Pretending

Spoilerwarnung für den Manga ab Chapter 259
Alle Helden und auch Schüler sind unterwegs, aber was ist mit Toshinori, der die Aufgabe bekommen hatte, auf Eri aufzupassen und sich um sie zu kümmern? (Der OS enstand tatsächlich zu einem Zeitpunkt, an dem man noch nicht wusste, dass Toshi wirklich auf Eri aufpasst und mit ihr in den Computer starrt. Irgendwie lag ich mit meiner Vermutung damals fast richtig xD )


Hauptfiguren: Toshinori Yagi, Inko Midoriya, Eri

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Es war ein seltsamer Tag. Schon am Morgen waren beim Frühstück alle so angespannt gewesen, dass man es schon beim Betreten des Esszimmers gespürt hatte. Doch keiner hatte ein mit ihm oder untereinander auch nur ein Wort gewechselt. Stattdessen saßen alle stumm am Tisch, und stärkten sich für das, was kommen würde. Toshinori fühlte sich unbehaglich in so einer Situation. Zum einen, weil keiner seiner Kollegen ihm irgendetwas erzählte, und zum anderen weil er sich ohnehin äußerst nutzlos fühlte, seit One for All ihn ein für alle Mal verlassen hatte. Er gehörte nun zu jenen, die beschützt werden mussten und da er als Held zurückgetreten war, hatte er auch kein Recht mehr darauf, zu erfahren, was für Missionen geplant waren. Dennoch hieß das nicht, dass ihn sein Gespür verlassen hatte. Irgendetwas lag in der Luft und es gefiel ihm nicht. Ganz und gar nicht.

Gerade als er darüber nachdachte, sein typische breites Grinsen aufzusetzen, um zumindest für etwas gute Stimmung zu sorgen, trat Aizawa an ihn heran. Sein Gesicht war so emotionslos und starr, dass es den sonst so furchtlosen All Might ein wenig gruselte. Aber wann hatte ihn eine ernste Miene von seinem Kollegen bisher keine Angst eingeflößt? Selbst dessen Lächeln war oft sehr speziell. Er sagte jedoch nichts, sondern wartete ab, was der Jüngere von ihm wollte.

„Könntest du dich bitte um Eri kümmern?", bat er den dürren Mann und sah ihn musternd an, „du könntest mit ihr etwas lernen, oder ihr macht euch einen schönen Tag ... aber kümmere dich gut um sie, ja?" Shota wartete kurz, bis der ehemalige Profiheld nickte. „Gut, danke." Ehe noch irgendwelche Fragen gestellt werden konnten, wandte sich Aizawa ab und schritt zu Present Mic, der ebenso sehr ernst wirkte. Es war wirklich eine seltsame Stimmung, die da in der Luft lag.

Etwas an der Art, wie Eraser diese Bitte ausgesprochen hatte, ließ Toshinori schaudern. Auch in seinem Blick war irgendetwas gewesen, was der Mann nicht so ganz zu deuten wusste. Der Dunkelhaarige war noch nie ein offenes Buch gewesen, doch man lernte mit der Zeit, seine Mimik ein wenig zu deuten. Doch All Might war sich nicht sicher, ob sein Gefühl ihn nicht täuschte. Zumindest hoffte er es.

Nicht nur unter seinen Kollegen herrschte diese seltsame Stimmung, tatsächlich schien sie auf dem gesamten Campus zu liegen, was den sonst so positiv Denkenden doch ziemlich hinab zog. Er wusste, was heute für ein Tag war, auch wenn er es nicht wissen durfte. Tsukauchi hatte es ihm erzählt, weil er um seinen Rat gebeten hatte. Gleichzeitig hatte er ihn aber auch schwören lassen, nichts weiter zu erzählen und schon gar nicht auf die Idee zu kommen, sich irgendwie zum Einsatz zu schummeln. All Mights aktive Zeit war vorbei und er würde nur sich selbst und alle anderen in Gefahr bringen, die ihn schützen wollten, sollte etwas passieren. Dieser Umstand grämte ihn sehr, da er sich feige und schwach vorkam. Wie konnte er sich jetzt noch als Symbol des Friedens bezeichnen?

