Kapitel 17. Satoru
Ich saß im Restaurant und hatte Mühe, den Tisch nicht umzuwerfen. Ana kam wie immer zu spät. Was nicht schlimm war, denn ich hatte ihr extra eine halbe Stunde Spielraum gelassen, sodass wir definitiv vor den Kunden da sein würden. Es war geschäftlich besser, als Boss immer zuerst da zu sein. Egal zu welchem Anlass. Dennoch zog ich mein Handy.
ICH: ›Fuck, wo bist du?‹
Ein kurzes Video erschien und ich öffnete es. Es zeigte, wie Anas schlanke Finger das weinrote Kleid in den Müll warfen, von dem ich ihr gesagt hatte, sie solle es anziehen.
ANA: ›Schau zum Eingang.‹
Meine Augen flogen hoch, und ich sah, wie ein Angestellter des Restaurants ihr den beigefarbenen Trenchcoat abnahm, bevor sie mit eleganten, festen Schritten auf mich zukam.
Meine Aufmerksamkeit wanderte über ihren Körper, der in einem, Gott sei Dank, anständigen schwarzen Kleid mit langen Ärmeln und ohne Dekolleté steckte, und blieb an ihren hohen Absätzen hängen, die klappernd auf dem Boden aufschlugen. Es waren Trommelschläge, die meinen Schwanz im Takt zucken ließen. Ana trug die Schnürschuhe, die ich ihr gestern Abend bei der kleinen Bestrafung, die sich als größere herausstellte, angezogen hatte.
Unterbewusst befeuchtete ich meine Lippen und ließ alles noch einmal Revue passieren. Die Lust in ihrem Gesicht, ihr Körper, wie sie meinen Schwanz im Mund hatte, das Halsband und die Leine, einfach alles.
Sie kam an den Tisch und als der gute Ehemann, den ich spielen sollte, stand ich auf und richtete meinen dunkelgrauen Anzug mit dem dunkelblauen Hemd. Ich schob ihr den Stuhl zu, damit sie sich setzen konnte. Als sie es tat, beugte ich mich zu ihr hinunter und küsste sie auf die Wange, bevor ich mich ebenfalls setzte.
»Dir ist schon klar«, begann ich, während der Kellner uns Rotwein einschenkte, »dass du einen Fehler gemacht hast, oder? Das Kleid nicht anzuziehen, wie ich es dir gesagt habe, war keine gute Idee.«
Ana schob ihren langen, glatt gekämmten Zopf nach hinten, und ihre langen goldenen Ohrringe, an denen Perlen hingen, bewegten sich. »Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich nicht dein Schoßhündchen bin.« Als ich etwas erwidern wollte, fügte sie schnell hinzu. »Außer im Bett.«
Ich seufzte und rieb mir den Nasenrücken, dann zog ich den Ehering aus der Tasche und steckte ihn gelangweilt an. »Ja, rede dir das nur weiter ein, Süße. Vielleicht glaubst du irgendwann selbst daran.« Das Weinglas landete in meiner Hand und ich hob es zu ihr hoch. »Hast du dich unter Kontrolle?«
Die Bewegung ließ einen kleinen, stechenden, aber erträglichen Schmerz in meinem Oberkörper aufflammen. George, der eine Militärausbildung als Arzt absolviert hatte, hatte sich die Prellungen angesehen und nur genickt. Etwas schmerzstillende Salbe und es sollte gut sein. Ja, es war gut. Aber es war noch besser, als Anas Zunge über all die blauen und gelbgrünen Flecken geleckt hatte.
Ich schüttelte das Gefühl ab und wartete, bis auch sie ihr Glas hob.
»Ich glaube daran. Und natürlich habe ich mich im Griff.« Sie setzte dieses dämliche Lächeln auf und legte ihre Hand, an der der falsche Ehering glänzte, auf meinen Oberschenkel. Ihre Daumen strichen über meine Hose und sie nahm das Weinglas. »Ich bin sicher, es wird ein wunderschöner Abend.«
Ich schaute auf ihre Hand, betrachtete die schlanken Finger, dann sah ich sie an. Anas Lippen waren ein Traum, und es juckte mich, mich nach vorne zu beugen und ... Verdammt, ich tat es, schließlich war es Teil der Show. Dass meine Lippen auf ihre trafen und meine Zunge in ihren Mund glitt, war also Teil der Show.
