Survivor's Guilt

An so einem schönen *hust* Tag wie heute, komme ich endlich dazu, einen OS zu schreiben, den ich bereits seit letztem Jahr geplant habe. Vermutlich klingt er ein wenig überdramatisch, eben weil ich gerade selbst nicht so gut gelaunt bin. :x Aber man muss so eine Stimmung gleich mal ausnutzen. Hoffentlich gefällt er euch trotzdem ^__^

ACHTUNG SPOILER zur WAR-ARC! Wer ab Kapitel 259 nicht den Manga weitergelesen hat, liest hier auf eigene Gefahr weiter!

Außerdem hängt dieser OS mit den Oneshots "Nach dem USJ Vorfall ..." und "Pretending" zusammen.

Viel Spaß beim Lesen! Kommentare/Kritik/Anregungen sind immer erwünscht! ^__^

Lg Tina


Hauptfiguren: Hizashi Yamada, Toshinori Yagi, Shota Aizawa

werden erwähnt: Nemuri Kayama, Eri, Izuku Midoriya, Inko Midoriya

~*~*~*~

Piep. Piep. Piep. Piep.

Das monotone Geräusch des Monitors machte ihn irre.

Piep. Piep. Piep. Piep.

Dabei sollte er froh darüber sein, es zu hören. Es hätte auch anders kommen können. Viel schlimmer. Viel, viel schlimmer.

Piep. Piep. Piep. Piep.

Hizashi seufzte. Der Laut begleitete ihn bereits seit ein paar Stunden. Normalerweise hätte er ihn längst ausgeblendet, doch in Verbindung mit dem Geruch des Desinfektionsmittels, war es einfach unmöglich. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Es schien unmöglich, sich auf etwas anderes zu konzentrieren; an etwas anderes zu denken.

Nein.

Eigentlich wollte er gar nicht denken. Er wollte seine Gedanken einfach auf stumm schalten und sich nicht darin verlieren.

Doch es ging nicht. Es war unmöglich, nicht über all das nachzudenken, was vor wenigen Stunden passiert war. Vor allem deswegen nicht, weil er vor Augen hatte, was alles schief gelaufen war.

Piep. Piep. Piep. Piep.

Eine Träne lief über seine Wange, während seine Augen über den Mann vor ihm glitt, der noch immer nicht sein Bewusstsein wieder erlangt hatte. Hoher Blutverlust, war eine der Diagnosen gewesen. Ein paar Minuten später und er wäre verblutet. Gestorben. Allein bei dem Gedanken daran, schloss Yamada seine Augen und schluckte. Seine Kehle war trocken.

Shota wirkte blass, lag regungslos im Krankenbett. Ein Bein war weg, sein Gesicht halb eingebunden. Auch wenn es hart klang, war dieser Anblick weitaus besser, als jener, den er auf dem Schlachtfeld geboten hatte. Als Present Mic ihn dort erblickt hatte, blutüberströmt, am Ende seiner Kräfte, hatte der Blonde sich nicht beherrschen können. Er hatte sofort seine Nerven weggeworfen. Sein schmerzerfüllter Schrei hatte den Kopf eines Nomus explodieren lassen und war durch einen weiteren ferngesteuerten Angreifer durchgefahren, wie durch ein Blatt Papier. Hizashi war außer sich gewesen, während sein bester Freund halb tot auf eine Barre gehievt und mit Blaulicht und Sirenen ins Krankenhaus gefahren wurde.

Nur wenig später erfuhr er von den anderen Verlusten, die sie erlitten hatten. Seine Welt brach zusammen, und er hätte komplett die Kontrolle verloren, wenn er die Schüler, seine Schüler, nicht gesehen hätte. Kinder. Allesamt traumatisiert. Vor allem jene, die den Angriff von Gigantomachia miterlebt und versucht hatten, ihn aufzuhalten. Sie waren es gewesen, die Midnight gefunden hatten. So gerne er Gebäude zum Einsturz gebracht hätte, er musste sich zusammenreißen, um für sie stark zu sein. So wie er es sonst für Shota war. So wie er es immer war.