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Er fand Eri in ihrem Zimmer vor, freudig Lächelnd als sie ihn in der Tür stehend entdeckte. „Hallo, Onkel Toshi! Daddy hat gesagt, dass wir heute den gesamten Tag miteinander verbringen und dann am Abend gucken wir alle einen Film!", verkündete sie ihre Vorfreude.

Yagi versuchte ebenso ein leichtes Lächeln aufzulegen, auch wenn es ihn erstaunte, dass Shota scheinbar nicht mit einer Absage seinerseits gerechnet hatte. Das Mädchen war wirklich aufgeblüht seit sie hier war und es tat ihr gut, dass sich Aizawa und auch andere um sie kümmerten und ihr zeigten, dass sie kein Fluch war, sondern ein Kind, das geliebt wurde. Der Gedanke versetzte ihm einen Stich in der Brust bei dem Gedanken an das, was die gesamte Heldenschaft heute geplant hatte. Doch er versuchte den Gedanken beiseite zu schieben und ging auf das Kind zu. „Aizawa meinte, dass wir auch ein bisschen miteinander lernen sollten. Möchtest du mir sagen, was du schon kannst?"

Andere Kinder hätten vermutlich ihre Miene verzogen und protestiert, aber Eri wirkte weiterhin glücklich und erfreut. Bisher hatte man sie wie eine Laborratte gehalten und behandelt, daher war es für sie ein großes Erlebnis, etwas zu lernen. Schnell holte sie ein Heft hervor und ein Buch. „Onkel Hizashi bringt mit Englisch bei, aber ich würde gerne beim Lesen und Schreiben weiterkommen!", gestand sie offen und reichte ihm ihre Sachen.

Toshinori nickte. Das war zum Glück etwas Einfaches, bei dem er tatsächlich auch helfen konnte. Blieb nur zu hoffen, dass er sich selbst als Lehrer schon so weit entwickelt hatte, einem kleinen Kind die wichtigsten Grundlagen verständlich beizubringen. Eri kannte schon ein paar Buchstaben und war bisher immer sehr fleißig gewesen. Sie wollte so gut und so viel es ging lernen, um nicht am Ende hinter den anderen Kindern in ihrem Alter zu bleiben. Vermutlich hatten ihr Nedzu und Aizawa in Aussicht gestellt, eine richtige Schule besuchen zu können, wenn sie die nötigen Grundlagen beherrschte und ihre Macke etwas im Griff hatte. Dann würde sie endlich Gleichaltrige kennen lernen.

Sie verbrachten ein paar Stunden damit, neue Buchstaben und Schriftzeichen zu lernen, und ein bisschen Englisch miteinander zu sprechen und zu üben, nachdem Toshinori ihr erzählt hatte, dass er in Amerika gelebt hatte und dort sogar einige Jahre verbracht hatte. Eri war sehr erstaunt darüber gewesen und lauschte den Geschichten und Erzählungen, die der große Mann ihr berichtete, nur allzu gerne. Es lenkte Yagi auch von der momentanen Situation ganz gut ab, wenn er an früher dachte. Damals hatte er noch gedacht, dass das Leben nicht einfach war, aber verglichen mit heute, wünschte er sich diese Zeit doch wieder zurück.

Irgendwann versuchte er schließlich für ihn und Eri etwas zu essen zuzubereiten, woran er jedoch kläglich scheiterte. Er war noch nie großartig darin gewesen, für sich selbst zu sorgen, und nun auch noch ein Kind zu bewirten, war eine große Herausforderung. Ein wenig überfordert mit diesem Umstand schaffte er es dennoch, etwas auf den Teller zu bringen, das halbwegs essbar aussah, aber leider ungenießbar war. Auch wenn Eri es tapfer gegessen hätte, weil sie nicht unhöflich sein wollte, beschloss Toshinori seine Niederlage in einem Mülleimer zu beseitigen und mit Eri essen zu gehen.

