..~Dunkler Weg der Reue~..

.....Dayton.....

Ich renne zum Haupteingang des Golfclubs, einige Gäste waren schon dabei zu gehen. Es war spät, dunkel, vor dem Eingang steht ein wartendes Taxi. Der Fahrer zündet sich gerade eine Zigarette an, als ich auf ihn zu gehe. „Soll ich sie hier abholen" grummelt er mich an. Ich schüttle mit dem Kopf und verneine. War er derjenige der für Raven gerufen wurde? Gehetzt schaue ich mich um. Bis auf einige der anderen Gäste war niemand zu sehen. Wo war sie nur? Wenn sie wirklich so betrunken ist, kann es angehen das sie hier noch auf dem Gelände herum läuft. Mein innerstes zog sich gerade panisch zusammen, war es wohl möglich meine Schuld? Passiert das alles meinetwegen? Ich habe es übertrieben. Ich setzte mich in Bewegung, irgendwo musste ich anfangen zu suchen. „Hey was ist denn nun? Soll ich sie irgendwo hinbringen" rief mir der Taxifahrer nach. Ich schüttle wieder energisch mit dem Kopf „Nein vielen dank" rufe ich zurück ohne ihn auch nur anzusehen. „Na super, dann hätte ich die kleine Schnecke ja doch aufgabeln können" brummte er sich zurecht, was mich in Sekundenschnelle herum wirbeln lässt. Ich gehe die paar Schritte zu ihm und sehe ihn auffordernd an „Sagten sie Schnecke? Wie hat sie ausgesehen? Wo haben sie sie gesehen" fragte ich aufgeregt. Er sieht mich pikiert an „Na unten an der Straße, die kleine schien einen zu viel getrunken zu haben. Echt gefährlich wenn sie mich fragen. Die kleine braucht nur hinzufallen und schon wird sie von einem heran fahrendem Auto erwischt" zischte er mich an. Mein Herz klopfte immer schneller, das muss sie sein, da bin ich mir sicher. Ich laufe einfach los ohne den Taxifahrer weiter meine Beachtung zu schenken. Ich renne die Auffahrt zum Golfclub herunter und falle fast über meine eigenen Füße. Mein Kopf dröhnt höllisch, nein nicht jetzt, wieso bekomme ich denn jetzt diese Schmerzen verdammt? Ich schwanke umher. Meine Augen tränen und ich verliere immer mehr an Sicht. Ich muss stehen bleiben, aber ich will nicht. Ich habe Raven nur ein bisschen eifersüchtig machen wollen, doch mal wieder habe ich es übertrieben. Ich kann jetzt nicht einfach stehen bleiben. Was wenn der Taxifahrer recht hat und sie hinfällt? Was passiert dann? Nicht auszudenken wenn ein Auto angefahren kommt, sie kann sich doch alleine kaum helfen wenn sie so betrunken ist. Nun bleibe ich doch kurz stehen. Mein Puls hat Dimensionen übernatürlichen Ausmaßes bekommen. Mein Kopf fühlt sich so an als würde er jeden Moment platzen. Ein Schleier legt sich vor meine Augen und ich kann kaum etwas erkennen. Meine Hände beginnen zu zittern, das ist kein gutes Zeichen. Hastig wühle ich in meiner Hosentasche herum und ziehe die Dose mit den Tabletten heraus. Ich hatte Raven zwar versprochen diese starken Schmerzmittel nicht mehr zu nehmen, aber die helfen, vor allem da ich sie nun länger nicht mehr genommen habe.

