Willkommen Zurück!


Achtlos packte ich die paar Dinge wieder ein, die ich zuvor ausgepackt hatte. Es kränkte mich mehr als ich zugeben wollte, dass sie Niall rausschmiss und es nicht mehr zurücknehmen wollte. Ihr schien es egal zu sein, dass Valerie und ich ebenfalls gingen. Dieses ewige Hin und Her mit ihr, ich konnte es einfach nicht mehr ertragen. Ich verstand Grandma einfach nicht, genauso wenige die Gesellschaft mit der sie sich ab gibt. Daher kann ich durchaus verstehen, dass Mum und sie auch so ein schlechtes Verhältnis zueinander hegen. Mum hatte mich noch davor gewarnt hier aufzukreuzen, aber mir tat es so leid, denn ich wusste, dass sich Grandma schon mies genug fühlte, weil ich ihre Unterstützung nicht mehr benötigte, um die Universitätskosten zu decken. Jahrelang hatten wir vorher schon davon gesprochen ...

Ich behielt das Kleid an, denn ans Umziehen war überhaupt nicht zu denken. Nur mit Mühe brachte ich den Koffer zu, ich musste sogar Niall bitten, dass ich die neuen gekauften Klamotten bei ihm einpacken durfte, da ich sonst keine andere Wahl hatte. Als wir mit Jacken und Koffern die Treppen nach unten stiegen, lagen alle Augen auf uns. Sogar Lucas ließ sich diesen Moment nicht nehmen. Ich sah, wie er ein Glas zum Prosten nach oben hoch. Sein dämliches Grinsen ließ mich innerlich kochen.

"Bleibt doch bitte hier!", flehte mein Grandpa. Es tat mir leid, schließlich hatte ich ihn sehr gern und hätte gerne noch den morgigen Tag mit ihm verbracht. Ehrlicherweise musste ich zugeben, dass ich eigentlich nichts mit ihm und Grandma unternommen hatte. Er zog mich am Ende der Treppen in eine feste Umarmung. "Geht nicht. Ich rede mit Elisabeth."

Grandpa hielt mich eine Armlänge von sich weg fest.

"Grandpa sie wird sich nie ändern. Sie kann nicht einfach Niall hinausschmeißen, nur weil er ihr Mal die Wahrheit gesagt hat. Die ganze Zeit über hat sie ihn schon so mies behandelt, da sollte sie sich wirklich nicht wundern."

Sein trauriger Blick bohrte sich in mich. "Ihr Verhalten tut mir wirklich leid. Du weißt, das habe ich nie gewollt habe."

Ich nickte. "Das weiß ich. Und wir werden uns auch wiedersehen."

"Ich nehme an, dass ich euch sowieso nicht mehr aufhalten kann, deshalb werde ich auch selbst zum Flughafen fahren. So weiß ich wenigstens, dass ihr gut angekommen seid." Er ließ mich los und sah danach über meine Schulter hinweg zu Valerie und Niall. "Kommt, ich fahre euch."

Im Hintergrund wurde getuschelt, als sich mein Grandpa den Mantel anzog und ohne sich bei jemanden zu verabschieden, die Party mit uns verließ. Es passte mir gut in den Kragen, nicht mehr in Lucas Gesicht schauen zu müssen. Er war sichtlich amüsiert über die ganze Sache.

Valerie nahm im Audi von Grandma freiwillig den vorderen Platz. So konnten ich und Niall uns hinten aneinander kuscheln. Mein Kopf ruhte an seiner Schulter und seine Arme lagen um meinen Bauch. Hier und da spürte ich, wie er mir einen Kuss auf den Kopf drückte.

"Weißt du, ...", wisperte er in mein Ohr. "Wenn wir die andere Aktivität verfolgt hätten, wären wir vielleicht noch auf dieser langweiligen Party."

Ich lachte, um Kummer und Sorgen zu verdrängen. Valerie drehte sich auf ihren Platz um und starrte mich mit hochgezogener Augenbraue an und auch Grandma schielte durch den Rückspiegel auf uns zurück.

"Was ist so witzig?"

"Niall hat mir einen Witz erzählt. Er war wirklich gut", ließ ich Valerie wissen und sah schließlich Niall neckend an. "Willst du ihn meiner Schwester nicht auch erzählen?"

Er rieb sich den Nacken. "So gut war er auch wieder nicht. Die Klopf-Klopf Witze eines Freundes von mir, waren noch nie burner."

Die Ruhe kehrte wieder ein. Scheinwerferlichter zogen an uns vorbei. Niemand wusste, was er sagen sollte. Nialls Daumen streichelte beruhigend meinen Handrücken auf und ab. Es gab mir das Gefühl von Geborgenheit.

