Fünfundzwanzig
Langsam aber doch begann es zu dämmern. Die Sonne verschwand hinter den großen Gebäuden und verfärbte den Himmel in angenehme Töne. Die Stadt unter uns wirkte so friedlich wie noch nie. Ich muss schon zugeben, ich war Niall diese Aussicht aus seinem Wohnzimmer neidisch. Vor allem durch das Fenster, das sich von Boden bis zur Decke erstreckte. Das Panorama war phänomenal.
Während ich in die Sicht vertieft war, wurde hinter mir gelacht und mit dem Geschirr gescheppert. Ein lautes Aufatmen ließ mich erschrecken und umdrehen.
"Harry, du hättest beinahe die Torte ruiniert!" Liams strenger Blick lag auf Harry.
Entschuldigend hob er die Hände. "Das war ja nicht mit Absicht. Beruhigt euch!"
Ich schüttelte den Kopf. Eine Überraschungsparty mit Nialls Bandkollegen auf die Beine zu stellen war schwerer als gedacht. "Harry, habe ich dir nicht schon gesagt, dass du mindestens zwei Meter Abstand zur Torte halten sollst?", erinnerte ich ihn. Er hatte sie vorhin schon beinahe fallen lassen. Ohne Louis, der noch rechtzeitig eingreifen konnte, wäre die Tote, die aussah, wie die Gitarre die Niall letztes Jahr zum Geburtstag bekommen hatte, schon längst am Boden.
Neben mir, Harry, Louis und Liam befanden sich auch noch andere Freunde von Niall in seinem Apartment. Viele davon waren Musiker, mit denen die Jungs zusammengearbeitet hatten, Bodyguards, Stylisten und sonstige Personen. Sie wurden alle von den Jungs eingeladen, den ich kannte sie alle nicht. Ohne Liams Hilfe würde ich sowieso vollkommen alleine da stehen. Für mich war es auch das erste Treffen mit Louis. Bis auf Harry, der mich anfangs mit seinen Klopf-Klopf Witzen in den Wahnsinn trieb, waren sie alle anders als ich es mir je vorgestellt hatte. Ich dachte immer Louis wäre ein kleiner Spinner, der ab in Wahrheit einen Trieb zum ernsten aber auch verspielten hatte. Liam war inzwischen zur einer Miniversion eines Badboys mutierte. All die Tattoos und die dicke Kette um seinen Hals, ließen einen nicht glauben, wie verantwortungsvoll und liebevoll er eigentlich war. Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht unterdrücken als Liam und Louis sich über väterliche Tipps voneinander austauschten und Geschichten von ihren Söhnen erzählten.
Niall hatte gestern und heute eine Menge Interview gegeben und die restliche Zeit verbrachte er bei den Proben für die Flicker Sessions. Als würde es nicht reichen, dass er ab nächsten März ein halbes Jahr lang auf der ganzen Welt Konzerte spielt - nein - er musste auch Tage bevor sein Album überhaupt erscheint schon welche geben.
Er wusste, dass ich hier auf ihn warten würde, aber von seinen anderen Freunden hatte er keinen Plan. Wie gut dass er mir vor Wochen einen Schlüssel für sein Apartment gegeben hatte.
Ich bekam in diesen Moment eine SMS von Marc, der Niall vor der Tür abgesetzt hatte.
"Leute! Er kommt hoch! Seid alle still!", rief Liam über eine Schulter hinweg in die Menge. Er hatte wohl mitgelesen. Als ich den Gong des Fahrstuhles hörte, huschte ich die Treppen hoch und war somit aus dem Blick der Gäste verschwunden. Die schweren Türen gingen auf und ein müde aussehender Niall kam zum Vorschein." Hey", grüßte er mich und stellte dabei den Gitarrenkoffer ab. Ich war mir nicht sicher, was es war, aber etwas war anders. Sein Blick verriet es, aber dafür hatten wir jetzt keine Zeit. Es war sein Geburtstag und ich wollte, dass er glücklich ist.
"Hey." Mit den Händen hinten am Rücken tapste ich zu ihm heran.
"Da hat mich wohl jemand vermisst", schmunzelte er nun. Ohne zu antworten, stellte ich mich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen kurzen Kuss. Ich nahm seine Hand in meine und grinste ihn an. Ich musste mich wirklich beherrschen, um mein Grinsen nicht zu übertrieben zu machen. Er ahnte vermutlich schon das etwas im Busch war, da ich den Jungs gesagt hatte, dass sie Niall nicht per SMS oder irgendwie anders gratulieren sollten.
Er lächelte zwar, zog die Augenbrauen aber skeptisch zusammen. Schritt für Schritt zog ich ihn an der Hand in das Wohnzimmer, in dem seine Freunde auf ihn warteten.
Ein lautes "Happy Birthday" wurde gebrüllt und ich merkte, wie Niall die Kinnlade runterfiel. Danach biss er sich auf die Lippe und schüttelte unglaubwürdig den Kopf. Auch ich gratulierte in. Er sah auf mich hinab, nahm mein Kinn mit seinen Fingern um mich aufschauen zu lassen und küsste mich schließlich.
Das Herz rutschte mir in die Hose, aber da war es schon zu spät. Er küsste mich vor allen Gästen und erst als ich mich versteifte, löste er sich von mir. Niall lächelte und strich mir eine Strähne zurück. "Danke. Ich hatte schon mit irgendetwas gerechnet."
