43
Chanyeol kehrte frisch geduscht zurück, seine Haaren waren noch ein wenig feucht und standen ihm vom Kopf an.
"Was treibt ihr hier so?", fragte er und warf sich auf die freie Couch.
"Nicht sonderlich viel. Ich glaube ich lege mich noch mal hin", murmelte ich und strich mir über die Stirn.
"Ich werde wohl was zu Essen machen..."
Jongin blickte von seinem Buch hoch und hob lachend die Augenbrauen.
"Du willst kochen? Überlässt Kyungsoo dir denn freiwillig die Küche?"
"Er wird es überleben", antwortete Chanyeol lachend und erhob sich um in die Küche zu gehen. "Haben wir überhaupt einen Reiskocher?"
"Ja, unterste Schublade", sagte ich sofort und erntete Gelächter.
"Wieso weißt du das und wir nicht?", fragte Jongin grinsend und legte sein Buch zur Seite.
"Wahrscheinlich sollte ich hier wirklich einziehen", scherzte ich.
"Ja, das wäre vermutlich das Beste."
Dass die beiden dabei ernst wirkten, bemerkte ich erst nach ein paar Sekunden des Schweigens. Sofort hob ich abwehrend die Hände.
"Nein, nein! Das könnt ihr vergessen! Kommt gar nicht erst auf Gedanken", sagte ich schnell und Chanyeol zuckte nur mit den Schultern und machte sich auf die Suche nach dem Reiskocher.
"Wehe du vergiftest uns!", rief Jongin ihm noch hinterher und Chanyeol winkte nur, bevor er in die Küche verschwand.
"So schlimm wird es schon nicht", sagte ich.
"Nein, eigentlich ist er ein relativ guter Koch. Ich trau es ihm trotzdem zu, uns etwas ins Essen zu tun", grinste er.
"Na dann pass ich wohl lieber auf, was ich esse. Ich schaue mal, ob ich ihm helfen kann. Danach kann ich mich immer noch hinlegen."
Ich wollte aufstehen, doch seine Hand schloss sich um mein Handgelenk und zog mich zurück, ich fiel wieder auf die Couch.
"Du brauchst ihm nicht helfen, du hast schon genug getan", meinte er und ließ mein Handgelenk sofort wieder los.
"Ein wenig Kochen wird mich schon nicht umbringen..."
"Du hast schon aufgeräumt, die Wäsche gewaschen und gebügelt. Du bist nicht unsere Hausfrau, du kannst dich ruhig hinlegen."
Ich blickte ihn an und er schaute kurz auf sein Buch nieder, als wäre es ihm peinlich. Mal wieder verwirrte er mich mit seiner plötzlich schüchternen Art.
"Wenn du meinst...", murmelte ich zur Antwort.
"Willst du dich hier hinlegen? Soll ich gehen? Oder ist dir das zu geschäftig, willst du in dein Zimmer?"
Diese Seite kannte ich nicht an ihm. Ich warf ihm Blicke zu und winkte mit der Hand ab.
"Schon gut, bleib sitzen! Ich gehe in mein Zimmer. Aber wenn ihr Hilfe braucht, weckt ihr mich, okay?"
"Okay."
Ich stand auf, doch er nahm schnell sein Buch wieder auf und suchte die zuletzt gelesene Seite. Und er begann wieder auf seiner Lippe herumzubeißen, plötzlich hatte es aber verärgertes. Hatte ich etwas falsch gemacht? Schnell räumte ich das Feld und betrat den Flur, von dem die Zimmer abgingen.
Ich lief förmlich in Jongdae rein, auch er war frisch geduscht und summte irgendein Lied vor sich her. Auch seine Haare hingen ihm noch nass ins Gesicht.
"Wo willst du denn hin?", fragte er lächelnd und hielt mir die Tür auf, damit ich in den Flur treten konnte.
"Ich lege mich noch einen Moment schlafen..."
"Besonders viel Schlaf hattest du ja nicht bekommen", meinte er grinsend und ich dachte an die innige Umarmung zurück.
Und an sein 'Alles wird wieder gut'.
"Ja, da hast du wohl recht."
