Kapitel 5

Ceiron verließ das Büro als erste und ich eilte ihm hinterher, nachdem ich mich bei Larry für die Glückwünsche bedankte.

"Wie alt bist du geworden?", fragte Ceiron vollkommen überraschend, weshalb ich ihn auch perplex ansah.

"18", antworte ich und bekam von ihm ein schnauben, ehe er die Augenbrauen hob. "War ja klar."

Er sagte es, als würde diese Zahl irgendwas wichtiges bedeuten, doch für mich war es ein Tag wie jeder andere auch und auch die Zahl spielte für mich keine große Rolle. Letztlich war man doch so alt, wie man sich auch fühlte, oder etwa nicht?

"Meinst du nicht, du solltest deinen Geburtstag mit richtigen Kerzen feiern, anstatt mit Glühkerzen?", fragte er mit seiner üblichen desinteressierten und arroganten Stimme, welche mich allmählich wirklich nervte.

"Würde ich gerne, aber irgendjemand muss mir die ja entwendet haben", erklärte ich, bekam von ihm aber keine Antwort mehr.

Wir kamen gemeinsam an der Werkstatt an, wo er zu einem Schrank ging, in denen wohl die noch brauchbaren Kleinteile lagerten.

"2-Takt richtig?", fragte er mich, woraufhin ich ihm erstaunt anschaute. Diese Information konnte er nur von dem Sound des Motors haben, oder wenn er diesen gesehen hätte. Doch beides war nicht der Fall, weshalb für mich der Fall damit geklärt war und ich ihn böse anfunkelte.

"Du warst das!", stellte ich laut fest, als er mir die neuen Zündkerzen reichte, welche in einem kleinen Karton verpackt waren. Sein Blick verriet mirnichts und auch sonst war alles an seiner Körperhaltung gleich. Auch seine dunklen Augen strahlten nichts außer Gleichgültigkeit aus.

"Was?"

"Du hast meine Zündkerzen ausgebaut", sagte ich vorwurfsvoll und entriss ihm die kleine Schachtel. Seine Augen bohrten sich in meine und er schüchterte mich damit so sehr ein, dass ich einen Schritt zurückwich.

"Keine Ahnung, was bei dir im Kopf nicht richtig läuft, aber mir sind deine komischen Kerzen vollkommen scheiß egal", erwiderte er monoton.

"Nimm sie und verschwinde", fügte er grollend hinzu. Ich sah, wie sein Körper bebte und sein Brustkorb sich schnell hob und wieder sank. "Und dann befolgst du meinen Rat. Du gehst nicht in den Wald und du hälst dich von jetzt an von mir fern!"

Seine Stimme war tief und bedrohlich, wobei es beinahe wie ein Knurren klang. Alles in mir schrie so schnell wie möglich abzuhauen, aber eine winzige Stimme sagte mir, ich sollte Ceiron nicht einfach den Rücken kehren.

Wer war er, dass er mir Vorschriften machen konnte?

Was wusste er, was ihn zu so einem Verhalten trieb?

"Was, wenn ich mich nicht daran halte?", fragte ich mit zittriger Stimme. Ich hoffte, er würde meine Fragen beantworten und mir sagen können, was in dem Wald so schlimmes passierte und ob es auch etwas mit den verschwundenen Kindern zu tun hatte.

Er gab mir keine Antwort, sondern schaute mich nur weiter eindringlich an, während sein ganzer Körper zitterte. Ich wusste nicht, warum er so wütend war.

"Ceiron, was weißt du von dem Wald?", fragte ich sanfter und hoffte so sehr, er könnte meine ungeklärten Fragen beantworten.

"Hör mal Mädchen, es gibt Dinge auf der Welt, welche lieber verborgen bleiben sollten. Also hör auf dir Fragen zu stellen! Geh in dein Dorf zurück und lebe dein glückliches und ruhiges Menschenleben."

Er ging an mir vorbei und streifte nur sanft meine Schulter, aber alleine diese kleine Berührung reichte aus, um meinen Körper unter Strom zu setzen.

"Was meinst du mit Menschleben?", fragte ich laut, als er bereits die Werkstatt verlassen hatte und in den Regen ging.

Er war doch auch ein Mensch, was sollte diese dumme Aussage? Wobei er auch locker als Roboter durchgegangen wäre bei seiner emotionslosen Art und Weise, die er an den Tag legte.

Er antwortete nicht, weshalb ich ihm hinterher lief. So einfach wollte ich nicht aufgeben!

"Ceiron! Was passiert mit den Kindern?", rief ich. Irgendwas sagte mir, dass er sehr wohl darüber bescheid wusste und auch den genauen Grund kannte. Noch bevor ich meine Antworten bekam, ertönte so etwas wie ein Heulen, welches aus dem Wald kam und dort von den Bäumen widerhallte.

