..~Tränen~..

.....Raven.....

„Junge du musst besser auf deine Freundin aufpassen, sie scheint in den letzten Tagen nicht viel gegessen zu haben, darum war sie wohl sehr schwach" hörte ich eine mir fremde Männerstimme nicht weit von mir halb flüsternd reden. „Sie ist nicht meine....was denkst du denn? Die da doch nicht, die nervt nur hier herum" schien sich ein murrender Dayton verteidigen zu wollen. „Also keine Ahnung was ihr beiden hier treibt, ich habe ihren Arm gleich mit untersucht, es scheint nichts gebrochen, aber ich habe ihn vorsichtshalber verbunden. Bitte sage ihr wenn ihre Schmerzen im Arm schlimmer werden oder sie sich weiterhin schlecht fühlt, das sie in ein Krankenhaus zur Untersuchung kommen soll" kam es wieder gedämpft von dieser anderen Männerstimme. Der Mann hatte eine sehr warme und freundliche Stimme wie mir im Halbschlaf auffiel. Ich fühlte mich wie gerädert und weiß gar nicht mehr wie ich hier her gekommen bin. Doch als ich vorhin wach wurde bemerkte ich das ich in meinem Bett in Dayton's Haus lag. Hat er mich tatsächlich hier her gebracht? Mein glasiger Blick geht zur Tür, dort wo er und dieser Mann stehen „Sie wacht so langsam wieder auf. Ich werde jetzt gehen, rufe an wenn irgendetwas sein sollte. Du siehst gut aus Junge, hast anscheinend gut gegessen in letzter Zeit. Bitte sende deiner Mutter grüße aus"! „Pfffft bestimmt nicht" brummte Dayton muffig herum. Der Mann verabschiedete sich und verließ das Zimmer zusammen mit Dayton. Ich drehte meinen Kopf der sich irgendwie taub anfühlte nach vorne und starrte an die Decke des Zimmers. So langsam wurde mein Blick klarer, ich fühlte eine angenehme Wärme an meinem Arm und hob ihn etwas an, dabei bemerkte ich das ich ein viel zu großes T-Shirt an hatte das mir unbekannt war und zog die Decke etwas von mir herunter. Ich erstarrte als ich sah das ich außer dem T-Shirt nichts weiter an hatte, außer meiner Unterwäsche vielleicht. Mein Kopf platze fast vor Scham. Er hat mich doch nicht etwa ausgezogen? Oh mein Gott, das hat er doch nicht wirklich getan?

„Na endlich komplett wach" murrte mich Dayton plötzlich an und ich zog mir die Decke fast bis unter die Nase. Er sah mich teils amüsiert, teils schlecht gelaunt an „Wenn ich wegen dir eine Lungenentzündung bekomme setzt es was" sagte er anschuldigend und zeigte mit dem Finger auf mich. Er kam etwas näher und wirkte plötzlich ein wenig beschämt kam es mir vor „Wie geht es dir denn? Du hättest doch nicht bei Regen los laufen müssen" sagte er leise und kniete sich etwas an das Bett. Ich sah ihn an und wusste durch die Hitze die mir ins Gesicht geschossen ist das ich rot angelaufen war „Hast du mich etwa ausgezogen" fragte ich nuschelnd. Er sah mich fragend an und kam ganz nah an mich heran „Was hast du gesagt? Wenn du die Decke im Mund hast kann ich dich nicht verstehen" meinte er. Ich zog die Decke etwas herunter „Ich fragte ob du mich ausgezogen hast"? Seine Mundwinkel zuckten etwas und er verzog sein Gesicht zu einem vielsagenden Lächeln „Natürlich habe ich dich ausgezogen was dachtest du denn? Du warst klatsch nass und würdest wohl jetzt im Krankenhaus liegen, wenn ich dich so in dein Bett gelegt hätte" antwortete er mir frech. Ich war total schockiert, ob gleich es sein mochte das er es wirklich war der mich ausgezogen hat, oder von der Tatsache das ich ihn zum ersten mal wirklich Lächeln sah. Sein Lächeln machte aus ihm gleich einen anderen Menschen. Seine schönen Augen wurden glänzend und strahlten.

„Du kannst mich doch nicht einfach ausziehen" zeterte ich herum. Er kam ganz nah an mein Gesicht heran „Warum nicht? Du würdest mich doch auch ausziehen, also was ist dein Problem? Ich habe nichts gesehen was ich nicht schon bei anderen Frauen gesehen hätte. Ja okay ich kenne niemanden der Schlumpf Unterwäsche trägt, aber du hast sowieso einen grausamen Kleidungsstil" erwiderte er und blickte mich wieder kühl an. Mein Kopf platzte fast so sehr schämte ich mich, ich wollte ihm gerade etwas entgegen pfeffern da stand er auf und sein Blick wurde wieder wie immer „Wenn es dir besser geht will ich endlich das du abhaust, ich habe keine Lust mich um dich zu kümmern, nur weil du zu unfähig bist" zischte er und drehte sich herum.

