24.
Luke
„Sage mal, bist du denn von allen guten Geistern verlassen?"
Fürs tiefe Durchatmen ist jetzt gerade mal absolut keine Zeit mehr, denn ich bin einfach nur auf hundertachtzig.
Nein, sogar auf dreihundertsechzig!
Ich könnte Cian gerade den Hals umdrehen.
In mir kocht es wie in einem heißen Dampfkessel und das meine ich nicht positiv.
Zwar ist es erst Samstag, aber einen Ausfall kann ich zu diesem Zeitpunkt in der Saison absolut gar nicht gebrauchen.
Schon gar nicht, wenn Dino und Gabriele sich auf den Plätzen eins und zwei einsortiert haben und ich nur auf sieben starte.
Da bin ich heute aber auch schon vor ihnen, hätte die Möglichkeit gehabt, meinen Vorsprung ein wenig auszubauen und was passiert dann...?
Mein Teamkollege, den ich einfach nur easy überholen wollte, um auf den zweiten Platz zu kommen, lenkt ein, als ich noch neben ihm war.
Als hätte er mich nicht gesehen und ich wäre Luft gewesen.
Dabei sollte er eigentlich gerade als Teamkollege wissen, wie schwer die Situation für mich ist und das ich mir keine DNFs mehr erlauben kann.
So richtig realisiert, was passiert ist, habe ich, als ich mich schon im Kiesbett eingegraben habe und in dem Moment war es natürlich zu spät.
Zu meinem Glück ist es nur dem Italiener gelungen, überhaupt in die Punkte zu fahren und trotzdem kann es nicht angehen, dass was im letzten Rennen passiert.
Wenn es mit einer anderen Person passiert wäre, na gut, das wäre auch doof, aber mit einem Teamkollegen?
Ich bin im Moment wirklich fassungslos und die Angespanntheit gepaart mit dem Druck, der auf meinen Schultern lastet, ist es mir gerade einfach zu viel.
„Du hast doch ganz genau gesehen, dass ich links von dir war, da musst du nicht wie ein Blindfisch dorthin einlenken!",hebe ich meine Stimme.
„Was hätte ich denn sonst machen sollen? Rechts von mir war die verdammte Leitplanke. Soll ich in die rein fahren oder was? Nur, weil der ach so tolle Luke Browning in der WM führt, muss ich dich nicht vorbei winken. Was erwartest du auch? Wir sind Rennfahrer verdammt noch einmal, da muss ich dir keinen roten Teppich auslegen. Ich habe immer noch ein Rennen für mich selbst zu fahren.",wird auch der Schotte so langsam zornig.
„Vielleicht hättest du einmal im Sinne des Teams denken können. Für dich geht es außerdem um nichts. Für mich geht es um die Meisterschaft, falls es dir entfallen ist",fange ich nun fast an zu schreien.
„Ich habe aber auch eine Saison, die ich zu Ende fahren muss".
„Ja, aber du hast einen Vorsprung auf die hinter dir und hast den Kontakt für nächstes Jahr so gut wie sicher. Falls ich es zuvor noch nicht klar und deutlich gesagt habe: ich kämpfe um die WM, Du um Platz 15 oder so."
„Bist du wirklich so hohl, wie du dich gerade gibst, oder tust du nur so?",werde ich nun endgültig angeschrien.
„Ich spiegle nur das Verhalten meines Gegenübers",bringe ich hinter zusammen gebissenen Zähnen hervor.
Ich bin gerade so unglaublich sauer...Ich hätte ohne diesen Riesen Druck ins Rennen gehen können, aber nein, es muss ja noch einmal spannend werden.
„Hey, hey hey, was ist denn hier los?",ist es Paul, der gerade zum Zelt gelaufen kommt und zwischen uns stehen bleibt.
„Der da",spucke ich die Worte förmlich aus,"Versteht nicht, dass seine Aktion einfach nur dumm war."
„Und Luke verseht nicht, dass ich auch auf mich selbst achten muss, denn nur, weil er führt, müssen wir nicht alle zurückstecken.",Funkeln die Augen meines Teamkollegen aufgebracht.
„Ihr beide hört jetzt erst einmal auf",stellt Paul sich bestimmt zwischen uns,"und atmet durch".
„Was soll uns das bitte bringen?",fahre ich nun auch Paul an, der jedoch ruhig bleibt.
„Luke, weißt du, was es bringen soll...Du sollst erst einmal ein wenig herunterkommen und einen klaren Kopf bekommen, denn wenn du einigermaßen ruhig wirst, dann würdest du auch beim besten Willen nicht so reden. Sonst bist du dich auch nicht so",kommt Paul noch einen Schritt näher auf mich zu,"Wir gehen jetzt eigentlich erst einmal ins Debrief, da wird die Sache bestimmt auch noch einmal sachlich aufgearbeitet und danach kannst du deine Wut sonst wo rauslassen."
Immer noch ein wenig schwerer atmend schaue ich zwischen den beiden hin und her, ehe ich stumm nicke und als erstes in den Konferenzraum trete.
Vielleicht bin ich danach ja ein wenig ruhiger.
••••
„Bist du nun zufrieden?",kommt Cian nach der Besprechung noch einmal auf mich zu, das Gesicht nun ein wenig weicher.
Auch meine Gemütszustände sind ein wenig hinuntergekommen und so habe ich tatsächlich ein wenig Mitleid mit dem Jüngeren.
