..~Ich brauche dich nicht~..
.....Raven.....
Das ich jetzt hier in dem Zimmer stehe ist ja ein Wunder, Dayton's Mutter hat sich auch schnell aus den Staub gemacht, ist vielleicht auch besser so, denn so wie er sie angefeindet hat, hätte es hier wohl nur noch mehr Streit gegeben. Er hat getobt wie ein wilder Stier, das ich für einen kurzen Moment dachte er würde auf mich los gehen, nun okay ich war ein wenig forsch als ich ihn geschubst habe, aber ich musste gleich von Anfang an klar stellen das er sich ein wenig zusammen reißen sollte. Ich kann ihn sehr wohl verstehen, denn ich habe es ja nicht nur einmal gesehen das sich die Menschen aufgegeben haben nach so einer niederschmetternden Diagnose. Ich konnte aus der Akte entnehmen das er wirklich alles was die Ärzte für ihn tun konnten mitgemacht hatte, ja selbst eine Chemotherapie im letzten Jahr, aber die scheint auch nichts gebracht zu haben, so das er jetzt aufgegeben hat und sein leiden und die Schmerzen nur noch mit den Tabletten unterdrückt. Mitleid habe ich sehr wohl, denn ich habe gesehen wie sich die Menschen die ihren letzten Weg gehen gequält haben und mich manchmal sogar angefleht hatten ihrem Leid ein Ende zu bereiten. Ich werde es aber nicht tolerieren das er sich wie ein wild gewordener Affe aufführt, er ist jung und sollte wirklich aus den letzten Monaten die ihm noch bleiben alles heraus holen was er kann. Ich bin so doof und fange schon wieder an Vorschriften zu machen, das war schon einmal mein Fehler. Ich kann ihn zwar verstehen aber dennoch kann ich vieles nicht nachempfinden, den Schmerz den er mit sich herum schleppt, nicht nur der Körperliche, sondern auch und vor allem den Seelischen, es muss wirklich grausam sein auf den Tod zu warten und dann auch noch jemanden an seine Seite bekommen den man nicht kennt und mit dem man normal wohl auch nie etwas zu tun gehabt hätte. Ich will ihm doch nur helfen und ihm vielleicht ein paar schöne Monate bereiten wenn er mich lässt.
Das Gästezimmer ist wie ich kurz sehen konnte hier wohl das sauberste Zimmer, Dayton lässt sich wirklich mächtig gehen. Es wirkt hier sehr gemütlich. Ich mag ja diese kleinen Zimmern in so einem Cottage. Das hat immer etwas kuscheliges ländlich harmonisches wie ich finde. Ich denke alle Zimmer hier in diesem Haus sind relativ klein, da das Cottage an sich auch nicht all zu groß ist. Hier oben gibt es wohl außer dem Gästezimmer noch das Zimmer von Dayton und ein Badezimmer. Dieser Raum hier ist durch das große Fenster schön hell. Die weiße Holzvertäfelung an der Wand schimmert in der Sonne, die hier in das Zimmer hinein winkt. Die Einrichtung ist in einem sehr ländlichem Stil gehalten, vieles in weiß, mit leicht bedrucktem Blumenmuster. Viele junge Menschen denken sich sicherlich das es alt und langweilig ist, aber es spiegelt den besonderen Charme des Hauses wieder. Neben dem Bett befindet sich eine Leseecke mit einem weichen Sessel und einer Stehlampe. Gegenüber davon befindet sich der Schrank an dem ich mich gerade befinde. Links neben der Tür ist eine Kommode, die man wohl auch als Schminktisch nutzen kann, wie ich sehen kann befindet sich ein kleiner Hocker daneben. Es ist wirklich sehr schön hier, ich liebe solche alten Häuser sehr.
