Alleine
Der Abschied von Niall war hart. Gerne hätte ich mich an ihn geklammert, um ihn am Gehen zu hindern, aber schlussendlich kam mir das doch etwas kindisch vor. Ich musste mich einfach an das getrennt sein von Niall gewöhnen. Die letzten Monate hatte ich doch eh viel von ihm. Wären wir während der One Direction Zeit zusammengekommen, hätte ich sicherlich überhaupt nichts von ihm gehabt. Ich war froh darüber, dass es anders gekommen war. Wer weiß, ob er sich damals überhaupt für mich interessiert hätte. Die Schar an jungen hübschen Mädchen, die ihm und seine Freunde damals auf Schritt und Tritt verfolgten, waren bestimmt allesamt verlockender als ich. Und ganz geschweige davon das seine Teenagerhormone damals ganz bestimmt viel verrückter gespielt hatte als jetzt. Heute ist er kein Teenager mehr, er ist ein Erwachsener Mann der an seine Zukunft denkt. In unserem Alter geht es nicht mehr nur darum einen festen Freund beziehungsweise Freundin zu haben. Man sucht den Partner, mit dem man glücklich werden möchte, mit dem man sich eine Zukunft und eine Familie aufbauen will. Ich liebe Niall und daran wird auch diese Entfernung nichts ändern. Daran werden wir erst merken, wie wichtig wir uns sind und ob wir die Richtigen füreinander sind.
Als ich nach der Taxifahrt nach Hause kam und unsere Wohnung betrat, war es bereits Mitternacht. Alle Lichter waren aus und es war totenstill. Ich zog mir Schuhe und Mantel bereits im Flur aus. Auf Zehenspitzen tippte ich leise in mein Zimmer. Ich hätte mich noch gerne geduscht, wollte aber keinen Lärm machen, deshalb schlüpfte ich in meinen Schlafanzug und verkroch mich unter meiner Decke. Nach Konzerten konnte ich noch nie sonderlich schnell einschlafen. Ich erwischte mich immer dabei, wie ich mir die Songs der Show nochmals im Bett anhörte - wie auch jetzt. Niall hatte mir in diesen Moment ein Foto von sich im Flieger gesendet, dahinter zwischen den Sitzen, sah ich Clare, seine Tourmanagerin, die konzentriert auf ihr Handy sah. Ich wüsste gerne, wie das Leben auf so einer Tour ist. Ganz bestimmt anstrengend, aber auch witzig. Familiär, den mit diesen Menschen ist man Wochen, manchmal auch Monate unterwegs. So eine Erfahrung machen zu dürfen, wäre aufregend.
Ich schrieb Niall eine gute Nachtnachricht und legte mein Telefon auf meinen Bauch nieder. Die Dunkelheit und Nialls Stimme in den Ohren ließen mich in Erinnerungen schwelgen. Ich erinnerte mich an das Gefühl von Nialls Lippen an meinen, die Wärme die er in mir auslöste und die Gänsehaut die ich bekam, wenn er meinen Hals sanft mit den Lippen entlangfuhr. Dabei ertappte ich mich wie ich sanft meine Fingerspitzen an meinen Hals gleiten ließ. Meine eigenen zarten Berührungen ließen mein Herz klopfen. Scheiße, warum kann Niall nicht hier bei mir im Bett sein? Zielgerecht wanderte meine Hand an meine Brust, die ich leicht knetete. Meine Nippel wurden hart, als ich sie unter meinem Shirt berührte. Ich rieb an ihnen und drückte sie leicht. In meinem Kopf war es nicht meine, sondern Nialls Hand, stellte mir vor, wie er mit seinen Lippen sanft daran saugte. Ungewollt zog ich die Luft ein. Meine Hand spielte währenddessen mit dem Bund meiner Hose. Ich strich über den Stoff an der Innenseite meiner Schenkel entlang, bis hin zu meiner Mitte. Zuerst war es komisch mich selbst so zu berühren, aber Niall, dessen Job das eigentlich war, war nicht hier. Ich rieb meine Hand an mir und biss mir auf die Unterlippe. Es war anders als von einem Kerl so berührt zu werden, aber mit Niall im Sinn und den Vorlieben dich von mir selbst kannte, trieb ich mich selbst mit Streicheleinheiten und dem richtigen Fingerspitzengefühl zum Höhepunkt.
