Kapitel 4

Endlich war es soweit. Ich wurde endlich 18 und kam in das Alter, wo ich nun als erwachsen galt. Dennoch weckte meine Mom mich mit einer bunten Torte und etlichen Kerzen auf dem Kuchen, genau genommen 18 Stück.

Sie sang fröhlich Happy Birthday, während ich mich aufsetzte und mir noch verschlafen die Augen rieb. Nachdem sie fertig war, durfte ich die Kerzen auspusten und mir etwas wünschen.

Mein einziger Wunsch war es, dass das Motorrad meines Dad's endlich ansprang. Ich weiß, ziemlich einfallslos, aber momentan nunmal mein einziger unerfüllter Wunsch.

Nachdem alle Kerzen erloschen waren, ließ meine Mom mich alleine, damit ich in das Bad gehen und mich erst einmal frisch machen konnte. Zur Feier des Tages ließ ich meine schulterlangen, braunen Haare offen und zog mir im Gegensatz zu sonst ein farbiges Top mit Spitze und einem kleinen Ausschnitt an.

Meine hellen, blauen Augen schauten mir ausdruckslos durch den Spiegel entgegen und ich vermisste diesen Glanz in ihnen, welchen mein Vater bei seinem Tod mitgenommen hatte.

Wenig später ging ich in unsere kleine Küche, in der neben den Einbauschränken ein kleiner Tisch stand mit zwei Stühle.

Meine Mom reichte mir sofort ein bunt verpacktes Päckchen, welches wohl mein Geburtstagsgeschenk war. Ich nahm dieses dankend an und öffnete es umgehend, um kurz darauf einen pinken Fahrradhelm mit Blümchen in den Händen zu halten.

"Ich dachte mir, wenn du das mit dem Motorrad nicht hinbekommst, solltest du vielleicht einen Fahrradhelm besitzen", sagte sie freudestrahlend. Nicht nur, dass diese Farbe echt ätzend war, nein es war auch einfach ein Fahrradhelm!

Ich würde alles tun, aber ganz sicher kein Fahrrad fahren!

Dennoch rang ich mir ein Lächeln ab, drückte meine Mutter und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Ich würde ihr gegenüber niemals respektlos sein und ich wusste ja, dass sie es gut meinte. Auch wenn mir auf Anhieb tausend Dinge eingefallen wären, die besser gewesen wären, als ein pinker Helm.

"Hast du bereits davon gehört?", fragte meine Mom eine ganze Zeit später, als sie die Zeitung sinken ließ und mich bedrückt ansah.

Ich biss gerade in meinen Marmeladentoast, ehe ich mit den Kopf schüttelte.

"Es verschwinden schon wieder Kinder aus der Stadt", erzählt sie mir. Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen und sehe sie misstrauisch an.

"Wieso schon wieder?"

"Vor einigen Jahren, wo du noch sehr jung warst, passierte dies schon mal. Insgesamt 8 Jungen und 2 Mädchen waren einfach spurlos verschwunden und wurden bis heute nicht gefunden", erzählte meine Mom, wodurch sich auf meinen Armen eine Gänsehaut bildete.

"Keiner weiß, ob diese Kinder noch leben oder was aus ihnen geworden ist. Auch die Eltern verließen irgendwann diesen Ort auf der Suche nach ihren verschollenen Kindern."

"Das ist ja schrecklich", flüsterte ich betroffen und legte mein Toast weg, da mir der Hunger vergangen war.

"Und du denkst, es passiert wieder?"

Sie nickte und reichte mir die Zeitung, bevor sie aufstand und ihre Handtasche nahm. Ich überflog schnell den Artikel, in dem es tatsächlich um Kinder unterschiedlichen Alters ging, welche allesamt einfach verschwanden.

"Bitte tue mir einen Gefallen und gehe nicht unnötig vor die Tür und schon gar nicht in den Wald", sagte meine Mom, ehe sie sich von mir verabschiedete und zur Arbeit fuhr.

