[>>1<<]


{Thomas}
Mich interessiert gerade nicht, dass ich im Krankenhaus liege. Mich interessiert grade auch nicht, dass ich Krebs habe und in den nächsten Tagen, vielleicht auch Stunden sicher sterben werde. Und noch weniger interessiert es mich, dass ich eigentlich noch viel zu jung dafür bin, entgültig von diesem Planeten zu verschwinden. Auch wenn das alles Dinge sind, die mich interessieren sollten... denke ich gerade nur an diese eine Person, bei der es eigentlich besser wäre sie zu vergessen. Dylan.
Ich liege hier, umgeben von weiß und grau, eingehüllt in diese hässlich gelbe Decke, die meinem Körper Wärme vermitteln soll und sehe nichts außer einem leblosen Raum. Einen Raum ohne jegliche Andeutung von Farbe und Freude, neben mir dieser kleine Nachtschrank, in dem Sachen wie mein Handy und mein Buch drin sind, das ich eigentlich lange schon mal lesen wollte. Statt dessen schließe ich meine Augen, spüre die Stille die mich umgibt schon förmlich, höre nur dieses schwache Piepsen von den Maschinen, an die ich angeschlossen bin. Und dann... denke ich wieder an ihn... Ich sehe sein Lachen vor mir, sehe jedes kleine Detail von ihm vor meinem inneren Auge. Jede kleine Bewegung von ihm. Wenn er lacht. Wenn er mich in den Arm nimmt. Wenn er mich küsst. Ich sehe dieses niedliche Glitzern in seinen Augen wieder, das ich gesehen habe als wir nachts am Lagerfeuer am Strand lagen. Ich hatte meinen Kopf auf seinen Schoß gelegt und ihm in die Augen gesehen, während er mir durch die Haare gefahren ist und mir leise irgendwelche Geschichten erzählt hat, denen ich sowieso nicht zugehört habe, weil ich viel zu vertieft darin war mit jeder Faser meines Körpers die er berührte, jede noch so kleine Berührung von ihm zu genießen und statt auf seine Worte zu achten, seiner Stimme lauschte, die mir Gänsehaut bereitete. Wenn ich dieses Glitzern wieder vor mir sehe, spüre ich die Wärme in mir, die mir die Decke eigentlich spenden sollte. Wenn ich an seine Stimme denke, die beim Aufstehen immer so kratzig und tief ist, weil er immer 'ne Morgenstimme hat, wird die Stille um mich herum in dieses Geräusch verwandelt und ich lächle wieder. Wenn ich an die angebrannten Spiegeleier denke, die er zum Frühstück machen wollte, rieche ich wieder diesen verkohlten Duft, gemischt mit seinem. Dieser Duft von irgendeinem Deo, irgendwas was man nicht beschreiben kann, wahrscheinlich eine Mischung aus Rauch und einem Aftershave, mit etwas Männerparfüm. Das ist dann der Geruch der mir in die Nase steigt. Tausend Mal angenehmer als dieser intensive Geruch von Desinfektionsmittel und einem viel zu lang nicht mehr gelüfteten Raum. Wenn ich an diesen Geruch denke, stelle ich mir vor dass ich wieder einen seiner Pullis anhabe, die mir eigentlich viel zu weit und viel zu groß sind, kuschle mich mehr in diese Krankenhaus Kleidung, in der ich schon seit Tagen liege. Das Piepsen hat sich dann schon längst wieder in sein Lachen verwandelt und die sonst so matten Wände sind plötzlich in Farben getaucht. In das helle Rot seines Cabrios. In das grelle Gelb der Blumen die er mir mal geschenkt hat. In das helle Blau des Himmels, den wir gesehen haben wenn wir wie die Wilden mit seinem Auto über die Felder geprescht sind. In das helle Braun seiner Augen und das leichte Rot seiner Lippen. Und auf einmal bin ich nicht mehr im Krankenhaus, sondern zuhause.
Und ich wünschte ich könnte ewig so da liegen. Keinen Krebs mehr haben. Wieder in seinen Armen liegen. Oder auf mein Handy sehen und die Snaps öffnen, die er mir geschickt hat, damit ich wieder lache. Das Buch aufschlagen und einen Zettel finden, mit irgend einer süßen Nachricht drauf. Wieder dieses Lächeln sehen. Wieder diese Stimme hören. Wieder leben.
Aber Wünsche bleiben Wünsche und Träume wie dieser gerade verschwinden meist genauso schnell wieder wie sie gekommen sind. Weil das Leben scheiße ist.
Ich könnte Dylan jetzt übertrieben die Vorwürfe machen... Ich könnte ihn anschreien, ihn fragen warum er sich 'ne Neue gesucht hat. Warum er auf einmal nicht mehr zu mir steht und bis an mein Ende an meinem Bett sitzt und meine Hand hält. Warum er mir nicht weiter seine Geschichten erzählt und mir beruhigend durch die Haare fährt. Warum er sich ständig betrunken und bekifft hat, nachdem rauskam, dass ich Krebs habe. Warum er mich nicht angerufen hat. Warum er mir nicht geschrieben hat und warum er verdammt nochmal diese Bilder mit dieser einen Frau postet...
Aber ich mache es nicht. Ich mache ihm keine Vorwürfe. Ich kann nicht, wieso sollte ich auch? Ich hab halt verdammt nochmal Krebs. Und ich hab halt anscheinend kein Happy End verdient, bei dem mir eine Person bis zum Schluss zur Seite steht. Offensichtlich hab ich nur diese letzten Worte von ihm verdient... "Tut mir leid Tommy, aber ich kann das nicht. Du musst damit wohl allein klar kommen." Und während ich wieder daran denke, verblassen die Farben des Zimmers. Das Piepsen kommt zurück und ich habe wieder nur die 'Wärme' der Decke. Doch statt dass es so bleibt, werden die traurigen Farben endgültig zu schwarz, das Piepsen zu einem durchgehenden Ton und die Kälte breitet sich komplett in meinem Körper aus. Und das letzte Wort was ich flüstere, ist der Name der Person, die mir gezeigt hat, was wahre Gefühle wirklich bedeuten. Der Schmerz, sowie die Liebe. Und der Name der Person, die der einzige Grund gewesen wäre, wieso ich weiter leben hätte wollen.
"Dylan..."

***

Thanks for reading :)
Hoffe es hat euch gefallen, könnt mir Feedback gerne in den Kommentaren da lassen ^^
Cover by: mjkkae
(schaut mal bei ihr vorbei🤭🌸)

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top