"Bist du sauer auf mich?", wieder war es Niall, der mir ins Ohr flüsterte.

Ich hob meinen Kopf an um in sein Gesicht sehen zu können. "Was? Nein, natürlich nicht. Warum fragst du so etwas?" Irgendwie fragte er mich das ständig.

Er leckte sich unsicher über die Lippen. "Na ja, ich hätte vielleicht keinen Streit mit deiner Grandma provozieren sollen. Meinetwegen sitzen wir hier. Aber ich sehe es, als meine Pflicht deine Ehre zu verteidigen." Seine Worte gingen mir ans Herz.

"Und dafür liebe ich dich Niall." Ich legte eine Hand auf seine Wange. Es war so dunkel, dass es mir leider nicht möglich war das schöne Blau seiner Augen zu erkennen.

Schneller als es mir eigentlich lieb war, kamen wir beim Flughafen an. Niall hatte zuvor noch am Handy unseren Flug umgebucht. Wir hatten aber trotzdem noch Stunden Zeit die wir am Flughafen totschlagen mussten. Mein Grandpa gab uns einen Kaffee aus. Es war mein erster Kaffee seit Tagen. Nicht mal gestern hatte ich einen getrunken, da Niall uns zum Frühstück Tee mit Milch bestellt hatte. Zumindest sah er aus wie Kaffee.

Den Keks, der dabei war, dippte ich in die braune Flüssigkeit. Dieser Keks hätte ruhig etwas größer ausfallen können. Zucker war jetzt genau das, was ich nach diesem Drama gebrauchen konnte. Ich nahm mir das schmale rote Päckchen neben der Tasse und riss es auf einer Seite auf, um es mir kurz danach in den Mund zu kippen. Der feine Kristallzucker schmolz auf meiner Zunge. Dass ich erst vor guten zwei Wochen mir vorgenommen hatte, mehr auf meine Ernährung zu achten, hatte ich schon lange wieder von meiner to-do-list gestrichen. Die Liste und ich wussten beide, dass das sowieso nichts werden würde. Immerhin lebt man nur einmal und deshalb möchte ich nicht auf meine Pizzen, Burger oder Süßigkeiten verziehen müssen. Niall musste es in Kauf nehmen, wenn er mich wirklich wollte.

"Keks?"

Ich schluckte den Zucker hinunter und nahm Valerie den Keks ab, den sie mir anbot. Das dürre Model konnte sich es anscheinend nicht leisten, einmal einen verdammten Keks zu essen, das ich gleich ein schlechtes Gewissen bekam mich mit Zucker abzufüllen. Ich dippte ihn erneut im Kaffee ein und riss danach das zweite Päckchen Zucker auf. "Für die Nerven", erklärte ich beiläufig.

Grandpa schüttelte lächelnd den Kopf: "Wie ihre Mutter."

Die Verabschiedung unseres Großvaters lief reibungslos ab. Ich musste ihm versprechen mich öfters bei ihm zu melden, da ich, dass bis jetzt nur zweimal getan hatte. Mein Leben war voll von meinem Freund, meinen Freunden und meiner Uni, dass ich das schon mal verschwitzte, lag also nahe.

Hier saßen wir nun am Flughafen in Anzug und Kleider. Komische Blicke wurden uns zugeworfen und Passanten knipsten Bilder von uns. Valerie und Niall wurden erkannt und von Fans umlagert. So schlimm wie am See von Hampstead Heath war es zum Glück nicht. Die Mädchen waren nicht so aufdringlich und ließen Niall genügend Platz zum Atmen. Auch von mir wollen sie Selfies. Der Frage, warum wir hier in Kleidern und Niall im Anzug standen, wichen wir gekonnt aus - also meine Schwester und Niall. Ich begann immer nur zu stottern.

Es war schon nach Mitternacht, als wir in den Flieger Richtung nach Hause flogen. Zwei Stunden Flugzeit trennten uns von London, die ich mit schlafen verbrachte. Ich fühlte mich hundeelend und wünschte mir die Zeit auf gestern zurückdrehen zu können. Gestern Nacht ... Niall und ich. Diese Nacht und die Stunden danach in dem Einkaufszentrum sowie den Tierpark werde ich immer in Ehren halten. Wir waren einfach nur wir und das gefiel mir am meisten. Dieses ständig daran denken zu müssen, dass man die ganze Zeit beobachtet wird, war nerven zerreibend. Außerdem hatte es mich meinen Job gekostet. Drei ganze Tage ging es gut, doch am vierten eskalierte die Situation in Martins Café. Es wurde regelrecht von Fans gestürmt, die mich um Bilder fragten, mich beschimpften und mich von der Arbeit abhielten, bis sogar die Polizei kommen musste. Ich hätte den Job, so wie Sophie mir es vorgeschlagen hatte, weiter machen wollen. Mit dem Geld von Connor kam ich bestimmt in der nächsten Zeit über die Runde, aber ich wollte es nicht sofort ausgeben. Von meinem Gehalt hätte ich die Miete zahlen können und mir wäre auch noch etwas übriggeblieben. Nun blieb mir nichts anders, als an meine Reserven zu gehen.