Mir kamen die Worte von Ceiron in den Sinn, welche beinahe so ähnlich waren, wie die meiner Mom. Mit dem einzigen Unterschied, dass seine wesentlich bedrohlicher klangen.

Irgendwie beschlich mich das seltsame Gefühl, dass er mehr darüber wusste, oder aber er hatte davon gehört und machte sich doch tatsächlich Sorgen um mich. Nur wieso sollte er sich um mich sorgen? Er konnte mich ja noch nicht einmal ausstehen..

Bisher verschwanden seit dem vergangenen Wochenende insgesamt 5 Kinder, darunter ein kleines Mädchen. Die Eltern, so wie die Polizei suchen seitdem nach den verschollen geltenden Kindern. Auch die Bürger der Stadt werden gebeten Ausschau zu halten und jegliche Informationen an das Police Departement Adare weiterzugeben.
Des weiteren wird darauf hingewiesen, die Türen und Fenster nach Möglichkeit geschlossen zu halten und Kinder und Jugendliche jeden Alters nicht unbeaufsichtigt zu lassen.

Ich las den Artikel nicht zu Ende, sondern packte die Zeitung beiseite. In so einem kleinen Ort, wie es Adare war, fiel es schnell auf wenn einer der wenigen Einwohner fehlte und umso mehr fiel es auf, wenn es direkt mehrere waren.

Irgendwas schreckliches musste sich dahinter verbergen, nur was wusste ich nicht.

Mein angegessener Toast fand den Weg in den Müll und ich verschwand wieder in meine Garage, um mich meinem täglichen Leid zu widmen und den Gedanken wieder loszuwerden, dass irgendwelche unerklärlichen Dinge in der Stadt vorfielen.

Das Motorrad sprang noch immer nicht an und so langsam machte es mich richtig wütend. Ich wollte es nicht wahrhaben, weshalb ich dann auch das Dekor abschraubte und das Motorrad wieder zerlegte. Es musste ja eine Ursache haben, welcher ich auf den Grund gehen musste!

Lange musste ich gar nicht suchen, denn als das Dekor ab war und ich mir die Kerzen ansah, fiel mir auf, dass keine einzige davon noch vorhanden war.

"Was zur ..." murmelte ich, da ich mich ganz genau an den Tag erinnerte, als ich diese einbaute. Nur wieso waren sie jetzt einfach weg?

Mein Blick fiel geradeaus wieder in den verregneten Wald hinein und mich bedrückte plötzlich wieder das seltsame Gefühl von da aus beobachtet zu werden, weshalb ich schnell das Garagentor schloss und das Licht anmachte.

"Okay beruhig dich", sprach ich mir selbst zu. Allerdings gelang es mir nicht sonderlich, da meine Atmung sich verschnellerte und sich in mir die Angst festfraß. Die Worte meiner Mom und der Zeitungsartikel kamen mir wieder in den Sinn, obwohl ich es eigentlich ausblenden wollte.

Eilig lief ich zu dem Schrank meines Dad's und suchte sein Fernglas, um mit diesem dann in das Haus zu gehen und mich direkt vor einem Fenster zu positionieren. Ich schaute durch die Gläser und direkt in den Wald, als ich das saftige Grün der nassen Blätter erkannte. Alles was ich sah waren Bäume und Sträucher, bis plötzlich etwas schwarzes in einer hohen Geschwindigkeit vorbeirauschte und zwischen den Sträuchern verschwand.

Alles ging unfassbar schnell, weshalb ich das Fernglas von meinen Augen nahm und ohne dieses nochmal in den Wald schaute. Einige Male blinzelnd erkannte ich aber dennoch nicht mehr und ich schaute abermals durch das Fernglas, doch alles war, wie es sein sollte. Ruhig...