Ich hörte ein Geräusch aus dem Wohnzimmer, ein kleines Poltern und streckte neugierig den Kopf durch die Tür. Jongin verdrehte sich um das auf den Boden gefallene Buch aufzuheben und ich zog verwirrt den Kopf zurück. Jongdae grinste in sich hinein und schloss leise die Tür zum Wohnzimmer.
"Ist sonst alles okay?"
"Ja, ich bin nur etwas müde. Wie war das Telefonat mit deinen Eltern?"
"Gut. Naja, ich musste mir ganz schön was anhören, dass ich zu spät war. Aber so sind Eltern nun mal, sind dafür da uns in den Wahnsinn zu treiben."
"Damit hast du wahrscheinlich recht", gab ich grinsend zu und wir blickten und einen Moment an, ohne dass einer etwas sagt.
"Wenn du später auch duschen willst, sag nur Bescheid! Ich kann dir Handtücher geben und dir das Bad frei machen."
"Danke", sagte ich leise und strich mir die Haare in den Ohren.
"Sitzt nur Jongin im Wohnzimmer?"
"Ja und Chanyeol kocht."
"Dann scheint das nicht sonderlich spannend zu sein. Ich geh mal schauen, was die Andren so machen. Schlaf gut. Soll ich dich später wecken?", fragte er und zog die niedlichen Mundwinkel nach oben.
"Ja, vielleicht wenn das Essen fertig ist oder ihr mit irgendetwas Hilfe braucht."
"Du hast heute schon genug getan!"
"Wieso sagen das heute alle?", bemerkte ich lachend. "Das ist nicht viel mehr, als das, was ich Zuhause mache."
"Du hast gestern erwähnt, dass du mit deinen Geschwistern zusammen wohnst. Wo wohnen denn deine Eltern?"
"Außerhalb von Seoul. Es lohnt sich nicht für sie und die Preise sind hier utopisch, deswegen sind sie raus aufs Land gezogen."
"Und deine Geschwister, was machen die so?"
"Meine Schwester schreibt Artikel für Zeitschriften und mein Bruder ist gelernter Koch."
Er nickte und kratzte sich am Kinn, bis er auf eine Idee zu kommen schien.
"Kann ich dich irgendwann mal besuchen? Ich würde gerne mal sehen, wie dein Haus aussieht", meinte er und zeigte sein schönstes Lächeln.
Ich stockte und riss die Augen auf. Er wollte wissen, wie ich lebte? Wollte meine Geschwister kennen lernen? Ich konnte ihn mir gar nicht in meinen eigenen vier Wänden vorstellen!
"Ich weiß nicht..."
"Komm schon, ich werde mich auch benehmen", grinste er. "Es muss ja auch nicht diese oder nächste Woche sein. Einfach irgendwann in der nächsten Zeit."
Ich zuckte mit den Schultern. Interessierte er sich tatsächlich so für mein Leben, dass er meine Familie kennenlernen wollte? Das verwunderte mich und ich hätte nie damit gerechnet, dass er einmal so etwas sagen könntest.
"Natürlich, wieso nicht."
"Gut, ich freue mich drauf!"
Und dann drehte er sich um, klopfte an Baekhyuns Tür und schob sich hinein. Ich ging schnell auf mein Zimmer und legte mich noch immer etwas irritiert in das weiche Bett. Doch die Müdigkeit von letzter Zeit überrumpelte mich und so hatte ich gar nicht wirklich Zeit mir den Kopf über seine Worte zu zerbrechen, denn schon schlief ich ein.
Minseok weckte mich mit, in dem er leicht meine Schulter schüttelte und sofort flogen meine Augen auf. Wir gingen ins Esszimmer, genossen das Gekochte von Chanyeol und schon herrschte wieder Ruhe im Haus, weil alle auf ihren Zimmern waren. Joonmyun schlug mich dazu breit mit ihm mit der Konsole zu spielen und so fuhr ich Runde um Runde ein virtuelles Rennen gegen ihn, sonderlich gut war ich aber nicht.
Baekhyun und Sehun gesellten sich dazu und wir wechselten uns ab mit dem Spielen, doch irgendwann war ich die Zuschauerin und feuerte die am Rennen Beteiligten an. Der Tag ging rum und irgendwann ging die Sonne unter. Ich bekam mit, dass Minji mehrere Male anrief um zu fragen, ob sie vorbei kommen dürfe, doch die anderen sagten ihr stets ab. Es war ein ruhiger Abend, jeder war in seinem Zimmer und ich verbrachte die Zeit mit Yixing auf der Couch und jede Mengen Süßigkeiten.
