..~Prolog~..
Ein schrilles klingeln an der Tür lässt Raven aus ihrem Schlaf schrecken „Hööö wer ist das denn mitten in der Nacht" grummelt sie und schaut beiläufig auf die Uhr die ihr 11:45 Uhr mittags anzeigt. Schlaftrunken schlurft sie zur Tür „Yah wenn das nicht wichtig ist dann wird derjenige der hinter der Tür steht gleich ein blaues Auge bekommen" meckerte sie und schloss die Tür zu ihrer Wohnung auf. Sie öffnete ihre zusammen gekniffenen Augen und schaute Duncan an der sich halb vor ihr geduckt hatte, er hielt seine Hände vor sich geschützt und schielte sie aus seinen gespreizten Fingern an „Ich bin es du Morgenmuffel, kann ich rein kommen? Oder wirst du mich auffressen" piepste er, grinste sie danach aber dick an. Sie wedelte Wortlos mit ihrer Hand vor seiner Nase herum und ging in ihre Wohnung, Duncan lief ihr fröhlich pfeifend hinterher und setzte sich auf die Couch die mitten in ihrem kleinen Wohnzimmer stand.
Er sah sich ein wenig neugierig um. Raven hatte nicht viel, da sie auch selten zu Hause war. Es stand in dem kleinen Wohnzimmer eine rote Couch, was eher eine Wohnküche war, denn eine kleine Küchenzeile grenzte gleich ohne Verbindungstür an das Wohnzimmer an. Vor der Couch befand sich ein kleiner Glastisch und daneben an der rechten Wand einige Regale mit Büchern und persönlichen Sachen. Zwei Türen gingen von dem Raum ab, die eine führte nach draußen, wo er gerade her gekommen war und die andere in das Schlafzimmer, von dort aus gab es noch eine Tür die zum Badezimmer führte, das war es denn auch schon, das kleine Reich von Raven. Sie machte den beiden einen Kaffee und kam zur Couch, als sie seinen neugierigen Blick sah grinste sie verdächtig „Naaaa neugierig Mister, willst noch mein Schlafzimmer sehen, wie wäre es schnuggi" sagte sie lachend und setzte sich neben ihn. Duncan fegte mit seiner Hand durch sein ergrautes kurzes Haar und sein schmales ovales Gesicht, das auch mal wieder eine Rasur nötig hatte lief rot an „Boah das du immer so direkt sein musst, natürlich will ich dein Schlafzimmer nicht sehen, was denkst du nur von mir Raven" plusterte er sich schnell atmend auf und trank dann einen großen Schluck von dem Kaffee den sie ihm gereicht hatte. Aus dem Augenwinkel schielte er sie aber dennoch an, ihr langes lockiges schwarzes Haar war total zerzaust und stand in alle Himmelrichtungen ab, sie trug ein T-Shirt das ihr mindestens 3 Nummern zu groß war und eine ebenso große Schlabberhose, sie kam tatsächlich gerade erst aus dem Bett.
Raven war immer sehr direkt, er dachte immer das kommt daher das sie aus Deutschland stammt, aber es war wohl einfach ihre Art und eben diese Art war sehr beliebt bei vielen Patienten, weswegen er jetzt auch hier war. Beide starrten sich an, seine grauen Augen in ihre Bernsteinfarbenen. „Willst du gar nicht wissen warum ich hier bin" fragte er sie und musterte sie erneut. Sie grinste ihn an „Wenn du schon höchst persönlich her kommst denke ich hat es etwas mit einem Patienten zu tun oh du mein großer Boss"!! Duncan räusperte sich kurz etwas und straffte sich, hielt seine Nase hoch „Genau so ist recht, ich bin der Boss. In der Tat geht es um einen neuen Patienten, ich hätte dich ja angerufen, aber da du erst seit zwei Tagen wieder hier bist, dachte ich frage ich lieber persönlich nach. Ich hätte da einen speziellen Patienten für dich" meinte er. „Es sei denn du bist noch nicht soweit, dann kann ich es natürlich verstehen, es ist ja immer sehr aufwühlend das Ganze" fügte er gleich noch hinzu. Raven war kurz abwesend, sie hatte vor zwei Tagen einen leidenden Patienten zu Grabe getragen, das war wirklich immer sehr anstrengend und aufwühlend für sie und ihre Kollegen, dennoch fühlte sie sich gut, denn sie hatte die alte Dame nicht lange betreut. „Mir geht es wirklich gut, die alte Lady brauchte wirklich nur jemanden bei sich damit sie ihren Frieden finden konnte, also um was geht es denn" fragte sie nun und knabberte an einem viel zu harten Keks herum.
