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Überprüfend hielt ich den kleinen weißen Zettel in meiner Hand, die schwer zu entziffernde Handschrift von Min Chan mit dem Namen des Blumenladens vor mir, genau ablesend. "Vermutlich wird es das sein," atmete ich mit einem Hauch voll Hoffnung aus. Es musste das sein, ging es mir hinzufügend durch den Kopf. Ich trat in das, von Licht durchflutete, Lädchen ein und überblickte zunächst meine Umgebung. Hier und da einige Tulpen, Nelken, Lilien, in den unterschiedlichsten Farben, doch vor allem Rosen. Soweit so gut. "Hallo?" Fragte ich durch die, aus Blumentöpfen und Pflanzen bestehenden, Gänge. Mein Weg stoppte als ich vor einem Meer voll weiß stand, Gänseblumen. Es war erstaunlich wie ich zugleich Schmerz und Leere im selben Augenblick versprühten konnte. Meine Blicke abwenden erhielt ich erneut keine Antwort auf mein Rufen, also machte ich mich selber auf die Suche nach einem Ansprechpartner.
Während ich so durch die Gänge schlenderte musterte ich die unzähligen verschieden farbigen Blumen und Pflanzen. Die mir entgegenkommenden Düfte waren erstaunlich befreiend von allem und sorgten dafür, dass ich meine bedrückenden Gedanken verdrängte. Ich schloss meine Augen und genoss die Atmosphäre, bis ich plötzlich etwas vertrautes verspürte. Als ich meine Augen öffnete und vor unzähligen Rosen stehen blieb, wusste ich woher ich dieses vertraute Gefühl kannte. Es war der Geruch, der von ihnen ausging und mir vertraut vorkam. Ein Blick auf das kleine Kärtchen, welches im Blumenpott, in der befeuchteten Erde steckte, bestätigte mein Verdacht. Rosa chinensis.
"Kann ich Ihnen behilflich sein?" Erklang es plötzlich hinter mir und ich zuckte vor Schreck zusammen. Vor mir stand nun eine junge Frau die eine kleine grüne Schürze umgebunden hatte und eine Gießkanne in ihren, mit ebenso grünen Handschuhen bedeckten, Händen hielt. Ich nickte ihr zu und kramte in meiner Tasche herum. "Ja, vielleicht können Sie das ja tatsächlich. Es geht um die Blumen hier und um dieses Kärtchen." Ich streckte ihr das weiße Viereck entgegen, welches sie betrachtend in ihre Hand nahm, nachdem sie die Kane auf den Boden stellte. "Vor einpaar Monaten wurde mir ein Rosenstrauß mit diesen Rosen und diesem Kärtchen vor die Haustür gelegt. Leider weiß ich bis heute nicht, wer es war. Ich habe mir gehofft, dass Sie mir vielleicht mehr sagen könnten." Verständlich nickte die Dame, ohne auch nur einmal ihren Blick von der Karte abzuwenden. "Mhm...ich glaube, ich habe dass schonmal gesehen." Murmelte sie überlegend vor sich hin und schöpfte damit in mir Hoffnung. "Ja, ich glaube, ich kenne es. Es war eine wirklich komische Situation, an die ich mich noch gut erinnern kann. Ein Kunde kam nachmittags zu uns rein und wollte bei meiner Kollegin so schnell wie es geht für den nächsten Morgen ein Rosenstrauß mit einer Karte drauf bestellen. Ich war gerade dabei die Blumen zu gießen und bekam nur flüchtig die Gestalt mit. Als er ging, fragte ich nach, was er denn so dringendes auf der Karte draufstehen haben wollte. Meine Kollegin meinte, dass er die Worte 'Vergib mir' drauf gedruckt haben wollte. Ich hatte es mir gemerkt, denn wer möchte schon bitte, auf den letzten Drücker, einen so teuren Rosenstrauß haben und dann ein Kärtchen mit zwei einfachen Worten?" Ich nahm die Karte wieder entgegen und biss mir überlegend auf meine Unterlippe. Wie brachte mich das nun weiter?
