Kapitel 35
„Nein!", schrie ich, als ich sah, wie Lillith den Kristall an Aislinn drückte.
Diese stieß einen lauten Schrei aus und sackte zu Boden. Dieser Ton aus ihrem wundervollen Mund, zog mir bis ins Mark und es war, als würde jemand mein Herz schmerzhaft zusammendrücken. Ohne darüber nachzudenken, wollte ich so schnell wie möglich zu ihr, doch Keylam hielt mich davon ab.
»Du weißt nicht, was die Kraft mit ihr macht.«
„Ich muss ihr helfen", presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und lief trotz der Warnung meines Wolfes zu ihr. Sie schaute mich voller Hass an, ehe sie aufstand. In ihren sonst so strahlend blauen Augen war nichts mehr, was mir vertraut vorkam.
„Hallo Liebling", sagte sie und grinste mich falsch an. Ich erkannte keine Wärme mehr und auch ihre sonst so sanften Züge waren vollends verschwunden.
„Aislinn, ich weiß, das bist gerade nicht du", sagte ich vorsichtig und mit erhobenen Händen. Sie lachte daraufhin auf und mich umgab plötzlich eine Wärme, die keineswegs normal war. Es fühlte sich beinahe an, als würde mein Körper jeden Moment in Flammen aufgehen.
»Wir sollten unseren pelzigen Arsch von hier wegbringen«, sagte Keylam in meinem Kopf.
„Alles gut. Sie tut mir schon nichts", sagte ich leise ohne Aislinn dabei aus den Augen zu lassen.
„Bitte hör mir zu. Du musst dich daran erinnern, wer du wirklich bist! Du bist nicht die Böse!", versuchte ich meine Mate zu beruhigen, welche mich aber nur weiterhin verärgert ansah. Die Hitze in mir wurde größer und verursachte einen größer werdenden Schmerz, weshalb ich zusammenzuckte.
„Du hast keine Ahnung, wer ich bin!", zischte sie voller Hass. Ich schrak zurück und schloss für einen Bruchteil der Sekunde meine Augen.
»Ich muss ihr leider recht geben.«
Mich stellte sich die Frage, wieso Keylam nun so zurückhaltend war, bis ich es selbst bemerkte. All der Schmerz, all die Wut und die Verzweiflung, die ich sonst von Aislinn spürte, war für mich nicht mehr greifbar.
„Warum kann ich ihre Gefühle nicht spüren?", fragte ich panisch. Auch die Anziehungskraft war nicht mehr da. Alles, was ich für sie fühlte, war wie weggeblasen und ich fragte mich, wieso es plötzlich so war.
»Sie hat die Seiten gewechselt. Als eine Luna muss sie liebevoll sein und darf nicht das Böse in sich tragen«, erklärte mir Keylam.
„Bullshit! Sie ist nicht böse!"
Ich ging noch weitere Schritte auf sie zu, bis ich unmittelbar vor ihr war. „Du musst mir den Kristall geben und zu mir zurückkehren", sagte ich sanft und versuchte so durch die Aislinn durchzukommen, die ich kannte.
„Niemals! Das ist meine Bestimmung und ich weiß genau, was ich damit tun werde!"
Sie ballte ihre kleinen Hände zu Fäusten und würden Blicke töten, wäre ich auf der Stelle leblos umgekippt!
„Linn, bitte hör mir zu. Ich weiß, ich habe dir wehgetan und ich war nicht immer nett zu dir, aber ich habe erkannt, warum du meine, Mate bist", sagte ich ruhig. Sie durchbohrte mich mit ihrem Blick und ich hatte das Gefühl, sie dachte tatsächlich über meine Worte nach.
„War. Ich bin nicht mehr deine Mate und es ist wie eine Erlösung meiner Qualen", sagte sie voller Hass und versetzte mir einen Stich im Herzen.
„Auch wenn du nicht mehr meine Seelenverwandte bist, habe ich Gefühle für dich. Ich würde immer welche für dich haben, egal in welchen Situationen wir uns wiederfinden."
