26

Der Wagen hielt und wir spurteten durch die Pfützen, den Regenschirm mittlerweile zusammen geklappt. Der Regen durchnässte meine Kleidung und die Haare, ich rutschte in den Sandalen hin und her. Chanyeol öffnete die Tür und bedeutete mir, hineinzuklettern, während er auf den Vordersitz kletterte und versuchte seine langen Beine ins Auto zu bekommen. Es war einer dieser riesigen Familienvans, jedoch in schwarz und mit schicken Ledersitzen ausgestattet.
Ich warf mich auf den Rücksitz und blieb einen Moment liegen, nachdem ich die Tür zugeschmissen hatte. Ich war völlig durchgefroren, eine Gänsehaut hatte sich auf meinem Körper ausgebreitet und die nassen Haare klebten mir im Gesicht.

"Hinten liegen Handtücher", erklang es von vorne und schnell richtete ich mich wieder auf.

Jongin saß am Steuer, blickte mich jedoch durch den Rückspiegel an, ein Lächeln zielte sein hübsches Gesicht und die Haare fielen ihm ins gebräunte Gesicht.

"Danke", flüsterte ich und suchte sogleich nach den Handtüchern.

Ich reichte eins zu Chanyeol durch, der seinen Kopf wie ein Hund schüttelte und das Regenwasser im ganzen Van verteilte.

"Hey! Hör auf", grummelte Jongin und warf den anderen Jungen mit dem Handtuch ab.

Erst versuchte ich meine Kleider zu trocknen, doch das war hoffnungslos, also wuschelte ich mir mit dem Ding einfach durch die nun geöffneten Haare und hoffte wenigstens nicht komplett wie ein nasser Pudel auszusehen. Das Einzige, das mir etwas zu schaffen machte, war meine weiße Bluse. So ziemlich jeder kannte das allgemeine Problem: Weiße Bluse und Regen ergaben nicht die beste Mischung.

Ich versuchte meinen Oberkörper irgendwie zu verdecken und hielt mir das Handtuch vor den Körper, während Jongin die Heizung aufdrehte und langsam etwas Wärme in meinen Körper zurückkehrte. Ich zitterte und zog die Beine mit auf den Sitz, durchwühlte meine Tasche um nachzuschauen, ob ich doch noch eine Jacke mitgebracht hatte. Nein, vergessen.

"Hier!"

Ich zuckte zusammen, als etwas in meinem Gesicht landete. Verwirrt packte ich es und hielt es vor meine Augen um zu erkenne, was es war. Es war flauschig. Und trocken. Und ein Pullover.
Jongins Pullover.

Er schaute in den Spiegel um sich die nun verwuschelten Haare zu richten und blickte mich nicht an. Gott sei Dank, denn mir stieg die Röte ins Gesicht. Chanyeol war gerade dabei sich zu mir umzudrehen und schnell stülpte ich den übergroßen Pullover über meinen Kopf, damit er mein rotes Gesicht nicht sah. Mir stieg der Geruch nach einem herben Parfüm in die Nase und ich hielt kurz Inne um es einzuatmen. Nein, er war nicht nur ein unfassbar talentierter Künstler und besaß ein hübsches Gesicht, sein Geruch war auch noch mehr als anziehend. Diese Perfektion verstörte mich langsam.

Schnell steckte ich den Kopf durch den Kragen und schlüpfte auch in die Ärmel des Pullovers, sofort erfüllte mich Wärme, während sein Geruch mich noch immer einhüllte.

"Danke", sagte ich erneut.

"Und ich? Krieg ich dein Hemd?", fragte Chanyeol spielerisch an seinen Freund gewandt und kassierte nur einen spielerischen Schlag auf die Brust.

Jongin fragte nicht, wie unsere Tour war oder ob wir etwas gekauft hatten. Ob es daran lag, dass er sich auf den Verkehr konzentrierte oder einfach nicht in der Stimmung war. Er schaltete das Radio ein und Chanyeol übernahm die Aufgabe des Entertainers, denn er blickte zwar auf sein Handy nieder, doch trotzdem sang er die Lieder im Radio mit. Mich störte es nicht, denn auch wenn er der Rapper der Gruppe war, beherrschte er sowohl die hohen als auch die tiefen Töne.

"Das hier ist übrigens Po-To", meinte er irgendwann ohne aufzublicken.
Ich lehnte mich vor, während der Sitzgurt mir die Luft abschnürte, doch ich wollte wissen worüber er redete.

