Sophies Problem

Nach meinem Besuch bei Lilly, besuchte ich noch einen weiteren Kurs und machte mich anschließend auf den Weg nach Hause. An der Ecke, bevor ich zu Hause ankam, entschied ich mich noch Lebensmittel einzukaufen. Mit einem vollgepackten Einkaufssack und einer Sechser Packung Mineralwasser kam ich schließlich zu Hause an. Ich stellte den Einkauf auf dem Tisch ab, nahm meine Tasche von meiner Schulter und zog mir meine Schuhe und Jacke. Eigentlich hatte ich damit gerechnet Sophie anzutreffen, die mir am Mittwoch noch gesagt hatte, dass sie eine Woche keine Termine hatte. Ich freute mich darauf endlich wieder etwas Zeit mit ihr zu verbringen. Es war kein Geheimnis, das wir momentan nicht sonderlich viel miteinander machten. Sie lebte in ihrer Welt und ich in meiner, die aus Uni und Niall bestand, während es bei ihr die Modewelt war. Eigentlich war es mir auch ein bisschen recht, dass sie noch nicht da war. Schließlich wusste ich, dass der Knutschfleck ihr Lieblingsthema werden würde.

Gerade als ich die Milch und den Käse in den Kühlschrank legte, hörte ich etwas Dumpfes. Erschrocken fuhr ich herum. Befand sich doch jemand in der Wohnung? Irritiert schlug ich die Kühlschranktür zu und ging zum Zimmer von Tobi. Ich wusste, dass er heute arbeiten gehen musste, deswegen wunderte es mich nicht, dass sein Zimmer leer war. Dann ging ich zu Sophies, das ebenfalls leer war, jedoch war die Badezimmertür einen Spalt geöffnet. Ich konnte sie husten hören.

"Sophie?" Vorsichtig drückte ich Tür etwas auf und sah, dass Sophie vor der Toilette hockte und sich übergab. Ich eilte zu ihr hinüber und hielt ihr ihre Haare hoch. "Alles okay?" Ich rieb ihr den Rücken.

"Mir ist übel", hörte ich Sophie leise murren. "Danke fürs Haare halten." Ich riss eine paar Blätter Klopapier von der Rolle und gab sie Sophie, die sich damit den Mund abwischte und die Spülung betätigte. Beim Aufstehen hielt ich sie fest, da sie mir etwas weich mit den Knien vorkam. Während sie sich die Zähne putzte, klappte ich den WC-Deckel hinunter und setzte mich darauf.

"Ich brauche jetzt einen Kaffee", seufzte Sophie und rieb sich dabei über ihr Gesicht. Als sie mich ansah, dachte ich mir, dass sie jetzt etwas zu meinem Hals sagen würde, was sie aber nicht tat.

"Wäre es nicht besser, wenn du dich in dein Bett legst? Du siehst wirklich nicht gut. Du bist ganz bleich im Gesicht", meinte ich und stand auf um ihr zu folgen.

Sophie winkte ab. "Ach, mir geht es schon viel besser. Ich habe nur etwas Falsches gegessen oder so. Wird schon nichts sein." Ich sah ihr zu wie sie zur Kaffeemaschine hinübermarschierte und eine Tasse aus dem Regal nahm. Während die Maschine das heiße Wasser vorbereitete, entdecke Sophie meine Chips, die ich mir vorhin gekauft hatte. "Chips wären jetzt wirklich geil." Sophie nahm die Packung in die Hand. "Kann ich sie haben? Ich kaufe dir auch eine neue Packung. Versprochen."

Skeptisch runzelte ich die Stirn. "Du hast dich doch eben erst übergeben ... Willst du wirklich Chips essen? Ich könnte dir eine Suppe machen. Die wäre bestimmt besser für deinen Magen."

"Mir geht es wirklich schon besser Amara. Ich habe nur etwas Falsches gegessen, vielleicht habe ich auch einfach nur einen Magenvirus. Das übergeben hat mir gutgetan." Sie riss die Packung des Knabbergebäcks auf und stopfte sich eine gute Handvoll in den Mund. Dann drehte sich sie um und drückte den Knopf an der Kaffeemaschine um den Kaffee laufen zu lassen. Ich schüttelte nur den Kopf, nahm den Rest meiner am Tisch verteilten Lebensmittel und räumte sie weg.