Am Flughafen in London tummelten sich wie immer viele Leute, sodass wir gut untertauchen konnten. Ein Taxi, das gleich beim Eingang parkte, fuhr uns nach Hause. Zuerst hielten wir bei Valerie an, die sich für das Wochenende bedankte und mich abermals erinnerte, dass sie und Jacob mit Niall und mir auf ein Doppeldate gehen wollten. Dabei nahm ich an, dass Valerie das wollte und nicht ihr Freund. Der Typ mit der Lederjacke schien mir nicht, als wolle er so etwas. 

Wir bejahten müde und winkten ihr zum Abschied. Danach nannte Niall dem Taxifahrer seine Adresse. Gähnend lehnte ich mich während der Fahrt wieder an Niall. Ich war dabei erneut einzuschlafen, meine schweren Lider waren der Beweis dafür.

"Schlaf ruhig." Die Stimme war nicht lauter als ein Echo in der Ferne.


Ich öffnete meine Augen. Grelles Licht schien mir direkt ins Gesicht. Stöhnend hielt ich mir eine Hand vor die Augen. Ich brauchte erst ein paar Sekunden, bis ich überhaupt realisierte, wo ich mich befand. Die Decke war hoch und das Bett äußerst weich und der Fernseher an der Wand direkt vor mir, konnte nur ein Reicher kaufen. Normalsterbliche hätte dafür keinen Cent übrig. Um meine Vermutung zu bestätigen, drehte ich mich nach links. Niall lag mit leicht geöffnetem Mund und noch in seinem Anzug begleitet auf seiner Decke und schlief. Er war bestimmt auch schon vollkommen erschöpft, immerhin zog er sich nicht mal mehr um. Trug ich auch noch immer mein Kleid? Ich hob die Decke an und war verwundert.

Niall hatte sich die Zeit genommen mir das Kleid auszuziehen und mir ein eines seiner Shirts anzuziehen. Es war ein schwarzes aus seiner Merch Kollektion. Meine Blase meldete sich, deswegen versuchte ich so leise wie möglich das Zimmer zu verlassen. Ich schlug die Decke beiseite und stieg aus dem Bett, dabei wäre ich schon beinahe über meinen Koffer gestolpert, der mitten im Weg lag. Bevor ich die Tür schloss, warf ich noch einen letzten Blick auf Niall.

Nach dem Toilettengang wollte ich gleich meine Zähne putzen. Ich öffnete den Badezimmerschrank, um die Zahnbürste zu suchen, die ich das letzte Mal hier benutzt hatte. Im inneren fand ich einen Becher in dem die Zahnbürste lag und eine Tube Zahnpaste. Mein Name stand in großen blauen Buchstaben darauf. Was für eine nette kleine Geste.

Als meine Zähne geputzt waren, bürstete ich mir mein Haar. Es war nicht die Bürste von Niall, sondern eine, die ich vor einer Woche gekauft hatte, um hier eine zu haben. Nach der Kündigung war ich oft hier. Schlief auch viermal hier bei Niall, da er mir immer gut zuredete und mich ablenkte. Ich wollte es nicht zugeben, aber die Sache mit Amber in der Uni, zog mich schon noch runter. Aber ich wollte nicht mehr daran denken, deshalb redete ich auch nicht darüber. Jetzt kam auch noch der Streit mit Grandma dazu und die Tatsache, dass ich gestern Lucas begegnen musste ... Ich sehe ihn noch oft in meinen Träumen. Die Ohrfeige schmerzte heute noch, wenn ich daran dachte und obwohl ich zuerst zugeschlagen hatte, fand ich es trotzdem mies von ihm. Er war ein Kerl und hatte es verdient. Ich war nur heilfroh, dass er das Video anschließend vor meinen Augen gelöscht hatte. Es tat ihm leid mich geschlagen zu haben, doch trotzdem vergaben wir uns nicht. Ich ihm nicht und er mir nicht.