Plötzlich schien sie zu kochen vor Wut und ich stöhnte schmerzverzerrt auf, als mein gesamter Körper sich anfühlte, als würde ich von innen bei lebendigem Leib brennen. Mit letzter Kraft verschwand ich eilig hinter einen Felsen, um mich an diesen gelehnt in den Sand fallen zu lassen.
Ich wusste nicht, was schlimmer war, der mentale Schmerz, den sie mir mit ihrem hasserfüllten Blick zufügte, oder den physischen Schmerz, den sie anscheinend kontrollieren konnte.
»Kommt es doof, wenn ich sage, die Kleine hat richtig Feuer unter dem Arsch?«
„Keylam, schlechter Zeitpunkt!", sagte ich und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. „Ich habe alle versaut mit meiner Sturheit."
Meine Verzweiflung übernahm mich und ich fühlte mich, trotz Keylam in mir unfassbar allein.
»Wir müssen den Kristall zurückholen und vielleicht ist dann wieder alles wie vorher.«
Keylam machte sich sichtbar und ich schaute direkt in sein Wolfsgesicht.
„Wie denn? Sie hat keine Gefühle für mich, was auch verständlich ist und jetzt will sie anscheinend alles in Schutt und Asche legen."
Ich wusste nicht, welches Ausmaß ihre mentalen Kräfte haben konnten, aber ich konnte mir vorstellen, dass sie mit diesen Kräften auch richtiges Feuer verursachen konnte.
„Ceiron! Komm raus und lass uns spielen", hörte ich sie mit ihrer Singsangstimme nach mir rufen. „Lass mich dein kaltes Herz ein wenig erwärmen!"
Ich schüttelte meinen Kopf über diese Absurdität.
„Ich kämpfe nicht!", sagte ich entschlossen zu Keylam, der mich noch immer abwartend ansah. Ich wusste, dass er wollte, dass ich mich verwandelte, aber ich musste mit Aislinn reden und als Wolf konnte ich das nicht. Er löste sich von mir, wie auch schon einmal zuvor, bis ich ihn in seiner vollen Größe vor mir stehen sah.
»Aber ich! Sie ist nicht mehr unsere Seelenverwandte«, teilte mir Keylam mit. Er war nur ein Tier und verstand nichts von menschlichen Gefühlen. Es hätte klar sein müssen, dass er nur meiner Meinung war, solange ihm Aislinn genauso viel bedeutete, wie mir.
»Ich muss den Kristall beschützen«, fügte er hinzu, als er meinen nicht sonderlich glücklichen Gesichtsausdruck wahrnahm.
„Okay, du holst dir den Kristall, aber du krümmst ihr kein Haar und ich sorge dafür, dass alles wieder so wird, wie vorher."
Mit diesen Worten stand ich entschlossen auf und Keylam rannte auf Aislinn zu. Bevor er jedoch bei ihr ankam, stellte sich Lillith sich ihm in den Weg. Ich sah, wie sie das Wasser hinter sich kontrollierte und dieses zu einer riesigen Welle aufbäumte.
Auch der Himmel zog sich schlagartig zu und es fing an zu regnen. Das Element Wasser war eindeutig das, welches mir am wenigsten gefiel!
Ohne Zeit zu verlieren, ging ich auf Aislinn zu, welche nun allein war und mich mit ihrem rasenden Blick fixierte.
„Linn, lass uns über alles reden", sagte ich, als sie bereits wieder ihre Hände hob und es anscheinend genoss, mit den Kräften der Natur zu spielen.
„Wo warst du, als ich jemanden zum Reden brauchte?", schrie sie und erzeugte allein mit ihrem Blick wieder diese unbändige Hitze um meinen Körper herum.
„Ich weiß, ich habe mich Scheiße verhalten, aber ich wollte dich nur schützen! Du bedeutest mir zu viel, als dass ich dich verlieren könnte", sagte ich ehrlich. Ich hoffte so sehr, dass meine Worte zu ihr Inneres durchdrangen.
„Du lügst!", sagte sie überzeugt, ehe sie ihre Augen von mir abwandte und betrübt auf den Boden sah. „Du lügst genauso, wie alle anderen, aber ich werde jeden einzelnen die Schmerzen zufügen, die mir zugefügt wurden!"
