sixteén
Leises Geflüster herrschte im Raum und obwohl ich nicht alles, vielleicht auch nur die Hälfte verstand, wussten wir alle, worum es ging. Einige freuten sich, andere wiederum wunderten sich und nur Nam, das Mädchen mit der großen schwarzen Brille auf der Nase und den schulterlangen dunkelbraunem Haar, war traurig. Der Lehrer kam passend zum Schellen in den Raum herein, genauso wie Jake der diesem dicht folgte. Der Braunhaarige setzte sich rasch neben Jonghyun und blickte zu mir, um mir sein, jeden Morgen übliches, Begrüßungslächeln zu zeigen. Doch ich beachtete ihn nicht und fokussierte weiterhin diesen einen Punkt im Klassenzimmer welchen ich sonst immer meiden wollte. Jake verfolgte meine Blicke und als er erkannte auf was ich meinen Kopf gerichtet hatte, verschwand seine gute Laune und ein monotoner Ausdruck zierte sein Gesicht.
Die Stunde verging, doch auf den Unterricht konnte ich mich dennoch nicht konzentrieren. Mir schwirrte die ganze Zeit nur diese eine Frage im Kopf herum, worauf ich mir eine Antwort selbst zusammenreimte, doch welcher Bestätigung ich aus dem Weg gehen wollte. Wo war Jun? Und hatte ihr Verschwinden, von schon fast drei Wochen, etwas mit dem letztlich geschehenen Vorfall auf dem Kunstflur zutun?
Zum Stundenende war ich so sehr in meinen Gedanken vertieft, dass ich das nächste Schellen garnicht erst mitbekam. Ich schaute einfach nur auf den braunen Stuhl in der zweiten Reihe von vorn. Dort wo ein kleines Herzchen in der Mitte draufgeklebt worden war und welcher von der äußeren Seite mit kleinen und harmlosen Beschimpfungen in mitten der anderen Stühle, sich seinen Platz teilte. Er war leer. Wie auch schon die letzten vergangenen 14 Tage. Einfach leer. Diesen Anblick gab es selten, eigentlich nie, Jun war immer da. Seit ich sie kannte, seit sie mir das Leben zur Hölle auf Erden machte, hatte sie noch nie gefehlt, es seiden sie hatte einen wichtigen Termin, was jedoch auch kaum vorkam. Ihr Zeugnis war dieses Jahr von 0 Fehlstunden geziert und sie gehörte zu einen der wenigen, die dies von sich behaupten konnten.
Ich konnte mich noch gut daran erinnern, welche Anzahl an versäumten Schulstunden mein Endergebnis vor den Sommerferien mit sich brachte. Es war die Zeit in der ich mich verkroch, mich zurückzog. Die Zeit, nachdem Jeno mich verlassen hatte und auch mein Selbstbewusstsein mit ihm ging, ich war ein Häufchen Elend, wie man es sagte. Zu nichts zu gebrauchen.
"Linn?" Fragte mich plötzlich eine bekannte Stimme, welche mich zum Zittern brachte, doch gleichzeitig Schmunzeln ließ. Langsam hob ich mein Blick zur Tür in welcher mich dunkelbraune Augen, in Kombination mit blondem Haar, anstarrten. "Jaehyun," wisperte ich kaum hörbar und wahrscheinlich nicht verständlich für den älteren durch meine Lippen und hielt inne. Er machte wieder einige Schritte zurück und kam, ungefähr, einen Meter in den Raum hinein. Ein verträumtes, liebevolles, doch auch verletztes und unsicheres Lächeln bildete sich in seinem Gesicht. Dann erst bemerkte ich, dass alle gegangen waren und ich die gesamte Zeit darüber nachdachte, was mit dem asiatischen Mädchen passiert war. Ich war so sehr in meinen Gedanken vertieft, ja fast schon gefangen gewesen, als das ich hätte die Situation richtig erfassen können. Abrupt stand ich von meinem Stuhl auf, warf meine Schreibsachen in meine Tasche, schulterte diese und lief aus dem Raum hinaus.