In der Küche bediente ich mich an der Kaffeemaschine und machte es mir anschließend mit dem heißen Getränk auf der Couch gemütlich. Ich konnte hören, wie sich die Tür des Schlafzimmers öffnete. Kurz darauf stand Niall im in der offenen Küche. Er lehnte sich gegen die Theke und rieb sich die Augen.

"Gut geschlafen?"

"Mhm", raunte er. Sein Haar stand wild ab und zwei Knöpfe seines Hemdes waren offen. Streckend ging er die zwei Stufen hinab auf meine Ebene. Er lächelte mir zu und begann die Knöpfe seines Hemdes zu öffnen, nur um es danach auf die Lehen der Couch zu legen. Danach deutete er mit den Daumen hinter seine Schulter. "Ich gehe duschen. Willst du mir Gesellschaft leisten?"

"Ich ... ich gehe dann nach Hause. Ich werde mich dann auf den Weg machen." Ich biss mir auf die Innenseite meiner Wange. Er stellte sich doch mit Absicht ohne Shirt vor mich. Seine Hose saß auch einige Zentimeter tiefer.

"Du willst schon weg?"

"Ja, wenn ich heute schon früher nach Hause komme, möchte ich meine Wäsche machen, mein Zimmer zusammenräumen und auch was für die Uni tun. Ich schreibe am Freitag einen wichtigen Test, für den ich schon das ganze Wochenende nichts getan habe."

Niall wuschelte sich durch sein Haar. "Okay. Dann warte kurz. Ich fahre dich."

Während Niall sich duschte, trank ich meine Tasse aus und zog mich um. Eine normale Jeans und ein Sweatshirt. Ich schlüpfte in meine Chucks und schnürte mir die Bänder zu. Mein Freund kam währenddessen in Boxershorts und mit nassen Haaren aus dem Badezimmer.

"Niall, wo ist eigentlich das Kleid?"

Niall drehte mir den Rücken zu, als er sich vor einen Schrank stellte und nach Socken suchte. "Ich habe es aufgehängt. Ich werde es mit meinem Anzug zu Reinigung bringen."

"Oh. Danke."

Nachdem Niall sich angezogen hatte und anstelle seiner Haare zu föhnen, eine Haube aufsetzte, fuhren wir mit dem Lift nach unten in die Garage des Luxuswohnhauses. Nialls schwarzen Range Rover erkannte ich sofort, aber auch den grauen Porsche, mit dem er mal vor meinem Wohnhaus parkte. Er entschied sich für den Porsche.

Heute war wieder einer dieser Tage an dem es die gesamte Zeit wie aus Eimern regnete. Die nasse Straße spiegelte die Lichter des Verkehrs wider und ich war froh nicht selbst fahren zu müssen. In einer Lücke einige Meter nach meinem Wohnhaus parkten wir uns schließlich ein.

"Ich weiß nicht, wann ich die Woche wieder Zeit haben werde. Am Donnerstag ist das erste Konzert und nächste Woche am Freitag erscheint das Album. Mein Terminkalender platzt aus allen Nähten." Niall sah mich entschuldigend an.

"Das ist schon okay, Niall. Das weiß ich doch."

"Du kommst doch am Donnerstag, oder?"

Ich legte den Kopf zur Seite. Erstens hatte ich keine Karte und zweiten war am Freitag ein wichtiger Test. "Ich habe doch keine Karte ..."

"Du bist meine Freundin." Er hob eine Augenbraue. "Du glaubst doch nicht wirklich, dass du dir eine Karte für mein Konzert kaufen musst."

"Am Freitag steht ein wichtiger Midterm an. Ich möchte wirklich gerne hin, aber wie vorhin gesagt, ich muss auch mal etwas für die Uni tun. Ich mache sowieso viel zu wenig. So war ich eigentlich noch nie. Lernen habe ich bis jetzt immer sehr ernst genommen."

"Du willst lieber lernen, als zu mir auf mein erstes Konzert zu kommen. Das erste Konzert, dass ich ohne meine Jungs spiele ..."

Wenn er es so sagt, bekomme ich gleich ein schlechtes Gewissen. "Niall ich-"

Er hob eine Hand. "Schon gut. Wie kann ich das auch nur von dir verlangen? Vergiss deinen Koffer nicht."

"Ähm ... okay?" Es fühlte sich so an, als hätte er mich gerade aus dem Wagen geschmissen. Irritiert von Nialls plötzlichen Sinneswandel von gut auf genervt(?) oder verletzt (?) stieg ich aus und nahm mir meinen Koffer aus dem Kofferraum. Der Regen durchnässte mich komplett. Bevor ich auch nur an der Haustür ankam, fuhr Niall schon los. 


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