Vollkommen unerwartet durchzog meiner Brust einen solchen Schmerz, sodass ich meine Hand auf meinen Brustkorb presste und sie mich damit auf die Knie zwang. Mir gingen langsam die Worte aus, weshalb ich tief durchatmete und einfach alles darauf setzte ihr meine komplette Seele vor die Füße zu legen.
Mate hin oder her. Nur sie schaffte es, in mir solche Gefühle auszulösen.
„Ich werde dir nicht mehr wehtun! Nie wieder. Ich habe erkannt, wie sehr ich dich brauche. Auch jetzt ohne das Mateband sehe ich dich noch immer als perfekt. Du bist so viel stärker, als ich es je war! Du hast die Stärke anderen zu vergeben, die sich nicht bei dir entschuldigen und du hast die Stärke Entschuldigungen anzunehmen, die du nie bekamst."
Sie schaute mich verwirrt an und schien wohl wirklich über meine Worte nachzudenken. Die brennende Qual in meiner Brust ließ nach und ich richtete mich wieder auf.
„Aislinn, glaube ihm nicht! Alles, was aus seinem Mund kommt, ist nur erstunken und gelogen", sagte Lillith, als diese mitbekam, wie Aislinn nachdenklich wurde.
„Aber aus deinem Schandmaul kommt nur Einhorngiltzer oder was?", schrie ich wütend zurück, woraufhin sie mich böse anfunkelte und einen Schwall Meerwasser über mich ergoss.
„Wie ich es hasse", murmelte ich und schüttelte meinen Kopf, um das Wasser aus meinen Haaren zu bekommen. Aber ein gutes hatte es, mein Körper hatte eine schöne Abkühlung bekommen.
„Sie hat recht! Wie oft hast du mir einfach einen Arschtritt gegeben! Und ich soll dir jetzt glauben, dass du mich magst?"
Ich sah, wie Keylam zurück zu mir kam und in meinem Körper verschwand.
»Schlechte Nachricht, ich kann nicht viel ausrichten als Geist. Du musst dich schon verwandeln, wenn du nicht die nächste lebendige Fackel bei den Olympischen Spielen sein willst!«
„Danke, sehr hilfreich", murmelte ich. Doch ich dachte nicht daran, aufzugeben. Sie musste mir glauben und sie musste den Kristall loswerden.
„Ja, genau das tue ich! Ich habe das Ganze nur getan, um dich genau vor so etwas zu bewahren. Ich wollte dich in Sicherheit wissen und das bedeutete für mich, dich so weit von mir entfernt zu halten, wie es nur ging. Sicher war es keine meiner schlausten Entscheidungen und es tut mir leid. Alles, was ich getan und gesagt habe. Du musst mir glauben, Aislinn!"
Sie sah mich wieder mit diesem zerrissenen Blick an, als wollte sie dagegen ankämpfen meinen Worten glauben zu schenken.
„Fahr zur Hölle, Ceiron!", zischte sie und wandte sich von mir ab, um mir den Rücken zu kehren. Jedoch machte ich eine schnelle Bewegung auf sie zu, drehte sie zu mir herum und hielt sie an Ort und Stelle.
„Werde ich, sobald du mir sagst, dass du nichts für mich empfindest", meinte ich, ehe ich ihr Gesicht mit meinen Händen umschloss und meine Lippen eilig auf die ihre presste, bevor sie hätte widersprechen können.
Kurz erwiderte sie den Kuss und brachte die Schmetterlinge in meinem Bauch zum Toben, ehe ich hinter mir ein lautes Knacken wahrnahm. Ich drehte mich herum und sah, dass Lillith den Felsen hinter uns weiter zum Einsturz brachte.
"Verschwinde, bevor ich dir solche Schmerzen zufüge, dass du dir wünscht, mir niemals begegnet zu sein", fauchte Aislinn feindselig, bevor sie mit Lillith plötzlich verschwand und mich voller Verzweiflung stehen ließ.
Was auch immer sie vorhatte, ich musste sie aufhalten!
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top