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Ich hasste mich dafür, dass ich Agnes selbst jetzt nicht mit anderen Augen sehen konnte - selbst jetzt, wo ihr größter Widersacher tot war. Und, doch war da immer noch dieses Bild, was ich vor kevins Tod von ihr hatte, provokant und mit allen Wassern gewaschen. Dann war da noch die Tatsache, dass auf dem tatmesser mit dem Kevin Agnes angeblich attackiert hatte vorwiegend Agnes Fingerabdrücke gefunden wurden, ein Umstand der ihren Angaben nach darauf beruhte, dass sie ihm im Kampf das Messer entwunden und dann auch noch an sich gerissen hatte. Das konnte ich nun glauben oder nicht - die Polizei war mehr oder gezwungen Agnes glauben zu schenken bis sie eindeutig ihre Schuld bewiesen hätten. Es war schwer neben einer möglichen mörderin dahin zu leben, ihr den Rücken zu zu drehen, sie zu umarmen. Es war schwer, weil ich um mein eigenes Leben fürchtete, unabhängig von irgendwelchen moralischen Werten. Es war schwer mit ihr zum Begräbnis von Kevin zu gehen und zu sehen, wie sie nur einige Krokodilstränen vergoss, aber weiterhin in ihrer fast stummen schockstarre verharrte. Die anderen Leute am Begräbnis, großteils kevins Familie gingen Agnes gradezu auffällig aus dem Weg - auch sie glaubten nicht an ihre Unschuld. Wenn Blicke töten könnten, wäre Agnes spätestens nach dieser Veranstaltung nicht mehr am Leben. Ich war die einzige an ihrer Seite, wie immer schon, ich war die einzige, die sie nicht im Stich ließ. Doch nun wuchs in mir die Angst, dass ich mich einmal zu viel von Agnes blenden ließ, und es vielleicht sogar mit meinem Leben bezahlen müsste, zumindest unter der Annahme, dass bei Agnes grundlos sämtliche Sicherungen durchgebrannt sind und sie Kevin grundlos getötet hat. Fakt war, wenn ich sie ansah, sah ich eine verbitterte gealterte Frau und nicht mehr das verspielte und aufgeweckte Mädchen von damals, was meine Freundin war. Dieses Mädchen war verschwunden - es gab es nicht mehr. Vor mir stand eine fremde mit der ich nichts mehr gemeinsam hatte, eine fremde, die zerfressen von Hass und Missgunst war, eine fremde, der ich einen mord zutraute. Nachts plagten mich Albträume in denen ich Agnes mit dem blutverschmierten Messer in der 1 Hand und der geladenen waffe in der 2. Hand sah, ich sah zu, wie sie Kevin tötete, aus reiner Lust ihn aus der Welt zu schaffen. Nach solchen Träumen wachte ich immer verstört auf und war so naiv das Gespräch mit Agnes zu suchen, ich erzählte ihr alles, es war ein Versuch sie aus der Reserve zu locken, ein Spiel mit dem Feuer. Doch Agnes sah mich immer nur entgeistert an - und machte mir damit ein schlechtes Gewissen. Immer war ich die jenige, die zu viel in alles hinein interpretiert, die zu viel nachdenkt und drunter leidet. Und immer blieb die Frage, ob die schokobraunen Augen von Agnes dermaßen lügen können, die Frage, die ich mir schon seit 2 Jahren stellte. Die Frage auf die ich nie eine Antwort bekam und die mich Tag für Tag quälte. Doch langsam hatte ich das Gefühl, dass mich das böse mehr und mehr einholte.
Hättet ihr Angst in Agnes Gegenwart?
Über votes und Kommentare würde ich mich wie immer sehr freuen
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