Kapitel 40

Die Dunkelheit ließ es nicht zu, dass ich erwachte und presste mich auf den kalten Waldboden. Mit meinen Armen und Beinen versuchte ich mich dagegen zu wehren und immer wieder hörte ich Ceiron's Worte in meinen Ohren.

Ich wollte, dass es aufhörte und schreite dagegen an, aber es schien alles nur schlimmer zu machen. Die Dunkelheit nagelte mich regelrecht auf den harten Untergrund und immer wieder erschütterte sich die Erde, was mich noch ängstlicher schluchzten ließ.

Wann hörte das nur auf?

Es fühlte sich an, als würde der Griff um meinen Körper immer fester und dann plötzlich wurde ich mit eiskaltem Wasser überschüttet.

Erschrocken riss ich meine Augen auf und erkannte, dass ich nicht mehr in dem Wald war. Meine Hände waren dennoch fixiert und ich erkannte, dass Ceiron das Gewicht war, welches ich wahrnahm.

Er hockte auf mir und hatte auch meine Hände noch immer neben meinen Kopf fixiert. Seine dunklen Augen sahen mich an und kleine Wassertropfen fielen von seinen schwarzen Haaren auf mich herab.

„Warum immer Wasser?", fluchte er und schaute zur Seite. Erst da bemerkte ich Enya, welche mit einem leeren Eimer neben dem Bett stand.

Ceiron ließ meine Hände los und strich sich seine nassen Haare aus dem Gesicht, ehe sein Blick wieder meinen traf.

„Alles gut?“, fragte er besorgt und ich dachte länger als nötig über die Antwort nach.

War denn alles gut?

Nur zögerlich schüttelte ich meinen Kopf. Sein Gewicht engte mich ein und schien mich zu erdrücken. Es fühlte sich an, als würde es mir die Luft zum Atmen rauben, weshalb ich meine Hand an Ceiron's harten Bauch legte und ihn von mir drückte.

Dieser stand auch augenblicklich auf, wodurch sich meine Lungen gleich freier fühlten und ich tief Luft holte.

Ich setzte mich ebenfalls auf und merkte dabei den kurzen Blickaustausch von Enya und Ceiron, ehe Enya dann wortlos ging. Ihr Verhalten nervte mich!

Mir war bewusst, dass Ceiron sie beeinflusste, weil sein Wort gegen Enya's stand, aber sie ließ mich einfach hängen, anstatt mit mir ein Gespräch zu suchen. Vielleicht war es unfair, so zu denken. Immerhin hatte ich ebenso wenig versucht ein Gespräch mit ihr aufzubauen, aber sie war diejenige, die einfach gegangen war und mich im Unwissen ließ, als ich sie brauchte.

„Möchtest du mit mir darüber reden?“, hörte ich Ceirons sanfte Stimme, weshalb ich meinen Kopf zu ihm drehte.

„Nein, eigentlich nicht“, erwiderte ich traurig. „Ich würde gerne einfach allein sein.“

„Das musst du nicht. Das weißt du, oder?“, fragte er weiter. Ich nickte zwar, aber es war mehr ferngesteuert, als wäre ich noch nicht richtig wach.

Dieses Gefühl sich so verloren zu fühlen, nahm mich abermals ein und ich konnte nicht verhindern, dass meine Luft nur zitternd meine Lungen verließ.

Ceiron sollte es nicht sehen, wenn er es schon nicht fühlen konnte, wie es mir ging. Ich wollte nicht, dass er dachte, ich wäre schwach, wobei er dies höchstwahrscheinlich schon tat.

Der Kristall hätte nie solch einen Schaden anrichten können, wäre ich stark genug gewesen gegen den negativen Kräften dagegenzuwirken. Doch ich war schwach und hatte zu viele Bedenken, sodass es für Lillith ein leichtes war, mich an Ceiron so sehr zweifeln zu lassen.

Nachdenklich schaute ich zu ihm und mein Blick traf genau auf das dunkle Braun seiner Augen. Er schien mich zu mustern und mein Drang mich einfach bei ihm fallen zu lassen, wuchs mit jeder Sekunde.

Warum war auch alles so kompliziert?

Ceiron schaute mich ebenso an, ehe er sich plötzlich aus seiner Starre löste und ich kurz darauf zwei warme, starke Arme um meinen Körper hatte. Allem Anschein nach, wusste er auch ohne Mateverbindung, wonach ich mich sehnte, weshalb ich meinen Kopf dichter an seine Brust schmiegte und die Augen schloss.

„Ich gebe uns nicht auf uns“, hörte ich ihn leise in meine Haare hauchen. Seine Fingerspitzen strichen zärtlich dabei über meinen Rücken, doch auch dies löste in mir nicht die erhoffte Gänsehaut aus, welche ich sonst von seinen Berührungen gewohnt war.

„Aber wie soll das funktionieren? Wir können nichts erzwingen“, seufzte ich, während ich mich von ihm löste. Es war nicht so, dass ich ihn nicht mochte oder dass es so abwegig wäre, dass ich doch tiefere Gefühle für Ceiron haben könnte, aber es schien mir in unsere Situation absolut ausweglos.

„Das müssen wir auch nicht. Vertrau mir“, flüsterte er, ehe er mir eine Strähne meiner Haare hinter mein Ohr schob und mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange gab.

Seine Liebkosungen und seine einfühlsame Art schafften es dann doch mir ein angenehmes Gefühl im Bauch zu bescheren, weshalb ich ihn halb lächelnd ansah.

„Ich biege das wieder gerade, was ich verbockt habe“, meinte er und stand dann von dem Bett auf. „Aber zuerst schläfst du dich schön aus.“

Plötzlich erschien mir die Idee mit dem Alleinsein nicht mehr so gut, wie vor einigen Minuten, weshalb ich energisch nach seiner Hand griff. Er drehte sich zu mir herum und sah mich überrascht an.