„Es tut mir leid, dass ich dich so angegangen bin. Das war auch von mir nicht richtig. Ich weiß auch nicht...Ich fühle mich so unter Druck gesetzt und...",werde auch ich ruhiger.
„Verständlich. Das muss ein ganz schöner Druck sein, unter dem du stehst, aber morgen starten wir ja weit genug auseinander, da kann nichts passieren",zwinkert Cian amüsiert, was auch mich leise auflachen lässt.
„Da hast du vermutlich recht"
Zusammen mit Martinius machen wir uns dann auf den Weg in die Kantine, ehe wir das Formel 1-Qualifying schauen und dann Paul und Amury anfeuerten, wobei der Este es im Endeffekt auf Platz zwei geschafft hat.
Danach werde ich eigentlich auch schon vom Team nach Hause geschickt, denn ich sollte mich für den Tag morgen ja ausruhen.
Jedoch ist es nicht viel mit Ausruhen.
Sebas und Pepe sind noch bei mir gewesen und zusammen haben wir alle einen Salat zu Abend gegessen und haben ein wenig FIFA gespielt, ehe wir uns wirklich langsam bettfertig machen wollen.
Mit Oscar habe ich über den Tag noch geschrieben und eigentlich wollten wir dieses Wochenende in getrennten Zimmern schlafen, denn wir wollten uns voll auf unsere eigenen Sachen fokussieren, jedoch platzt mir um Mitternacht, nachdem ich mich für zwei Stunden nur hin und her gedreht habe, allerdings keinen Schlaf finden konnte, der Kragen.
Meine Gedanken überschlagen sich.
Der Druck im Bezug auf morgen frisst Mich auf und wenn es eine Person gibt, die mich runterbringen kann, dann ist es mein Freund.
So stehe ich fünf Minuten später vor der Zimmertür des Australiers und bete, dass er mein durchaus energisches Klopfen hören wird, denn normalerweise ist Oscar um diese Zeit auch schon am Schlafen.
Zu meinem Glück muss ich nicht lange auf dem dunklen Hotelflur verharren, denn Oscar scheint mich tatsächlich gehört zu haben.
Mit noch vom Schlaf vollkommen verstrubbelten Haaren und kleinen Augen öffnet er mir die Tür und sofort schlägt die leichte Gereiztheit in Sorge um.
„Hey, Brownie, was ist denn los?",schnappt er sich sofort meine Hüfte und zieht mich ins schwach erleuchtete Hotelzimmer.
„Brownie?", kann ich mir das Grinsen nicht verkneifen.
„Viel mir gerade so ein, aber was ist denn los?",werde ich sofort mit ins Bett gezogen und lande in Oscars Armen.
„Ich...ach Mensch, das klingt so kindisch",murmle ich betreten.
„Nein Luke, nichts ist kindisch, wenn es dir den Schlaf raubt",macht Oscar mir sofort klar.
„Der Titelkampf",kommt es mir leise über die Lippen,"Nach heute...Ich war nach dem Kontakt mit Cian so aufgebracht, dass ich ihn total angegangen bin. So bin ich doch eigentlich nicht. Der Druck, der jetzt noch extra auf mir lastet, raubt mir den letzten Schlaf, den ich für morgen eigentlich so dringend brauche."
„Das kann ich vollkommen nachvollziehen. Man ist sowieso aufgeregt und danach noch die ganze Sache nach heute. Das Hauptrennen ist wichtig und kann dir alles geben, sowohl als auch nehmen. Da ist es natürlich, dass du dir so einen Kopf machst. Aber dafür bin ich ja da",drückt Oscar mir einen sanften Kuss auf, der sofort für das vertraute Gefühl der Wärme sorgt.
„Ich habe auch Hoffnungen, dass ich nun besser schlafen kann",greife ich über Oscar rüber und lösche das Nachtlicht.
„Ich hoffe es auch",bringt der Australier uns in eine bequeme Position.
Sanft bettet er mich auf seine Brust, während er mich mit beiden Armen fest umschlingt, mir einer Hand beginnt in meinem Nacken zu kraulen.
Jedoch merke ich auch, dass der Knoten, der sich in meiner Brust gebildet hat, nicht wirklich weggehen will.
Noch immer sind die Gedanken da und gebe mir keine Ruhe.
Was ist, wenn ich es morgen wirklich nicht schaffen sollte?
Was werden denn dann alle von mir denken?
Ich stehe als vollkommener Versager da, nur, weil ich dann doch nicht gut genug bin, den Titel zu holen.
Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie die Presse mich zerreißen wird.
„Luke, sag ehrlich...Es wird nicht besser oder?",knipst Oscar das Licht wieder an und mustert mich aus besorgt dreinschauenden Augen.
„Nein, nicht wirklich. Ich fühle mich so unter Druck gesetzt, so angespannt.",gebe ich zu und hebe meinen Kopf.
„Okay. Mir würde da noch etwas einfallen, was helfen könnte. Du musst mir aber komplett und blind vertrauen.",mustert Oscar mich durchdringend.
„Ich vertraue dir komplett",versichere ich ihm, ehe Oscar mich fest an den Schultern greift und umdreht.
🩷
Ein neuer Montag, was wie immer hier ein neues Update bedeutet😌
Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und ich wünsche euch einen schönen Start in die neue Woche, bevor es hier jetzt in die final five geht 🩷
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