Ganz in der Nähe des Strandes befand sich ein kleiner Imbiss, wo er häufig während des Trainings mit Izuku ganz gut gegessen hatte. Aus diesem Grund fuhren sie mit dem Taxi dahin. Außerdem gab es ganz in der Nähe auch extrem gutes Eis. Aizawa hatte bestimmt nichts dagegen, wenn er mit Eri etwas raus ging und Spaß hatte. Immer nur den Schulcampus zu sehen war auf Dauer für ein Siebenjährige auch nicht das beste.

Während Eri ein paar Nudeln verspeiste, und man ihr ansah, dass es ihr schmeckte, brachte er selbst nicht wirklich einen Bissen runter. Ständig wanderte sein Blick zu seinem Handy, wo er auf Neuigkeiten wartete. Tsukauchi hatte ihm versprochen, ihn zu informieren, sobald alles vorbei war. Immerhin waren nicht nur alle Kollegen des Lehrkörpers involviert, sondern auch jene Schüler, die ein Praktikum bei den Helden machten. Ungeduldig rutschte er auf seinem Stuhl hin und her.

„Alles in Ordnung?", fragte Eri schließlich, der die Unruhe nicht entging.

„Ja ... mir tut nur der Hintern vom Sitzen etwas weh", log Toshinori ein bisschen und lächelte sanft. Er hasste es zu lügen, aber er wollte Eri so lange es ging nichts von dem erzählen, was heute passierte. Im idealsten Fall wäre es sogar am besten, wenn sie nie davon erfuhr. „Wenn du aufgegessen hast, können wir uns ein bisschen die Beine vertreten", fügte er schnell an.

Der Strand, den Izuku innerhalb seines Trainings damals aufgeräumt hatte, gefiel Eri wirklich gut. Man sah ihr an, dass sie so etwas schönes noch nie gesehen hatte, und dass sie total begeistert davon war. Toshinori hoffte, dass sie am Ende des Tages hiervon Aizawa berichten konnte. Er konnte sich schon richtig vorstellen, wie ihre Augen leuchten würden, während sie stolz die Muscheln herzeigen würde, die sie gesammelt hatte, während Yagi hinter ihr her trottete und ein paar ihrer Fundstücke in der einen Hand und in der anderen Hand eine Tüte trug, in der er sein unberührtes Essen eingepackt hatte.

Seine Miene wurde etwas traurig, als er zurückdachte an den Tag, als er zum ersten Mal mit dem jungen Midoriya hier trainiert hatte. Es war gerade mal mehr als ein Jahr her, oder so, doch die Zeit schien so schnell vergangen und die Welt hatte sich drastisch geändert. Hoffentlich befand der Junge sich im diesem Moment nicht in Gefahr. Dass die Schüler auch an dieser Mission teilnehmen sollten, hielt er ohnehin für eine Schnapsidee. Natürlich wollten sie Helden werden, aber musste man deswegen Kinder in Gefahr bringen? Wie gerne wäre er doch dabei, nur um sicher zu gehen, dass alle wieder heil zurückkamen. Es war schließlich seine Aufgabe gewesen, immer alles gut enden zu lassen.

„Mr. All Might?", erklang es nervös neben ihm. Diese Stimme, die ihm bekannt vorkam, riss ihn aus den Gedanken. Neben ihn stand plötzlich Inko Midoriya und sah besorgt zu ihm auf. „Ist alles in Ordnung mit ihnen?"

Sofort setzte der ehemalige Profiheld sein Lächeln auf. „Natürlich!", versicherte er und kratzte sich am Hinterkopf. Wo kam die Frau denn plötzlich her? „Was treibt Sie denn hierher?"

„Ich spaziere gerne hier entlang, seit das Gerümpel weg ist", erklärte sie und musterte den blonden Riesen weiterhin. Sie schien ihm nicht abzukaufen, dass alles in Ordnung war. Mütter hatten es irgendwie an sich, sofort zu erkennen, wenn etwas nicht stimmte. „Was machen Sie denn hier? Ist Izuku auch dabei?"

