Ihr wahres Ich


"Ich weiß nicht ...", ich fuhr mir frustriert durch mein Haar.

Matt legte den Kopf zur Seite. Er zog eine Braue hoch. "Was weißt du nicht? Geh doch einfach mit mir hin und lass dich fallen. Musst du eben morgen und übermorgen in den Büchern schmökern." Ich sah zu, wie der Rauch beim Sprechen seinen Mund verließ. "Du hattest doch jetzt auch Zeit um auf eine 'Lesung' zu gehen", schoss er noch hinterher und mir wurde mulmig.

Bin ich so egoistisch? Schleppe ihn zu meinen Großeltern in meine Heimat, bei denen er eigentlich überhaupt nicht, an seinem freien Wochenende, sein wollte. Aber ich war mir zu gut um auf seine fucking erste Show zu kommen. Andere würden sich um diese Chance reißen ihn einmal live zu sehen.

Ich schlang die Arme um mich. "Wenn du das so sagt, komme ich mir scheiße vor."

Matt steckt seinen Arm nach mir aus. "Ich habe es nicht böse gemeint, aber es ist doch wahr. Von was hast du Angst? Geht es dir wirklich nur um die Prüfung? Oder darum, dass das der erste offizielle Auftritt von euch beiden ist?"

"Wir wurden schon miteinander abgelichtet", stellte ich klar. "Es gibt schon mehrere Fotos von uns Beiden zusammen. Das erste Foto wurde an dem Tag gemacht, an dem wir vom Pub in Mullingar nach Hause gegangen sind - nur um ein Beispiel zu nennen. Oder von der Party bei Cara, zu der wir meine Schwester begleitet haben"

"Das zählt doch nicht. Damals wurde nur spekuliert, aber jetzt ist es bekannt. Niall Horan datet Amara Julien, seine Stiefschwester." Matt verzog die Lippen zu einem Grinsen. "'Das Mädchen seiner Träume' ... oder wie stand es in diesem Instagram Post?" Matt lachte schmunzelnd und ich musste Miteinstimmen. Der Post war herzerwärmend. "Ihr seid beide sehr enge Freunde von mir ... ich will, dass ihr glücklich seid."

Mein Freund aus Irland zog noch ein letztes Mal an seiner Zigarette, bevor er sie im Aschenbecher ausdrückte und seine Hand auf meinen Rücken legte, mit der er mich leicht zur Tür schob. "Wir sollten wieder hineingehen, sonst denken deine Freunde noch, dass wir rummachen."

****

Heute war Dienstag. Den Morgen verbrachte ich bei meinem Vater zu Hause. Davina bestand darauf, dass ich öfter vorbeikommen sollte, um alle besser kennenzulernen und sie mich. Wie immer zeigte mir mein Halbbruder Nick die kalte Schulter. Ich ging nicht davon aus, dass er etwas gegen mich hatte. Der Möchtegern Rapper, stieß immer wieder unpassende Kommentare in Valeries Richtung aus. Sie hatten kein gutes Verhältnis zueinander, es war deutlich zu fühlen. Könnte es sein, dass es daran lag, dass ich Valerie und ich aus einer Affäre entstanden sind und er uns deshalb so behandelte? Wenn ja, würde er es bestimmt nicht zugeben. Der Milchbube schien ja zu glauben, dass er der Größte ist, mit seiner tief sitzenden Jeans, der Goldkette um den Hals und der Armani Sonnenbrille, die ihm seine Eltern gekauft hatten. Der Junge hatte doch sicher noch nie einen Finger gerührt, um selbst an Geld zu kommen.

Später nahm mich Valerie mit und setzte mich an der Uni ab. Sie wollte sich noch mit Jacob treffen. Ich bedankte mich für die Fahrt bei ihr und sah ihr nach, als sie vom Parkplatz fuhr. Dieses Frühstück fühlte sich noch immer so unreal an. Und das Connor mein tatsächlicher Vater war, konnte ich noch immer nicht ganz glauben. Wird dieses Gefühl jemals verblassen? Wann wird es sich nicht mehr komisch anfühlen, zu wissen, dass ich wirklich endlich weiß von wem ich abstamme. Die Jahrelange Ungewissheit nagte an mir. Ich hatte mir eine viel zu lange Zeit eingeredet, dass es nicht wichtig sei, wer er ist, weil er nicht da war, aber jetzt war alles anders. Es war schön es doch zu wissen. Jetzt wo Mum glücklich mit Bobby war, war mir auch das Glück vergönnt. Niall macht mich Glücklich, nein mehr sogar, er ließ mich lieben. Wir hatten es nicht immer einfach und das wird es bestimmt auch nie, aber ich hoffte, dass er wusste, dass er mein Leben besser machte.

