Kapitel 12
Als ich die Augen aufschlug kitzelten die Sonnenstrahlen schon wie in einem Tumblr Bild meine Nase und blendeten direkt in meine weit aufgerissenen Augen. Scheiße! Ich hatte ja sowas von verschlafen! Während ich kläglich versuchte, im gehen mein Tshirt anzuziehen, rammte ich mit dem Fuß direkt an die Bettkannte. Ich polterte also nur so die Diehlen entlang, sodass, falls noch jemand verschlafen hatte, dieser ganz bestimmt aufgewacht wäre. Halb angezogen trat ich aus der Tür in den Gang. Doch eins wunderte mich. Obwohl es schon 12:36 war, war es im ganzen Hotel mucksmäuschenstill. Ich lauschte und guckte anschließend noch mal auf mein Handy. Nein, ich hatte mich nicht verguckt: Irgendjemand musste meinen Wecker ausgeschaltet haben! Ich ging völlig verwundert die Treppe hinunter und schaute noch verwirrter die Eingangshalle entlang... Nein, hier war wirklich kein Mensch. Waren alle etwa ohne mich zum Flughafen gefahren? Wo wir doch heute zu unserer letzten Station, nach Kiew, fliegen wollten! Ich betete, dass sich hinter der Tür des Speisesaals jemand befand, doch als ich sie öffnete, musste ich feststellen, dass dieser Raum leer war, wie mein Gehirn nach zwei Wochen Schulferien. Verzweifelt ging ich weiter, auf der Suche nach einer Menschenseele, die sich noch in diesem Hotel befand.
Nach 30 minütiger Suche schleppte ich mich ganz entmutigt wieder die Treppe hinauf und verharrte deprimiert an meiner Zimmertür: Wie konnten sie mich einfach hier vergessen haben? Ich dachte ich hätte Freunde...
Ich drückte die Klinke herunter und das Dunkel des Raumes kam mir entgegengeschlagen. Ich konnte mich gar nicht daran erinnern, vorhin die Rolläden heruntergelassen zu haben...
Plötzlich fiel gleißend helles Licht ins Zimmer und das Geräusch von 50 Partytröten ließ mich einmal kräftig zusammenzucken. Bevor ich richtig realisieren konnte, was gerade abging, kam mir ein überglücklicher Kristian und ein über beide Ohren grinsender Nathan entgegengeflogen. "HAAAAAPPY BIRTHDAY TOOO YOUUUU!!", sang ein 63 köpfiger Chor, der auf magische Weise in das kleine Zimmer gepasst hatte, bestehend aus allen Teilnehmern des ESC. Da hatte ich doch tatsächlich meinen eigenen Geburtstag vergessen! Wenige Sekunden nachdem ich das gedacht hatte, ließ mich eine starke Umarmung fast aus den Latschen kippen. "Happy Birthday!!! Ich hoffe doch, unsere Überraschung ist gelungen!!", grölte mir ein mehr als überglücklicher Kris entgegen und umarmte mich daraufhin gleich nochmal. "Ich dachte schon, ihr hättet mich hier vergessen!", lachte ich. Wie peinlich dass ich das angenommen hatte! "Herzlich Willkommen im Club der 17 jährigen!", sagte Isiah mit einem Klopfen auf meine Schulter. Obwohl ich immer noch die jüngste beim ganzen Contest war, fühlte ich mich gleich um Jahre älter.
Zur Feier des Tages spielte mir Nathan ein Geburtstagsständchen auf der Ukulele. Francesco Gabbani rappte dazu seinen Song 'Occidentalis Karma' und das ganze Zimmer rockte ab. Eine Überraschung folgte der nächsten bis wir schließlich unsere Koffer packen sollten. Kris zog mich noch schnell zurück und flüsterte mir zu: "Ich habe noch eine Überraschung für dich!" Er schnappte sich eine Gitarre und setzte sich mit ihr aufs Bett. Und als er anfing zu spielen, verschlug es mir echt die Sprache.
If one day someone asks about me
Tell them I lived to love you
Before you, I only existed
Tired and with nothing to give
My dear, listen to my prayers
I beg you to return, to want me again
I know that one can’t love alone
Maybe slowly you might learn again
Mir stiegen sofort die Tränen in die Augen. Kris sang und spielte die englische Version zu Salvador Sobral's Song 'Amar Pelos Dois'. Kris wusste ganz genau, dass ich bei diesem Song, egal ob portugiesisch oder englisch, immer zu heulen begann. Ich fiel ihm in die Arme. "O man du bist so toll Kristian Kostov!", rief ich und warf mich aufs Bett. "Seit wann kannst du überhaupt Gitarre spielen? Gestern sagtest du doch noch, du kannst kein einziges Instrument spielen!", fragte ich und Kris antwortete: "Hat mir Arciom in Tel Aviv beigebracht. Ich wollte dich doch überraschen!" Er grinste stolz. Arciom war der Gitarrist des niedlichen weißrussischen Duos 'Naviband'. Ich lag noch eine ganze Weile mit geschlossenen Augen in Kris' Armen als ich ein Räuspern von der Tür vernahm. "Ich will euch Turteltäubchen ja nur ungern stören, aber wenn ihr nicht den Flieger verpassen wollt, solltet ihr vielleicht darüber nachdenken, euch voneinander zu lösen!" "Nathan!", lachte ich und warf ein Kissen nach der wie immer grinsenden Person im Türrahmen. "Ich geh dann mal das Brecheisen holen. Wie soll ich euch sonst auseinander bekommen?", sagte Nathan gespielt todernst und machte anstalten, die Treppe herunter zugehen doch da sprang ich schon auf. "Halt Stop wir kommen ja gleich!", rief ich und warf meine Klamotten in den Koffer. "Für den Fall der Fälle, dass sowas nochmal passiert, könntest du ja das Brecheisen -" "NATHAN! Raus jetzt!", schrie ich lachend und knallte die Tür zu.