Allein diese Frage ließ ihn erschrocken nach Luft schnappen und husten. Der Geschmack von Blut stieg seinen Hals hoch, während er versuchte den Hustenanfall unter Kontrolle zu bekommen. Was sollte er ihr nun sagen? Er hasste das Lügen so sehr. Ein wenig bereute er es ja, dass Tsukauchi ihn eingeweiht hatte. Es dauerte ein bisschen, bis er sich wieder beruhigt hatte, und sich erschöpft in den Sand sinken ließ. „Ich bin heute der Babysitter für Eri, weil alle anderen unterwegs sind", erläuterte er und versuchte Blickkontakt zu meiden.

Besorgt und verwirrt über die Reaktion, ließ auch Inko sich neben ihm nieder. „Eri? Das ist doch das kleine Mädchen, das gerettet wurde, oder? Izuku hat von ihr erzählt, sie scheinen ziemlich gute Freunde zu sein." Sie sah kurz zu dem Mädchen, das fröhlich im Sand buddelte, um nach Muscheln zu suchen. Stille entstand, ehe sich die grünhaarige Frau räusperte. „Sollte ich lieber nicht fragen, wohin alle unterwegs sind?", wollte sie traurig wissen, und sah betreten zu Boden. Sie hatte Angst vor einer Antwort, und war ebenso neugierig darauf zu erfahren, ob Izuku sich schon wieder in Gefahr begeben hatte, obwohl sie doch so dagegen war. Ihr Gefühl schien die Antwort längst zu kennen. Den gesamten Tag über hatte sie sich schon etwas Unruhig gefühlt.

Toshinori seufzte schwer und wischte sich über die Lippen. Sollte er zum Wohl der jungen Frau lügen? „Ich darf leider nicht darüber sprechen, aber ich bin mir sicher, dass alles gut ausgehen wird", versuchte er ihr lächelnd zu versichern und streckte den Daumen hoch. Kurzzeitig hatte er auch darüber nachgedacht, kurz seine Muskelform zu aktivieren, doch dafür fehlte ihm im Moment einfach die Kraft. Er hoffte auch so, die Hoffnung in Inko wecken zu können, dass sich alles zum besten wenden würde, auch wenn beide keine Ahnung hatten, was vor sich ging. „Tut mir wirklich leid."

Erneut wurde er eingehend gemustert, ehe die Frau seufzte. „Ich würde Ihnen ehrlich gesagt, gerne an den Kopf werfen, dass ich Ihnen die Schuld gebe, dass mein Sohn sich ständig in Gefahr bringt, seit er plötzlich doch eine Macke entwickelt hat, aber das wäre nicht fair. Es war Izukus freie Entscheidung ein Held zu werden, auch wenn ich nicht damit klarkomme", gab sie zu, „aber so geht es gewiss allen Müttern, deren Kinder Helden werden wollen, nehme ich an. Wie war es denn bei Ihnen?"

Ihre Ehrlichkeit war wirklich entwaffnend. Natürlich hatte er in den letzten Stunden auch schon darüber nachgedacht. Eigentlich tat er das schon seit dem Hausbesuch bei den Midoriyas, als Inko ihren Sohn nicht mehr weiter an die UA gehen lassen wollte. Er war Izukus absolutes Vorbild, ihm eiferte er nach und von ihm hatte er die Macke erhalten, die ihn immer wieder in Schwierigkeiten brachte. Doch es war die Entscheidung des Jungen, all das auf sich zu nehmen. Niemand zwang ihn dazu, sich immer wieder an vorderster Front in die Gefahren zu stürzen. Das machte einen Helden auch aus und er war auf dem besten Weg, das neue Symbol des Friedens zu werden.

Ihre Frage ließ ihn jedoch bitter lächeln. „Meine eigenen Eltern sind früh gestorben und meine Meisterin, die wie eine Mutter für mich war, wurde getötet bevor ich mit der UA fertig war", erzählte er traurig. Seine Meisterin hatte ihn immer dazu ermutigt, noch stärker zu werden und härter zu kämpfen. Letzten Endes hatte sie sich geopfert, damit er weiter leben konnte.

