf alles eingestellt. Thiess erzählte uns wie er in einem Sturm geraten war und neben ihm eine Matrose bei tobender See von Bord gespült worden war.
Er hatte noch versucht nach ihm zu greifen. Doch dann machte das Boot eine Kehrtwendung, war fremdgesteuert vom Wind und er glitt ihm aus den Händen. Und dann wurde er in den Schlund der tosenden See gezogen und ward nimmer mehr gesehen.
Thiess musste seiner jungen Frau sagen, dass ihr Mann niemals wieder zu ihr zurückkehren würde. Das war richtig hart und er hatte Tränen in den Augen. Dieser Matrose war der Bruder von seiner späteren Frau Doris. Wie hart das Schicksal manchmal sein kann!
Er hoffte inständig, dass wir das alles überleben würden. Noch einmal wollte er keiner Witwe die traurige Botschaft überbringen müssen. Inzwischen war der Tee fertig und nun goss er sich einen Schluck Rum mit hinein. Das brauchte er jetzt einfach und die anderen wollten auch. Dieser Tee wärmte sie alle bis auf die Knochen.
Noch immer lauschten die anderen seinen Erzählungen, hatten nun in etwa eine Vorstellung was auf sie alle zukommen kann.
Aber ins Boxhorn jagen lassen wollten sie sich dennoch nicht.
Endlich zeigten sich auch die beiden Kinder und kamen, ein wenig schläfrig noch, die Treppe herunter. Die kleine Sam wollte die Hand ihrer neuen Freundin Hope gar nicht mehr loslassen. Sie hatte Vertrauen zu ihr gefasst und wollte von nun an auch nur noch in ihrer Nähe schlafen. Ihre Mutter hatte nichts dagegen.
Sie nächtigte in der großen Stube. Man hatte ihr dort ein schönes Bett zurecht gemacht und Morton kümmerte sich rührend um sie. Hatte sich da etwa jemand in sie verguckt? Es hatte ganz den Anschein. Claas zog mit in mein Zimmer. Wir hingen eh laufend am Laptop oder Handy um Kontakt zu unseren Lieben zu halten.
Da fiel mir ein, dass ich mich lange nicht bei meinen besten Freund Miles gemeldet hatte. Ich hatte schon ein richtig schlechtes Gewissen, aber konnte es ja nicht ändern. Während des Sturmes war das aber nicht möglich. Ich wollte es später noch einmal versuchen.
Stattdessen wählte ich die Nummer von Sven, demSohn von Thiess und Doris. Und hatte Glück. Er wollte mit seinen Eltern sprechen. Also gab ich ihm mein Handy. Sie erzählten ihm wie es hier im Moment war und dass wir noch zwei weitere Leute aufgenommen hatten.
Dann fragte er nach John und Mary, seinen beiden Enkelkindern. John, der Ältere der beiden fragte seinen Opa, ob es ihm gut ging und im Hintergrund quengelte die kleine Mary: „...will mit Oma reden!" und nun reichte Thiess das Handy weiter an seine Frau. Als sie mit der kleinen Maus reden konnte, war alle Anstrengung, der letzten Stunden vergessen und ihre Augen begannen zu strahlen.
Dann gab sie mir das Handy zurück und ich fragte, ob noch jemand telefonieren wollte, so lange es noch ging. Also versuchte ich jetzt auch noch Finja zu erreichen. Es dauerte eine ganze Weile, aber dann klappte es doch noch.
„Hallo Unbekannte!", rief ich in den Hörerund am anderen Ende hörte ich, wie sie sich zusammenreißen musste, um nicht laut loszulachen. „Hallo, wie geht es euch allen denn hier?" und ich antwortete ihr, was sich gerade hier abspielte, hätte niemand bisher von uns gesehen, außer Thiess. Dann schickte ich ihr ein paar Bilder und sie war hörbar geschockt und wollte ihre Eltern sprechen.
Als erstes sprach sie mit ihrem Vater Matthis und war beruhigt, dass es ihm dann doch so gut ging. Sie fragte nach, ob sich ihre Mutter auch wirklich mal Ruhe gönnte. Und man konnte ein lautes „Ja" von allen hören. Nun sprach sie selbst mit ihrer Mutter Phylis.
Und auch Phylis begann zu strahlen und erzählte von Tammy und Klein Sam. Als sie hörte wie liebevoll ihre Tochter mit der Kleinen umging, konnte sie es kaum glauben. Sie wollte vielleicht später noch mit ihrreden. Doch jetzt wollte sie mit mir reden. „Wie mit mir?",fragte ich neugierig nach. „Ja, mit dir. Es wird langsam Zeit, dass du mir mehr über dich erzählst, wenn du meinen Eltern bist" und schmunzelte.
„Was willst du denn von mir wissen?", fragte ichzurück und sie antwortete mir: „Am liebsten alles. Es kommt mir so vor als würde ich dich schon jahrelang kennen.". „Mir geht es genauso mit dir! Vielleicht ist das ja ein Zeichen?" und sie antwortete mir: „Wenn das alles hier vorbei ist, werde ich zu euch kommen. Dann werden wir ja sehen, was draus wird!".
Jetzt wurde ich knallrot und Claas fing an zu lachen. „Kann es sein, dass dir hier gerade eine völlig Fremde ein Date angeboten hat?" und ich zuckte nur mit den Schultern. „Hey, bist du noch da?", rief es aus meinem Handy und ich beeilte mich ihr zu antworten: „Ja, bin ich. Ich werde gut auf alle aufpassen. Das verspreche ich dir!" und dann wurde unser Gespräch getrennt.
Der Sturm wurde immer schlimmer und es begann inzwischen zu hageln. Hühnereigroße Hagelkörner fielen vom Himmel begleitet von einem tosenden Gewitter. Thiess schaute nach,oben: „Jetzt kann uns nur noch der Herrgott helfen!" und ermfaltete seine Hände zu einem Gebet. Die anderen taten es ihm gleich, auch wenn sie vielleicht nicht alle gläubig waren und den Gottesdienst besuchten.
Claas, der schon viel mit Morton von der Welt gesehen hatte, zeigte mir Bilder von seinen letzten Ausflügen, die er mit Morton gemacht hatte. Da waren auch Bilder von Feuermspeienden Vulkanen dabei. Einfach Wahnsinnsaufnahmen. „Ach so einermbist du?", hörte ich mich fragen.
„Ja, ich bin Fotograf undimmer auf der Suche nach einem außergewöhnlichen Motiv und ich glaube, dass ich es bald finden werde!". Ich nickte und zeigte ihm dann meine Aufnahmen: „Auch nicht schlecht!". Da fiel mir ein, dass ich mich noch immer nicht bei Miles gemeldet hatte und ich wählte aufgeregt seine Nummer:
Es ging aber eine Frau an sein Handy.
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