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Die Worte des Mannes hallen in meinen Ohren wider, als das Video endet und der Bildschirm meines Handys dunkel wird. Ein furchtbarer Knoten aus Sorge und Wut bildet sich in meinem Magen. Mein Herz rast wie verrückt.
Ich starre erneut auf das Bild, das Mei gefesselt und verletzt zeigt. Der Anblick ihres blutüberströmten Gesichts löst einen Stich tief in meiner Brust aus, und ein Gefühl der Hilflosigkeit überkommt mich. Ich versuche verzweifelt, jedes Detail auf dem Bild zu identifizieren, irgendetwas, das Hinweise auf ihren Aufenthaltsort geben könnte, aber nichts.
Wütend schleudere ich mein Handy gegen den Boden und trete gegen mein Bike, das daraufhin umfällt. Ich kenne die Stimme von diesem Wichser auch nicht, um deuten zu können, wer es ist.
In meinem Kopf rattert es unaufhörlich. Ich gehe jede erdenkliche Person durch, die ich in der Vergangenheit verletzt haben könnte und überlege, ob einer von diesen Bastarden einen Bruder hat, der dazu fähig wäre. Da kommt einfach jeder infrage.
Frustriert schreie ich auf und trete immer wieder gegen mein Bike, da nichts anderes in Reichweite ist, an dem ich meine Wut auslassen kann.
Irgendwann hebe ich mein Handy wieder auf und steige aufs Motorrad, um loszufahren. Die ganze Nacht hindurch fahre ich durch die Straßen, suche jede einzelne Gang auf, die mir über den Weg läuft oder die ich kenne. Wenn sie keine Informationen für mich haben und sich als falsche Spur erweisen, prügle ich wahllos auf sie ein, um meine aufgestaute Wut abzulassen.
Die Sonne geht bereits auf und ich habe bestimmt schon die gefühlt zwanzigste Gang zusammen geprügelt. Mein Handy klingelt erneut und sofort greife ich danach und öffne die Nachricht, die wieder unter Meis Namen kommt. Ein weiteres Bild. Dieses Mal sitzt sie auf einem Stuhl, immer noch gefesselt. Ihr wurde die Kleidung zerrissen und weitere Wunden zieren ihren bereits geschundenen Körper.
Mir steigen Tränen in die Augen und ich bin verzweifelt. Zum ersten Mal in meinem Leben fühle ich mich völlig hilflos, denn ich kann nichts gegen diese Situation unternehmen. Nicht einmal der Tod meines Bruders hat mich so hilflos fühlen lassen. Ich atme tief durch, versuche die aufkommenden Tränen zu unterdrücken und betrachte erneut das Bild.
Die Umgebung hat sich geändert und es sieht so aus, als säße sie nun in einem Raum. Doch auch dieses Bild gibt keinerlei Hinweise auf ihren genauen Aufenthaltsort.
Gestresst fahre ich mir durch die Haare, wische die Tränen weg und setze mich wieder auf mein Motorrad.
Die Motoren meines Motorrads heulen auf, als ich durch die Straßen der Stadt rase. Ich fahre planlos, immer auf der Suche nach einem Anhaltspunkt, der mich zu Mei führen könnte. Die Stunden vergehen, und ich bin völlig erschöpft, aber ich kann nicht aufgeben.
[...]
Voller Hektik hämmere ich gegen die Tür, bis sie schließlich geöffnet wird. "Mikey?", fragt Kenchin, während meine Finger vor Aufregung zittern. Ich antworte nicht sofort, sondern ziehe stattdessen mein Handy aus der Tasche und halte es ihm mit dem neuesten Bild entgegen, das mir zugeschickt wurde.
Seine Augen verengen sich, als er auf das Display starrt und ein finsterer Ausdruck legt sich auf sein Gesicht. "Was hat das zu bedeuten?", fragt er und entreißt mir das Handy, um das Bild genauer zu betrachten. Mein Herz pocht rasend, während ich versuche, ruhig zu bleiben, obwohl in mir die Wut wie ein Vulkan brodelt. "Sie wurde entführt", erkläre ich schließlich. "Ich habe die ganze Nacht nach ihr gesucht", füge ich hinzu.
Er kann nicht glauben, was er hört und sieht. "Es gibt noch ein Video", sage ich, und er widmet sich sofort wieder dem Chat und spielt das Video ab. Sein Gesicht wird vor Wut knallrot und er wendet sich mit einer wütenden Frage an mich: "Was hat das zu bedeuten?"
Ich zögere, die Worte auszusprechen, denn ich weiß, dass Mei es noch nicht getan hat, aber dafür ist keine Zeit. "Sie tun es ihr an, weil sie mich so verletzen wollen", erkläre ich ihm. Er versteht nicht ganz, was das bedeutet, das sieht man an seinem Gesichtsausdruck. "Wieso dich?", fragt er und gibt mir das Handy zurück. "Weil ich mit ihr zusammen bin. Sie ist meine Freundin", kläre ich ihn auf.