Als ich das nächste Mal meine Augen öffnete, hörte ich nichts als Stille. Ich drehte mich zur Seite und sah den trüben grauen Himmel durch das Fenster. Der Himmel spiegelte mein Inneres wider. Zwar war es nicht das erste Mal, das Niall mit Abwesenheit glänzte, aber jedoch war es das erste Mal das er länger nicht hier war. Die drei Wochen am Ende des Sommers waren schon hart, vergingen aber auch. Bei den knapp sieben Wochen die ich jetzt ohne ihn auskommen musste, war schon etwas Angst da, dass es uns schaden könnte. Ich wollte mich aber nicht von dieser Angst beherrschen lassen und redete mir positiv ins Gewissen. Nun konnte mich zumindest kein Mann mehr abhalten fleißig zu lernen. Ich hinkte sowieso schon hinterher - was in Sachen lernen überhaupt nicht meiner Art entsprach. Ich hatte wirklich Bammel davor beim Midterm versagt zu haben. Es war mir egal wie unwichtig die Notendurchschnitte im ersten Semester für einige wohl sein würden, für mich war das anders. Bei diesem Thema wurde erste recht mein Ehrgeiz geweckt. Früher gehörte ich zu den Klassenbesten und nicht zu den schlechtesten. Ja, Niall war meine eigene kleine wunderschöne Ablenkung, die mich jetzt nicht mehr stören konnte.
Ich blieb noch ungefähr eine Viertelstunde, wie in einem Kokon zusammengerollt in meiner Decke liegen, bis ich mich mein knurrender Magen aus dem Bett zwang. Doch zuerst wollte ich mich endlich duschen. Zielstrebig stolperte ich zu meinem Kleiderschrank von dem ich mir eine Jeans, ein frisches Shirt, eine Strickjacke und Unterwäsche holte. Im Badezimmer legte ich alles ab, dabei beschloss ich einen Blick in Sophies Zimmer zu werfen. Ich wollte wissen wie es ihr nach der zweiten Nacht erging. Vorsichtig klopfte ich zuerst an ihrer Tür - etwas das ich sonst nie tat, weil sie es auch nicht bei mir angebracht fand. Ihr Zimmer war leer. Jedoch wunderte mich, wie ordentlich es heute war. Die Bettdecke war perfekt zusammengelegt, das Leintuch hatte keine einzige Falte. Es steckte stramm in der Rille. Alle ihre Klamotten waren im Schrank verstaut und auch ihr Reisekoffer stand nicht mitten immer Zimmer herum. Da sie anscheinend sonst wo war, ging ich wieder ins Badezimmer und erledigte mein morgendliches Reinigungsritual.
Während des Duschens ging ich durch, wie ich mich bei Tobi ordnungsgemäß entschuldigen konnte. Meine Fantasie war wohl wieder einmal mit mir durchgegangen. Aber in diesen Moment erschien es Sinn zu ergeben. Ich habe bis jetzt schon so viel durchgemacht in meinen Leben, das mich so etwas vermutlich nicht mehr schocken würde. Tobi ist neben Matt mein bester männlicher Freund. Ohne ihn hätte ich mich hier in London niemals so schnell eingelebt oder hätte auch nur den Hauch einer Chance gehabt so schnell einen Job zu finden. Er war es der Niall die Tür zum Apartment geöffnet hatte. Natürlich hatte er keine Ahnung, wer sich hinter der Tür befand, aber alles in allem hatte diese Begegnung alles ins Laufen gebracht. Damals hatte ich mir wirklich vorgenommen nichts mehr mit Niall tun haben zu wollen. Diese Lügen rund um Holly und die Eifersucht um Matt war mir zu viel. Meine heimlichen Telefonanrufe an ihm, nur um seine Stimme zu hören, waren mir noch immer peinlich. Niall hatte damals, ohne dass ich es mitbekam mein Herz gestohlen. Niemals hätte ich geahnt, wie sich mein Leben durch diesen Umzug ändern würde. Ich wäre schon auch neugierig darauf, was gewesen wäre, wenn ich nicht mit nach Mullingar gezogen wäre. Immerhin war ich neunzehn Jahre alt. Ich hätte mich auch während meines freien Jahres allen auf nach London machen können, hätte mir einen Job gesucht und ein billiges Apartment außerhalb der Stadt gemietet. Irgendwie hätte ich auch das bewältigt. Niall hätte ich erst später, vielleicht erst bei der Hochzeit getroffen. Und dadurch das ich nicht da gewesen wäre, hätte Holly ihn wieder für sich gewinnen können. Ihre erste große Liebe, die sie viel zu sehr wollte. Diese was-wäre-wenn Szenarien fand ich schon immer sehr erstaunt. Manchmal musste man nur eine kleine Sache anders machen und alles könnte sich ändern. Hätte Niall nicht den Mut gehabt hier aufzutauchen, hätte ich nie nachgegeben.
