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Mikey POV


Ich trete vor sie und betrachte sie genau. Sie ist kleiner als ich, aber nicht viel, vielleicht nur einen halben Kopf. Ihre braunen Augen leuchten vor Aufregung, als sie die Chipstüte betrachtet und sie an sich hält, als wäre sie etwas Heiliges. Ich beobachte sie amüsiert und schüttele den Kopf. Sie ist das genaue Gegenteil von Ken-chin, der ein Riese ist.
"Wie heißt du nochmal?", frage ich und knie mich zu ihren Sachen hinunter, um sie wieder in die Tüte zu packen, da diese Typen den Tüteninhalt überall auf dem Boden verteilt haben.
"Meiyo", gibt sie knapp von sich und kniet sich zu mir hinunter, um zu helfen.
"Danke, dass du mir geholfen hast. Ich weiß nicht, wie weit sie gegangen wäre, wenn niemand sie gestoppt hätte", sagt sie weiter und ich blicke zu ihr hinüber. Ich blicke zu ihr hinüber und sehe, dass ihr Gesicht nun von Traurigkeit gezeichnet ist, im Gegensatz zu dem glücklichen Gesichtsausdruck, den sie zuvor hatte.
"Denk einfach nicht mehr daran. Es ist ja nicht so weit gekommen", sage ich und stehe auf, während ich ihr die Tüte mit ihren Einkäufen hinhalte
"Komm, Mei-chin, ich begleite dich nach Hause. Wenn ich es nicht tue, wird Ken-chin mich persönlich köpfen", füge ich hinzu und lächle sie leicht an, bevor ich die Gasse verlasse, in der wir immer noch sind.

Als sie endlich neben mir steht, schaue ich noch einmal kurz zu ihr. Durch das Mondlicht, das auf ihr Gesicht fällt, kann ich sehen, dass ihre Wangen eine zarte Röte angenommen haben.
Schulter zuckend gehe ich einfach voran und warte nicht auf eine Antwort, ob sie damit einverstanden ist oder nicht. Die Schritte, die ich hinter mir hörte, bestätigten mir, dass sie mir folgte. Wir müssen eine Weile laufen, und ich muss gestehen, dass mich diese drückende Stille echt nervt.
"Das nächste Mal solltest du nicht alleine so spät hierherkommen. Nimm beim nächsten Mal einfach Ken-chin mit oder irgendwelche Freunde, die dich begleiten", versuche ich, ein Thema anzufangen, damit diese Stille endlich verschwindet.
"Nein, ich möchte Kenny nicht mit so etwas Belanglosem nerven wie Einkaufen", seufzt sie, und ich drehe mich zu ihr um, um sie anzuschauen.
"Und Freunde habe ich nicht, die ich fragen könnte. Brauche ich auch nicht", zuckt sie mit den Schultern, als ob es selbstverständlich wäre. Irgendwie klingt alles ziemlich traurig.
"Ich glaube nicht, dass Ken-chin davon genervt sein würde. Du bist doch seine Schwester, oder nicht?", sage ich und drehe mich wieder nach vorne, um weiterzulaufen.
"Und nur weil wir Geschwister sind, bedeutet das, dass ich ihm wichtig bin und nicht nerve?", flüstert sie fast schon, aber ich verstehe jedes Wort. Ich beschließe, nichts mehr dazu zu sagen und gehe weiter.


Meiyo POV


Nannte er mich grade wirklich Mei-chin? Ich spüre, wie mein Gesicht heiß wird und ich werde nervös deshalb. Um mich abzulenken, schüttle ich schnell meinen Kopf und folge ihm stumm. Doch irgendwie beschäftigen mich die Worte. Ich mache kurz eine Denkpause und sehe den Jungen, der vor mir läuft, an. Ich schaue auf seinen Rücken und versuche mich an seinem Namen zu erinnern. Wie hieß er nochmal? Ich erinnere mich, dass ich seinen Namen schon einmal gehört habe, aber ich habe ihn vergessen. Wäre es zu komisch, ihn jetzt nach seinem Namen zu fragen? Vielleicht sollte ich ihn einfach immer mit "du" ansprechen. Das würde bestimmt nicht auffallen!
Wir laufen durch die Straßen, die nur von Straßenlaternen erhellt werden. Den Geruch von gebratenem Essen aus den kleinen Restaurants in der Nähe liegt in der Luft. Wir passieren eine Gruppe von Männern, die laut lachen und Witze erzählen und so wie die riechen und jaulen sind sie schwer betrunken. 
"Alles in Ordnung?", fragt er mich.
"Ja, alles bestens", antworte ich und nicke dabei. Wir biegen in eine schmale Gasse ein, die von hohen Gebäuden und dunklen Schatten umgeben ist. Man hört das Rauschen des Flusses in der Ferne und man spürt den kühlen Wind, der durch die Straßen weht.
"Wir sind fast da", sagt er und geht weiter voran.