Langsam, aber auch nur langsam beruhigt sich alles wieder. Das zittern verschwindet und als ich meine Augen öffne kann ich wieder den dunklen Weg vor mir erkennen. Meine Kopfschmerzen sind zwar noch nicht ganz verschwunden, aber das ist mir jetzt egal. Ich habe schon zu viel Zeit verloren und renne wieder los. Der Schweiß läuft meine Schläfen hinab als ich die Straße erreiche. Mein Blick geht in beide Richtungen, ich kann aber niemand erkennen. Wo ist sie hingelaufen? Ob sie zu meinem Haus läuft? Ist es denn überhaupt Raven? Nein ich darf nicht zweifeln, sie ist es ganz bestimmt. Nur welchen Weg soll ich jetzt einschlagen? Nochmals schaue ich in beide Richtungen? Dann laufe ich in die Richtung in der mein Haus liegt. Es sind nur knapp 3 Kilometer bis dorthin und ich hoffe das sie genau denselben Weg eingeschlagen hat wie ich. Alles um mich herum ist tiefste Dunkelheit, keine Sterne sind am Himmel zu sehen und nicht einmal der Mond. Dicke Wolken verdecken ihn und meine Sicht ist nur auf ein paar Meter begrenzt. Ein Lichtstrahl erhellt plötzlich alles und ich drehe mich erschrocken herum. Ein Auto kommt aus der Ferne heran gefahren. Ich weiche ihm etwas aus und als das Auto an mir vorbei ist drehe ich mich wieder zurück in Richtung Straße. Durch die Scheinwerfer des Auto's kann ich jemanden etwas weiter vor mir erkennen. Eine Gestalt die ziemlich wackelig auf den Beinen zu sein scheint. Meine Augen weiten sich, das muss sie sein. Ich fange wieder an zu laufen und beschleunige auch sofort meine Schritte. „Raven? Raven bist du das" rufe ich laut. Ich bekomme keine Antwort, stattdessen fällt sie auf ihre Knie. Sie scheint wirklich die Orientierung verloren zu haben. Ich selbst kann auch schon nicht mehr. Mein kleiner Anfall vorhin hat mir eine Menge Kraft geraubt und ich habe ihn noch immer nicht verdaut, doch ich könnte es mir nie verzeihen wenn Raven etwas passieren würde und es wäre meine Schuld. Meine Beine sind fast so schwer wie Blei und jeder Schritt ist eine Qual, doch mein Wille ist stärker und ich komme weiterhin voran. Noch immer kann ich nicht erkennen ob es sich um Raven handelt. Es ist einfach zu dunkel und sie gibt keinen Laut von sich.

Ich komme näher an sie heran. Jetzt, jetzt kann ich sie erkennen. Es ist tatsächlich Raven die noch immer auf dem Asphalt der Straße kniet. Die letzten Meter renne ich, mein Herz rast so unglaublich schnell das es mir fast zu platzen droht. „RAVEN"! Ich rufe immer und immer wieder nach ihr. Sie bewegt sich und versucht aufzustehen.

Endlich erreiche ich sie, ich greife nach ihr, doch sie schlägt meine Hand von sich. „Raven lass dir helfen, wieso hast du denn nicht auf das Taxi gewartet"? Ihr Körper zittert, es hat auch ordentlich abgekühlt. „Lass mich ich kann das allein" kreischt sie. Schwankend steht sie auf und kann sich wirklich kaum auf den Beinen halten. Ich glaube die frische Luft hat ihr noch einmal mächtig einen oben drauf gegeben. Ich schaue sie an, ihre Arme sind ganz schmutzig. Als mein Blick über ihr Kleid wandert fällt mir auf das es stark eingerissen ist. Es ist schmutzig und kaputt, was ist nur passiert? Stur läuft sie weiter und ich trotte ihr hinterher. „Raven nun bleibe bitte mal stehen, ich will schauen ob dir nicht vielleicht etwas schlimmeres passiert ist, du humpelst ja auch. Bist du gefallen" frage ich. Sie dreht sich zu mir herum und sieht mich tief traurig an „Was interessiert es dich" faucht sie mich enttäuscht an. Auch wenn es dunkel ist sehe ich das sie geweint hat und das ihr noch immer die Tränen ihre Wangen hinab laufen. „Raven ich......" ich will erneut nach ihr greifen. Mit aller Macht schlägt sie meine Hand von sich „Ich sagte lass mich" schreit sie und läuft weiter. Auch wenn sie betrunken ist scheint ihre Aussprache dennoch klar zu sein. Ich laufe ihr nach und ziehe währenddessen mein Jackett aus. Sie kann kaum einen ordentlichen Schritt vor den anderen setzten. „Wieso bist du mir nach gelaufen? Hau doch ab und amüsiere dich weiter" murmelt sie und knickt mit ihrem Bein weg. Sie schreit auf. „Raven" rufe ich und halte sie fest bevor sie zu Boden fällt.