Ich packe erst einmal meine Sachen aus bevor ich runter gehe und mir den Rest des Hauses anschaue. Irgendwie komme ich mir schon vor wie ein Eindringling. Ich begebe mich zur Kommode. „Du brauchst gar nicht auspacken, ich will dich hier nicht haben, meine Mutter kann mir nichts vorschreiben. Ich bin erwachsen also mach dich weg" sagte Dayton der mit verschränkten Armen am Türrahmen gelehnt war und ins Zimmer hinein spähte. Ich schloss die Schublade der Kommode und ging zu ihm, er ist um einiges größer als ich und ich muss zu ihm aufschauen. Seine Augen verraten sein Leiden, auch wenn er versucht mich eiskalt anzusehen, weinen seine Augen und flehen darum erhört zu werden. Er ist ein gut aussehender junger Mann und ich denke wenn er glücklich wäre, dann würde er nur noch besser aussehen, denn nur wenn man glücklich ist sieht man das wahre Strahlen in den Augen eines Menschen. Mir fällt auf, das seine Grauen Augen einen leichten Lila Schimmer in sich tragen, so etwas habe ich noch nie gesehen. Seine Haare sind seit der letzten Chemotherapie wohl wieder gut nachgewachsen, man würde gar nicht darauf kommen das er letztes Jahr keine Haare auf dem Kopf hatte. Sie sind mittelblond und gewinnen mehr an Länge. Sein Gesicht ist von Sorgen gezeichnet, er sieht auch nicht wirklich aus wie ein 25 jähriger junger Mann. Nicht wegen seiner Krankheit, aber vielleicht liegt es ja in der Familie, das die Männer nicht ihre Alters entsprechend aussehen. Mich stört es nicht, ich mag so oder so nicht diese Milchbubi Männer, deren Haut eine bessere und schönere Beschaffenheit hat als meine eigene. Naja Dayton wirkt sehr männlich und ich denke viele Frauen liegen ihm zu Füßen. Irgendwie erinnert er mich ein bisschen an Jared Leto oder wie der heißt, aber nur ein bisschen. Ich stehe ja nicht so auf blonde Männer, bin eher der Typ, der auf dunkle Augen und dunkle Haare abfährt.
Gott wieso mache ich mir über so etwas überhaupt meine Gedanken? Ich soll ihn ja nicht abchecken. Er könnte aber ein wenig mehr auf den Rippen haben, denn er wirkt ein wenig ausgemerzt, was aber sicherlich an den Umständen seiner Krankheit liegt. Chemotherapie, Tabletten, die Sorgen die er hat, all das wirkt sich natürlich darauf aus. Ich kneife ein wenig meine Augen zusammen „Du benimmst dich gerade wie ein bockiges kleines Kind, nehme doch die Hilfe an die dir angeboten wird. Natürlich ist es nicht einfach mit einer vollkommen wild fremden, aber du hättest auch die Chance die Hilfe deiner Mutter oder deiner Freunde zu bekommen, niemand würde dich im Stich lassen" meinte ich und stemmte die Hände in die Hüften, denn irgendwie fühlte ich mich gerade winzig klein, weil er um einiges größer ist als ich selbst. „Was weißt du denn schon du kleiner winziger Rabe? Was ist das überhaupt für ein bescheuerter Name? Raven. Hast du den weil du ein Unheil volles Wesen bist, so siehst du nämlich aus, hast du heute überhaupt schon einmal in den Spiegel geblickt" fragte er und verzog kaum eine Miene dabei, während er mir seinen Finger gegen meine Stirn schnippte. „Aua" maulte ich und rieb mir meine Stirn. „Ich heiße nun einmal Raven, na und. Meine Mutter wollte unbedingt das ich so heiße und ich mag meinen Namen. Dayton hört sich ja auch nicht viel besser an, also spucke hier mal nicht so große Töne Mister. Das mag zwar dein Haus sein und ich bin hier nur Gast, aber dennoch behandelt man andere Menschen mit Respekt" entgegnete ich ihm, obwohl ich ja nicht besser war als er gerade.
Er beugte sich etwas zu mir herunter „Ich will dich aber nicht hier haben. Was sich meine Mutter dabei nur gedacht hat ist mir schleierhaft. Macht es dich an es mit anzusehen wie ich langsam dahin vegetieren werde? Oder warum hast du so einen beschissenen Job? Vielleicht verdient man ja gut, wie viel meines Geldes schiebt dir meine Mutter in den Arsch" fragte er und irgendwie wirkte er gerade ein wenig bedrohlich auf mich. Ich sah ihm in die Augen und wich seinem Blick nicht aus „Deine Mutter zahlt nur meine Ausgaben die ich haben werde, ich bekommen kein Gehalt dafür wenn du das denkst, denn dieser Job ist Ehrenamtlich. Ich verdiene mein Geld damit Kurzgeschichten für die Zeitung zu schreiben. Und zu deiner Frage ob es mich an macht, oder warum ich dies mache? Ich mache es weil ich den Menschen auf ihrem letzten Weg eine Stütze sein möchte, ich will sie begleiten und ihnen die letzte Zeit die sie noch hier sind so angenehm wie möglich machen" antwortete ich. Er lachte verächtlich auf „Als ob, irgendetwas springt doch sicherlich für dich dabei heraus. Ich habe es, du bist eine kleine Erbschleicherin, du wirst mich so lange bemuttern und mich einlullen bis ich dir alles was ich habe in den Rachen stopfe. Ansonsten kann ich mir nicht vorstellen das du so etwas Ehrenamtlich machst, wer würde das schon, freiwillig jemandem beim sterben zu schauen, du widerst mich an, ich werde nicht zu lassen das du mich siehst wenn aus mir ein sabbernder in die Hose kackender Klotz geworden ist. Also verpiss dich Rabe, ich will dich nicht hier haben, ich komme alleine klar, verstanden" sagte er in einem mehr als drohenden Tonfall zu mir, ehe er sich von mir abwendet und nach unten ging.