„Gestern war eine Dame bei uns im Büro, sie hat uns aufgesucht und um Hilfe gebeten. Es geht nicht um sie selbst, sondern um ihren Sohn, er hat die vernichtende Nachricht eines Gehirntumors der malignen Gliome bekommen. Nun ja er hat sich wohl total abgeschottet und lässt nicht einmal seine Mutter an sich heran, sie möchte aber gerne, das er die letzten Monate nicht alleine ist und hatte uns deswegen aufgesucht, sie braucht einen von uns und ich habe da wirklich zuerst an dich gedacht. Du betreust zwar meistens ältere Patienten, aber ich denke du würdest gut zu ihm passen und ihn noch ein paar schöne Momente bereiten können" erklärte er es erst einmal kurz.
Raven knabberte wie immer an ihrer Unterlippe herum wenn sie am nachdenken war „Er hat noch Familie und sicherlich auch Freunde, wozu wir dann? Seine Mutter sollte sich vielleicht mehr durchsetzten, dann wäre er auch nicht allein. Was spendet sie" fragte sie nun frech. Duncan sah sie empört an „Was soll das denn heißen" giftete er los. Raven ging mit ihrem Gesicht ganz nah an das von ihrem Chef heran, sie pikste ihren Finger in seine Wange „Ich kenne dich Mister, wir haben bei uns die Regel das wir eigentlich nur Patienten annehmen die keine Angehörigen haben oder keinerlei Freundschaften pflegen, also was spendet sie" fragte sie noch einmal und hatte ein wirklich düsteres grinsen auf ihren Lippen. Duncan lachte auf und kratzte sich verlegen am Hinterkopf „Ach ja, hatte ich vergessen zu erwähnen, sie spendet unserer Agentur ein bisschen Geld und kommt natürlich für all deine Ausgaben auf, die du während der Zeit bei ihrem Sohn hast" murmelte er ertappt. Raven's Lächeln wurde noch düsterer „Ach so ist das also. Okay ich werde es mir überlegen und gebe dir dann morgen Bescheid, wenn das in Ordnung ist oh du Großmeister der Spenden" sagte sie und lachte laut los.
Duncan griff Kopfschüttelnd in seine Jacken Innentasche und holte eine Akte heraus. Raven sah ihn an als wäre er ein Geist „Wohooo wo hast du die denn gerade her geholt, bist du jetzt auch noch David Copperfield der Magier, du verlierst aber echt keine Zeit was" brummte sie ihn an. Er stand auf und gab ihr die Akte in die Hand, auch Raven stand auf und er drückte ihr einen Kuss auf die Wange „Ich habe sie schon mit gebracht weil ich dich kenne und du niemanden im Stich lässt, seine Mutter erwartet dich morgen bei uns im Büro" gackerte er und marschierte zur Tür. „YAH was soll das denn heißen, schon alles abgemacht oder wie" schnaufte sie und schenkte ihm einen ultra bösen Blick. Er lachte nur noch lauter und ging dann raus, sie hörte noch sein schallendes Lachen auf dem Flur, bevor er im Treppenhaus verschwand.
Raven schlug die Akte auf und fand neben den Namen des Patienten ihren eigenen Namen als Lebensbegleiter wie man das bei ihnen immer sagte, denn Sterbebegleiter hört sich schlimm an. „Der blöde verliert echt keine Zeit was, ich stehe ja schon in der Akte, alter Raffzahn. Hmmm Dayton Cooper. Ach herrje der ist ja noch jung" kreischte sie auf und schüttelte sich. Sie fand es sowieso schon schlimm genug wenn Menschen Todkrank sind und nur noch auf den Tod warten, aber wenn es dann Kinder oder jüngere Menschen betraf verkrampfte sich ihr Magen, da sie dann immer an ihre Mutter denken musste die sie nicht wirklich kannte. Aber ihre Mutter hat auf ihr Leben verzichtet um sie zur Welt bringen zu können. Ihr Vater hatte ihr immer sehr viel von ihrer Mutter erzählt und sie besaß eine menge Fotos von ihr. Sie seufzte, denn Duncan kannte sie wirklich und wusste das sie es niemals ablehnen würde. Er kannte ihre Geschichte und hatte sie unter seine Fittiche genommen, obwohl die Agentur für (Sterbe) Lebensbegleiter eigentlich nur Begleiter ab 30 Jahren nahmen, da man in diesem Alter besser mit dem Tod umgehen konnte als eine Raven die gerade in den Zwanzigern herum weilte. „Blöder Duncan" grummelte sie und schlurfte wieder in ihr Schlafzimmer.