Ich halte sie fest an mich gedrückt. Mein Kopf habe ich an ihrem langen Haar gelehnt. Ihre Arme sind ganz kalt und sie zittert wie Espenlaub. „Ich bringe dich nach hause" sage ich leise. Sie fängt an herum zu zappeln, doch ich lasse ihre Gegenwehr im Keim ersticken. Sie zetert, meckert und wirft mir Wörter an den Kopf, die ich niemals wieder hören möchte. Sie versucht sich zu befreien, doch ich halte sie Bomben sicher in meinen Armen.

Ich weiß nicht wie lange es schon dauert das sie herum schreit und mich wüst beschimpft, doch so langsam schwinden ihre Kräfte und sie lässt nach. Als sie sich halbwegs beruhigt hat hebe ich mein Jackett vom Boden auf das hinuntergefallen war, als ich sie in meine Arme nahm. Zögerlich lege ich ihr das Jackett um ihre Schultern, es kommt keine Gegenwehr mehr. „Ich bin so müde" wispert sie leise. Ich packe sie an ihren Schultern und drehe sie zu mir herum. Ihre Augen sind ganz verweint und stark geschwollen. Zaghaft berühre ich ihre Wange, sie entzieht sich sofort meiner Berührung. Mir kommt da eine Idee und ich drehe mich etwas so das sie auf meinen Rücken schaut. Etwas verwirrt sieht sie mich an. Ich signalisiere ihr das sie aufsteigen kann „Komm ich trage dich nach Hause, du kannst eh kaum einen Schritt gehen. So wären wir morgen noch unterwegs"! Mürrisch schüttelt sie ihren Kopf. Ich schnappe mir ihr Handgelenk und ziehe sie an mich heran „Nun mach schon, oder willst du hier draußen übernachten" rufe ich ihr zu. Sie murmelt sich etwas zurecht aber letztendlich steigt sie doch auf meinen Rücken. Ich bringe sie gut in Position und atme kräftig durch bevor ich los gehe.