Aber ... Warum fühlte es sich dann so gut an? Wieso fragte ich mich immer wieder und immer drängender, was sie im Keller so verstört hatte, nachdem ich gegangen war? Klaustrophobie? Ja, vielleicht, aber Damian hatte etwas anderes angedeutet. Und der Hass in seinen Augen war verzehrend gewesen.
Ich löste mich von ihr. »Wo ist dein gläserner Affe? Soll er nicht auf dich aufpassen?«
Fuck, ich musste meine Atmung kontrollieren. Jetzt, denn sie drohte viel zu schnell zu werden.
»Er sitzt draußen im Auto und hat mich
hergefahren.« Ana schaute mir auf die Lippen. »Ich habe ihm gesagt, dass er nicht reinkommen muss, weil du da bist«, erklärte sie und beugte sich jetzt vor, um mich zu küssen. Es war ein verlangender Kuss, aber Ana beendete ihn schnell. Sie lehnte sich zurück, trank einen Schluck Wein und räusperte sich, während sie sich im Restaurant umsah. »Ich habe Hunger.«
Ich lächelte über die Ablenkung und nickte. »Meine Geschäftspartner werden gleich hier sein. Also-«
»Sie sind da«, hörte ich Atlas durch meinen Hörer im Ohr sagen. Er saß auf dem Dach gegenüber, hatte unseren Tisch gut im Blick und ein Scharfschützengewehr im Anschlag. »Ahmad sieht sauer aus. Nur eine kleine Warnung.« Es knackte leise, als er das Gewehr lud und schussbereit machte. »Ist das jetzt so eine ›wir hassen uns und ficken trotzdem‹ Sache mit dir und der süßen Ana?«
Ich ignorierte ihn und sagte zu meiner Frau. »Ahmad, der Mann aus Dubai, ein Pakistani, hat wahrscheinlich keine gute Laune, deshalb ist es umso wichtiger, dass du deine Zunge im Zaum hältst. Er will einer der großen Kunden werden. Verstanden?«
Ich schaute zur Tür, als die beiden Männer auf uns zukamen. Roberts in einem normalen Anzug, Ahmad in einer weißen Dichdascha.
Sie folgte meinem Blick und sah die beiden Männer an. »Ich werde mich benehmen. Schließlich hast du dich auf der Party auch benommen. Aber-« Ana sah mich wieder an, »wer von den beiden hat nach mir gefragt? War es Roberts?«
Ich stand auf, als sie näher kamen, und zog Anastasia sanft mit mir. »Nein, Ahmad. Ich habe eine Vermutung, warum, aber ich will erst sicher sein, dass ich Recht habe.« Mein Blick traf ihren, und bevor ich mich bremsen konnte, fragte ich: »Alles in Ordnung?«
Sie blinzelte sichtlich überrascht. »Ja, alles in Ordnung. Wenn du noch einmal auf die Sache im Keller zu sprechen kommen willst, bitte ich dich, es zu vergessen.«
Als ob das jemals passieren würde. Ich vergaß nie. Nichts. Nichts von solcher Bedeutung.
Wir begrüßten uns jedenfalls, setzten uns und tranken Wein. Einige Minuten vergingen mit lapidaren Höflichkeiten und belangloser Konversation.
»Schön, Sie zu sehen, Mrs. Gojo. Oder darf ich Anastasia sagen?«, fragte Roberts und lächelte freundlich. »Schließlich mache ich schon lange Geschäfte mit ihrem Vater und jetzt mit Ihnen.«
Ich grinste und lehnte mich ein wenig zurück. »Sie flirten mit meiner Frau? Wie unartig, Roberts.«
Ana schlug unter dem Tisch ein Bein über das andere und lächelte. »Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite. Und natürlich dürfen sie mich Anastasia nennen, wenn ich sie auch mit Vornamen ansprechen darf.« Sie griff nach meiner Hand und legte sie auf ihren nackten Oberschenkel.
Mein Blick wanderte zu ihr, und als ich mich vorbeugte und ihre Wange küsste, flüsterte ich: »Du spielst ein gefährliches Spiel, Sugar. Alles, was unter dem Tisch passiert, ist keine Show mehr für meine Kunden, denn sie sehen es nicht.«
Sie lächelte weiter und schob als Antwort nur meine Hand von ihrem Oberschenkel, was mich zum Lachen brachte. Ich wandte mich an Roberts. »Wir bleiben bei Mrs. Gojo«, stellte ich klar. »Und jetzt kommen wir zum Geschäftlichen, hm?«
Atlas kicherte. »Wenn du deine Hand wieder auf ihr Bein legst und das Kleid ein wenig hochschiebst, könnte ich auch die Aussicht genießen.«
Ich knurrte leise, und als der Kellner das vorbestellte Essen brachte, begannen die üblichen Verhandlungen. Wie viele Drogen, der Preis pro Kilo, wann und wohin geliefert wurde und wer ab wann wofür die Verantwortung übernahm. Es ging um Produkte, mögliche weitere Kunden und was sonst noch so dazugehört.
