Kapitel 22
Nur widerwillig folgte ich Finn. Auf ein Zusammentreffen mit Ceiron konnte ich bestens verzichten, aber vielleicht war er auch überhaupt nicht da. Vielleicht hatte er wichtige Wolfsdinge zu erledigen.
Und selbst wenn, was hätte ihn das jucken sollen, wenn ich mit einem Jungen da aufkreuzte? Er hatte mir seinen Standpunkt sehr deutlich gemacht, also konnte es ihm auch egal sein, mit wem ich mich traf.
Oder gab es bei solchen Mate Sachen irgendwelche Regeln?
"Wo bist du mit deinen Gedanken immer?", sprach mich Finn an, woraufhin ich leicht zusammenzuckte.
"Ich habe zur Zeit etwas Probleme mit dem Typen, der auf dem Schrottplatz arbeitet", erzählte ich ihm. Warum genau ich das tat wusste ich nicht. Als hätte Finn etwas gegen Ceiron unternehmen können.
"Ach vor dem Spinner brauchst du doch keine Angst haben", lachte er und stupste mich mit seiner Schulter an. "Ich passe schon auf dich auf."
Das bezweifelte ich, aber ich tat es einfach mit einem Lächeln ab und nur kurze Zeit später kamen wir schon an dem Geländer des Schrottplatzes an, wodurch in meinem Magen ein nervöses Kribbeln begann.
Wir betraten das Büro und die Klingel über uns ertönte. Larry schaute zu uns auf, welcher mal wieder nur über seiner Zeitung hockte.
"Wie kann ich euch beiden helfen?", fragte er, nachdem wir ihn freundlich begrüßt hatten.
"Ich suche einen Luftfilter für meine Husqvarna", erklärte Finn ihn, jedoch sah Larry dabei nur mich streng an. Mich überkam ein ganz schlechtes Gefühl bei seinem Blick und zu allem Überfluss schaute nun auch Finn mich fragend an.
"Du kennst dich aus. Schau einfach, ob du was passendes findest", meinte Larry ausdruckslos, ohne den Blick von mir zu nehmen.
"Ja sicher, danke", sagte Finn, ehe er nach meinem Arm griff und mich wieder aus dem Büro zerrte.
"Was war denn sein Problem?", fragte er vor der Tür aufgebracht. "Der sah aus, als wollte er dich mit seinem Blick aufspießen."
"Ich sagte ja, ich habe so ein paar Probleme mit den Leuten hier", sagte ich leise, während wir uns auf den Weg machten über das Geländer.
"Womit hast du die denn so verärgert?", fragte er wieder belustigt, jedoch antwortete ich nicht. Ich wusste es schließlich selbst nicht.
Gemeinsam liefen wir über den Schrottplatz zwischen den ganzen Autos hindurch.
"Guck mal, kennst du das Auto?", fragte Finn mich plötzlich, als wir an einem alten Pontiac stehen blieben.
"Oh mein Gott. Der gehörte doch diesem verrücktem Lehrer", sagte ich, als ich das Auto erkannte.
"Genau. Mr. Walsh, der Durchgeknallte", lachte Finn, als er plötzlich auf die Motorhaube sprang.
"So Kinder! Jeder der noch keinen Ständer hat, holt sich jetzt einen runter", machte er unseren alten Lehrer nach, weshalb ich laut lachen musste.
"Wenn wir nicht gewusst hätten, dass er Chemie unterrichtet, hätte das durchaus seltsam klingen können", lachte Finn, ehe er wieder von der Motorhaube sprang.
"Gott, ich habe Chemie gehasst! Wusstest du, was der alte Walsh in diesen Pontiac getankt hat?", fragte ich, als wir weiter durch die enganeinder liegenden Autos gingen.
"Nein, was?"
"Sonnenblumenöl. Er war wie eine fahrende Fritteuse", sagte ich. "Hätte er noch Pommes dabei gehabt, hätte er die sicherlich vorne in den Motor stecken können."
"Ach deswegen hat es auf dem Parplatz immer so nach Imbiss gerochen", meinte Finn nachdenklich. Zwei zusammengepresste Autos versperrten uns den Weg zurück, weshalb Finn sich nur mit den Händen an den beiden Fahrzeugen abstützte und seine Beine rüberschwang.