.....Dayton.....

Die Dunkelheit meines Zimmers frisst mich irgendwie auf. Ich liege allein mit meinen Gedanken im Bett und möchte am liebsten schreien. Ich spüre wie mir die warmen Tränen aus den Augen treten und sich ihren Weg meine Schläfen entlang auf mein Kissen bahnen. In manchen endlosen Augenblicken glaube ich vor Schmerz vergehen zu müssen. Und solch ein Augenblick ist jetzt. Der Schmerz der durch die Frage hervor gerufen wird wieso? Ich habe nie jemandem etwas böses getan und doch soll mein Leben bald zu Ende sein. Ich bin allein, habe alle um mich herum vergrault, ich will nicht das sie sehen wie ich sterben werde. Ich werde allein sterben ohne das jemand bei mir ist, ich habe es selbst gewollt, doch scheint mir das ich es schon bereue. Eine unsichtbare Kraft veranlasst das ich meinen Unmut an anderen aus lasse, sie sollen meinen Schmerz den ich fühle spüren können. Und doch weiß ich das es falsch ist. In meinem Kopf thront der Tumor und lacht mich aus, er hat eine grinsende Visage und sieht auf mich herab. Wieso? Wieso immer ich? Mein Vater musste schon sterben. Mit jedem Tag, der verstreicht, schließt sich der Eisenring um meine Brust ein bisschen enger. Ich komme dem Tag immer näher und weiß nicht wann es mich ereilen wird. Ich habe so schreckliche Angst davor. Wieder einmal denke ich diesen sinnlosen Satz „Bitte liebe Zeit, bleibe doch für ein paar Minuten stehen"! Denn dann kann ich mich endlich hemmungslos den Tränen hingeben und meine Wut, meinen Schmerz hinaus schreien. Doch jetzt kann ich es nicht. Raven liegt nur ein Zimmer weiter in ihrem Bett. Sie soll mich doch einfach in Ruhe lassen, dann kann ich endlich wieder richtig weinen. Stumme Tränen sind noch schmerzvoller als alles andere. Ich will einfach nicht mehr. Jeder Tag ist eine Qual für mich. Wenn ich doch nur genügend Mumm hätte, dann würde ich all das selbst beenden. Aber nicht einmal das kann ich. Ich bin nichts weiter als ein Feigling.

Wieder bekomme ich diese schrecklichen Kopfschmerzen. Tag ein Tag aus. Mir wird schlecht davon und ich schmeiße die Decke von mir, springe aus dem Bett und renne in mein Badezimmer. Dort bücke ich mich über die Toilette und übergebe mich. Es ist nichts neues für mich. Nachdem ich die Spülung betätigt habe stelle ich mich vor das Waschbecken und wasche mir den Mund aus. Mein trüber und gequälter Blick geht zum Spiegel. Ich kann mein Spiegelbild kaum ertragen, der Mensch den ich sehe ist ein verlogener Scheißkerl. „Ich hasse dich" brülle ich mich selbst an und schlage mit meiner Faust gegen den Spiegel. Es knackt und knirscht, automatisch schlage ich abermals dagegen und jetzt zerspringt der Spiegel. Der Lärm ist Ohrenbetäubend als der Spiegel halb auseinander fällt. Blut klebt an den Scherben und endlich ist es weg, das Spiegelbild was ich versuche zu töten ist endlich weg. Jetzt kann ich es tun. Mein Tränen durchtränkter Blick geht zu dem kleinen Schränkchen was neben dem kaputten Spiegel hängt. Meine blutüberströmte Hand öffnet das Schränkchen und nimmt eine neue Tabletten Dose in die Hand. Zittrig öffne ich den Deckel, ich brauche einfach nur alle zu schlucken und mich dann in mein Bett zu legen. Warum soll ich Monate auf den Tod warten wenn ich es selbst erledigen kann? Ich schütte mir einige in meine Handfläche, blicke in den Spiegel, doch kann ich niemanden der dort ist erkennen. Ich setzte an und will sie schlucken, da spüre ich einen Schlag und meine Hand wird weg geschleudert. Die Tabletten fallen in das Waschbecken. Als ich auf blicke schaue ich sofort in die erzürnten Augen von Raven „Wage es nicht Dayton, so einen Weg zu wählen ist feige" sagt sie und ihre Augen durchdringen mich.