Dabei hätte all das nicht passieren müssen. Er war in der Vorhut gewesen, war in die Kammer eingedrungen und sollte gemeinsam mit X-Less den Tank ausschalten, in dem Shigaraki sich befand. Wenn er nur nicht den anderen Profihelden allein gelassen hätte, weil sie dachten, Shigaraki wäre tot, dann wäre es niemals so weit gekommen. Der Doktor wäre zwar entkommen, aber der Rest wäre nicht so eingetroffen, wie es passiert war. Zumindest redete Yamada sich dies seit Stunden ein. Alles war seine Schuld. Wenn sein Schrei nur etwas lauter gewesen wäre. Er hätte den jungen Mann töten müssen. Was wäre schon der Mord an einer Person gewesen, wenn man dadurch so viele hätte retten können? Als Held hatte Present Mic versagt, ebenso als Freund, weil Shota nur wegen ihm bei dem Angriff mitgemacht hatte.

So viele hatten leiden müssen. Litten jetzt im Augenblick, weil sie geliebte Menschen verloren hatten oder gerade dabei zusahen, wie er dahinwich; ihre gesamte Existenz in Staub zerfiel, oder weil sie selbst verletzt wurden. Und er? Er war mit ein paar Kratzer und klitzekleinen Schrammen davon gekommen. Unversehrt, einzig seine Brille war kaputt gegangen. Genauso wie irgendetwas in ihm drin zu Bruch ging. Hizashi konnte es fühlen. Nachdem AFOs Doktor ihm erzählt hatte, dass Oboro nicht hätte sterben müssen, sondern Shota damals das eigentliche Ziel gewesen war, hatte Yamada gespürt, wie etwas in ihm zerbrach. Der Angriff vor so langer Zeit war kein Zufall gewesen, doch es hatte den falschen erwischt. Das Wissen darum, war wie eine schwere Last auf seinen Schultern. Wie sollte er das Aizawa nur beibringen, der sich ohnehin seit fünfzehn Jahren damit quälte, Shirakumo beim Sterben zugesehen zu haben? Der Dunkelhaarige würde das nicht verkraften.

Shota. Seufzend öffnete er seine Augen und sah auf den regungslosen Körper vor sich. Die dunkle Heldenuniform hatte man ihm ausgezogen und ihn in einen weißen Krankenhauskittel gehüllt nach der Notoperation, die er wegen des Beins und des Auges über sich hatte ergehen lassen müssen. Davon bekam der Dunkelhaarige ohnehin kaum etwas mit. Noch immer war es für Hizashi unvorstellbar, dass Aizawa sich das Bein selbst abgehakt haben sollte. Manchmal fragte er sich, wie verquer die Logik des Undergroundheros wohl sein mochte, dass sie ihn zu solchen Handlungen brachte.

Es würde schwer werden, wenn er erst einmal aufwachte. Falls er jemals aufwachte. Durch das abgetrennte Bein hatte er viel Blut verloren und sein Kopf hatte wieder einmal schwer einstecken müssen. Yamada erinnerte sich noch gut an das letzte Mal, dass er an Shotas Seite gesessen hatte. So gut, als wäre es gestern gewesen. Damals war der Dunkelhaarige komplett einbandagiert gewesen. Es hatte Befürchtungen gegeben, dass er sein Augenlicht verlieren könnte. Diesmal allerdings war klar, dass er zumindest ein Auge verloren hatte.

Ein Auge und ein Bein. Wie würde er so nur klar kommen? Vermutlich würde Shota es gar nicht wahrhaben wollen, dass er von nun an auf Hilfe angewiesen war. Aber Hizashi würde es wie immer überhören und an seiner Seite bleiben. Ihm helfen und beistehen. So wie beim letzten Mal. Und wenn Aizawa wieder einmal seinen Frust an ihm ausließ, würde er sich bei Nemuri ausheulen.

Halt. Nein. Nemuri ...

Seine Lippen begannen zu beben, als er an die Dunkelhaarige dachte und er verfluchte sich dafür, die Gedanken auf eine Reise geschickt zu haben. Kayama würde nie wieder ein offenes Ohr für ihn haben. Sie würde nicht, so wie damals nach dem USJ Vorfall durch diese Tür kommen, ihn in den Arm nehmen und ihm versichern, dass alles wieder gut werden würde. Dass Shota ein Kämpfer war und er kein Schwarzmaler sein sollte. Er war alleine. Auf sich gestellt. Nur Shota war ihm noch geblieben. Der Mann, der stets alles allein schaffen wollte. Dabei müsste dem Undergroundhero doch nun bewusst werden, dass man nichts alleine schaffen konnte. Vor allem jetzt nicht mehr.