Am nächsten Tag saß sie einer Frau gegenüber die so mitte- ende Vierzig sein musste und sie deutlichst musterte „Sie scheinen mir noch sehr jung, kommen sie überhaupt damit klar jemanden sterben zu sehen" fragte sie gerade heraus. Raven musterte die Frau genauso wie sie von ihr begutachtet wurde. Sie war eine schöne Frau, ihr langes schwarzes Haar hatte sie zu einem Zopf zusammen geflochten, einige graue Strähnchen schimmerten in dem schwarzen Haar und das hübsche Gesicht der Frau hatte einige Sorgenfalten. Sie war eine sehr zierliche Erscheinung und Akkurat gekleidet. Man sah ihr an das sie die Frau eines Unternehmers war, der in den letzten Jahren wohl viel Geld gemacht hatte. „Ich habe vieles erlebt und meinen eigenen Vater vor 3 Jahren zu Grabe getragen, er hatte wie ihr Sohn einen Gehirntumor und die letzten Monate vor seinem Tod habe ich versucht ihm alles erträglich wie möglich zu machen. Er sagte zu mir das es die schönsten Monate seines Lebens waren, mal abgesehen mit der Zeit die er mit meiner Mutter verbracht hatte. Ich bin ein wirklich aufgeschlossener Mensch, rede wie es mir passt und komme wirklich besser damit klar als sie es denken mögen. Ich habe hier in London ein neues Leben begonnen und arbeite seit fast 2 Jahren in dieser Agentur, natürlich ist es nie einfach mitzuerleben wie jemand den letzten Weg seines Lebens geht. Ich habe eine medizinische Fortbildung die es mir ermöglicht die zu betreuenden auch wirklich bis zuletzt zu begleiten, sofern er es denn möchte"!!
Die beiden Frauen sahen sich lange in die Augen, keine wendete sich ab, bis die eben noch Ausdruckslosen Gesichtszüge der älteren Dame zu lächeln begannen „Genauso habe ich es mir vorgestellt, ich brauche jemanden der auf den Punkt kommt und meinem Sohn, entschuldigen sie meine Ausdrucksweise, aber die meinem Sohn in den Arsch tritt. Er ist momentan sehr gereizt und wirklich ekelhaft. Dayton war nie so, aber seitdem er weiß das alles wofür er gekämpft hat sich in Rauch auflöst, ist er wie verändert. Mich lässt er gar nicht ins Haus, beantwortet keine Anrufe und nicht einmal seine besten Freunde will er sehen. Er ist sehr verbittert was ich auch nach vollziehen kann, doch ich möchte nicht das er die letzten Monate wie ein Sonderling abgeschottet und alleine verbringt" erklärte sie. Duncan der gerade das Zimmer betrat und ein Tablett mit Tee und Gebäck herein brachte setzte sich zu ihnen „Sind sie beide sich schon einig werden können" fragte er kleinlaut, weil er irgendwie eine gereizte Stimmung bemerkte. Raven sah ihn an „Ja ich denke schon, ich habe ja alles weitere medizinische schon in der Akte lesen können. Wir werden sehen ob ihr Sohn es überhaupt will, das jemand bei ihm ist. Normal kommen die Patienten selbst auf uns zu, es ist sehr selten das jemand anderes sich darum kümmert. Ich will nicht gegen seinen Willen bei ihm sein, darum denke ich werden wir erst einmal eine Woche abmachen und dann weiter schauen" gab sie zur Antwort.
Eine Woche später wurde Raven von Mrs. Cooper abgeholt und sie fuhren zu einem kleinen Grundstück außerhalb von London. Raven schaute aus dem Fenster des Autos „Ich wusste ja gar nicht das er soweit von der Stadt entfernt lebt" sagte sie nachdenklich. „Ja er hat sich total abgeschottet und ist vor 3 Monaten in das kleine Cottage gezogen, wohin mein verstorbener Mann immer geflüchtet ist wenn er alleine sein wollte" erzählte sie völlig ausdruckslos und starrte dabei auf die Straße. Raven sah zu ihr rüber, sie wusste ja gar nicht das sie auch schon ihrem Mann verloren hatte, da müsste es wirklich sehr schmerzhaft sein nun auch noch ihren Sohn zu verlieren. Irgendwie kam ihr die Frau aber komisch vor, sie war so reserviert und kühl. „Wir sind da" sagte sie dann plötzlich und zeigte auf ein kleines Grundstück das sich hinter einem schweren Eisentor befand.