Ich reichte Ahmad, der als neuer Kunde interessiert war, einige Proben verschiedener Drogen und ließ ihn sie begutachten. Er entschuldigte sich für einen Moment, um auf die Toilette zu gehen, aber ich wusste, dass er die Ware nur begutachtete und eventuell selbst einnahm, um sie zu testen.
Als er zurückkam, nickte er, und das erste Geschäft und ein neuer Kunde waren unter Dach und Fach. Ich war zufrieden und das Gespräch wurde fröhlicher, bis Ahmend plötzlich eine Frage stellte, die mich fast meine Waffe ziehen ließ. »Also, Gojo«, begann er und sein Dialekt klang hart und rau. Er nickte Ana zu. »Deine Frau. Wie viel verlangst du für sie?«
Atlas in meinem Ohr zischte: »Oh, Scheiße.«
Mir wurde kalt, und Roberts zog eine Augenbraue hoch. Dann sah er mich an und gab mir mit seinen Augen zu verstehen, dass er nichts davon wusste.
»Was?«
Der Pakistani sah mich an. »Wie viel dafür, dass du mir die Frau überlässt. Sie und ihr Geschäft.«
Meine Finger zuckten und eine tödliche Stille trat ein. Mein Kopf fühlte sich plötzlich leicht an und mein Blick wurde kalt.
Ana verschluckte sich fast an ihrem Wein und starrte meinen neuen Kunden verwirrt an. Dann wandte sie sich mir zu und die kurze Angst, dass ich vielleicht zustimmen würde, war sichtbar, verflog aber wohl, als sie meinen Blick auf Ahmad registrierte.
Sie drehte ihren Kopf wieder zu dem Wichser und lachte: »Ich weiß nicht, mit welchen Absichten Sie heute zu diesem Treffen gekommen sind, aber ich war nicht Teil des heutigen Handels. Wie Sie an meinem Ringfinger sehen können, bin ich glücklich verheiratet und werde ganz sicher nicht von meinem Mann als Ware an Sie verkauft.«
Roberts blickte ging hin und her. Er betrachtete mich länger, und als er die Ader an meinem Hals bemerkte, räusperte er sich und wollte Ahmad von seinen nächsten Worten abhalten. Zu spät.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Ehe glücklich ist. Außerdem habe ich nicht mit der Frau am Tisch gesprochen. Das ist ein Gespräch für Männer, also sei still.«
»Bevor du schießt, Blue, denk daran, dass Leute hier sind und wir viel Geld bezahlen müssten, um das zu vertuschen. Außerdem«, sagte mein Freund, »ist der Deal, den ihr gerade ausgehandelt habt, ziemlich gut.«
Er sagte noch etwas, aber ich hörte es nicht, weil Ahmad weitersprach. »Ich biete dir zwei Millionen für deine Frau, Gojo. Plus ein Drittel des Erlöses aus dem Verkauf der Ware. So lange, bis dieses Weib bei mir wäre.«
»Ahmad«, warnte Roberts ihn erneut, doch er hob die Hand.
»Was sagst du?«
Das Weib?
Oh, Motherfucker, das war es. »Aus reinem Interesse, mein Freund«, ich betonte das Wort gefährlich, doch der Wichser ignorierte es entweder, oder er hörte es nicht. Beides war dumm von ihm. »Was passiert mit meiner Frau, wenn sie nicht mehr bei dir ist? Bekomme ich sie zurück?«
Ahmad lachte. »Nein. Sie verschwindet.«
»Verschwindet?«
»Ach du Scheiße. Ich werde George anrufen. Er weiß immer am besten, wohin mit den Leichen. Aber mach's diskret, ja?«, bat Atlas und seufzte. »Dass nicht einmal was gutgehen kann.«
Ahmad nickte. »Ja. Das kann bei den Frauen eines Scheichs schon mal passieren.«
Ich trank den letzten Schluck Wein und nickte dem Kellner zu. Er kam und ich sah ihn an. »Drei Crème brûlée und einen Erdbeer-Milchshake, bitte.« Dann schaute ich Ahmad an und stand galant auf. »Komm einen Moment mit. Ich möchte das Geschäft, das du mir vorgeschlagen hast, an einem etwas diskreteren Ort ausarbeiten.«
»Erdbeer-Milchshake?«, murmelte Ana und sah zu mir auf. Dann weiteten sich ihre Augen, sie stand auf, drehte den Männern den Rücken zu und kam auf mich zu. »Ich bleibe bei dir, oder?«, flüsterte sie fragend, sodass nur ich es hören konnte, und sah zwischen meinen Augen hin und her.