„Das tut mir leid", entschuldigte sich Mrs. Midoriya für die doch sehr persönliche Frage und fühlte sich etwas unwohl.

All Might winkte ab. „Es ist lange her", meinte er nur, „und ich denke, dass es wichtig ist, jemanden so gut es geht zu unterstützen in dem was er tut. Izuku kann sich glücklich schätzen, Sie zu haben."

Erneut entstand Stille zwischen den beiden, bis Eri auf die beiden zugelaufen kam, und ihre Fundstücke zeigte und Inko schüchtern grüßte. Erst als Toshinori ihr erklärte, dass sie Dekus Mutter war, schien das Mädchen ein bisschen offener. „Denkst du, dass man aus den Muscheln Ketten basteln kann, Onkel Toshi? Für Mirio, Izuku und Daddy?"

In Bastelarbeiten war Yagi noch nie sonderlich gut gewesen, weswegen er kurz skeptisch dreinsah. Die Grünhaarige bemerkte dies und setzte ein Lächeln auf. „Also das ist doch sehr einfach. Wenn ihr möchtet, könnt ihr mit zu mir kommen, ein bisschen Tee trinken und Kuchen essen, dann können wir auch nebenher gleich die Ketten basteln", schlug Inko lächelnd vor.

Unsicher sah Eri kurz zu dem großen Mann, der langsam nickte. „Das klingt nach einer guten Idee", meinte er, was das Mädchen zum Strahlen brachte. Im Moment war Toshinori alles recht, was Eri beschäftigte und ihm eine Form von Ablenkung brachte, auch wenn es ein bisschen seltsam war, bei der Mutter seines Schülers eingeladen zu sein.

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Das Sofa im Wohnzimmer der Midoriyas war zumindest bequemer als der Sand am Strand und der Tee füllte das bisschen an Magen, das ihm noch geblieben war, und wärmte ihn ein bisschen. Den Kuchen hatte er jedoch abgelehnt, da er einfach nichts runterbrachte, solange er so angespannt war, und auf eine Meldung wartete. Inko hatte den Fernseher angemacht, damit auch Yagi eine Beschäftigung hatte, während sie am Küchentisch mit Eri bastelte.

Ohne wirklich wahrzunehmen, was gerade auf den verschiedenen Sendern lief, zappte Toshinori langsam durch das Programm. Insgeheim hoffte er, irgendwo eine Meldung zu entdecken, bis er sich wieder daran erinnerte, dass die Operation geheim gehalten worden war. Kein Sender würde also davon berichten, ehe die Sache vorüber war. Aber dass er so gar keine Meldung erhielt, machte ihn nach all den Stunden doch nervös.

„ ... das Kamerateam ist gerade am Ort eingetroffen, wurde jedoch gebeten, nicht näher ran zu gehen und am besten wieder umzukehren. Die Helden haben bereits die Evakuierungszone ausgeweitet, und es sieht tatsächlich ziemlich schlimm aus", erklang es plötzlich so überraschend, dass All Might weiter geschaltet hatte. Erst als ihm bewusst wurde, was er da gerade gehört hatte, schaltete er zurück. „...das Bild erinnert schrecklich an Kamino. Laut den ersten Berichten scheint es bereits einige Todesopfer unter den Zivilisten, aber auch den Helden, zu geben. Wissen wir genaueres?"

Das Geräusch eines Hubschraubers war zu hören, während das Bild von der Nachrichtensprecherin, die sich in einem Studio befand, zu dem Geschehen wechselte. Eine halbe Stadt schien ausradiert zu sein. Dort, wo einst ein Krankenhaus stand, war ein einziges Trümmerfeld, dass sich weiter auszubreiten schien. Bei dem Anblick schien Toshinoris Herz stehen zu bleiben, während er zur Kante der Couch rutschte. „Nun, scheinbar handelte es sich um einen Großeinsatz um die Schurkenliga festzusetzen und ein Nomulabor zu zerschlagen. Im Zentrum des Geschehens befindet sich im Moment Endeavor, der gegen einen jungen Mann kämpft der nach Tomura Shigaraki aussieht. Wir können jedoch nicht näher ran, weil wir gewarnt wurden, dass die Macke des Schurken uns zu Staub zerfallen lassen könnte ... scheinbar hat dieses Schicksal bereits viele hier getroffen", wurde schwer schockiert angefügt.