Und das war alles seine Schuld. Er hätte sich vergewissern müssen, dass Shigaraki tot war. Er hätte ihn aufhalten können. Stattdessen hatte er ihn auf die unschuldigen Zivilisten losgelassen, die in der Stadt lebten. Hatte zugelassen, dass hunderte Helden und tausende Unschuldige ihr Leben ließen.

Ein lauter Schluchzer entglitt ihm, der die Einrichtung des Zimmers kurz zum Wackeln brachte. Sofort biss er sich auf die Innenseite der Lippen. Er durfte nicht Trauern, zumindest nicht sichtbar. Durfte nicht weinen und schluchzen. Wenn er das, was er innerlich fühlte, rauslassen würde, wäre die Zerstörungskraft ähnlich jener des Schurken, der die Stadt in Schutt und Asche gelegt hatte. In Momenten wie diesen verfluchte er seine Macke. Sie war wie ein Fluch. Ständig musste er konzentriert bleiben, durfte nie zeigen, was er wirklich fühlte. Das war doch kein Leben.

Immer größer wurde der Drang, einfach loszuweinen, zu heulen und laut aufzuschreien. So groß, dass er fester seine Lippen zusammenbiss und schließlich Blut schmeckte. Die Schmerzen, die dadurch entstanden, waren ihm Willkommen. Er hatte es verdient. Schließlich war er unversehrt aus diesem Krieg gegangen, während andere entstellt und getötet wurden.

Als plötzlich eine Hand auf seiner Schulter lag, zuckte Hizashi zusammen und sprang auf. Ohne zu zögern nahm er eine Kampfhaltung ein, dazu bereit den Bewusstlosen mit seinem Leben zu beschützen. Das war er ihm schließlich schuldig. Doch vor ihm stand keiner der flüchtigen Schurken, sondern die magere Gestalt der ehemaligen Nummer Eins. Besorgt musterten ihn die blauen Augen, ehe er ihm zögerlich eine Wasserflasche entgegen streckte. „Die Ärzte untersuchen gerade Izuku und seine Mutter holt uns etwas zu essen. Ich dachte, dass du vielleicht auch etwas trinken und zu dir nehmen solltest", erklärte er sein plötzliches Auftauchen.

Hizashi hatte die Tür hinter sich gar nicht gehört. Dafür verfluchte er sich noch mehr. Wie konnte er nur so sehr in Gedanken versinken, dass er nicht auf seine Umgebung achtete? Was, wenn einer der Flüchtigen hierher kam, um sich Shota zu holen. Immerhin wusste Yamada nun, dass AFO schon immer scharf auf Erasure war. Ein guter Grund, um bei ihm zu bleiben, vor allem jetzt, wo er so stark geschwächt und nicht bei Bewusstsein war. Er würde nicht zulassen, dass aus Aizawa ebenso ein anderes Wesen geformt wurde. Allein der Gedanke daran, dass Kurogiri ihr alter Freund Oboro sein sollte, schmerzte höllisch. Die beiden hatten bereits genug durchgemacht, doch die Horrorshow nahm einfach kein Ende.

Zum Glück wurde er diesmal allerdings nicht für seinen Fehler bestraft. Es war nur All Might, der vor ihm stand. Langsam griff Yamada nach der Wasserflasche. „Danke ... aber ich habe keinen Hunger", antwortete er emotionslos, bevor er sich wieder niederließ, „wie geht es Midoriya ... und den anderen?" Er öffnete die Wasserflasche und nahm ein paar Schluck. Dabei konnte er fühlen, wie die Flüssigkeit seine trockene Kehle befeuchtete und seinen Hals hinab lief.

„Die Ärzte kümmern sich um seine Verletzungen, aber bisher ist er nicht aufgewacht. Shotos Verbrennungen wurden behandelt, Katsuki ist ebenso noch immer bewusstlos aber stabil, Denki ist aufgewacht und hat Kopfschmerzen ..." Die Aufzählung schien endlos. Auch wenn Hizashi sich vornahm zu zuhören, verlor er mittendrin den Faden und starrte stumm an die Wand ihm gegenüber. „...alle sind verstört von den Geschehnissen ... immerhin sind sie noch Kinder! Es hätte nicht sein müssen ... so viele gute Helden da draußen sind gefallen, und ... Midnight ..." Toshinori verstummte, als er Hizashis gequälte Miene sah. Er sah unglaublich müde aus. Fast könnte Yagi meinen, dass sein jüngerer Kollege in den letzten Stunden um 30 Jahre gealtert war. Natürlich verstand der große Blondschopf nur zu gut, was der andere durchmachen musste, immerhin war er nutzlos gewesen, hatte nur bei der Zerstörung zusehen können, und bangte nun um Izuku. „Du solltest wirklich etwas essen und dich ausruhen. Niemanden ist geholfen, wenn du ...", versuchte Toshinori die Worte, die man heute bereits so oft an ihn gerichtet hatte, an Hizashi weiterzugeben.