Ich versuchte es ihm nachzumachen, allerdings hatte ich nicht die Kraft in den Armen, weshalb ich abrutschte und halb auf Finn fiel. Dieser fing mich auf und hielt mich an der Taille fest.
"Entschuldige", murmelte ich verlegen und wollte mich aus seinem Griff befreien, jedoch hielt Finn mich weiterhin fest.
"Kein Problem. Ich fange gerne hübsche Mädchen auf", hauchte er, ehe er sich leicht vorlehnte. Überfordert sah ich ihn an, in der Hoffnung er würde meinen Blick richtig deuten und mich einfach loslassen. Ihn wegzustoßen kam mir unhöflich vor, jedoch wollte ich auch nicht von ihm geküsst werden.
Er kam jedoch mit seinem Gesicht immer näher und schloss seine Augen, weshalb mich schon beinahe Panik ergriff.
Bevor seine Lippen meine berühren konnten, wurde Finn jedoch an der Schulter gerammt, sodass er mich losließ und ins Straucheln geriet.
"Sorry", sagte Ceiron, ehe er nach Finn griff und ihn an der Schulter packte, damit dieser nicht umfiel.
"Was soll die Scheiße?", fragte Finn wütend, während er sein T-Shirt richtete.
"Ich habe dich nicht gesehen", sagte Ceiron abwehrend, jedoch konnte ich sehen, wie seine Hände zitterten und ich wusste, dass es kein Ausversehen war.
"Willst du mich verarschen? Dann kauf dir eine scheiß Brille, wenn du blind bist!", entgegnete Finn wütend.
"Das liegt nicht an meinen Augen. Ich ignoriere so Hackfressen, wie dich nur gerne", erklärte Ceiron wieder emotionslos. Dieses dumme Machogehabe nervte mich, weshalb ich Finn am Arm griff und ihn von Ceiron wegziehen wollte.
Als hätte Finn auch nur einen Hauch von einer Chance, wenn es eskalieren würde.
"Lass uns den Filter holen und abhauen", bat ich leise, da ich auf weiteren Ärger gut verzichten konnte.
"Nein ich kläre das. Wen nennst du hier Hackfresse?", sagte er und schüttelte meinen Arm ab, um weiter auf Ceiron zuzugehen. Ich konnte seine Wut spüren und wusste, dass ich Finn unbedingt von hier wegbringen musste.
"Finn, bitte", flehte ich, jedoch hörte er nicht auf mich und stieß Ceiron mit der Hand gegen die Brust. Dieser rührte sich nicht einen Millimeter und grinste mich an.
"Bring ihn dazu hier zu verschwinden oder es bleibt nicht viel von ihm übrig", sagte Ceiron zu mir, weshalb ich wieder nach Finn griff. Dieser stieß mich aber mit so viel Kraft von sich weg, dass ich mit dem Rücken gegen ein Auto hinter mir krachte.
Bevor ich aufstehen konnte, ging alles ganz schnell und Ceiron packte Finn am Hals. Er hob Finn daran ein kleines Stück hoch und drückte ihn auf die Motorhaube, welche durch die Krafteinwirkung verbeulte.
"Ceiron!", mahnte ich und sprang eilig auf. "Lass ihn sofort los!"
"Du kannst froh sein, dass sie mir mehr bedeutet als dein und mein Leben zusammen", zischte er Finn entgegen, welcher bereits eine ungesunde blaue Farbe im Gesicht annahm. "Du verpisst dich jetzt und hälst deine Hackfresse mindestens auf 100 Meter Entfernung zu ihr, ansonsten endet es nächstes Mal ganz anders, verstanden?"
Finn versuchte zu nicken, während er auch versuchte die Hand von Ceiron an seinem Hals wegzudrücken.
"Sag es!", forderte Ceiron, ehe er ihn noch fester an die Motorhaube drückte und von Finn nur noch ein erstickter Laut kam.
"Ceiron, lass ihn los!", schrie ich verzweifelt. Ich wollte wirklich nicht noch Zeuge eines Mords werden!