Toshinoris Welt begann plötzlich stillzustehen, sodass er gar nicht merkte, wie er von der Couch rutschte und auf den Boden sank. Die Macke von Shigaraki schien verstärkt worden zu sein. Hatte AFO das voraus geplant? War es das, wovon er damals im Tartarus gesprochen hatte? Sein Blick hing entsetzt an den Bildern, die das Kamerateam lieferte. Diese geheime Mission war komplett aus dem Ruder gelaufen. Die Landschaft glich einem Schlachtfeld. Obwohl er so weit weg davon war, und weil er nichts dazu beitragen konnte, fühlte er sich furchtbar schuldig. Sein Hals schien sich zuzuschnüren, während er hilflos nach Luft schnappte. Die gesamte Welt schien auf ihn einzustürzen und ihn zerquetschen zu wollen.

„Mr. All Might?" Inko war an ihn herangetreten, als sie bemerkt hatte, dass die Sender nicht mehr wahllos gewechselt wurden. Die Bilder waren wirklich schockierend und die Reaktion, die der Mann zeigte, verrieten ihr, dass es wohl diese Operation war, zu der alle Helden, einschließlich der Schüler, aufgebrochen waren, während er zum Babysitter abgestellt worden war. Mit zitternden Händen griff sie nach der Fernbedienung und drückte auf den Ausknopf. Sie wollte das nicht mitansehen, weil sie es ebenso wenig ertragen konnte, und Eri sollte diese Bilder gar nicht erst zu Gesicht bekommen, dafür war sie einfach noch zu jung.

Stattdessen versuchte sie ihre eigene Panik zu ignorieren und konzentrierte sich auf den Mann, der auf dem Boden kauerte und nach Luft rang. „Atmen Sie", wies sie Yagi an und zog ihn sanft in eine Umarmung, „beruhigen Sie sich." Er schien an einer Panikattacke zu leiden, und drohte zu hyperventilieren. Der Mann, der früher immer überall zur Stelle gewesen war und versichert hatte, dass alles gut sein würde, weil er nun da war, zitterte in ihren Armen und rang nach Luft. Sachte strich sie ihm über den Rücken, um ihn zu beruhigen. Dieser Moment wirkte wie aus einer anderen Realität.

„Es ist alles meine Schuld", murmelte er schließlich verzweifelt und tonlos, „ich hätte All for One früher aufhalten müssen. Ich hätte stärker sein müssen. Ich hätte ..."

„Shhh, hören Sie auf. Sie sind an nichts Schuld. Sie haben ihren Kampf gekämpft und alles gegeben als es nötig war. Jetzt sind die anderen dran", versuchte sie weiter beruhigend auf das Häufchen Elend in ihren Armen einzureden, auch wenn sie selbst zitterte wie Espenlaub. Ihre Gedanken waren bei Izuku. „Sie werden es schon schaffen." Unterstützung, richtig? Darüber hatten sie zuvor doch gesprochen.

Tatsächlich half es, ihn so weit zu beruhigen, dass er wieder halbwegs normal atmen konnte, auch wenn es in einen leichten Hustenanfall überging. Unsicher erwiderte er ihre Umarmung, als er merkte, dass es ihr nur ein bisschen besser erging als ihm selbst, sie sich aber scheinbar besser im Griff hatte. Er fühlte sich schlecht, weil er nicht der Starke war, der er sonst immer vorgab zu sein. Nur einen kurzen Augenblick hatte er vergessen, sich zusammen zu reißen und wo er sich gerade befand, aber das hatte ausgereicht, um diesen schwachen Moment zuzulassen. Er hatte den ganzen Tag damit zugebracht, vor Eri das Lächeln aufrecht zu erhalten, das er immer trug, und genau jetzt, wo es am Wichtigsten war Hoffnung auszustrahlen, hatte er versagt. Natürlich wusste er, dass viele fähige Helden versammelt waren, aber die Bilder und die Meldung, dass es bereits Todesopfer gab, ließen ihn zusammensacken.