Auch im Wohnzimmer war wieder mal keiner anzufinden. Heute stand kein Tobi am Herd und bereitete Frühstück vor. Der Tisch war nicht gedeckt und die Kaffeemaschine war noch nicht warm. Nach einem Blick in den Kühlschrank, wusste ich, dass ich mir mein Frühstück woanders holen musste.
Mit dem Bus fuhr ich zu Lydia und Martin. Ich war seit meiner Kündigung nicht mehr hier. Der Geschmack der Blaubeermuffins fehlte mir und außerdem gab es hier besseren Kaffee als bei Starbucks - den Preisunterschied erwähne ich an dieser Stelle überhaupt nicht. Das mir noch bekannte Glöckchen klingelte, als ich die Tür aufdrückte und eintrat. Den feuerroten Schopf von Lola erkannte ich sofort.
"Amara!", lächelte sie breit. Wir waren erst vor kurzem etwas trinken, es war aber trotzdem schön zu sehen, dass sie sich freute mich hier zu treffen.
Sie wischte sich ihre Hände an ihrer Schürze ab und kam von hinter der Theke nach vorne um mich in einer Umarmung zu begrüßen. "Hey Lola."
"Bist du heute ganz alleine?", fragte ich, weil ich sonst niemand sah. Außer zwei besetzten Tischen, war niemand hier.
Lola schüttelte den Kopf. Ihre roten Locken sprangen dabei hin und her. "Nein. Nachdem du gekündigt hast, mussten wir jemand neuen aufnehmen. Ich habe Mike mit dem Müll hinausgeschickt. Ich mache mir doch nicht meine Finger schmutzig."
Das war typisch Lola. Während ich mich setzte und mein Telefon aus meiner Handtasche kramte, holte Lola mir einen Latte Macchiato und einen Muffin. Da bei den beiden anderen Tischen noch alles in Ordnung war, setzte sich meine frühere Arbeitskollegin mit einem Glas Wasser zu mir. "Erzähl mal, wie geht es dir? Ich habe von Nialls Konzert gehört. Ihr beide hatte einen schönen Moment."
Ich umklammerte die warme Tasse Kaffee, um mir meine Hände aufzuwärmen. "Ja, es war toll. Ich bin froh, dass Matt mich dazu überreden konnte."
Lola lehnte sich auf den Tisch, dabei stemmte sie den Ellbogen ihrer rechten Hand gegen die Tischplatte. Mit der Faust an ihrer Wange sah sie mich schmunzelnd an. "Wie lange seid ihr eigentlich schon zusammen?"
"In zwei Wochen sind es drei Monate."
"Wow. Du musst mir unbedingt erzählen, wie du dir diesen Fisch geangelt hast. Ich meine, hey, wenn du ihn irgendwann heiratest, hast du für dein ganzes Leben ausgesorgt."