Enttäuscht seufze ich und starre auf den Boden, während ich hinter ihn herlaufe. Kenny und ich sind zwar Geschwister, aber was weiß ich schon über ihn? Ich habe keine Ahnung, was er den ganzen Tag macht, was er mag, was seine Lieblingsfarbe ist oder was für Musik er gerne hört. Ich weiß noch nicht einmal, ob er diese Chips tatsächlich gerne isst; ich habe die Verpackung nur ein paar Mal bei uns herumliegen sehen und einfach eine Schlussfolgerung gezogen. Ich weiß nicht, ob er eine Freundin hat oder vielleicht sogar einen Freund? Ist er in jemanden verliebt? Was sind seine Hobbys? Je mehr ich darüber nachdenke, desto trauriger werde ich. Obwohl ich immer wieder versuche, Kontakt zu ihm aufzunehmen, scheint es mir unmöglich, ihm näherzukommen.

Plötzlich laufe ich gegen jemanden und drohe nach hinten zu fallen, wenn er mich nicht reflexartig am Arm festhält und zu sich zieht.
"So sehr in Gedanken versunken?", fragt er mich mit einem Lächeln im Gesicht. Ich halte kurz den Atem an und werde rot, stelle mich dann aber sofort wieder aufrecht hin und schaue weg.
"Was dagegen?", frage ich ihn schnippisch und bemerke erst jetzt, dass wir bereits zu Hause angekommen sind. Wir stehen vor meiner Tür.


Draken POV


Ich sitze unruhig auf der Couch und wippe nervös mit meinen Beinen. Mein Zeigefinger zuckt, geht immer wieder auf und ab. Wo bleibt sie nur?! Meine Schwester ist vor zwei Stunden einkaufen gegangen und ist noch immer nicht zurück. Ist sie etwa in die nächste Stadt gefahren? Die Ungewissheit lässt mich unruhig werden und ich fange an, mir Sorgen zu machen.
Tick Tack, Tick Tack. Diese Uhr treibt mich in den Wahnsinn. Das monotone Geräusch scheint lauter zu werden und jede Sekunde fühlt sich wie eine Ewigkeit an. Es reicht, ich werde sie jetzt suchen gehen. Ich stehe ruckartig von der Couch auf und gehe zur Tür, um mir meine Schuhe anzuziehen. Es ist kurz nach Mitternacht und um diese Zeit sollte keine Frau in diesem Bezirk herumlaufen, denn hier laufen die kuriosesten Typen herum. Ich nehme meinen Schlüssel, stecke ihn in meine Tasche und verlasse das Gebäude.

Gerade als ich die Tür hinter mir zuziehe und um die Ecke laufe, sehe ich sie - mit Mikey.
Ich sehe sie verwundert an. "Was zur Hölle macht ihr da? Und wo bist du, solange geblieben, Mei!?", gehe ich auf sie zu und sehe, dass meine Schwester etwas aufgelöst aussieht. Sie sah etwas zerzaust aus, was mich sofort einen bösen Blick auf Mikey richten lässt.
"Hey hey, ich habe nichts gemacht. Ich habe ihr nur geholfen und nachhause begleitet", hebt er unschuldig seine Hände und sieht mich dementsprechend an.
"Was meinst du mit ‚geholfen'?", will ich wissen. Sie sieht mich an und sagt: "Mach dir keine Sorgen, es ist alles in Ordnung. Ich hatte nur ein kleines Abenteuer."
"Was meinst du mit 'Abenteuer'?", frage ich sie neugierig.
"Mich haben drei komische Typen überfallen, aber zum Glück war er in der Nähe und hat mich gerettet und mich danach nach Hause begleitet", antwortet sie. Entsetzt sehe ich sie an und packte sie sofort an ihren Schultern und hebe sie fast schon so hoch.
"Geht es dir gut? Haben sie dich irgendwo angefasst, wo sie es nicht hätte tun sollen? Ich werde sie umbringen, hast du ihre Gesichter erkannt?", lasse ich wieder von ihr ab und ballte meine Hände zu Fäusten.
"Keine Sorge, ich habe mich um diese Typen gekümmert. So schnell werden sie niemanden mehr belästigen", mischt sich nun Mikey wieder ein. Ein wenig beruhigter atmete ich aus und sehe ihn an. Ich bin erleichtert, dass meine Schwester unversehrt ist, aber trotzdem wütend auf diese Typen, die sie überfallen haben.
"Danke", sage ich knapp und sehe wieder zu meiner Schwester.
"Vielen Dank noch mal für deine Hilfe", sie ging zu Mikey und verbeugte sich vor ihm.
"Ich kann nicht viel tun, außer mich zu bedanken. Tut mir leid", sagt sie und ist noch immer gebeugt und Mikey grinste nur. Dieser Bastard genießt es richtig und ich muss selbst grinsen.
"Mach dir kein Stress Mei-chin. Gib mir irgendwann ein Dorayaki aus und wir sind quitt", sagt dieser verfressene Idiot. Ich rolle mit den Augen und meine Schwester lacht daraufhin und sagt: "Klar, machen wir so.", und lächelt schwach.


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