Raven sah sich etwas um als sie aus dem Auto stieg, hier wäre mal ein wenig Gartenarbeit nötig, alles sah sehr verwildert aus, als würde hier niemand wohnen. Sie stand vor einem kleinen Cottage, es schien schon sehr alt und war von historischem Wert. Auf der Auffahrt stand noch ein weiteres Auto, ein kleiner Sportwagen der wohl Dayton gehört. Es war hier sehr ruhig und man hörte nicht einmal die vorbei fahrenden Autos von der Straße. Die Vögel zwitscherten und die wilden Blumen strömten einen herrlichen Duft in Raven's Nase. Mrs. Cooper hielt ihr die Hand vor die Nase „Ich heiße übrigens Elena, wenn sie Mrs. Cooper sagen, hört es sich wirklich blöd an" meinte sie nun lächelnd. Raven schüttelte ihr die Hand, ehe Elena an der Türglocke klingelte. Raven schielte sie von der Seite aus an und fand das die Frau echt ein wenig komisch war, doch sie sollte sich ja nicht mit ihr befassen, sondern mit ihrem Sohn.
„Was willst du denn hier, ich habe doch gesagt das ich niemanden sehen will und dich schon gar nicht" riss sie nun eine erzürnte Männer Stimme aus ihren Gedanken heraus. Raven wirbelte herum und sah vor sich einen jungen Mann dessen Augen kalt auf seine Mutter gerichtet waren. Er schien wirklich nicht sehr erfreut darüber seine Mutter zu sehen und zeigte es ihr wohl nur zu gerne. „Ich bleibe nicht lange mein Junge, ich bin nur her gekommen um dir jemanden vorbei zu bringen, können wir rein kommen" fragte sie und behielt die Fassung. Dayton's Blick durchbohrte seine Mutter schon fast, doch Raven konnte die unendliche Traurigkeit in seinen Grauen Augen sehen die er versuchte zu verstecken. Nun richtete sich sein kalter Blick auf sie und für einen kurzen Moment erschauderte sie. So hatte sie noch kein Mensch angesehen, er schien natürlich nicht erfreut, aber so angewidert hatte man sie wirklich noch nie angesehen „Und was ist die da? Willst du das ich noch vor meinem Tod eine Schabracke heirate die du dann ausnehmen kannst weil es bei mir nicht klappt" sagte er völlig emotionslos und wandte sich wieder an seine Mutter.
Raven klappte der Mund auf, Schabracke das war selbst für sie vollkommen neu. Elena lachte etwas „Sei unbesorgt Dayton, nein ich habe dir Raven mitgebracht, sie wird sich die nächsten Monate um dich kümmern, sie ist eine Sterbebegleiterin" verkündete sie ihrem Sohn. „Lebensbegleiterin hört sich besser an" flüsterte Raven. Er riss seine Augen auf „Du bringst mir was vorbei, tickst du nicht mehr sauber?? Ich will meine Ruhe haben, verstanden. Wie kommst du nur auf die Idee mir so etwas ins Haus bringen zu wollen und dann auch noch so eine da. Hätte es wenn dann nicht jemand hübsches sein können, mit einer Klofrau kann ich nichts anfangen" fauchte er los. Raven war erschrocken, sie hat ja schon vieles erlebt, aber so wurde sie noch nie betitelt. Sie öffnete immer ihren Mund um etwas zu sagen, doch es kam kein Laut heraus. Dayton amüsierte sich darüber „Nein entschuldige, sie sieht eher wie ein Frosch oder ein Fisch aus, die nicht einmal reden kann" lachte er fies. Seine Mutter wollte ihm etwas entgegenbringen, doch da drückte Raven ihn in das Haus hinein, er fiel rückwärts auf den Boden und starrte Raven erschrocken an „Ich heiße Raven und werde mich um dich kümmern, ob du es nun willst oder nicht, ist mir egal. Solltest du mich noch einmal Schabracke oder Klofrau nennen, dann kannst du etwas erleben, ich lasse es mir bestimmt nicht gefallen. Man sollte Menschen auch wie Menschen behandeln, ich kann nicht's dafür das du krank bist, also lass deine Scheiß Laune nicht an mir aus!! So und wo ist nun mein Zimmer"????
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