Doch dieser schüttelte nur den Kopf und setzte eine ernste Miene auf. „Nein", unterbrach er den älteren Kollegen mitten im Satz, „ich werde hier nicht weggehen und mich ganz gewiss nicht ausruhen. Ich ..." Ich bin schließlich schuld an seinem Zustand, beendete er den Satz im Gedanken und wich dem Blick des Blauäugigen aus. Wenn du gehst, gehe ich auch. Das waren Shotas Worte gewesen. Hätte Hizashi nicht darauf bestanden, ihren besten Freund aus Jugendtagen zu rächen, wäre der Dunkelhaarige nun unversehrt.

„Glaub mir, es hat keinen Sinn, sich selbst zu bestrafen. Wir können nur abwarten, bis sie aufwachen. Und das dauert leider etwas." Toshinori würde nicht locker lassen. Er selbst saß auf heißen Kohlen und musste unbedingt anderen helfen, wenn auch nur mit Kleinigkeiten, um sein Gewissen zu beruhigen. Daher wanderte er von Zimmer zu Zimmer, teilte den Schülern und ihren Angehörigen Getränke aus, brachte Süßigkeiten und tröstende Worte vorbei. Irgendetwas musste er schließlich tun, um nicht verrückt zu werden.

„Du verstehst das nicht", presste Hizashi zwischen seinen Lippen hervor. Erneut wollte ihm ein Schluchzer entkommen, doch er biss die Zähne zusammen. „Du warst nicht da ... ich hätte ... ich hätte Shigaraki töten können ... aber ich ... ich habe es nicht getan, weil ich AFOs Arzt verfolgt habe ... dieser beschissene Bastard hat aus unserem Freund ein Monster gemacht, nur weil sie einen Babysitter für Shigaraki brauchten. Weil sie ... weil sie Shota nicht erwischen konnten damals ... AFO will Erasuer haben. Sho ist in Gefahr, ich kann hier nicht weg", sprudelte es abgehackt über seine Lippen, ehe er sein Gesicht hinter seinen Händen vergrub und erneut einen Schluchzer unterdrückte.

„Oh", entfuhr es Yagi leise, während er auf den bewusstlosen Shota sah. Auch wenn er nur die Hälfte von Yamadas Worten verstanden hatte, konnte er nachvollziehen, wieso er nicht wegwollte. Nachdem nun auch noch die Meldung rausging, dass es einen Massenausbruch aus dem Tartarus gab, hatte der jüngere Blondschopf vermutlich Angst, dass jemand hierher kommen könnte. Eraserhead war in Gefahr, und das nicht nur, weil er sich durch den Kampf heute einen großen Feind gemacht hatte. Gegen diese Befürchtung konnte er nichts sagen, schließlich konnte er sie dem anderen nicht absprechen, doch was das andere betraf ... „Es ist nicht deine Schuld. Nichts von dem, was heute passiert ist, Hizashi", seine Stimme klang ruhig, während er einen Stuhl heranzog und sich neben dem jüngeren niederließ, „der Ehrenkodex der Helden verbietet Mord. Verdammt, es steht sogar im Gesetzbuch! Du hast nichts falsch gemacht. Und du konntest auch gar nicht wissen, wie dieser Tag verlaufen würde. Niemand konnte das."

Niemand. Vermutlich nicht einmal die Heldenkommission. Wenn jemand Schuld an allem trug, dann war es diese Organisation. Sie hatten Kinder an die Front geschickt und Zivilisten nicht beschützt. Zahlreiche Menschen mussten ihr Leben lassen. Es war eine Katastrophe, und Toshinori konnte nur zusehen.

„Es fühlt sich aber nicht so an", murmelte Yamada zwischen seine Finger hindurch.

„Ich weiß", antwortete Toshinori ebenso leise, „aber wir dürfen uns nicht darin verlieren. Es gibt Menschen, die unsere Hilfe brauchen. Shota wird viel Unterstützung brauchen. Mit seinen neuen Lebensumständen und mit Eri. Ihr müsst füreinander da sein."