Ich musste mich kurz ein wenig hinsetzten und fragte mich wirklich worauf ich mich da nur eingelassen hatte, ich denke mal das ich nicht im mindesten das Ausmaß dessen mit bekommen habe was an Zorn, Wut, Hass und Verzweiflung in ihm steckt. Zugeben muss ich allerdings das ich seit langem vor jemandem ein wenig muffe bekommen habe, denn er wirkte wirklich bedrohlich und ich denke er würde auch in seinem momentanen Zustand nicht davor zurück schrecken und Handgreiflich werden. Ich sollte mir aber erst einmal keine Gedanken darüber machen und mir das Haus anschauen.
Wie ich es mir schon denken konnte sieht es hier nicht wirklich wohnlich aus, überall liegt Müll, in der eigentlich gemütlichen kleinen Küche türmt sich der Abwasch, es gibt kaum noch frisches Geschirr, Zeitungen liegen überall verstreut herum. Ein kurzer Blick in Dayton's Zimmer offenbarte mir das er bald keine Wechselkleidung mehr haben würde, ihm scheint wirklich alles egal geworden zu sein. Also sollte ich die Ärmel hochkrempeln und erst einmal seine Wäsche waschen und den Müll entfernen.
Ich laufe über die ganzen Zeitschriften die im Wohnzimmer verteilt auf dem Boden herum liegen. Unter dem ganzen Müll kann man eine kleine Wohnlandschaft ein einer Kreisform wahr nehmen die bestimmt gemütlich ist. Ein runder Tisch der dazwischen steht, eine alte Kommode mit einem Fernseher und Bücher, viele Regal mit Büchern, ich komme mir fast vor als würde ich in einer kleinen Bibliothek stehen. Ich denke mal das die Bücher noch von seinem Vater sind, denn sie sehen alt aus und viele wurden schon lange nicht mehr aus den Regalen genommen. Mein Blick geht kurz nach draußen auf die Terrasse, dort liegt Dayton auf einem Liegestuhl und starrt vor sich hin, er führt Selbstgespräche und scheint mich wirklich zu verfluchen. Schmunzelnd wende ich mich von ihm ab und überlege Fieberhaft wo ich nur anfangen soll als mich sein Stöhnen und der Aufprall seines Körpers auf dem Boden der Terrasse erschrecken ließ. Ich wirbelte herum und sah wie er verkrampft auf dem Boden lag. Ohne weiter nachzudenken rannte ich nach draußen.
.....Dayton.....
Ich hätte ihr ja noch gerne mehr an den Kopf geschleudert, aber ich merke das mir schwindelig wird, also sollte ich schleunigst nach unten gehen, dort wo sie mich nicht sieht. Ich will nicht das mich irgendwer so sieht, es ist mir peinlich, ja selbst vor einer Tusse die ich nicht kenne ist es mir unangenehm. Wieso versteht mich denn niemand? Ich will einfach nur meine Ruhe haben, sie sollen mich alleine lassen. Sie stecken doch nicht in meinem Körper, müssen sich nicht mit der Situation abfinden bald zu sterben. Ich habe alles versucht, habe alles getan was die beschissenen Ärzte verlangt hatten, aber noch immer thront dieser Tumor in meinem Kopf und macht sich über mich lustig. Ich bin 25 Jahre alt, habe noch nicht viel erreicht, habe noch so viel vor und man lässt mich nicht. Gott hat etwas dagegen das ich glücklich werde, erst nimmt er mir meinen Bruder, dann meinen Vater und nun das. Ich werde meiner Mutter niemals die Genugtuung lassen das sie nach meinem Tod alles bekommt, ich werde ihr da einen Strich durch die Rechnung machen. Sie hat es nur auf das Geld und auf die Firma abgesehen, zum Glück habe ich schon dafür gesorgt das ein neuer Geschäftsführer eingestellt wird, er kümmert sich um alles, denn ich bin nicht mehr in der Lage dazu.