„Eventuell möchte ich doch nicht allein sein", murmelte ich schüchtern, was ihn ein wunderschönes Lächeln auf den Lippen zauberte.

„Okay, aber dann musst du mit in mein Zimmer“, erwiderte er schelmisch, bevor er mich an der Hand stürmisch hochzog und ich überrascht darüber auf quiekte.

Mit meinem Gesicht voran prallte ich gegen seine Brust, was mich ihn mit erhitzten Wangen ansehen ließ. Die Vorstellung, dass ich mit in sein Zimmer sollte, empfand ich dann doch als sehr einschüchternd.

Ceiron schien mein beängstigender Gesichtsausdruck nicht allzu sehr zu stören, da er mich an meiner Hand einfach hinter sich her zog und mit mir gemeinsam noch ein weiteres Stockwerk nach oben ging.

„Warum wohnt ihr eigentlich alle gemeinsam in einem Haus?“, fragte ich, als ich mich in dem oberen Flur umsah und auch dort mehrere Türen aneinandergereiht vorfand.

„Tun wir nicht. Nur die Junggesellen unter uns oder die, die noch keine Mates haben, halten sich hier auf. Der Rest ist im Rudeldorf untergebracht“, teilte er mir mit.

„Es gibt noch mehr von euch?“, harkte ich erstaunt nach.

„Ja, das Rudel hier ist mit einer der größten Europas und natürlich gibt es auch noch die älteren Wölfe“, erklärte Ceiron, ehe er eine Tür öffnete und direkt das Licht anschaltete.

Es war ebenso groß, wie Rea's Zimmer und auch hier befand sich neben einem Bett ein großes Bücherregal. Anscheinend wussten die Wölfe sonst nicht viel mit sich anzufangen. Alles war sehr schlicht und in dunklen Holztönen mit einigen schwarzen Akzenten, was auch gut zu Ceiron passte, wenn man ihn kannte.

Ebenso war auch hier eine ganze Wand aus Glas, aus welcher von dem dunklen Wald betrachten konnte.

Neben den ganzen Büchern befand sich ein gemütlich wirkender Sessel und ein kleiner Abstelltisch, auf dem ich ein dickes, altes Buch erkannte. Mit meinen Fingern strich ich über den bereits abgegriffenen Bucheinband. Dort waren Zeichen darauf abgebildete, welche mir nichts sagten, allerdings stach mir das Pentagramm sofort in die Augen.

„Deine Abendlektüre?“, fragte ich vorsichtig und öffnete das Buch, um durch einige Seiten durchzublättern.

„Mehr oder weniger. Ich habe es von dem obersten Alpha. Dort steht etwas Wichtiges drin für uns beide“, erklärte er, weshalb ich neugierig meine Augenbrauen hob.

„Es ist eine Art Ritual und welches eventuell das Mateband wiederherstellen kann.“

„Eventuell?“, fragte ich neugierig und blätterte weiter durch das dicke, alte Buch.

„Es gibt dafür Bedingungen und diese müssen wir erst erfüllen und natürlich musst du es auch wollen.“

„Was für Bedingungen?“

„Ziemlich neugierig“, lächelte Ceiron, ehe er dicht hinter mich trat und mir das Buch aus der Hand nahm. Ich merkte dabei die Wärme seines Körpers, ebenso wie seine regelmäßigen Atemzüge auf meiner Haut.

„Ich erkläre es dir, aber nicht jetzt“, sagte er ruhig. „Weil erst einmal musst du schlafen. Morgen wird ein langer Abend werden.“

„Wieso? Was ist morgen?“, fragte ich wieder mit demselben neugierigen Ton in der Stimme, welcher Ceiron ein leises Lachen entlockte.

„Morgen findet unser jährliches Rudeltreffen statt. Zudem werden auch unsere Vorfahren erscheinen, ebenso wie der oberste Alpha“, weihte Ceiron mich ein. Meinen Kopf drehte ich nur langsam zu ihm herum und erkannte seine Belustigung in seinen Augen, als er meinen überraschten Blick sah.

„Ich gehöre aber nicht zu dem Rudel“, entkam es mir flüsternd, woraufhin Ceiron nur seine dunklen Augen verdrehte.

„Noch nicht, aber sie akzeptieren dich dennoch bereits als neue Luna“, sagte er sanft und gab mir einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. „Und bevor du noch weitere Fragen stellst ...“

Er schob mich zu dem Bett, auf das ich mich setzte und Ceiron mich an den Schultern auf die Matratze drückte, ehe er mich zudeckte.

„... Wird geschlafen. Du kannst morgen alle Fragen der Welt stellen und sie werden dir alle beantwortet, also mach gedanklich doch schon einmal eine Liste“, grinste er.

Ich war aber jetzt neugierig und nicht morgen, ebenso gefiel es mir, mit Ceiron ein richtiges Gespräch zu führen, was ehrlich gesagt zuvor viel zu selten vorkam. Seine warme, aber raue Stimme hatte etwas Beruhigendes und ich hörte ihm gerne zu.

Frustriert, da Ceiron wohl nicht einknicken würde, schaute ich mich in dem Zimmer um und entdeckte in einer Ecke eine hübsche hölzerne Gitarre.

„Spielst du?“, fragte ich, weshalb sein Blick meinen folgte. Als er entdeckte, was ich meine, schüttelte er traurig den Kopf.

„Ich habe früher gespielt, aber nur für meine Mom.“ Ich konnte den Schmerz in seinen Augen aufflackern sehen und entschied mich daher nur zu nicken.

Ich wusste, wie schwer es war, über einen Verlust zu reden.

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