"Teuer sagten Sie?" Hinterfragte ich ihre Aussage. Die Dame kam auf mich zu und goss die restlichen Rosen, vor welchen ich stand. "Ja, Rosa chinensis sind sehr teuer. Eine einzige kostet meist schon 10 Euro, da wird ein ganzer Strauß schon sehr kostspielig." Ich lief ihr hinterher und hoffte so sehr, dass das noch nicht alles war, was sie mir sagen konnte. "Wissen Sie vielleicht noch, wie die Person ungefähr aussah?" Sie schaute mich abwartend an, woraufhin ich meine Handflächen zusammen presste und große Augen machte. "Bitte! Ich bitte Sie, es ist wirklich wichtig!" Sie drehte sich wieder den anderen Blumen zu und zuckte mit ihren Schultern. "Ich kann dir da wirklich nicht viel sagen. Er hatte dunkle Sachen an und ein Käppi auf, dieses war sehr tief in sein Gesicht gezogen. Aber was ich noch weiß ist, dass er groß war, breite Schultern hatte und etwas wie eine Verbrennung am Hals hatte. Doch mehr weiß ich wirklich nicht mehr, tut mir leid Kleine." Ich nickte ihr frustriert aber dennoch dankbar zu und wollte mich wieder auf den Rückweg begeben, als sie mich nochmal rief. "Warum willst du das alles eigentlich wissen? Hat die Entschuldigung von deinem Freund etwa nicht gewirkt?" Fragte sie lachend. Aber bei ihren Worten musste ich wieder zurück denken. Wieder an Jeno.
FLASHBACK
"Ich lasse dich nicht mehr im Stich, ich verspreche es Gänseblümchen." Flüsterte Jeno und umschlang mich fester. Dieser Name, dieser Name den er mir damals gab, er war zu viel, erbrachte alles wieder hoch. Ich löste mich langsam wieder von ihm und sah ihn mit gläsernen Augen an. "Jeno," wimmerte ich brüchig. Er wollte wieder nach meiner Hand greifen, allerdings drehte ich mich von ihm weg und umfasste meine frierenden Arme. "Warum hast du es dann damals gemacht? Warum ließt du mich damals allein?" Ich atmete aus. "Du hättest das grade nicht machen müssen." Eine stumme Träne lief aus meinem Augenwinkel und ich erinnerte mich wieder an das, was er zu mir gesagt hatte.
Du bist nichts und wirst auch niemals etwas sein... Such dir jemanden mit deinem Niveau und vergiss mich.
Sagte er. Es wäre das beste, meinte er. Ich war doch schon dabei ihn zu vergessen, warum tauchte er dann wieder auf? Ich war seiner Bitte nachgegangen, also was wollte er noch?
"Doch Linn, ich musste das tun." Ich schüttelte geistesgegenwärtig mein Kopf. "Nein, dass musstest du nicht! Dieser Typ gehört in mein Leben, zu meiner Geschichte! Der Geschichte, welcher du damals den Rücken kehrtest." Plötzlich wurde ich umgedreht und an beiden Schultern festgehalten. Unfähig mich zu bewegen und blind vor Wut und Frust stand ich einfach nur da und ließ eine Träne nach der anderen aus meinen Augen fallen. "Linn ich weiß, dass ich einen Fehler begangen habe verdammt! Ich kann ihn nicht mehr rückgängig machen, dass ist mir auch klar! Aber eines musst du wissen. Du warst damals, heute und jeden weiteren Tag meine Blume, mehr als nur das, du bist meine Muse gewesen und wirst es auch bleiben. Egal, ob Sora oder jemand anderes, es ist nicht wichtig, wer meine Hand hält und auch nicht von Bedeutung, wer angeblich meine bessere Hälfte sein soll, denn ich würde sie alle hintergehen. Ich würde jede einzelne von ihnen betrügen, weil ich an dich denken würde. An deinen Duft, deine Lippen, dein Lachen, ich würde mich nach deinen Berührungen sehnen und mich nicht einmal dafür schämen, Gänseblümchen, denn ich liebe dich LinKi." Er zog mich wieder an sich und ich? Ich ließ es zu.
"Jeno." Setzte ich wieder an. "Du hast zum ersten Mal gesagt, dass du mich liebst." Der Druck um mich herum ließ langsam nach und er löste sich von mir. Seine dunklen Augen schauten direkt in meine und er wischte mir eine Träne mit seinem Daumen weg. "Glaubst du mir denn? Glaubst du meinen Worten?" Ich löste mich komplett von ihm und versuchte, das Zittern meiner Unterlippe zu unterbinden. "Ich weiß nicht mal mehr, ob ich überhaupt einem von euch noch glauben kann." Sein hoffnungsvolles Lächeln verschwand nach meinen Worten und übrig blieb ein leerer Blick meines Gegenübers. Jeno senkte sein Blick und lief, ohne mir weitere Beachtung zu schenken, an mir vorbei. "Du bist meine bessere Hälfte." Nuschelte er noch mit geballten Händen, vermutlich vor Enttäuschung und Wut, ließ mich dann zurück.
FLASHBACK ENDE
"Hallo? Fräulein?" Ich schreckte aus meiner Rückblende auf und lächelte der Dame verletzt zu. "Seine Entschuldigung war vermutlich, dass ehrlichste aber auch schmerzvollste, was er jemals von seinen Lippen gekommen ist. Aber welcher Freund?" Antwortete ich ihr und verließ die Dame, welche ein verdutztes Gesicht machte während ich ihren Laden verließ.
..Fortsetzung folgt..
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any theories?
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