Sophie setzte sich auf die Couch und schaltet den Fernseher ein. Sie klopfte auf den freien Platz neben ihr und winkte mir zu. "Amara setz dich zu mir."

Ich schnappte mir etwas zu trinken aus dem Kühlschrank und setzte mich auf den Platz neben ihr. Sie hatte tatsächlich schon etwas mehr Farbe im Gesicht. Und während Blair und Chuck wieder einmal darüber sprachen, wie schlecht sie füreinander waren, obwohl es doch sowieso klar war, dass sie einfach füreinander gemacht waren, nahm ich mein Telefon und checkte meine Nachrichten. Valerie hatte für morgen abgesagt, was hieß, dass auch ihr Freund Jacob nicht kommen würde. "Sag mal Sophie, hast du eigentlich meine Nachricht wegen morgen bekommen?"

Wie gebannt starrte sie den Bildschirm an. Irgendwie kam sie mir heute äußerst merkwürdig vor. "Sophie?"

Noch immer keine Reaktion. "Erde an Sophie!"

Als wieder nichts von ihr kam, stupste ich sie etwas grober an. Erschrocken zuckte meine Freundin zusammen. "Was?"

"Ich habe dich gefragt, ob du die Nachricht bekommen hast?"

Sie kniff die Augen zusammen. "Was für eine Nachricht?"

"Niall ladet euch alle zu seiner Show morgen ein. Also dich, Valerie, Tobi und Peter. Valerie hat aber bereits abgesagt. Kommst du mit?"

Sie wischte sich die Brösel vom Mund. "Oh, ähm ja. Na klar komme ich mit! Es ist schon eine Schande, dass ich gestern nicht dabei gewesen bin. Oh warte ... fuck! Wie war es eigentlich gestern? Boah eh, tut mir leid, dass ich nicht daran gedacht habe."

Dass sie es anscheinend wirklich verschwitzt hatte, war schon komisch. Schon alleine deswegen, weil ich mich noch sehr gut daran erinnern konnte, als sich ihr Leben nur um die Jungs von One Direction drehte. Sie wusste immer, wo wer gerade war und was wer machte. Und nun wusste sie nicht mal mehr, dass Niall, der Freund ihrer besten Freundin gestern seine aller erste Show gespielt hatte. "Es war ... das beste Konzert auf das ich bis jetzt gehen durfte. Er hat mir Fools Gold gewidmet und alles sind ausgeflippt. Es war einfach nur toll", schwärmte ich.

Sophie nickte lächelnd, aber das Lächeln erreichte ihre Augen nicht. Ich wusste doch, wenn meine Freundin etwas bedrückte. Warum sprach sie nicht mit mir? Ich ließ seufzend die Schultern fallen. "Sophie? Was ist los? Rede mit mir."

Sie runzelte die Stirn, legte die Packung Chips auf den kleinen Tisch vor uns und klammerte sich anschließend um das Zierkissen. Sie drückte es an ihren Oberkörper und starrte auf ihre Beine hinab. "Nichts. Es ist alles okay. Es ist wirklich nichts. Ich ähm..." Wieder verfiel sie in eine Starre.

Mitfühlend legte ich eine Hand auf ihre Schulter. "Du sagst es ist nichts, aber das kaufe ich dir nicht ab. Ich kenne dich dafür schon zu gut."

Sophie blinzelte und seufzte laut. Nickend lehnte sie sich nach hinten an die Sofa-Lehne. "Ich mache mir, glaube ich, nur einfach zu viele Gedanken. Denn wenn es wirklich so wäre, wäre ich am Arsch." Aufgebrachte fuhr Sophie sich mit den Fingern durch ihr Haar. Mit ihrer Art und ihrem Gerede machte sie mich etwas nervös. Wovon sprach sie? Hatte ich ihr außerdem wirklich so lange schon nicht mehr viel Aufmerksamkeit geschenkt, dass mir nicht mehr auffiel, dass sie etwas bedrückte? Schließlich kam das sicher nicht über Nacht.

"Rede nicht um den heißen Brei herum. Sag endlich, was los ist, Sophie."

Sie verzog die Lippen und zupfte an ihren Fingerkuppen herum. "Ich ähm ...", brabbelte Sophie und räusperte sich anschließend. "Ich hätte ... vor zwei Wochen ... naja ... meine Tage bekommen sollen." Sie schüttelte den Kopf frustriert. "So ein Scheiß! Wie konnte mir das nur passieren?!"