"Po-To?"

"Ja. Wir haben den schon ein paar Jahre und hatten bereits zwei Unfälle, nichts dramatisches natürlich. Beim ersten Mal ist Sehun in einen Porsche reingefahren. Beim zweiten Mal Joonmyun in einen Toyota. Und so setzt sich der Name zusammen: Po für Porsche und To für Toyota. Unser Baby."

Ich lachte und klopfte auf den Sitz neben mich.

"Schön dich kennenzulernen, Po-To."

"Soll ich dich nach Hause fahren oder möchtest du noch mit zu uns kommen?", fragte Jongin, während er an einer Ampel hielt.

Ich überlegte kurz und biss dabei auf meiner Unterlippe herum. Die Beine hatte ich an den Oberkörper angezogen und mit unter den Pullover gesteckt, die Ärmel waren so lang, dass meine Hände nicht einmal hervorblickten. Und er roch so verdammt gut.

"Ich weiß nicht. Habt ihr später noch etwas vor?"

"Das solltest du wissen als unsere zukünftige Koordinatorin", bemerkte Chanyeol und man konnte hören, dass er grinste.

"Ich hab noch nicht angenommen!"

"Wirst du ja aber wohl", erklang wieder von vorne.

"Chanyeol", meinte ich warnend und drückte mein Gesicht in den weichen Stoff des Rollkragen.

"Was denn? Du musst einfach ja sagen!"

"Sind überhaupt alle damit einverstanden?"

"Klar, alle lieben dich."

"Das ist vielleicht etwas übertrieben", meinte ich leise, konnte aber noch verleugnen, dass ich verlegen über das Lob war.

"Komm, das wird lustig! Andere würden keine Sekunde zögern."

"Sie weiß eben schon, auf was für Idioten sie sich einlassen würde", meinte Jongin und ich lachte. "Zu deiner Frage: Wir gehen später noch Essen, ansonsten haben wir frei."

"Dann komme ich gerne noch mit. Aber ich muss schnell noch einer Freundin schreiben."

"Wieso? Hattest du was geplant?"

"Wir wollten später 'ausgehen'. Was auch immer sie damit meint...", murmelte ich und fischte mein Handy hervor.

"Bring sie doch mit."

Langsam hob ich den Kopf und blickte zu Jongin, doch ich blickte nur auf seine Schulter und einen Teil seines Profils, da er konzentriert auf die Straße blickte.

"Mitbringen?"

"Wenn du ihr vertraust, kannst du sie mitbringen und wir gehen alle zusammen Essen. Minji kommt auch."

"Bist du dir sicher? Sie ist manchmal etwas... extrem."

"Sie wird uns schon nicht zerfleischen. Wenn sie nicht gleich unseren Aufenthalt im Internet postet, kannst du sie gerne mitbringen."
Ich konnte nicht anders, ich musste Lächeln.

"D-Danke."

"Das sagst du heute ganz schon oft", sagte er und drehte sich kurz zu mir um, um mir ein Lächeln zuzuwerfen.

"Okay... Ich frag sie!"

Ich entsperren mein Handy und rief ihren Chat auf, wo sie mir bereits einen Emoji geschickt hatte. Eine tickende Uhr.
'Wir gehen mit ein paar Freunden essen', schrieb ich ihr.

'Freunden? Wir wollten doch zusammen was unternehmen!'

'Können wir doch immer noch danach. Es wird dir gefallen, glaub mir.'

'Na gut. Wir werden ja sehen. Schick mir später die Adresse.'

"Sie kommt", sagte ich mit einem Grinsen auf den Lippen.

"Sehr gut."

"Und noch ein Selca*!", rief Chanyeol und holte sein Hany hervor, während Jongin ihm einen gespielt genervten Seufzer schenkte.
Ich grinste ins Telefon und Chanyeol machte ein Foto, auf dem wir alle drei zu sehen waren. Er tippte einen Moemnt darauf herum und wuschelte sich durch die noch nassen Haare, während ich versuchte meine Füße warm zu kriegen. Und ich war mir sicher, die würden mir bis zu unserer Ankunft abfallen. Dumme Sandalen...

"Darf ich das auf Instagram Posten?"

"Ja, wieso nicht", murmelte ich.


*Selca ist ein anderer Begriff für Selfie

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