"Ich ... hab v-verstanden", röchelte Finn leise, ehe Ceiron ihn losließ und Finn laut nach Luft schnappte. Er hustete einige Male und rieb sich mit seiner Hand den Hals. Ich wollte zu ihm und sehen, ob es ihm gutging, doch ein leises Knurren hielt mich auf.
Ich sah Ceiron an, welcher mich wütend mit seinem Blick fixierte.
"Ihr seid beide voll gestört", hörte ich Finn nur sagen, ehe dieser von der Motorhaube rutschte. "Das mit dem Motorrad und dem behinderten Eis kannst du vergessen!", meinte er noch, ehe er dann eilig zwischen den Autos verschwand und ich ihm verdutzt hinterhersah.
"Bist du zufrieden? Hast du jetzt das, was du wolltest?", fuhr mich Ceiron plötzlich an, weshalb ich meinen Kopf in seine Richtung drehte.
"Ob ich zufrieden bin? Ich habe dich nicht darum gebeten ihn von hier zu verjagen", zischte ich zwischen zusammengepressten Zähnen hervor.
"Deswegen kreuzt du auch hier einfach mit diesem Idioten auf!", entgegnete Ceiron. "Ihr Menschen seid so naiv! Aber so löst ihr eure Probleme, richtig? Wenn der eine nicht so will, nimmt man einen anderen, weil sich dann der eine darüber aufregt!"
Seine Worte verwirrten mich kurz, weshalb ich ein wenig länger darüber nachdenken musste.
"Du denkst, ich habe das mit Absicht getan, um dich eifersüchtig zu machen?", lachte ich, als ich verstand auf was er hinaus wollte. Ceiron sah mich streng an, ehe er auf mich zukam und ich einige Schritte zurückwich.
"Genau richtig. Aber ich erkläre dir mal was, Mäuschen. In meiner Welt funktioniert das nicht. Du bist an mich gebunden, ob du willst oder nicht! Du kannst es ruhig auf diese Weise versuchen, aber glaube mir, es wird immer gleich enden", sagte er, während er immer näher kam. Ich spürte plötzlich das kalte Metall von einem Auto an meinem Rücken, weshalb ich nun dazwischen gefangen war.
"Du willst mich aber nicht", sagte ich leise, während meine Augen zwischen seinen hin und her huschten.
"Du kapierst es nicht, oder?", fragte er und stützte seine Hände neben meinem Kopf auf das Autodach. Sein Duft umhüllte mich und ich atmete diesen tief ein. "Ich habe ebenso wenig eine Wahl, wie du es hast! Und ich habe nie gesagt, dass ich dich nicht will, aber ich versuche dennoch dich von all dem fernzuhalten, was nicht gerade leicht ist, wenn du mich so provozierst. Glaube mir Aislinn, diese Welt ist nichts für dich."
Seine Worten waren nur sehr leise und er hauchte mir diese in mein Gesicht. Sein Atem auf meiner Haut hinterließ eine Gänsehaut und ich spürte wieder dieses angenehme Kribbeln in meinem Bauch. Das Verlangen mich an ihn zu schmiegen und nie wieder loszulassen.
"Hör auf mich zu schützen", flüsterte ich, wie ferngesteuert, ehe ich zu ihm aufschaute. So dicht vor mir, erkannte ich zum ersten Mal, wie groß Ceiron war. Er überragte mich über einen ganzen Kopf und ich musste meinen Kopf in den Nacken legen, um zu ihm aufzusehen.
"Ich bin nicht der Held den du wolltest, sondern das Monster, dass du brauchst", presste er hervor. Ich spürte eine solche Verzweiflung von ihm ausgehen, weshalb ich mich auf die Zehenspitzen stellte und meine Arme vollkommen unerwartet um seinen Hals schlang. Seine Zerrissenheit beschert mir ebenso ein schlechtes Gefühl und ich wollte nicht, dass es ihm so erging. Ich sah seinen verwirrten Blick, doch er schlang seine Arme auch um mich herum, wobei er seinen Kopf zu mir herunterlehnte und diesen in meine Halsbeuge legte.
"Du bist kein Monster."
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