Ich setzte die Tasse an meinen Lippen an und nippte vorsichtig. "Glaub mir, ich weiß selbst nicht so ganz wie das alles passiert ist. Die Gefühle waren einfach da." Ich konnte mich wirklich nicht an einen bestimmten Moment erinnern, in dem ich mir dachte, dass ich begonnen hatte Gefühle für Niall zu hegen. Es ist einfach passiert. Die Chemie zwischen uns passte.
Ich nahm meinen Muffin und biss ab. Wie sehr ich diesen Geschmack vermisst hatte ... Lydia macht einfach die besten Muffins und Torten.
Aus dem Augenwinkel bemerkte ich einen Jungen hinter der Theke stehen. Das musste wohl der Neue sein. Er war klein, hatte strubbeliges dunkles Haar und eine Runde Brille. Mike blickte zu uns an den Tisch und kaute an seiner Unterlippe herum. Lola sah meinen Blick und drehte sich zu Mike um. "Du kannst schon mal mit der Vitrine anfangen." Er nickte stumm und begann die Vitrine mit den Tortenstücken auszuräumen, um sie zu säubern.
"Er wirkt schüchtern", stellte ich fest.
"Ja, das ist er auch. Als ich das erste Mal mit ihm Dienst hatte, brachte er kein Wort heraus. Sehe ich so angsteinflößend aus?" Lola hob fragend die Augenbrauen.
Ich presste die Lippen zusammen und wippte den Kopf leicht nach links und rechts. "Na ja ... mit den Feuerroten Haaren und den roten Lippen ... Du musst schon zugeben, dass du wie die Tochter des Teufels aussiehst."
Empört öffnete Lola den Mund. Sie musste sich ein Lachen verkneifen. "Aber ich bin die netteste Person überhaupt. Ich sehe eben nur gerne heiß aus."
Einige Minuten später musste Lola wieder zurück an die Arbeit gehen. Die Kunden wollten zahlen. Ich widmete mich derweil meinen Muffin. Meine Mutter rief mich an. Sie und die ganze Horan Familie fuhren heute nach Dublin zu Nialls Konzert. Danach fragte sie mich noch, wie es in der Uni lief. Außerdem musste ich ihr versprechen bald wieder nach Dublin zu kommen. Im Dezember wollte ich die Feiertage sowieso zu Hause verbringen und nicht hier alleine in der WG.
Eine Stunde später saß ich wieder im Bus auf den Weg nach Hause. Ohne Tobi, Sophie oder Niall fühlte ich mich komplett alleine. Dylan wäre noch eine Option gewesen, aber ich wollte es mit ihm langsam angehen. Lilly konnte ich auch nicht die ganze Zeit über nerven. Bei ihr und Stephen schien es gefunkt zu haben. Auf Facebook posteten die zwei oft Bilder voneinander bei verschiedenen Events und wenn ich mir ehrlich war, zu diesen Leseratten passte ich eh nicht unbedingt gut dazu. Die Lesung in diesem Café war nett, aber eben nichts für mich. Valerie war ständig am Arbeiten und Connor ebenfalls. Er ist zwar mein leiblicher Vater, aber trotzdem möchte ich nicht ständig an ihm kleben. Ich durfte ihm schon kennenlernen und eine starke Verbindung entsteht nicht auf die Schnelle. Das braucht alles seine Zeit. Zeit die ich uns geben werde.
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Wollte hier nur mal kurz Bescheid sagen, dass es noch zwischen sieben uns zehn Kapiteln bis zum Ende dieses Teils sind. Das vorletzte Kapitel habe ich bereits geschrieben es heißt: "Das letzte Märchen." Es wird das traurigste Kapitel der gesamten Reihe sein. Teaser 1 ist der Beginn des Kapitels.
Danke für die zahlreichen Votes und Kommentare. Ich freue mich immer mit euch zu lachen und zu weinen.
Und zur Info: In meinem Profil, gibt es jetzt ein neues Buch "My irish Stepbrother" Es wird die verbesstere und überarbeitete Non-Fanfic Version dieser Reihe werden. Außerdem arbeite ich nebenbei noch an einer Shadowhunter FF #RedShadow
Liebe Grüße, Sabrina.
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