Ich brauchte ein paar Sekunden, um die Information einsickern zu lassen, bis mich die Erkenntnis traf. "Du bist schwanger?!"

Aufgebracht sprang sie vom Sofa hoch. "Sag dieses Wort nicht! Ich will es nicht hören!" Sie wedelte wild mit den Händen und ging hin und her. Mit den Daumen zwischen den Zähnen murmelte sie unverständliche Worte.

"Sophie kann das denn überhaupt sein? Das mit diesem Typen ist doch erst eine Woche her. Der Stress konnte schuld an der Verzögerung sein. Hast du schon einen Test gemacht? Oder warst du beim Arzt?" Ich hätte noch viele andere Fragen an sie gehabt, wollte aber nicht mit der Tür ins Haus fallen.

Sophie ging weiterhin im Wohnzimmer auf uns ab. "Es kann schon sein. Das letzte Mal war nicht das erste Mal, dass er zu Besuch da war. Das hätte sowieso nie passieren dürfen! Fuck, mein Leben ist vorbei."

Das hatte ja mal passieren müssen. Diese Männerbesuche hatte sie auch schon lange, bevor ich Niall kannte. Mit vierzehn hatte sie das erste Mal mit einem Typen geschlafen. Es dauerte nicht lange, bis sie mit fast monatlich von einer neuen Bettgeschichte erzählte, die später immer mehr wurden. Wäre sie nicht meine beste Freundin, die ich schon seit klein auf kenne und liebe, würde ich sie als Schlampe abstempeln. Aber ich wusste es besser und gab ihren Vaterkomplex die Schuld daran. Die Scheidung ihrer Eltern in jungen Jahren hatte sie sehr mitgenommen.

"Jetzt beruhige dich mal." Ich stand auf und zog die in eine kurze Umarmung. Dann packte ich sie an den Schultern und sah sie ernst an. "Hast du einen Test gemacht, oder nicht?"

Sophie schüttelte den Kopf.

"Dann solltest du erst einen machen, bevor zu dir den Kopf darüber zerbrichst. Warum hast du noch keinen gemacht?"

"Amara, ich kann doch nicht einfach einen Test kaufen gehen. Wenn mich jemand sieht und fotografiert, weiß sofort die gesamte Welt Bescheid! Das kann ich jetzt wirklich nicht gebrauchen. Es läuft doch alles so verdammt gut für mich als Model."

"Aber dann hättest du mich fragen können. Ich gehe jetzt und hole einen." Ich drehte mich um und schnappte mir meine Jacke und meine Tasche, bis mich Sophie am Arm packte.

"Spinnst du Amara?! Du kannst doch keinen Schwangerschaftstest kaufen! Die Presse ist ja noch mehr hinter dir her, als bei mir. Als Nialls Freundin kannst du das nicht machen!"

Daran hatte ich nicht gedacht. Ein Foto von mir beim Kauf eines Tests würde wieder die Runden im Netz machen. Kaum vorstellbar was ich damit anstellen würde. "Na gut. Du hast mich überredet. Dann lass mich Lilly anrufen. Sie könnte einen besorgen."

Sophie schüttelte den Kopf und ließ meinem Arm los. "Aber die kenne ich doch überhaupt nicht. Ich kann ihr nicht vertrauen."

"Aber ich vertraue ihr. Und wer sollte sonst einen kaufen gehen? Tobi ist der Einzige, den ich sonst noch wüsste, der das für dich machen würde, aber mit dem hast du es dir ja verscherzt. Wer käme überhaupt als Vater infrage? Kennst du ihn oder ist es ein Fremder?"

"Er ist kein Fremder, aber auch nicht erwähnenswert.", meinte meine beste Freundin mit abfälligem Tonfall.

"Wenn du nicht mit der Sprache herausrücken willst, erfahre ich es spätestens, wenn der Test, denn ich jetzt holen werde, positiv ausfällt." Mit diesem Satz packte ich mir meine Jacke und verließ die Wohnung.

Beim Öffnen der Eingangstür, zog ich den Reißverschluss meiner Jacke nach oben, bog nach rechts ab und stieß mit jemanden zusammen. "Entschuldigung", murmelte ich und ging weiter.