Sein Blick verfinstert sich noch einmal und er packt mich am Kragen und zieht mich an sich ran. "Du kleiner...", beginnt er, doch ich unterbreche ihn. "Heb dir das für später auf, wir müssen sie zuerst finden!"
Widerwillig lässt er mich los und wir machen uns auf den Weg, um alle Mitglieder von Toman zusammenzutrommeln, die bei der Suche helfen sollen.
Meiyo POV
Als ich meine Augen öffne, durchzuckt mich sofort ein stechender Schmerz an meinem Kopf. Gleichzeitig fühlen sich meine Hände und Beine seltsam taub an.
Die Umgebung ist mir fremd und ich brauche einige Sekunden, um mich zu orientieren. Es ist ein kleiner, fensterloser Raum mit kahlen Wänden und einem ungemütlichen Gefühl der Beklemmung. Ich spüre, wie die Angst in mir hochkriecht.
Wo zur Hölle bin ich hier?
Und wie um alles in der Welt bin ich hierhergekommen?
Plötzlich fällt mir der Van ein, der vor mir gehalten hat und die Erinnerung daran, wie ich ohnmächtig geworden bin. Mein Herz beginnt heftig zu schlagen, als ich begreife, dass ich entführt worden bin. Meine Atmung wird flach und hastig und ich spüre, wie die Verzweiflung über mich hereinbricht. Ich versuche mich zu bewegen und merke, dass ich an einen Stuhl gefesselt bin. Panik ergreift von mir Besitz.
In meiner Verzweiflung versuche ich, durch das Klebeband, das meinen Mund bedeckt, nach Hilfe zu schreien, doch meine Stimme erstickt darunter. Tränen strömen unaufhaltsam über mein Gesicht, während mein gesamter Körper schmerzt. Ich habe keine Ahnung, warum sie mich hierher verschleppt haben, und wer zum Teufel sie sind.
Plötzlich wird die Tür mit einem schaurigen Quietschen aufgeschlossen und in der Türöffnung erscheint eine finstere Gestalt, deren Gesicht im Halbdunkel schwer zu erkennen ist. Mein Herz rast noch schneller und ich kämpfe verzweifelt, mich von den Fesseln zu befreien, doch keine Chance. Der Mann reißt mir gewaltsam das Klebeband vom Mund, was mich schmerzvoll husten lässt. "Warum tust du das?" bringe ich schließlich mit zittriger Stimme hervor. "Was willst du von mir?"
Ein Unheil verkündendes Lachen ertönt, gefolgt von einer Antwort, die mir einen eisigen Schauer über den Rücken jagt. "Du hast mit all dem eigentlich gar nichts zu tun. Du bist einfach nur mit der falschen Person zusammen", erklärt er mir. Dann schnappt er sich einen weiteren Stuhl, der im Raum steht und setzt sich direkt vor mich. Er sieht mich mit einem ekelhaften Grinsen an. "Ich dachte mir, wenn er dich wirklich liebt - und so sah es die letzten Wochen aus, als wir euch beobachtet haben - wird es ihn sicherlich mehr verletzen, dir wehzutun, als ihn körperlich anzugreifen", fügt er hinzu.
Ich schlucke schwer und senke meinen Blick, um meine immer zahlreicher werdenden Tränen zu verbergen. "Also... passiert das nur, weil ich mit Mikey zusammen bin?", wage ich zu fragen, obwohl ich die Antwort bereits kenne.
"So siehts aus", bestätigt er mir mit kalter Ruhe.
Mein Herz scheint sich in meinem Brustkorb zu winden und der Schmerz wird unerträglich. "Und... was hat er euch getan?", frage ich vorsichtig, ohne meinen Blick zu heben. Der Mann beginnt zu lachen und erhebt sich. Er tritt näher, packt gewaltsam mein Kinn und zwingt mein Gesicht nach oben. "Er hat meinen kleinen Bruder sämtliche Knochen gebrochen und niemand tut meinen Bruder weh, ohne es zu bereuen", schreit er mich an. Dann versetzt er mir einen brutalen Schlag mitten ins Gesicht, gefolgt von einem weiteren und noch einem. Schließlich trifft mich sein Fuß mit voller Wucht im Magen und ich werde zusammen mit dem Stuhl nach hinten geworfen. Mein Kopf schlägt schmerzhaft auf den Boden auf.
"Er wird für alles bezahlen und du auch, kleines Mädchen. Und das nur, weil du mit ihm zusammen bist. Liebe kann ja so schmerzhaft sein", erklärt er weiter und verlässt den Raum mit einem bösen Lachen.
All das hier geschieht nur, weil ich mit der falschen Person zusammen bin.
Hätte ich bloß auf Keikei gehört.
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Ich hoffe ihr hattet alle einen schönen Start ins neue Jahr? ♥
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