Beide verharrten ein paar Momente in der Umarmung, gaben sich gegenseitig den Halt, den sie im Moment brauchten und lösten sich erst voneinander, als sie Schritte hörten. Inko wischte sich übers Gesicht, um die Tränen zu entfernen, bevor Eri vor ihnen stand und stolz die Muschelketten zeigte, die sie bis eben verziert hatte, ehe sie eine davon einfach über Toshinoris Kopf zog, der sich zu einem Lächeln zwang. „Siehst du? Die sehen toll aus", meinte das Kind fröhlich und war verwundert, als sie im nächsten Moment die langen Arme des Blonden um sich fühlte und er sie an sich drückte.

„Vielen vielen Dank, Eri! Bitte bleib so, ja? Egal, was passiert. Versprich es mir", bat Yagi das Mädchen, das daraufhin ein wenig verwirrt reagierte, aber dennoch nickte. „Hast du vielleicht für Mrs. Midoriya auch eine Kette?" Er ließ Eri los und lächelte schief.

„Natürlich!", erklärte sie und hielt eine weitere Kette hoch. „Jetzt sind wir alle ganz hübsch", verkündete sie. Vorsichtig legte sie die Kette der grünhaarigen Frau um und lächelte. „Ist alles in Ordnung?" Irgendwie entging ihr nicht, dass die beiden Erwachsenen ein bisschen seltsam wirkten im Moment.

„Nein, es ist alles gut", erklärte Inko und setzte ein ehrliches Lächeln auf. Als Mutter fiel es ihr natürlich einfach, einem Kind vorzuspielen, dass alles in Ordnung war. „Möchtest du noch etwas vom Apfelkuchen?" Ohne auf eine Antwort zu warten, erhob sie sich und eilte in die Küche.

„Ich sehe mal nach, ob sie Hilfe braucht, ja?", meinte Yagi kurz darauf und stemmte sich vom Boden hoch, um Izukus Mutter zu folgen. Es war ihm furchtbar unangenehm, dass sie ihn gerade so erlebt hatte. Daher entschuldigte er sich auch sofort, als er bei ihr war. „Es tut mir wirklich furchtbar leid. Ich habe mich überwältigen lassen, das war ein Fehler, und ...", versuchte er sich zu erklären, brach dann aber ab, weil er einfach nicht wusste, was er sagen sollte.

Inko hörte ihm zu, während sie drei Stück Kuchen aufschnitt und auf Teller verteilte, ehe sie ihm einen davon in die Hand drückte. Ihre Wangen waren nass von Tränen, und sie schniefte leicht. „Es muss Ihnen nicht leidtun. Jeder Mensch hat Gefühle, auch Sie", merkte sie an und wischte sich übers Gesicht, „außerdem zeigt es nur, dass ihnen die Kinder wirklich am Herzen liegen."

„Ich schwöre, wenn ich könnte, würde ich sofort dahin, um ihnen zu helfen", versuchte er sich zu rechtfertigen und hielt dann inne, als er realisierte, was sie gesagt hatte. Eigentlich hätte er mit Vorwürfen gerechnet, weil er doch versprochen hatte sich so gut es ging um Izuku zu kümmern und ihn halbwegs aus der Gefahrenzone zu halten.

„Das ist mir bewusst. Aber was bringt das, in Ihrem Zustand? Das wäre wohl genauso sinnvoll, als wenn ich dorthin gehen würde. Ich habe Sie doch darum gebeten, zu leben. Wenn Izuku ...", sie brach kurz ab und kämpfte gegen die Tränen, ehe sie sich wieder fing, „wenn Izuku zurückkommt, braucht er immer noch einen Lehrer. Er wird zurückkommen. Bisher hat er schon so vieles überstanden!" Sie hatte noch immer Hoffnung, obwohl sie ihn so gesehen hatte. Vermutlich war sie auch schon etwas stärker geworden seit dem letzten Gespräch. Oder aber sie versuchte, für ihn ein Symbol der Hoffnung dazustellen, weil sie gemerkt hatte, wie sehr ihn das alles mitnahm.