"Das wird nicht gut gehen, wenn du mich mästest. Das weißt du hoffentlich?", fragte ich ihn und steckte mir mehr von den chinesischen Süßigkeiten in den Mund. Wieso hatte er aber auch so viele davon?!
"Meine Mutter schickt mir jeden Monat ein ganzes Paket! Frag mich mal, wie viel Sport ich machen muss um das abzutrainieren!"
Ich lachte, konnte aber nicht verhindern noch mehr in mich hineinzustopfen. Wie aus dem Nichts erschien Chanyeol und stürzte sich auf die Süßigkeiten.
"Was flüstert ihr hier so auf chinesisch?! Das ist unfair, dass keiner euch verstehen kann", meinte er wie ein bockiges Kind.
"Minseok versteht uns. Und Jongdae auch!", argumentierte Yixing dagegen.
"Jongdaes chinesisch ist mies, hast du ihn schon mal sprechen hören?", fragte Chanyeol an mich gewandt und ich konnte ein leises Kichern nicht verhindern.
"In was bin ich mies?", fragte Jongdae und stützte sich auf den Schultern des sitzenden Chanyeols ab.
"Im Tanzen. Im Kochen. Und sonderlich gutaussehend bist du auch nicht!"
"Hey!", antworte sein Freund empört und er kassierte einen Schlag gegen den Hinterkopf.
Ich lachte und Jongdae durchwühlte die Massen an Süßigkeiten um etwas nach seinem Geschmack zu finden. Dann begann er zu Grinsen und hob eine Schachtel aus dem Durcheinander. Ein Blick auf die Verpackung ließ mich die Augen aufreißen.
"Nein! Hör sofort auf so zu grinsen! Das kannst du vergessen, ich spiele das nicht mit euch!", sagte ich sofort und sprang von der Couch auf, doch Chanyeol versperrte mir schnell den Weg und drückte mich zurück aufs Sofa.
Ich legte den Kopf in den Nacken und machte jammernde Laute, als die Anderen bereits knisternd die Packung öffnete. Ich schnaubte und gab mich schließendlich geschlagen, was könnte ich auch gegen die Jungs auch ausrichten? Die hatten zumindest Spaß.
Pepero war eine Schokoladenstange, mit der man das gleichnamige Spielen konnte, bei der einer das eine Ende in den Mund nahm und wiederum ein anderer so viel abbeißen musste, wie er sich traute. Dabei kam man sich verdammt Nahe, auch wenn die Regel bestimmten, dass man sich nicht küssen durfte. 3 Zentimeter Platz musste bleiben. Aber was waren schon 3 Zentimeter?!
"Das ist total kindisch! Das haben wir in der High School gespielt... Kommt schon! Lasst mich da raus", jammerte ich und bekam ein mehrstimmiges 'Aegyo' zurück, woraufhin ich den Mund hielt.
Sie hatten die etwa zehn Zentimeter langen Schokostangen bereits ausgepackt und setzten sich nun in einem Kreis. Chanyeol, brachte gerade eine Flasche zum Flaschendrehen und seufzte nur Niedergeschlagen.
Das konnte nicht deren Ernst sein...
"Sollen wir die anderen noch holen?", meinte Yixing grinsend.
"Nein! Nicht noch mehr Zeugen", grummelte ich sofort zur Antwort.
"Komm schon, Kairi! Du bist das einzige Mädchen. Wenn wir das machen, bringt das nicht so viel Spaß."
Ich grummelte geschlagen.
"Eine Runde! Nur eine!"
"Deal!", sagten alle mehrstimmig.
Ich wiegte den Kopf in den Hände, während sie bereits eine Pepero-Stange herauslegten und mir hin hielten.
"Halten oder Beißen?"
"Halten", murmelte ich. Dann müsste ich wenigstens nichts machen.
"Gut, wir drehen die Flasche."
Darauf folgte Schere, Stein, Papier, wer die Flasche drehte und als Jongdae sie zum Drehen brachte, hielt ich mir schnell die Augen zu. Chanyeol lachte auf und klatschte in die Hände, dann rückte er zu mir rüber.