Ich wusste nicht, wo mir der Kopf stand. Das Einzige, an das ich dachte war, dass uns gerade mindestens zwanzig Personen beim Küssen zugesehen hatten. Warum hat er das getan? Aus Gewohnheit, so wie es bei mir auf dieser Party war?
"Ohne Liam wäre das nicht zustande gekommen. Er ist ein guter Freund." Wie auf das Stichwort kamen Liam, Harry und Louis auf ihn zugelaufen. Sie fielen ihm um den Hals und schlussendlich lagen alle vier Männer am Boden und lachten. Sie lachten, während mein Magen sich drehte und ich mir schon den Hass der Fans ausmalte, wenn sie etwas davon mitbekamen.
Jemand hatte die Anlage aufgeschaltet und ein anderer verteilte Drinks. Derweil standen Niall und seine Kumpel wieder auf und klopften sich gegenseitig auf die Schultern. "Mit euch hätte ich nicht gerechnet!" Glücklich zog Niall sie der Reihe nach in eine feste Umarmung.
"Wenn deine Kleine nicht nachgeholfen hätte, wäre es sicher nicht so", meinte Harry und zwinkerte mir dabei zu. Liam und Louis nickten bestätigend.
Ich winkte hab. Das alles hätte ohne Liam nie geklappt. Ich verdiente die Anerkennung dafür bestimmt nicht. "Liam hat mir geholfen", wiederholte ich und zeigte auf den braunhaarigen Kerl. "Dankt ihm, nicht mir."
Niall stellte sich wieder neben mich und ich spürte wie er seine Hand auf meinen Rücken platzierte. Der Reihe nach kamen Nialls Gäste zu ihm, um ihn gebührend zu gratulieren. Mit Wein und Sekt wurde schließlich noch auf seinen Geburtstag angestoßen.
Die Party verlief feucht fröhlich und von meiner mitgebrachten Torte blieb kein einziges Stück übrig. Ich wollte nichts sagen, aber Niall tanke ganz schön ordentlich ein Bier nach dem anderen. Es war okay, immerhin war es sein Tag, aber mit einem sturzbetrunkenen Freund wollte ich heute Nacht bestimmt nicht das Bett teilen, vor allem da wir beide doch wissen wie es meistens endet, wenn einer von uns betrunken ist - was eigentlich immer er ist.
Die Nacht zog über das Land und die Stunden vergingen. Um kurz nach vier Uhr morgens verließen die letzten Gäste die Feier. Nur noch Harry, der mir den ganzen Abend lang von seiner Traumfrau ein Ohr abkauen musste, lag schlafend auf der Couch. Louis hatte sich als einer der ersten verabschiedete, da er morgen - bzw. heute - einen Flug erwischen musste. Liam hingegen brach erst vor zehn Minuten nach Hause auf.
Niall saß gerade bei seinem Klavier und spielte. Mich wunderte, dass sich die Melodie noch nach etwas anhörte, obwohl er schon lange nicht mehr geradeaus gehen konnte. Und Harry? Der schlief wie ein Murmeltier. Sein blumiges Hemd war geöffnet und sabber umrandete seine Unterlippe. Ein Foto wäre das alle mal wert.
Im Gegenteil zu ihnen hatte ich nur ein Glas Sekt zu mir genommen. Ich musste noch etwas für mein Studium heute tun und um aufnahmefähig zu sein, wollte ich nüchtern sein und nicht mit einem Kater kämpfen.
Ich begann schon damit das Geschirr zusammenzusammeln und in den Geschirrspüler zu räumen. Danach widmete ich mich auch noch den großteils des Mülls.
"Babe. Hör auf."
Ich sah zu Niall, der mich anstarrte und ohne auf die Tasten zu sehen weiterspielte. Seine Augen glänzen und hatten einen roten Touch. "Komm her.", forderte er mit heiserer Stimme.
Nickend stopfte ich noch die Plastikflaschen in den gelben Beutel und ging zu ihm an das Klavier. Ich lehnte mich dagegen und sah ihm zu wie er die Finger über die Tasten gleiten ließ. Er stoppte nur einmal, um einen Zug von seiner Bierflasche zu machen. Er spielte weiter und ich sah wortlos zu. Doch der Satz, der die Stille brechen sollte, sollte mir nicht gefallen.
"Holly ist in London." Ich sagte nichts darauf, denn Niall sprach sofort weiter. "Matt hat es mir vor zwei Wochen erzählt, dass sie und Amber herkommen." Niall verzog die Lippen und eine Falte bildete sich auf seiner Stirn. "Es gefällt mir nicht."
Ich sah auf meine Hände hinab, die auf dem Klavier liegend einen Abdruck hinterließen. "Wir sind uns bereits begegnet."
Schlagartig stoppte Niall mit dem Klavierspielen. "Warum hast du mir das nicht erzählt?"
Ich zuckte mit der Schulter und sah ihn ausdrücklich an. "Warum hast du nichts gesagt?" Er sagte doch gerade selbst dass er es schon seit zwei Wochen wusste.
"Sie gehen mir auf die Nerven. Darum", erwiderte er knapp. Niall nahm seine Bierflasche, stand auf, trank sie aus und taumelte an Harry vorbei Richtung Schlafzimmer.
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