Es war also abgemacht. Um Niall zu zeigen, dass er mir mehr bedeutet, als eine Note, hatte ich vor mit Matt die Show zu crashen. Matt hatte gemeint, es wäre lustig, wenn wir uns verkleiden und uns unter die Menge mischen. Ob es eine so gute Idee war, wusste ich nicht, aber ich wollte es zumindest versuchen. Niall sollte durchaus merken, dass ich auch verrückte Dinge für ihn tun würde.

Am Haupteingang traf ich auf Tobi, der sich noch einen Schub Nikotin einzog. "Hey Mitbewohnerin. Alles gut gelaufen bei Familie Davis?"

"Ich denke schon", erwiderte ich zurück. "Ich finde es nur schade, dass mich mein Halbbruder ignoriert. Eigentlich ist er eine Enttäuschung. So eingebildete wie der ist, werden wir wohl nie miteinander auskommen."

"Tja", schnalzt Tobi. "Du hattest mit deinen zwei Stiefbrüder schon Glück, da musste das eben auch passieren. Wenn er mal zu uns vorbeikommt, werde ich ihm die Ohren langziehen."

Ich schmunzelte. "Ich denke nicht, dass er jemals vorbeikommen wird."

Tobias drückte die Zigarette aus und legte einen Arm um meine Schulter. "Glaub mir, irgendwann kommt er in meine Gasse, dann werde ich ihm klar machen, wie glücklich er sich schätzen darf, dich als Schwester zu haben."

Ich spürte, wie ich etwas rot wurde. Die netten Worte von Tobi bedeuteten mir viel. Ich war so verdammt froh ihn um mich zu haben. Das war das einzig Gute an dem Streit mit Niall auf der Hochzeit. Dadurch hatte ich mich früher als geplant von Mullingar entfernt und lernte dadurch Tobias Miller kennen. Wir kannten uns jetzt ein halbes Jahr und ich konnte mir keinen besseren ersten Freund in einer Stadt dieser Größe wünschen. Ihm verdankte ich so einiges.

Ich blieb stehen und zog den Briten in eine Umarmung. "Ich habe dich auch lieb, Tobi." Er drückte mich ebenfalls fest.

Neben und wurde gekichert. Den nervigen Tobi ihrer Stimme erkannte ich sofort: "Niall ist dir wohl eine Nummer zu groß. Dir ist schon klar, dass dieser Typ schwul ist?"

"Nicht die schon wieder", murmelte Tobi, der mich losließ.

Ich verdrehte die Augen und drehte mich um. "Was willst du von mir? Such dir doch ein anderes Opfer." Es war das erste Mal seit drei Wochen das sich unsere Wege kreuzten. Auch wenn sie mich nicht ausstehen konnte - warum auch immer, denn eigentlich habe ich ihr noch nie etwas getan - warum ließ sie mich nicht einfach in Ruhe? Was war so speziell an mit, dass sie mich blöd anmachen musste. Was konnte ich dafür, dass Niall mich gewählt hatte und nicht ihre beste Freundin?

Ich setzte zur Flucht an, blieb aber stehen, als mich jemand am Arm packte. "Warte kurz." Amber seufzte. Sie sah zu Boden und ließ meinen Arm los. Mich wunderte, dass sie ganz alleine unterwegs war. Wo war ihre Gang? Aber warum interessiert mich das? Stimmt ja, das tat es nicht.

"Hör zu...", sie seufzte erneut. Es war, als ob sie sich überwinden musste mit mir zu sprechen, was vor ein paar Sekunden nicht der Fall war. Beleidigungen schienen ihr einfach über die Lippen zu kommen.

"Was willst du? Ich will deinetwegen nicht zu spät kommen", sagte ich etwas schärfer. Tobi stellte sich neben mich und sah Amber skeptisch an. Wie ich, wartete er auf die Nächste Dreistigkeit die sie mir an den Kopf werfen wollte.

"Du weißt es sicher, schließlich seid ihr Freunde ... Mein Bruder ist da." Amber biss sich auf die Unterlippe. Warum wirkte sie plötzlich so klein?

"Klar weiß ich das. Wie du gesagt hast, er ist mein Freund - im Gegensatz zu dir."

Sie schloss die Augen und blies Luft aus, bevor sie die Hände etwas hob: "Schau, es tut mir leid ..., dass ich dir das in der Cafeteria angetan habe. Das war nicht richtig."

Mein Mund wurde schlagartig trocken. Hatte sich das Biest gerade allen Ernstes bei mir entschuldigt? Da konnte es sich doch nur um einen Trick handeln. Nichts weiter. Sie hasst mich und ich werde ihr nie verzeihen. Ich war sprachlos.

"Warum der plötzliche Sinneswandel? Glaubst du wirklich, dass das jetzt irgendetwas an der Situation ändert, dass du Amara öffentlich gedemütigt hast?", ergriff Tobi für mich das Wort. Danke Tobi.