"Verschwinde!", knurrte er angsteinflößend. Es hörte sich beinahe animalisch an, während auch sein Körper wieder anfing zu zittern. Allmählich fragte ich mich, ob bei ihm irgendwelche Schrauben zu locker waren.

Dennoch hatte er die gewünschte Reaktion damit verursacht und ich verließ eilig mit den Zündkerzen den Schrottplatz und hoffte, dass ich so schnell nicht wiederkommen musste.

Auf ein weiteres Aufeinandertreffen mit diesem Verrückten konnte ich bestens verzichten. Obwohl mein Körper mit jeder Faser seines Daseins auf ihn zu reagieren schien, schien er absolut abgeneigt von mir. Und genau, dass war es was mich noch einmal traurig zurückblicken ließ.

Zu allem Übel fing es neben dem Regen dann auch noch an zu Donnern, weshalb ich meine Beine in die Hand nahm und eilig nach Hause lief.

Vielleicht sollte ich mir das mit dem Fahrrad doch nochmal überlegen...

Klatschnass kam ich an meinem Zuhause wieder an und öffnete direkt das Garagentor, um die Zündkerzen erst einmal auf die Werkbank zu legen. Verträumt sah ich nach draußen und schaute dem Regen dabei zu, wie er von den Wolken auf die Erde fiel. Selbst wenn das Motorrad gleich laufen würde, wäre es bei dem Regen nicht besonders ratsam zu fahren, auch wenn es sogar mehr Spaß machte. Aber Sicherheit ging vor.

Ich ging vorerst in mein Zimmer und nahm mir seit langem mal wieder ein Buch zur Hand. Früher mochte ich lesen, aber heute glaubte ich nicht mehr an den Märchen dieser Geschichten. Dennoch versank ich recht schnell in dem Buch und schaute erst wieder auf, als plötzlich die Sonne durch mein Fenster schien und die Seite meines Buches erhellte.

Eilig packte ich dieses an die Seite, um dann zu meinem Fenster zu gehen, welches rechts neben meinem Bett war. Mein Blick fiel nach draußen, wo zwar noch alles nass war, aber die dichte Wolkendecke allmählich auflockerte und die Sonne sich immer mehr ihren Weg zwischen den Wolken hervor kämpfte.

Es war noch nicht allzu spät, weshalb ich in die Garage lief und mir schnell die Glühkerzen nahm, um diese mit wenigen geschickten Bewegungen einzubauen. Auch das Dekor des Motorrades schraubte ich wieder fest, ehe ich mich auf dieses setzte und kurz das Gefühl genoss.

Ich schaltete den Choke ein, welcher für das richtige Luft-Gasgemisch sorgte und öffnete den Benzinhahn, ehe ich mit meinem Fuß den Kickstarter bestätigte. Es sprang nicht an, aber das Motorrad gab wenigstens schonmal ein Geräusch von sich, dass mich auch ermutigte es noch einige Male zu probieren.

Kurze Zeit später sprang der Motor tatsächlich noch leicht schwerfällig an, weshalb ich mit der Hand direkt ein wenig Gas gab. Das Vibrieren an meinen Beinen zog bis in meine Zehenspitzen und ich konnte gar nicht in Worte fassen, wie unendlich glücklich ich war es ganz alleine geschafft zu haben.

Ich ließ das Motorrad kurz im Standgas laufen und erfreute mich alleine an dem schönen Klang dieses lauten 2-Takt Motors. Mein Herz überschlug sich aufgeregt, als ich es dann langsam aus der Garage fuhr, nachdem ich mir noch meinen Helm mit der Crossbrille auf den Kopf gesetzt hatte.

Mein Körper zitterte nervös, als mir bewusst wurde, dass nun endlich der Tag kam, wo ich zum ersten Mal seit dem Unfall meines Dad's wieder den Fahrtwind um meinen Körper spüren würde.

Zögerlich schwang ich mich auf das Motorrad und fuhr langsam an, ehe ich etwas mehr Gas gab und in den zweiten Gang schaltete. Das Vibrieren wurde immer stärker und es kribbelte in meinen Fingerspitzen, welche den Lenker fest umschlossen.

Der lauwarme Wind umwehte meinen Körper und ich fühlte das Adrenalin, wie es durch meine Adern floss, als ich das Tempo immer mehr erhöhte.

Vor lauter Glück hätte ich schreien können, jedoch konzentrierte ich mich vorerst auf das Fahren. Ich spürte jede Unebenheiten der Straße unter den Rädern und bog ohne auch nur einen Gedanke an den Konsequenzen zu verlieren in den Waldweg ein.

Es war als würde ich von irgendwas magisch zu diesem hingezogen werden. Als hätte ich gar keine Wahl mich anders zu entscheiden, selbst wenn ich es wollte.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top