"Amara." Als ich meinen Namen hörte, drehte ich mich und sah Dylan, in dem ich ohne zu schauen gelaufen war. Er joggte die paar Meter, die ich schon gegangen war, hoch zu mir. "Wie geht es dir?" Er lächelte mich freundlich an. Dafür hatte ich jetzt keine Zeit.

Seit seiner erneuten Entschuldigung und unserem Gespräch, das wir Freunde sein sollten, im Park hinter der Uni, hatte ich ihn nicht mehr gesehen, geschweige denn an ihn gedacht.

"Mir geht es gut. Ich muss zur Apotheke", meinte ich und stieg dabei von einem Bein auf das andere. Ich hatte nun keine Lust auf eine Unterhaltung mit ihm. Ich wollte einzig alle diesen Einkauf hinter mich bringen.

"Soll ich dich begleiten? Dann könnten wir uns Unterhalten." Er trug die brauen Lederjacke, die er damals geborgt hatte, als Amber mich in der Schule mit Essen übergossen hatte.

In meiner Jackentasche vibrierte mein Telefon. Es war eine Nachricht von Sophie, die mich aufforderte zurückzukommen. Mir kam eine Idee. "Also, wenn du mich begleiten möchtest, hätte ich kein Problem damit. Ganz im Gegenteil du könntest mir einen Gefallen tun."

"Klar. Freunde tun so etwas doch füreinander", grinste Dylan zufrieden. Ich nickte und wir gingen weiter. Während ich nur mit einem Ohr zuhörte, was auch immer Dylan mir alles erzählen wollte, gingen mir hundert andere Gedanken durch den Kopf. Hauptsächlich Dinge die passieren würde, wenn der Test positiv ausfallen solle. Wenn sie Pech hatte, könnte Sophie ihren Job verlieren... Und wer wusste schon, wie dieser Kerl auf die Schwangerschaft reagieren würde. Hätten wir überhaupt platzt für ein Baby in unserer WG? Müsste Sophie ausziehen? Würde das Kind dann Engländer sein?

Als wir bei der Apotheke, die näher als die nächste Drogerie war, ankamen, hielt ich an. "Also ich würde jetzt gerne den Gefallen einfordern. Falls das okay für dich wäre."

Dylan sah zur Apothekentür und dann zu mir zurück. "Okay. Und was soll ich machen?"

Ich sah nach links und rechts um mögliche Beobachter rechtzeitig zu entdecken. Dann lehnte ich mich näher an Dylan heran. "Ich bräuchte einen Schwangerschaftstest."

Dylans Kopf fuhrt zurück. Seine Augen wurden so groß, dass ich schon dachte, dass sie aus seinen Augenhöhlen fallen würden. "Bist du etwa ...?!"

Ich hob die Hände und schüttelte den Kopf. "Nein! Nein, der ist für Sophie. Aber, wenn mich jemand beim Kauf sieht, kann ich mir sicher sein, dass es jeder denken wird. Und für Sophie wäre das auch nicht von Vorteil. Also ... wenn du so nett wärst?"

Mein Nachbar leckte sich über die Unterlippe, sah zur Tür und dann wieder zu mir. "Na gut. Bringen wir es hinter uns."

Zufrieden kramte ich, meiner Meinung nach, genügend Geld aus meiner Brieftasche heraus und übergab es an Dylan, der kurz darauf die Apotheke betrat. Ich beobachtete ihm durch die Scheib und er drehte sich immer wieder suchend nach mir um. Um mir die Wartezeit zu verkürzen und nicht wie bestellt und nicht abgeholt vor dem Laden zu stehen, checkte ich meine Social Media Acounts an meinem Smartphone.

"Das mache ich nie wieder", grummelte Dylan, der mit meinem Restgeld und eine braune Tüte überreichte. Ich stopfte beides hastig in meine Brieftasche und sah mich erneut in der Gegend um. Ich fühlte mich beobachtete, sah aber keinen Grund dafür. "Das war so peinlich. Die dachte bestimmt, dass ich ein Mädchen geschwängert habe. Ganz toll."

"Danke Dylan. Du hast etwas gut bei mir."

"Davon gehe ich jetzt aus." Dylan nickte leicht und vergrub seine Hände in den Taschen seiner Jacke. "Schon gut." Er verzog die Lippen zu einem verschmitzten Grinsen. "Willst du wissen, was mir die Apothekerin, als Zusatzverkauf anbieten wollte?"

Irritiert sah ich ihn an. "Sag schon."

"Kondome."


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