11.
Luke
Immer wieder höre ich Nellys Stimme in meinem Kopf.
Sie schreit mich an und immer mit dem selben, schrillen und widerhallenden Wort.
„Ekelig, ekelig, ekelig"
Die ganze Zeit und es hört nicht auf.
Egal, wie fest ich mir meine Hände auf die Ohren drücke.
Egal, wie stark ich versuche, es zu ignorieren...die Schreie dringen noch immer zu mir durch.
„Nein",rufe ich einmal laut, ehe ich kerzengerade aufschrecke und mich verwirrt umsehe.
Wo bin ich?
Das ist nicht mein Sofa und schon gar nich meine Wohnung.
„Luke? Ist alles okay?"
Auch der australische Akzent verwirrt mich kurzzeitig, jedoch gibt mir der braune Haarschopf, der wird in mein Sichtfeld schiebt, Aufklärung.
Ich bin ja bei Oscar.
Schwer atmend schieße ich die Augen.
Es war ein Traum.
Zumindest ein Teil...
Erneut spüre ich das verräterische Kribbeln in meinen Augen.
Wieso kann ich überhaupt noch weinen?
Es ist echt kräfteraubend, was ich gar nicht gebrauchen kann.
Schnell wische ich mir mir dem Handrücken über die Augen, in der Hoffnung die Tränen zu stoppen, doch genau in dem Moment schließt sich eine warme, weiche Hand um mein Handgelenk und lässt die Hand nach unten wandern.
„Du sollst die Tränen und den Schmerz rauslassen, also weine. Ich habe nicht weniger viel geweint, das ist natürlich, wenn man so etwas erlebt. Es berührt Eben dein Herz und dann kommen die Emotionen schneller, als man sie zurückhalten kann."
Irgendwie klingen Oscars Worte ziemlich weise, also leiste ich ihnen Folge und lasse den Tränen freien Lauf und dieses Mal fühle ich mich auch wirklich besser, als die Tränen verklungen sind.
Oscars Lächeln ist ein wenig schief, als ich es wieder wahrnehmen kann, sodass ich mir immerhin die Mühe mache, es zu erwidern.
„Du hast Davon geträumt oder.",legt Oscar locker einen Arm um meine Schultern und drückt eine dieser sanft.
Stumm nicke ich...Es das so leicht zu durchschauen?
„Das passiert. Davon bin ich heute morgen auch aufgewacht und habe deine Nachricht gesehen. Weißt du, was wir daraus lernen?",fragt er mich mit einem leicht amüsieren Unterton.
„Nein?",Klinge ich ebenfalls ein wenig amüsiert.
„Dass man selbst in den schlimmsten Fällen und Gefühlslagen noch positive Dinge sehen kann. Wenn ich nicht das geträumt hätte, dann wäre ich nicht aufgewacht und hätte deine Nachricht nicht gesehen. Es hat also etwas Positives an sich und darauf sollten wir uns fokussieren."
„Es wird wohl noch ein wenig dauern, bis ich das so sehen kann, aber du hast bestimmt recht",murmle ich eher in Richtung des Bodens, als zum Älteren.
„Und das ist auch vollkommen okay. Vergesse nur nicht zu reden, wenn dir etwas auf dem Herzen liegt...allerdings sollten wir nun auch mal zu anderen und damit verbunden auch ein wenig erfreulicheren Themen kommen. Was wollen wir zu Abend essen?"
„Ich habe nicht wirklich hunger",Murmel ich leise, jedoch macht mein Magen mir im nächsten Moment einen Strich durch die Rechnung, denn er beginnt laut zu Knurren.
„Ich glaube, dein Bauch hat gerade deine Lüge entlarvt.",gluckst Oscar amüsiert und zuckt sein Handy,"Was willst du essen gehen?"
Kurz überlege ich, entscheide mich dann aber für mein Lieblingsessen.
„Fish und Chips. Es ist mein Lieblingsessen, seitdem ich ein kleines Kind bin.",erzähle ich einfach heraus.
„Das ist gebongt. Das Lieblingsessen kann auch Ein guter Seelentröster sein, wenn man es erst einmal isst",lächelt Oscar mich an, sodass ich nicht anders kann,als ebenfalls zu lächeln.
Es ist schon stark, wie Oscar das macht...das ich mich sofort besser fühle meine ich. Wenn ich alleine wäre, dann würde ich wahrscheinlich elendig heulen und mir wüschen, im Boden zu versinken, jedoch spüre ich im Moment neben dem Herzschmerz auch eine gewisse Wärme.
„Die Straße herunter ist ein guter Laden, da soll es angeblich Fish und Chips nach original englischem Rezept geben. Oh das stimmt kann ich dir leider nicht sagen.",zeigt Oscar mir den Handybildschirm.
Kurz überfliege ich die Infos, die der Australier mir zeigt, nicke dann, ehe ich panisch auf die Uhr schaue.
„Oscar? Ich muss doch mal langsam wieder weg. Es ist schon sieben und..."
„Nun rede mal keinen Stuss. Ich habe nicht umsonst das Gästezimmer vorbereitet Luke. Du bleibst hier und setzt dich bitte nicht unter Stress, das tut dir nicht gut.
Ich wollte dich aber auch nicht wecken, denn den Schlaf hast du auch gebraucht. Also jetzt entspanne dich, so gut es geht. So können wir uns auch mehr Zeit für die Fish und Chips lassen, ist ja auch beider für die Verdauung"
Auf den letzten Satz hin kommt mir doch ein ehrliches Glucksen über die Lippen.