„Sie haben Recht", meinte er und setzte ein ehrlicheres Lächeln auf, „außerdem ist es doch unwahrscheinlich, dass sie die Schüler an vorderster Front absetzen." Überhaupt war es sehr unverantwortlich, von der Heldenkommission die Praktikanten mit zu nehmen. Wie sollte man sonst die Zukunft des Heldentums sichern, wenn man alle ins Verderben schickte? Vermutlich hatte niemand damit gerechnet, dass es so ausarten würde. Oder doch? Irgendwie erinnerte sich Toshinori in diesem Moment wieder an den Gesichtsausdruck von Aizawa und Yamada, die beide nicht so ausgesehen hatten, als würden sie mit einem guten Gefühl an die Sache herangehen. Hoffentlich schafften es alle wieder heil zurück.

Es war noch immer sehr schwer für All Might damit klar zu kommen, niemanden mehr retten zu können. Er konnte nicht mehr zur Stelle sein, wenn irgendwo Gefahr drohte, so wie im Moment, sondern nur rumsitzen und wie viele andere auch abwarten, ob die Helden vor Ort es schafften. Dieser Umstand schmerzte ihn in der Seele, weil er sich mehr denn je unnütz fühlte. Doch er erinnerte sich daran, was Inko damals bei dem Hausbesuch gesagt hatte, und auch daran, was Aizawa damals meinte. Sein Leben konnte auch auf andere Weise einen Sinn haben, auch wenn er kein muskelbepackter Superheld mehr war. Mit diesem Gedanken, der ihn wieder etwas mehr Hoffnung schenkte, setzte er sein übliches Lächeln auf und sah zu Mrs. Midoriya. „Es wird bestimmt alles gut gehen", versicherte er ihr.

Inko schniefte und nickte. „Hoffen wir das beste, Mr. All Might", meinte sie, „auf jeden Fall können Sie gerne noch länger hier bleiben ... ich wäre jetzt ungern allein und ich denke, dass Sie das auch nicht sein sollten." Den letzten Teil fügte sie leicht zögerlich an. Schließlich wusste sie nicht, ob der Ex-Held nicht etwas besseres zu tun hatte. Vielleicht wartete man ja schon wieder auf ihn oder Eri, oder er wollte nicht hier herumsitzen.

Doch All Might nickte. „Das ist wirklich freundlich, danke!" Tatsächlich wäre es ihm lieber, einen weiteren Erwachsenen in der Nähe zu haben, mit dem er sich austauschen könnte. „Und ähm ... mein Name ist Toshinori Yagi", stellte er sich richtig vor, „ich bin doch als Profiheld zurückgetreten, daher wäre es irgendwie besser, wenn Sie mich bei meinem Namen nennen." Irgendwie war es ihm manchmal tatsächlich unangenehm, immer noch mit seinem Heldennamen angesprochen zu werden, wo er doch rein offiziell keiner mehr war.

„Na dann, Mr. Yagi, sollten wir zu Eri zurückkehren", schlug die Grünhaarige vor und wischte sich noch einmal mit einem Taschentuch über die Augen.

Als sie bewaffnet mit Kuchen zurückkamen, saß Eri wartend auf dem Sofa und sah freudig auf, als sie den Apfelkuchen sah. Schon das Stück davor hatte ihr sehr gut geschmeckt, und sie war glücklich, dass sie nun noch eines haben durfte. Aizawa erlaubte ihr nie zu viele Süßigkeiten, weil er meinte es wäre nicht sehr gesund. Aber er würde schon nicht schimpfen, wenn sie ihm später davon erzählte, was sie an diesem Tag erlebt hatte. Zumindest hoffte sie das. Für Eri war das bisher zumindest ein sehr schöner Tag gewesen, den sie mit Onkel Toshi verbringen durfte, aber sie wusste ja nicht, wie brüchig diese Idylle war und was man ihr vorenthielt.


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