Mein Blick wird schummriger und ich muss mich kurz an dem Geländer der Treppe festhalten, wenn ich jetzt umkippe, dann kommt der dumme Rabe sofort angeflogen, also sollte ich mich zusammen reißen. Schnell greife ich in meine Hosentasche und hole meine Tabletten heraus. Ich schlucke einige davon. Meine Hände sind zittrig und es fühlt sich gerade so an als würde ich auf einem Schiff sein das einen mächtigen Seegang hat, der Boden der vor mir liegt bewegt sich hin und her und meine Kopfschmerzen werden mal wieder zu einer höllischen Qual. Ich sollte mich beruhigen, tief ein und aus atmen. Ich habe mich einfach zu sehr aufgeregt das ist alles, es vergeht gleich sicherlich wieder. Was denkt sich meine Mutter eigentlich? Ich bin in erster Linie von zu Hause weg weil sie mir mehr Kopfschmerzen bereitet als mein Tumor, ich musste mich andauernd so aufregen das ich täglich alles auskotzen musste was ich zu mir genommen habe. Und jetzt? Jetzt schiebt sie mir so einen Trampel vor die Nase. Raven, was ein beschissener Name, die soll sich in Luft auflösen, ich brauche sie sicherlich nicht.
Meine Augen tränen, ich halte den bohrenden Schmerz kaum noch aus, aber ich muss aus dem Flur verschwinden. Frische Luft, genau das brauche ich. Immer wieder knicken mir meine Beine weg und ich finde mich auf dem Boden im Wohnzimmer wieder, das Schwindelgefühl lässt aber wenigstens etwas nach. Zitternd rappel ich mich auf und schaffe es tatsächlich auf die Terrasse und lasse mich auf meinen Liegestuhl fallen.
Hier zu liegen tut meinem Körper wirklich gut, der bohrende und stechende Schmerz im Kopf wird weniger und das Schwindelgefühl ist auch komplett verschwunden. Die Ärzte sagten etwas von knapp 6 Monaten, wenn ich mich jetzt schon an einigen Tagen so schlecht fühle, wie wird es denn erst wenn mehr Zeit vergangen ist? Ich mag gar nicht darüber nachdenken. Wieso denn ich? Was habe ich denn nur getan das man mich so bestrafen muss? Ich habe immer alles getan was man von mir verlangte, ich bin meinem Vater bis zuletzt nicht von der Seite gewichen, habe zusehen müssen wie er stirbt. Das will ich niemandem zumuten und genau deswegen muss der Rabe weg hier. Die blöde Kuh ist so frech, wie sie mich geschubst hatte und mir drohte, was ist sie meine Schwester die mich verprügeln kann? „Grrrr blöder Rabe, ich wünschte dir würde der BH weg platzen und eine Windböe würde dich damit in die Lüfte befördern, damit der Wind dich weg wehen kann" fluchte ich lauter. Was war das nur für ein Fluch? Bin ich jetzt total bescheuert? Mir fielen auch schon einmal bessere Dinge an denen ich den Leuten an den Kopf schmeißen konnte.
Ich spüre wie mein Körper sich plötzlich verkrampft. Oh Gott wieso gerade jetzt? Ein zittern fährt durch meinen Körper wie eine plötzliche Druckwelle nach einem Bombeneinschlag. Ich kann dem einfach nichts entgegen bringen, immer wenn ich einen Anfall bekomme und verkrampfe gehorcht mir mein Körper nicht mehr. Der Druck in meinem Kopf wird so unangenehm, ich habe das Gefühl als würde mir jemand meinen Kopf aufpumpen und die Luft nicht wieder ablassen. Meine Atmung setzt teilweise wieder aus, meine Gliedmaßen zittern so stark das ich zur Seite kippe, ich verkrampfe total, kann nichts sagen, fühle mich so hilflos. Mit einem kleinen poltern lande ich auf dem Boden neben dem Liegestuhl, mein Körper zittert so unkontrolliert. Ich bin müde, so unendlich müde, mein Blick geht nach oben, ich spüre wie mir die Tränen meine Wangen hinunter laufen, es ist ein warmes beruhigendes Gefühl. „Dayton, Dayton, was ist los" höre ich eine Stimme. Wer ist hier? Wieso? Ich spüre wie jemand mich anhebt „Herrje bist du schwer, ich dachte du wärst leichter. Wie viel hast du von diesen Schmerz Tabletten genommen, spinnst du? Du wirst..........." ich kann die Stimme nicht mehr hören, alles wird auf einmal so dunkel und klingt nur noch dumpf in meinen Ohren.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top