Die gesamte Strecke über die mir gerade jetzt Endlos lang vorkommt ist Raven sehr ruhig. Sie schnieft ein wenig und wimmert. So habe ich sie seitdem wir uns kennen noch nie gesehen und ich weiß einfach das es meine Schuld ist. Ich habe in meinem Leben kaum derartige Fehlentscheidungen getroffen wie heute, aber ich wollte doch nur wissen ob sie wirklich nichts für mich empfindet, oder ob sie mich angelogen hat. Ich habe meine Antwort bekommen, auch wenn sie es noch nicht gesagt hat, aber zu welchem Preis ist dies geschehen? Raven ist gerade nur ein Schatten ihrer selbst, nichts ist im Moment übrig von der selbstsicheren und starken Frau die ich kennengelernt habe. Sie scheint so zerbrechlich und verletzt, das ich am liebsten die Zeit zurück drehen möchte und meinen Plan verwerfen würde. Ihre Arme hat sie um meine Brust geschlungen, ihr Kopf liegt an meinem. Sie murmelt leise einige Worte, die ich überhaupt nicht verstehen kann. Wie weit ist es eigentlich noch bis zu meinem Haus? Wir sind schon so lange unterwegs, dabei sind es doch nur knappe drei Kilometer. Mein Körper schmerzt, ich bin diese Anstrengung nicht mehr gewohnt, aber sie absetzten will ich auch nicht. Ich muss die Zähne zusammen beißen. Seitdem ich diesen Tumor habe bin ich schwächlich geworden, habe kaum noch etwas Körperlich anstrengendes getan. Doch seitdem Raven bei mir ist animiert sie mich immer wieder zu laufen, rennen, oder irgendetwas dummes zu tun was ich vorher niemals in Erwägung gezogen hätte. Ich habe wirklich viel gelacht, auch geweint was ich mich vorher nie getraut habe. Immer habe ich meinen Schmerz und meine Tränen zurück gehalten. Sie hat mir beigebracht das ich meine Emotionen zeigen und ausleben soll. Heute Abend ist mir wirklich mehr als bewusst geworden das sie diejenige ist, die mein Herz erobert hat. So viele Frauen waren auf dieser Hochzeit. Hübsche Frauen, intelligente Frauen, sie waren sexy und viele von ihnen hätten vor Wochen noch genau in mein Schema gepasst. Aber sie waren so uninteressant für mich. Auch wenn Lucas und Will meinen ich hätte mich in Raven verliebt, weil wir unsere Zeit gemeinsam verbringen und weil ich nur sie vor Augen habe. Heute Abend waren aber so viele da und sie wären Luft für mich gewesen, wenn ich nicht etwas vor gehabt hätte. Allein schon wenn ich erwähnt habe das ich eine Firma besitze und mich um Geld nicht sorgen muss wurden einige Frauen zu anhänglich. Früher ist mir derartiges nie aufgefallen oder es war mir egal, aber jetzt nicht mehr. Ich habe aber dem Menschen weh getan der mir am meisten bedeutet.

Die Nacht ist so dunkel wie mein Schuldbewusstsein. Ich sehe kaum ein Licht. Vielleicht komme ich deswegen nur so langsam voran. Ich will nicht stolpern und dann fallen. Dabei würde ich uns beide nur verletzten. Doch auch der dunkelste Weg hat irgendwann einmal ein Ende. Endlich sind wir angekommen. Ich glaube noch länger hätte ich es nicht mehr ausgehalten. Ich öffne die Tür und trage Raven nach oben in ihr Zimmer. Sie ist eingeschlafen und hat schon seit einiger Zeit keinen Laut mehr von sich gegeben. Sanft lege ich sie in ihr Bett und schalte das Licht ein. Sie sieht wirklich sehr mit genommen aus. Ihr schönes Kleid ist vollkommen ruiniert. Ich habe mich schon den ganzen Abend gefragt wieso sie ein schwarzes Kleid gekauft hat? Das ist gar nicht ihr Stil. Es ist wunderschön und sie sieht darin umwerfend aus, aber damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Ich schnappe mir die Decke und lege sie vorsichtig über sie. Als ich in ihr Gesicht schaue erstarre ich, sie sieht mich an. Zwar nur mit halb geöffneten Lidern, aber sie fokussiert mich direkt. „Wieso hast du mir so weh getan" wimmert sie leise so das ich kaum etwas davon verstehen kann. Ich beuge mich über sie rüber „Was hast du gesagt" frage ich vorsichtshalber noch einmal nach. „Ich habe dich doch so lieb, warum hast du das getan" flüstert sie und einige Tränen bahnen sich ihre Wangen hinab. In meinem innersten brodelt es und ich schlucke den Klos hinunter der sich langsam bildet. Zaghaft wische ich ihr die Tränen von ihren Wangen. Sie packt plötzlich mein Handgelenk und mit der anderen Hand zieht sie mich an meinem Hemd näher an sich heran. Unsere Nasenspitzen berühren sich, ihre Augen sind ganz geöffnet. Ihr Blick ist glasig und von Tränen erfüllt. Auch wenn das eine komische Situation ist schlägt mein Herz schneller und schneller. Sie legt ihre Hand in meinen Nacken und dann spüre ich ihre Lippen auf meinen die mich sanft und zärtlich küssen.


Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top