"Ich kann nichts mehr daran ändern. Es tut mir wirklich leid. Matt ist mein Bruder und auch, wenn ich es nicht immer zeigen kann, ist er mir wichtig. Amara ...", sie sah mich fest an, ihre Augen glänzend, als würde sie den Tränen nahe sein. "Wenn du mir nicht vergibst, will er nichts mehr mit mir zu tun haben. Ich verspreche, ich werde mich nicht mehr einmischen. Holly soll selbst schauen, wie sie weiterkommt, sie hat mich schon so oft in die Scheiße geritten, das jetzt Schluss sein muss." Eine Träne löst sich aus ihrem Auge und sie begann sie schniefen. "Wir werden nie Freunde sein, das ist mir durchaus klar und dass will auch nicht, aber bitte sag Matt, dass ich mich entschuldigt habe. Sag ihn, dass du mir vergeben kannst. Bitte", sie flehte mich an. Es wurden immer Tränen und das Make-Up in ihrem Gesicht begann sich zu verschmieren. Es zeigte ihr wahres Ich. Sie war ein Monster und so sah sie auch aus.

Für einige Sekunden blieb ich still. Ich musste die Worte erst von ihr verdauen. Ich sollte ich vergeben? Wie oft hatte sie mir schon das Leben zur Hölle gemacht? Sie und Holly waren schuld an eigentlich allen Konfrontationen von Niall und mir. "Ich fasse es nicht", ich schüttelte den Kopf. "Was fällt dir ein mich so etwas zu bitten?", der Versuch ruhig zu bleiben viel mir schwer. "Du hast meine Beziehung die ganze Zeit über sabotiert. Es ist mir sowas von egal, ob Matt noch etwas mit dir zu tun haben will oder nicht." Es fiel mir schwer sie nicht anzubrüllen. Ich druckte die Worte nur so durch meine Zähne. "Du", ich zeigte auf sie "Bist die Letzte der ich jemals vergeben würde. Ich hasse euch!" Die letzten drei Wörter schrie ich ihr ins Gesicht. Auch mich überkamen die Tränen. Der ganze Hass, der sich die letzten Monate lang in mir angestaut hatte, ließ mich kochen. "Du brauchst überhaupt nicht weinen! Du bist ein Miststück und-"

"Amara, nicht so laut", versuchte Tobi mich zu beruhigen, in dem er eine Hand auf meinen Rücken legte. Ich merkte, wie uns Blicke zugeworfen wurden. Sollten sie doch alle starren. Die meisten spottenden mich sowieso aus und das war ihre Schuld. "Amber du hast null Ahnung, wie es ist Ich zu sein, wie es sich anfühlt, wenn sich die gesamte Welt über einen lustig macht! Denk das nächste Mal darüber nach, bevor du den Ruf von jemanden zerstört, denn du nicht mal richtig kennst!"

Amber wischte sich mit den Handrücken über ihre Wangen. "Ich habe das nur für meine beste Freundin getan. Ich bin mir sicher, dass du auch für deine Freunde über Feuer gehen würdest. Niall ist Hollys Welt. Das verstehst du nicht." Sie stampfte mit dem Fuß.

"Was sollte ich daran nicht verstehen? Was denkst du, was Niall für mich ist? Ein Spielzeug?!" ich hatte dieses Gespräch satt! "Holly soll endlich kapieren, dass ihre Zeit vorbei ist. Wir sind jetzt zusammen. Er liebt mich!"

Amber schluckte und schüttelte den Kopf. "Ich habe es mir gedacht ...", sie schmunzelte trocken, aber nicht selbstzufrieden, danach schüttelte sie wieder den Kopf. "Er hat es dir noch immer nicht gesagt. Mich hat es schon gewundert, dass du noch immer bei ihm bist."

"Hör endlich auf Spielchen mit Amara zu spielen!", zischte Tobi.

Amber tat es schon wieder. Sie mischte sich ein, nur dass sie mich mit so etwas leicht ködern konnte, war meine Schuld. Schließlich fühlte ich, dass er mir etwas verheimlichte und sie goss mit dieser Aussage Öl ins Feuer. "Und was sollte das sein? Was hat er mir nicht gesagt?"

Sie machte einen Schritt weg von mir. "Ich mische mich nicht mehr ein Amara. Vergiss nur nicht, was ich damals zu dir gesagt habe: Holly hat schon dafür gesorgt, dass das hier nicht halten wird. Und wenn er dich wirklich so liebt, wie du es behauptest, dann würdest du es schon wissen."

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Hey. 

Hat schon jemand eine Idee um was es sich handeln könnte? Wovon hat Amara noch immer keine Ahnung? 

LG ❤


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