Da war nichts auffälliges und ich dachte, ich bildete mir wieder etwas ein, weshalb ich das Fernglas seufzend auf die Couch warf und meinen Kopf schüttelte.

Was immer das schwarze war, es lebte höchstwahrscheinlich in diesem Wald. Vielleicht war es ein Wildschwein, welches sich ein anderes kleineres Tier gejagt hatte...

Mit dieser Erkenntnis nahm ich meinen Schlüssel von dem Harken und streifte mir eine dünne Jacke über, um dann in den Regen nach draußen zu gehen. Meine Haare waren innerhalb weniger Minuten nass und ich glaubte fast, ich hätte es verdient an meinem Geburtstag von so einem Wetter begrüßt zu werden.

Als ich alle Türen und die Garage abgeschlossen hatte, machte ich mich mal wieder auf den Weg zu Larry, da meine Glühkerzen auf mysteriöser Weise einfach verschwanden. Während ich durch den Regen und der leeren Straßen von Adare schritt, überlegte ich, wer das mit den Kerzen war.

Als erstes kam mir meine Mom in den Sinn. Ihr hätte ich so eine Tat am ehesten zugetraut, nur das Wissen dafür besaß sie nicht. Sie konnte es also unmöglich alleine geschafft haben.

Ansonsten war nur Enya hin und wieder bei mir in der Garage, aber auch ihr traute ich so etwas nicht zu. Sie würde sich niemals ihre fein manikürten Nägel dreckig machen. Da fiel mir aber auf, dass ich sie nach der letzten Begegnung mit Ceiron nicht wieder gesehen hatte und sofort breitete sich Sorge in mir aus, weshalb ich sie unbedingt anrufen musste, sobald ich wieder zu Hause war.

Ich grübelte weiter, was es mit meinen Kerzen auf sich hatte, als ich auf das Gelände des Schrottplatzes zusteuerte.

Mir kam der Gedanke, dass es Ceiron war. Irgendwie hatte er anscheinend etwas gegen mich, anders konnte ich mir sein seltsames Verhalten nicht erklären. Und ihm würde ich es definitiv zutrauen so etwas zu tun.

Nur wie er sich Zutritt in die Garage verschafft hatte, dass konnte ich mir nicht erklären, dennoch wollte ich ihn darauf ansprechen. Meine Füße trugen mich schneller zu dem Büro und als ich dieses vollkommen durchnässt betrat, erklang wieder die Klingel, die meine Ankunft verkündete.

Larry hob seinen Kopf von seinem Kreuzworträtsel und schien überrascht mich an so einem verregneten Tag hier zu sehen.

"Aislinn, warum bist du bei solch einem Wetter unterwegs?", fragte er, ehe ich dichter an ihn herantrat.

"Ich brauche neue Glühkerzen", erklärte ich meine Anwesenheit, was ihn einmal zum Kalender blicken und mich wieder überrascht ansehen ließ.

"Ceiron ist in der Werkstatt", sagte er kurz angebunden, als hinter mir wieder die Glocke ertönte und ich auch ohne Hinsehen wusste, wer eben den Raum betreten hatte. Seine Anwesenheit fühlte ich mit jeden Nerv meines Körpers. Meine Muskeln durchzuckten mich regelrecht und alles in mir schrie plötzlich. Nur zaghaft drehte ich mich herum und sah in Ceiron's Gesicht, welches genau wie meins nur erstaunt mich anstarrte.

Ob er all dies auch in meiner Nähe empfand? Wahrscheinlich nicht, aber ich musste mir leider eingestehen, dass alles an ihm anziehend auf mich wirkte und ich mich beherrschen musste ihn nicht direkt um den Hals zu fallen.

Larry's Stimme durchdrang auf einmal das kleine Büro, weshalb ich mich von den dunklen Augen von Ceiron löste.

"Ach und Aislinn...", sagte Larry, woraufhin ich mich nochmals zu ihm drehte. " Alles Gute zum Geburtstag."

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