Also fuhren wir wie gewohnt zum Flughafen, nur dass es diesmal nach Kiew ging. Dort würden wie die restlichen Wochen bis zum Finale verbringen. Angekommen, war es schon fast Abend und wir unternahmen nur einen kleinen Ausflug zur Sophienkathedrale. Nathan drehte voll am Rad als er sah, das der Hof vor der Kathdrale mit tausenden bunt bemalten Eiern zugestellt war und machte gleich erstmal einen Haufen Selfies. Der Abend verging rasend schnell und ehe ich mich versah, war ich auch schon in meinem Hotelzimmerbett eingeschlafen.
Am Morgen des 8. Aprils probten wir das erste mal so richtig für das Halbfinale. Die Riesenbühne, auf der wir unsere Songs das erste mal mit allem drum und dran ausprobierten, kam mir im Gegensatz zur The Voice Bühne wie eine riesige Arena vor, die ich sonst nur aus dem Fernsehen kannte.
Nachdem die Proben abgeschlossen waren, stellte mir Blanche die Frage aller Fragen: "Sag mal, wie sieht denn dein Bühnenoutfit eigentlich aus?" Mir wurde schlagartig bewusst, dass ich daran überhaupt noch nicht gedacht hatte, also riss ich schuldbewusst die Augen auf. Mein Blick sprach anscheinend Bände, denn Blanche nahm meine Hand und zog mich aus den Gebäude. "Dann werden wir beide jetzt wohl mal etwas besorgen gehen müssen!", sagte sie entschlossen und nahm mich mit in die Innenstadt.
Als wir schon mindestens 20 Läden abgeklappert hatten, trafen wir auf Nathan, der noch doller grinste als sonst, und Kris, der genervt drein blickte. "Was ist denn mit dir los Miesepeter?", fragte ich lachend den mit den Augen rollenden Kris. "Guckt doch mal was mir Nathan angedreht hat!", antwortete er, öffnete eine der Tüten, die er in der Hand hatte und zog eine bunt gepunktete Fliege heraus. Nathan konnte sich nun nicht mehr zurückhalten und prustete los: "Passt doch perfekt zu deinem schwarzen Anzug!" Kris rollte noch viel viel genervter mit den Augen. "Mit dir geh ich bestimmt nicht mehr shoppen...", sagte er mit heruntergezogenen Mundwinkeln. "Ach komm schon! Du kennst doch Nathan!", lachte ich und da musste auch Kris schmunzeln. "Los jetzt, wir müssen immer noch ein Kleid für dich besorgen, sonst stehst du beim Halbfinale noch nackt auf der Bühne!" Kris wollte gerade den Mund aufmachen um etwas zu erwidern doch Blanche hielt ihn davon ab. "Und Nein Kristian, sie wird definitiv etwas anziehen! Dafür werde ich sorgen!" "Wollt ihr vielleicht mitkommen? Ich könnte ein paar männliche Meinungen gebrauchen..", fragte ich zu Nathan und Kris gewandt. Als Nathan verschmitzt anfing zu Lächeln, wusste ich, dass er bestimmt keine gute Shopping Beratung abgeben würde. "Ich komm mit!", rief Kris ganz stürmisch und kam zu mir. "Ich geh schon mal mit Nathan zurück zum Hotel, viel Spaß euch!", sagte Blanche und zwinkerte mir heimlich zu, sodass Kris es nicht sehen konnte. Ich zwinkerte zurück und sie machte sich mit dem dauergrinsenden Nathan auf den Weg.
Schon das erste Kleid, was ich im nächsten Laden anprobierte, war ein Treffer ins schwarze. Und noch dazu kam Kris aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. "Wow.", stammelte er, als ich in einem langen rosa Kleid aus der Umkleide trat.
"Wow
Wow
Wow. Oha. Wow. Einfach wow! Du siehst so toll aus! Was nicht heißt, dass du sonst nicht toll aussiehst!", stotterte Kris, der seine Augen gar nicht mehr von mir abwenden konnte.
Mit einem neu gekauften Kleid in der Tasche ging ich noch zusammen mit Kris ein Eis essen. Der italienische Kellner (der nebenbei gesagt, Francesco Gabbani unglaublich ähnlich sah), brachte uns eine Karte und fragte schmunzelnd: "Was darf's denn sein für das junge Paar?" Ich wurde rot und starrte auf meinen Teller. "Zweimal 'Bella Ukraine' bitte!", bestellte Kris ganz selbstbewusst und grinste mich ein wenig verlegen an. Als der Kellner verschwand in die Küche. "Also...was ich dich eigentlich fragen wollte....der Kellner sagte....arghh....was Ich eigentlich sagen will ist......", fing Kris an zu stammeln doch ich wusste schon ganz genau, was er fragen wollte. "Sind wir....ich meine....äääh..." Man sah ihm an, dass er tierisch nervös war. Er atmete einmal tief durch und dann schoss er los. "Ich glaube ich habe mich in dich verliebt..."
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♡♡♡Kris ist echt ein Blitzmerker, oder? ♡♡♡
Spoilerwarnung: In den Nächsten Kapiteln geht es auf die Halbfinale zu 😋 (weiß jemand die Mehrzahl von Finale? ;))
Viel Spaß beim Lesen und nochmal danke für die ganzen Reads♡♡
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