„Ich habe keine Wahl oder?",schaue ich Oscar an, der wortlos den Kopf schüttelt und sich aufrichtet.
„Ich will mir nur noch eben einen Pulli anziehen, denn wenn die Sonne untergeht, dann kann es schon sehr schnell dunkel werden. Wenn du willst, dann kann ich dir auch einen geben."
„Gern, Aber keinen von McLaren bitte. Wenn mich jemand darein sehen würde, bekomme ich denke ich ziemlichen Ärger mit Williams",meine ich und bekomme im nächsten Augenblick einen mittelblauen Hoodie zugeworfen, während Oscar einen gelb-grünen trägt.
„Ich hätte dir eh keinen McLaren Hoodie gegeben. Auch ich selbst trage sie hier nur selten, denn dann ist die Chance erkannt zu werden ja noch ein wenig höher",erklärt Oscar, der vor mir in den kleinen Flur tritt und sich seine Sneaker anzieht.
„Das Problem habe ich zum Glück nicht so stark",mache ich es ihm nach.
„Dann erst nur einmal ab, bis du auch so hoch fährst. Da ist der Ansturm, so gerne ich meine Fans doch habe, fast etwas lästig.",hört Oscar mir dir Tür auf,"Nach dir."
Schnell schlüpfe ich hindurch.
„Wenn ich es denn überhaupt so weit schaffe.",Murmel ich leise, denn meine erste Saison in der Formel 3 war nun ehrlich gesagt nicht etwas Besonderes.
„Jaja...sagt der, der in Macau beide Rennen souverän gewonnen hat. Ohne Zweifel. Hast du überhaupt Mal jemanden durchgelassen?",zieht Oscar seine Augenbrauen hoch.
„Nein, aber...",will ich argumentieren, jedoch schießen Oscar Augenbrauen noch ein Stück weiter in die Höhe, sodass ich nur ein"Okay" an den Satz hänge.
„Die Einstellung will ich sehen. Außerdem...ach, bin ich doch gleich ehrlich...wie sieht es in der Formel 3 gerade aus? Meistens schaue ich es nicht, denn ich könnte da noch im Hotel sein und das bin ich dann auch..."
„noch mehr solcher Privilegien, die ihr als Formel 1-Fahrer habt...Aber um auf deine Frage zurückzukommen...ich bin auf Platz zwei in der Meisterschaft. Gabriele führt und Dino ist hinter mir."
„Das ist doch gut Luke. Dazu kommt, dass du noch mehrere Wochenenden hast, an denen du dich beweisen kannst und am Ende ganz oben stehen kannst. Meine Daumen sind auf jeden Fall für dich gedrückt."
Sofort muss ich bei dieser Aussage lächeln.
„Danke, das ist nett von dir. Ich drücke dir dann auch mal die Daumen, denn einen Platz in den Top 5 der Meisterschaft hast du dir auf jeden Fall verdient. Ihr seid ja auch alle so nah beieinander..."
Und schon fallen wir Rennfahrer in unser Muster zurück und unterhalten uns, so wie die meiste Zeit über das, was wir lieben, nämlich das Rennen fahren.
Nur zu gerne höre ich Oscar zu, wie er redet und Geschichten aus seiner Rennkarriere erzählt.
Es ist schön, nicht reden zu müssen, sondern einfach mal zuhören zu können.
Mit zwei Rookies im Team ist es dann doch so, dass ich der bin, der die ganze Zeit gefragt oder gebraucht wird.
Nicht, dass ich nicht gern helfe, aber trotzdem. So gefällt es mir sehr.
„Was empfiehlst du?",erkundigt Oscar sich, als er die Speisekarte mit den vielen verschiedenen Varianten des Klassiker vor sich hat.
„Das einfache, nehme ich immer. Basic und schmeckt lecker. Was nimmst du denn immer?"
„Ich hab noch nie Fish und Chips gegessen",lacht Oscar nervös auf, woraufhin ich ihn erstaunt anschaue.
„Du hast was?"
„Ja...schlimm, wenn man schon Ewigkeiten in England lebt nicht?",schmunzelt Oscar.
„Nein, ganz und gar nicht, aber...es ist einfach...ungewöhnlich..",schmunzle ich genauso.
Noch nie Fish und Chips...das ich das noch einmal erlebe...
„Danke für das Essen Oscar",bedanke ich mich noch einmal beim Älteren, ehe ich ins Gästezimmer gehe.
Oscar war so nett und hat bezahlt...da muss ich mich auf jeden Fall noch einmal revanchieren...
„Immer gern und jetzt ruhe dich aus. Wenn was ist, dann weißt du ja, wo ich bin",bekomme ich noch einmal ein warmes und beruhigendes Lächeln, ehe Oscar die Tür hinter sich schließt und mich allein lässt.
Sofort taucht wieder Nelly in meinem Kopf auf, doch ich schüttle ihn dieses Mal.
Nein, nicht jetzt.
Ich hatte so einen schönen Tag, das lasse ich mir nicht kaputt machen.
Also kuschle ich mich tief in die frisch gemachte Bettdecke, atme den sanften Duft dieser ein, ehe ich meine Augen schließe und den Tag Revue passieren lasse.
Wer hätte das gedacht...Heute Nacht dachte ich noch, dass die Welt untergeht...doch dank Oscar fühle ich mich gar nicht so elend, wie erwartet.
🩷
Na das verspricht doch etwas 🩷
Und damit einen schönen Start in den neuen Montag 🫶🏼
Der erste Tag der beiden verlief doch ganz gut oder nicht?😉
Ich hoffe, dass es euch gefallen hat 🩷
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