Ich presse meine Hand gegen meine Stirn, diese Kopfschmerzen sind so unerträglich. Noch immer sieht sie mich strafend an „Du hast doch gar keine Ahnung, lass mich doch endlich in Ruhe" schreie ich jetzt. „Dayton du blutest, bitte lass mich dir helfen" sagt sie ruhiger und greift nach meiner Hand, doch ich entziehe mich diesem Griff. „HAU AB!! Ich sagte doch vor zwei Tagen das du gehen sollst wenn es dir besser geht, also wieso gehst du nicht einfach"? Ihr Blick wird wieder so mitfühlend, ich hasse diesen Blick. „Weil ich hier bin um dir beizustehen. Ich will dir helfen" sagt sie leise und nimmt meine Hand. Ich wende meinen Blick ab und meine Augen entdecken die Tabletten Dose, ich will es zu Ende bringen, jetzt. Schnell greife ich sie mir und will den restlichen Inhalt in meinen Mund kippen, doch Raven schlägt sie mir wieder aus der Hand und klatscht mir gleich eine. Ihre flache Hand auf meiner Wange hinterlässt einen brennenden Schmerz. Wut keimt und lodert immer weiter in mir. Meine Atmung wird rasant und ich sehe sie zornig an. Ohne es selbst zu begreifen packe ich sie und drücke sie gegen die Wand. Sie schreit „Dayton lass mich los. Du tust mir weh verdammt"! Ich drücke zu, höre nicht auf das was sie sagt. Meine Hand umschlingt ihre Kehle und drückt zu. Alles ist Blutverschmiert. Mein Zorn und meine unendliche Wut entladen sich jetzt. Sie sieht mich mit aufgerissenen Augen an und röchelt. Ihre Finger zerkratzen meine Hand, doch ihre Gegenwehr wird schwächer. „Dayton" kommt ein krächzender Schrei aus ihrem Mund und jetzt realisiere was ich gerade mache. Schnell lasse ich von ihr ab und blicke demütig auf den Boden. Raven hustet stark und ringt nach Luft.

Es dauert eine Weile bis sie sich einigermaßen erholt hat. Ihr Blick trifft mich, er hat etwas verletztes und strafendes an sich. „Was ist nur in dich gefahren? Du hast recht, ich sollte wirklich gehen, dir scheint wohl niemand helfen zu können. Ich werde meine Sachen packen und gehen" sagt sie und Tränen steigen in ihre Augen. Was habe ich nur getan? Ich habe vollkommen die Kontrolle verloren. Nie habe ich einem Menschen etwas angetan, nie. Aber nun das. Verzweiflung breitet sich rasend schnell aus. Sie wird mich verlassen, ich werde wieder Einsam sein. Tränen schießen aus meinen Augen, sie wird mich jetzt alleine lassen, so wie es mein Vater auch getan hat, wie es mein Bruder getan hat. Alle verlassen mich. Mein Körper zittert, ich kann nichts mehr kontrollieren. Atmen kann ich nur schubweise. Meine Beine geben nach und ich sinke auf den Boden. Ich sehe noch wie sie sich bewegt und weg gehen will, dann schnellt meine Hand nach vorne und greift nach ihrer, ganz automatisch. Ich schreie meinen Schmerz hinaus, lasse alles hinaus was so lange in mir brannte.

.....Raven.....

Verzweifelt klammert sich Dayton an mir fest, er drückt meine Hand fast kaputt, doch kann ich ihn nicht von mir stoßen. Endlich zeigt er wahre Gefühle, auch wenn er mich fast umgebracht hätte. Ich weiß er hat aus Schmerz, Selbsthass, Wut und vor allem aus einem treibenden Impuls heraus gehandelt, doch die Angst die ich bekam war wirklich da und wenn ich ihn nicht wach gerüttelt hätte, dann hätte er weiter zugedrückt und ich würde reglos am Boden liegen. Aber jetzt kann ich doch nicht einfach gehen und ihn hier so sitzen lassen. Ich habe es die letzten beiden Tage häufiger in der Nacht hören können, sein wimmern wenn er weinte. Jetzt endlich lässt er es raus. Seine unendlich traurigen Augen sehen mich demütig und entschuldigend an. Die Tränen laufen nur so heraus, ich bewege mich etwas damit ich mich zu ihm knien kann, doch er scheint Panik zu bekommen das ich gehen will, denn seine Augen werden größer und wirken wirklich panisch. „Bitte gehe nicht. Lass mich nicht allein" sagt er mit Tränen erstickter Stimme und legt seine Arme um mich. Er klammert sich verbittert an mir fest, legt seinen Kopf gegen meinen Bauch und weint die Tränen die er nie zeigen wollte. Zögerlich streichle ich ihm über den Kopf, seine Umarmung wird fester und als er seinen Kopf hebt und mir in die Augen schaut sehe ich so viele Gefühle in seinen Augen. Sie schimmern voller Furcht, Verzweiflung und Reue. „Verzeih mir bitte, ich wollte dir niemals weh tun. Bitte gehe nicht" wimmert er. Mein Herz schmerzt fürchterlich wenn ich das sehe und jetzt kann selbst ich meine Tränen nicht zurück halten.

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