"Nur eine Runde", wiederholte ich.
"Versprochen ist versprochen."
Ich saß auf der Couch, steckte mir das Ende der Schokostangen in den Mund und Chanyeol robbte auf Knien heran. Er war groß genug, dass ich mich nicht einmal herunter beugen musste. Ich kniff die Augen zusammen und Chanyeol fing an das andere Ende abzubeißen. Ich hatte keinerlei Befürchtungen, trotzdem hoffte ich, dass es schnellstmöglich vorbei war.
Die anderen klatschten, als er fertig war und ich zog das verbliebene Stück zwischen meinen Zähnen hervor und legte es in die Mitte. So schlimm war es gar nicht gewesen. Chanyeol robbte lachend zurück an seinen Platz und hielt Yixing den nächsten Pepero hin.
"Jetzt seid ihr dran! Mal sehen ob ihr besser seid!"
Jongdae und Yixing wiederholten die Prozedur, doch es war sehr viel lustiger zuzuschauen. Jongdae wollte immer noch mehr abzubeißen und konnte nicht aufhören zu lachen, während sein chinesischer Freund versuchte ihn sich vom Leib zu halten. Schließendlich gewannen sie die Runde und ernteten Applaus. Bevor sie sie mich zu einer weiteren Runde überreden konnte, erhob ich mich von meinem Platz, als Baekhyun, Kyungsoo und Jongin hereinkamen.
"Ihr spielt Pepero ohne uns?", fragte Baekhyun empört und zog die anderen zwei sofort zur Runde. "Chanyeol, ich will mit dir spielen!"
Ich entschied mich doch noch einen Moment zu bleiben, ließ mich wieder auf meinen Platz fallen und Jongin setzte sich direkt neben mich. Chanyeol ließ sich breitschlagen und spielte erst mit Baekhyun und dann zwang er Kyungsoo, während wir Spaß dabei hatten zuzuschauen.
"Jetzt du, Jongin!", meinte Jongdae und hielt im auffordernd die Schokostange hin.
"Ich hab keine Lust."
"Komm schon! Eine Runde wenigstens. Baekhyun und ich spielen gegen dich, such dir jemanden aus."
Jongin nahm zögernd den Pepero an und drehte sich dann plötzlich zu mir um. Nein, er fragte nicht um Erlaubnis. Er legte seine Hand einfach hinter meinen Hinterkopf, nahm den Pepero zwischen die Zähne und steckte mir das andere Stück in den Mund. Ich wollte gerade widersprechen, da begann er abzubeißen und ich begann Panik zu schieben. Zu nah. Zu nah. Zu nah. Viel zu nah. Was in Gottes Willen tat er da?!
Die anderen feuerten ihn an und ich kniff die vorher vor Schreck geweiteten Augen zusammen.
Panik.
Und die Tatsache, dass er mittlerweile wohl nur noch wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt war, half nicht gerade in der Situation. Ich hielt den Atem an, presste die Lippen fest aufeinander und wartete eigentlich nur auf irgendeine Berührung. Er war so nah, dass ich seinen Atem spürte. Ich war kurz vorm krepieren.
Er biss ein letztes Mal ab, dann war sein Kopf plötzlich weg und auch seine Hand ließ meinen Hinterkopf los, während ich immer noch die Augen zusammen gekniffen hatte. Langsam öffnete ich erst das eine, dann das andere. Alle starrten mich erwartungsvoll an und ich nahm vorsichtig das verbliebene Stück aus dem Mund und schnipste es in die Mitte.
"Das ist wohl ein neuer Rekord", meinte Chanyeol grinsend und klopfte Jongin anerkenne auf die Schulter, während ich noch unter Schock stand.
Er war nah gewesen. Verdammt nah gewesen. Das war ein Fastkuss. Doch jetzt verfiel er wieder in das alte Muster und mied meine verständnislosen Blicke, nur ein kleines Grinsen tanzte um seine Lippen.
"Ihr habt wohl gewonnen", meinte Yixing.
Ich stand auf und ging ohne etwas zu sagen.
[Das Gif zeigt Jongin, das weiter oben Tao und Minseok]
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