Ich kam zur nächsten Stunde zwar etwas verspätet, doch gerade noch rechtzeitig hinein. Als ich mich zu Melinda setzte und einen lauten Atemzug ausstieß, sie schaute verwundet zu mir hinauf, wie auch der Rest der Klasse. Peinlich berührt senkte ich mein Kopf dem Arbeitsblatt entgegen und arbeitete daraufhin die unausgefüllten Felder ab. "Warum bist du zu spät?" Flüsterte das Mädchen neben mir und hob eine Augenbraue an. "Ich war wieder im Gedanken," sagte ich schnell, als die Lehrerin nicht zu uns schaute und widmete mich wieder meinen Aufgaben. "Sei froh, dass du es gerade noch so geschafft hast. Frau Jeong wollte dich gerade aufschreiben." Nuschelte sie mehr zum weißen Blatt vor ihr, als zu mir hin. "Ich hatte Glück, dass Jaehyun mich gefunden hatte, sonst wäre ich dort immer noch am Träumen." Gab ich ihr schnell zurück und sie setzte sich überrascht auf. Unsere Lehrerin runzelte bei ihrem Anblick ihre Stirn, doch so schnell Melinda sich aufgesetzt hatte, so schnell beugte sie sich auch schon wieder vor ihr Blatt. "Was wollte der denn?" Hackte sie verwirrt nach und drehte ihren Kopf leicht zu mir. Ich zuckte mit meinen Achseln und schaute durch die Gegend, bis ich erschrocken zu ihr starrte. "Er kam mir entgegen und-..misst! Ich habe ihn einfach im Raum stehen lassen!" Sagte ich frustriert und fuhr mir durch die Haare. Frau Jeong richtete ihren Zopf und nahm mich dabei in ihr Blickfeld, sofort senkte ich mein Kopf wieder und gab mich erneut meinen Aufgaben hin.
Nach dieser Stunde war ich so froh nochmal ohne eine Verwarnung oder sonstigem Ärger von dieser strengen und viel zu jungen Autoritätsperson davon gekommen zusein. "Kommst du Linn? Heute gibt es Gulasch oder sowas in der Art!" Rief mir Jonghyun freundlich zu und ich sah wie sich auch Melinda und Jake wartend zu mir umdrehten. Ich winkte mit meinen Händen ab und zeigte in Richtung des sich schnell füllenden Flurs hinter mir. "Geht ruhig schon vor, ich bringe noch meine Bücher weg, sonst ist mir meine Tasche viel zu schwer!" Meinte ich und drehte mich zu dem Gang hinter mir um. Als ich an meinem Spind ankam sah ich eine alt Zeit bekannte Person neben diesem stehen und auf sein Handy schauen.
Eigentlich, hätte ich jetzt mein Spind zu gemacht, meinen Kopf weggedreht und wäre gegangen. Eigentlich, hatte ich Angst ihn anzusprechen und mich nach all der vergangenen Zeit neben ihn zu stellen, doch mich durchlief ein Hauch an Freude bei Johnny's Anblick. Vielleicht ein Hauch an Hoffnung? Ohne ein Ton zu sagen, setzte ich mein Weg fort und erleichterte das Gewicht meiner Schultasche um ein Vielfaches. Erst als ich den Gedanken, einer Konversation mit ihm schon verworfen hatte und meinem Spind schloss schaute er auf. "Linn." Meinte er mit...einem freudigen Unterton? Ich drehte mich wieder zu ihm hin und musste genauso wie er anfangen zu Lächeln. "Wartest du auf die anderen?" Fragte ich ohne auch nur noch einmal, den Gedanken daran wegzugehen, zu verschwenden. Er nickte und stemmte sich von dem Nachbarspind ab, an welchem er zuvor lehnte. "Ja, aber Renjun kommt heute nicht. Er und die anderen müssen für ihr Comeback proben." Erzählte er und ich nickte.