Hizashi nickte. Sie waren die letzten der Rooftop Gang. Ein Name, den Nemuri ihnen gegeben hatte. Die letzten beiden eines Quartetts. Wenn sie damals nur hätten ahnen können, dass das Leben so bergab gehen würde, vermutlich hätten sie eher ein Katzen-Café eröffnet. Aber was machte er sich vor? Sie wären auch mit diesem Wissen zu Helden geworden, weil sie anderen helfen wollten. Vermutlich hätte sie es nur noch mehr angespornt.

Erneut seufzte der Blonde, ehe er sich aufsetzte und aufsah, um sich umzusehen. „Wo ist Eri?" Heute Morgen hatten sie das Mädchen in der Obhut des Blondschopfes gelassen, und ihr versprochen alle am Abend gemeinsam einen Film anzusehen. Allein bei dem Gedanke könnte Yamada losheulen.

„Thirteen kümmert sich um sie. Sie fragt ständig nach euch, aber ich möchte dir überlassen, ob sie Shota so sehen soll. Es ist schon für uns Erwachsene schwierig, all das zu verarbeiten", seufzte Yagi und konnte nicht verhindern, dass er an die Stelle blickte, an der Aizawas zweites Bein sein müsste. Vermutlich war es einfacher, Eri beizubringen, was mit dem Mann, der ihre Bezugsperson geworden war, passiert war, als ihr zu erklären, wieso Tante Nemuri nicht mehr da war. Yagi wurde ganz mulmig bei dem Gedanken. Dabei hatte das Kind so einen schönen Tag verbracht. Doch Toshinori kam dies nun wie eine Lüge vor.

Tatsächlich hatte Hizashi gehofft, das nicht entscheiden zu müssen. Im Augenblick war er einfach nicht stark genug, um Eri zu erklären, was passiert war. Sie hatte bereits genug durchgemacht und war endlich in ihrer Obhut aufgetaut. Solch ein Verlust würde sie nur wieder traumatisieren. Der Blonde würde es nicht ertragen, wenn das Funkeln, das in ihren kindlichem Blick aufgetaucht war, wieder verschwinden würde. Außerdem hatte er Angst, sie würde ihn am Ende dafür hassen, dass er weder Nemuri noch Shota hatte beschützen können.

Als Toshinori bemerkte, das Yamada betreten den Kopf sinken ließ, legte er ein Hand auf seine Schulter, um ihn ein wenig Trost zu spenden. „Es muss nicht sofort sein", versicherte er ihm, „vermutlich wird sie ohnehin bald müde sein und wir können sie ins Bett stecken. Ihr Tag war ziemlich aufregend. Wir waren am etwas essen, weil ich nicht kochen kann und dann waren wir am Dagobah-Strand spazieren, wo wir Mrs. Midoriya getroffen haben. Eri hat mit ihr Muschelketten gebastelt, die sie euch schenken möchte." Während der hagere Mann erzählte, glitt seine Hand zu seinem Hals, um die eine jener Ketten hing, die Eri angefertigt hatte. Er wusste gar nicht, wieso er Yamada davon erzählte, doch er hoffte, dass er ihn damit auf andere Gedanken brachte. Immerhin sollte man nicht vergessen, dass die Welt auch noch anderes parat hielt, außer Tod und Verderben. Nach solchen furchtbaren Ereignissen vergaß man das leicht.

Abwesend, aber dennoch zuhörend, starrte Yamada vor sich hin. Vor seinem inneren Auge sah er, wie Eri lächelte und die Ketten hochhielt. Vermutlich freute sie sich bereits die gesamten Zeit darauf, Shota und Hizashi alles von ihrem Tag zu erzählen, und ihnen den selbstgebastelten Schmuck zu schenken. Er fragte sich, wie sie es wohl aufgenommen hatte, als Yagi ihr erklärte, dass er zum Krankenhaus müsse und Thirteen auf sie aufpassen würde. Erneut spürte der Blonde, wie er von der Last seiner Schuld erdrückt wurde. Durch seinen Fehler wurden so viele Leben zerstört und auch Eri würde ihn hassen. Erneut versank er in seinen Gedanken und begann sich die Haare zu raufen. Sein Markenzeichen war ohnehin längst zerstört, da machte es auch jetzt nichts weiter aus, seine Frisur in Unordnung zu bringen.