Ahmad sog scharf die Luft ein. »Das ist eine Beleidigung! Wie könnt ihr es wagen, eine Frau in meiner Nähe so etwas tragen zu lassen!« Er stand auf und schlug auf den Tisch. »Sobald sie in meiner Nähe ist, wird das nicht erlaubt.«
Ich drehte Ana wortlos um und biss die Zähne zusammen, als ich ihren nackten Rücken betrachtete, der erst am Steiß wieder in Stoff gehüllt war.
Fuck! Ja und nein!
Ich drehte sie zurück und sah sie bitterböse an. Zum Teil, weil ich ihr sagte, dass der Kunde aus einem Land kam, in dem das als unverschämt und beleidigend galt, zum anderen, weil ich mich zusammenreißen musste, um ihn nicht hier und jetzt umzubringen.
Ich antwortete Ana nicht, sondern hob die Hand und deutete auf einen Gang, von dem ich wusste, dass er zu den privaten Speiseräumen führte. In solchen hatte ich schon öfter Geschäfte gemacht. Ohne die Frau anzusehen, die wohl wirklich dachte, ich verkaufe sie hier wie ein verdammtes Kamel, lief ich also mit Ahmad in eben einen solchen Raum. Dem Kellner, der uns dorthin führte, sagte ich, dass wir ungestört sein wollten und auch meine Frau keinen Zutritt hätte.
Er nickte und schloss die Tür.
Das Schloss klickte, Ahmad öffnete den Mund und meine Faust flog in sein Gesicht. Der Mann hatte keine Chance und wusste nicht, wie ihm geschah. Er hatte den ersten Schlag noch nicht verarbeitet, da traf ihn der zweite und der dritte. Der vierte ließ ihn taumeln, und der Tritt in die Brust brachte ihn zu Fall. Ich war über ihm, bevor er lag, und schlug mit der Faust immer wieder in sein Gesicht. Zuerst platzte die Haut, dann brachen die Knochen, und zwanzig Minuten später schlug ich nur noch auf einen matschigen Haufen ein, der eben noch ein neuer Geschäftspartner gewesen war.
Schwer atmend saß ich auf dem Bauch des Mannes und starrte an die Decke. Ich schwitzte. Meine Haare klebten mir in der Stirn und waren zerzaust. Auf jeden Fall hatte ich Blut im Gesicht, und als ich meine Fäuste hob und darauf schaute, seufzte ich. Alles war voller Blut und ich hatte Schnittwunden von den Knochensplittern, auf die ich eingeschlagen hatte.
»Fühlst du dich jetzt besser?«, fragte Atlas und sagte noch, dass Miller auf dem Weg sei.
Ich blickte auf den Körper, der jetzt kein Gesicht mehr hatte, oder besser gesagt, keinen Kopf. »Ja, viel besser.«
»Dann ist es ja gut.«
Ich nickte und stand auf. An einem kleinen Teil der Wand, in die Spiegel eingelassen waren, betrachtete ich mich und fluchte. Ich würde es nicht so schnell schaffen, mich wieder herzurichten aber ich versuchte, wenigstens das Blut aus meinem Gesicht zu wischen. Mein Blick fiel zurück auf das Blutbad.
Der Wichser hatte zum ersten und zum letzten Mal nach meiner Frau gefragt.
Ich verließ den Raum und setzte mich wieder an den Tisch. Bei Ana angekommen, sah ich sie an. »Wir gehen. Roberts«, wandte ich mich an ihn und sah, dass er genau wusste, was passiert war.
Er nickte. »Ich verstehe. Ich kümmere mich um einen anderen Kontakt. Ahmad war nicht der einzige. Es tut mir leid, Gojo, ich wusste nicht, dass ...«
Mein Blick ließ ihn verstummen. »Ja, wenn es anders wäre, würdest du nicht hier sitzen, alter Freund.« Ich wandte mich wieder Ana zu. »Komm, wir gehen, Liebes.«
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