Ihr Comeback war mir natürlich nicht entgangen, 'We Young', und zum ersten Mal konnte ich mir ihr Video anschauen ohne abzubrechen. Jeno's Stimme hören, ohne innerlich zu zerbrechen und den Schmerz erneut zu spüren. Und genau das baute mich auf, an weitere gute Tage zu glauben. "Nah dann..grüß die anderen doch bitte von mir." Meinte ich und drehte mich schon von ihm weg. Doch dann entschied ich mich um, wandte mich wieder dem älteren zu und hob meine Hand. "Oder, erzähl ihnen besser garnicht's hiervon." Korrigierte ich mich und wollte auch schon wieder verschwinden, nachdem ich in sein verwirrtes Gesicht geschaut hatte, doch er hielt mich noch etwas auf. "Du Linn." Meinte er, ich blieb mit dem Rücken zu ihm gedreht stehen. Kurz herrschte Stille. "Die Jungs, sie-..ach schon gut, ich will dich nicht weiter aufhalten." Ich setzte meinen Weg fort, dachte über das Szenario nach. Was wollte er mir sagen und welche Jungs meinte er? Wollte er mir etwas über die anderen sagen, vielleicht, dass ich mich zu ihnen Gesellen könnte oder, ob ich nicht mit auf sie warten wolle? Möglicherweise meinte er aber die Dreams, wollte die Sache mit Jeno's komischen Verhalten ansprechen, wovon ich ja eigentlich wusste. Aber es hätte auch sein können, dass Renjun ihnen etwas erzählt hatte, vielleicht war es ihm rausgerutscht, aber nein, er würde sein Wort halten.
Als das letzte Schulklingeln uns vom Unterricht befreite, dachte ich darüber nach, ob es sich langsam bessern alles würde. Ich konnte wieder mit den Jungs reden, ihnen ins Gesicht schauen und das alles ohne Angst, ohne Trauer. Es erleichterte mich. "Tschüss Leute, bis Montag!" Rief ich Jake und Jonghyun hinterher und lief mit Melinda meinen täglichen Schulweg entlang. Seit der Sache mit Jeno war ich nicht mehr mit dem Bus gefahren, nicht ein einziges Mal, wollte Kontakt zu ihnen komplett umgehen. Ich wurde mal wieder aus meinen Gedanken gerissen als ein lauter Motor neben mir erklang und ich auf den mir bereits vertrauten schwarzen Mercedes von Nico schaute. Die getönte Fahrerscheibe fuhr hinunter und ich wurde mit einem strahlend weißen Lächeln begrüßt. "Wollt ihr mitfahren? Wir können euch auch irgendwo absetzten." Fragte Nico und ich schaute abwartend zu meiner Begleitung hin, welche ablehnend ihren Kopf schüttelte. Sie stand noch nie auf laute Autos und fand, dass es nur eine Angeberei von dem ältesten war. "Nein danke," lehnte ich freundlich ab und setzte meinen Weg zusammen mit meiner Freundin fort. Plötzlich lehnte sich Jake von der Beifahrerseite zu uns rüber und rief noch gerade so etwas verständliches in unsere Richtung, bevor sein Bruder auf das Gaspedal drückte und davon flitzte. "Vergiss morgen aber nicht, dass du uns versprochen hast beim Packen zu helfen!" Waren seine Worte und mich verließ ein müder Seufzer, da ich dieses Versprechen schon vergessen hatte. Augenrollend nickte ich ihm zu und schaute daraufhin dem davon düsenden Auto hinterher. Das Mädchen neben mir pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und schaute stirnrunzelnd zu mir hinauf. "Hm?" Hackte ich bezogen auf ihren Gesichtsausdruck nach und für einen Augenblick herrschte Stille. "Ich vertraue Jake nicht und das solltest du auch nicht mehr." Meinte sie ernst und wir blieben stehen. "Er spielt ein falsches Spiel, da bin ich mir sicher. Jake, hat etwas vor uns zu verbergen."
..Fortsetzung folgt..
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