„Hizashi." Die sanfte Stimme des ehemaligen Profihelden riss ihn aus den Gedanken. Erst da bemerkte er, dass sein Griff fester um ein paar Haarsträhnen geworden war, und er daran gezogen hatte. Toshinori war es auf jeden Fall nicht entgangen, weswegen er versuchte, seinen Kollegen aus dessen Gedankensumpf zu ziehen, in dem er nach einer seiner Arme griff und seine große Hand darauf legte.

Sofort lockerten sich Yamadas Finger und er ließ los. Ohne jedoch darauf einzugehen, ließ er die Arme sinken und schüttelte den Kopf. „Wir hatten ihr versprochen, einen Film mit ihr anzusehen", sagte er stattdessen und versuchte seine Stimme neutral zu halten, „Nemuri wollte für die Snacks sorgen, und ich habe für uns passend zum Film T-Shirts gefunden ... es sollte eine Überraschung sein." Nun war die einzige Überraschung jedoch, dass keiner von ihnen zum Filmeabend auftauchen würde. Eine war tot und ein anderer lag am Rande des Todes im Krankenhaus. Witzig, wie sich binnen weniger Stunden ein Leben so wandeln konnte.

„Sobald es Shota besser wird, werden wir es nachholen", versprach Yagi, „Kayama hätte es so gewollt." Sie würde nicht wollen, dass ihre beiden Freunde in Trauer versanken und alles aufgaben. Sie würde ebenso nicht wollen, dass Yamada sich an allem die Schuld gab. Toshinori konnte sie regelrecht vor sich sehen, wie sie ins Zimmer marschierte, um dem jüngeren Blondschopf den Marsch zu blasen. Sie würde ihm sagen, dass er sich zusammenreißen sollte und die Welt morgen schon wieder anders aussah.

Tatsächlich tat sie das auch. Anders aussehen. Sie war düsterer geworden. Auch wenn viele Schurken gefangen genommen werden konnten, war der heutige Tag kein Sieg für die Helden. Eher im Gegenteil. Durch die Flucht von All for One würde das Zeitalter der Dunkelheit wieder anbrechen. Doch über all das wollte Toshinori im Augenblick nicht nachdenken. Es gab so vieles anderes, das im Augenblick wichtiger erschien. Verletzte Freunde und geliebte Menschen, denen er beistehen musste. Er durfte sich nicht in der Angst verlieren, die langsam ihre kalten Finger nach ihm ausstreckte.

Zumindest hatte Yagi es geschafft, dass Hizashi seinen Blick zu ihm wandte und sich an einem leichten Lächeln versuchte. „Du hast Recht. Nemuri hätte mir bestimmt schon eine gescheuert", versuchte er zu scherzen, obwohl ihm heiße Tränen über die Wangen liefen. „Ich sollte ... ich sollte ..." Der Satz wollte nicht über seine Lippen kommen. Immer wieder musste er schluchzen, während er die salzigen Tränen aus seinem Gesicht wischte.

Als ob der ältere Mann ahnen würde, was Yamada versuchte von sich zu geben, setzte Toshinori ein Lächeln auf. „Du solltest dich ein wenig frisch machen und nach dir die Beine vertreten", schlug er vor, „ich wache so lange hier und passe auf. Geh ruhig." Auch wenn er bereits zurückgetreten war und schwach wirkte, so hatte der ehemalige Profiheld noch immer ein paar Trümpfe im Ärmel, sollte er in einen Kampf verwickelt werden. Außerdem hoffte er darauf, dass das Sicherheitspersonal und die Helden, die vor dem Krankenhaus abgestellt wurden, schon für die Sicherheit aller sorgen würden.

Kurz rang Hizashi mit sich selbst, warf noch einmal einen Blick auf Shota, der sich nicht regte. Vielleicht war es nicht verkehrt, schnell eine Runde zu drehen, um nachzusehen, wie es den Schülern und Kollegen so ging. Schließlich wollte Aizawa, sobald er wach wurde, gewiss auf den neusten Stand gebracht werden. „Danke", murmelte Yamada also und erhob sich, nicht ohne noch einmal Shotas Zustand zu überprüfen, ehe er das Zimmer verließ. Irgendetwas musste er tun, damit er nicht verrückt wurde, oder in Trauer zerfloss. Schließlich hatte Yagi recht: Damit war er niemanden eine Hilfe. Und er hatte doch so vieles wieder gut zu machen und musste für Shota das sein, ebenso wie für Eri. Er konnte es sich nicht leisten, sich gehen zu lassen. Also würde er weiterkämpfen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top