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"Was denkst du?", fragte ich und hielt ein Paar Sandalen hoch, die es für einen Sonderpreis gab.

Sie waren vielleicht nicht sonderlich modisch, aber sie waren billig und würden ihren Sinn erfüllen. Gott sei Dank, hatte ich gestern noch meine Fußnägel lackiert. Meine jetzigen Schuhe würde ich einfach in meine Tasche tun oder vielleicht könnte Chanyeol sie auch in seinen größeren Rucksack stecken.

Er musterte die Schuhe mit einem kritischen Blick und ich sah ihm an, dass er sie wohl nicht gerade leiden konnte. Aber es ging nur um eine schnelle Lösung.

"Ich kaufe die schnell."

"Wieviel kosten sie?"

"20.000 Won*", antwortete ich leise, denn sie waren wirklich billig und das war wahrscheinlich auch an der Qualität zu merken.

"Ich hab die hier gefunden", meinte er und hob ein Männerschuhpaar hoch.
Ich hob eine Augenbraue und legte den Kopf schief.

"Ich glaube nicht, dass die mir passen werden."
Er schenkte mir ein Lächeln.

"Die sind für Sehun. Wenn ich was sehe, was meinen Freunden gefallen könnte, muss ich es mitnehmen!"

"Die sehen teuer aus", murmelte ich und er zuckte nur mit den Schultern.

Er war ein guter Freund, mehr konnte ich da zu nicht sagen. Und irgendwie war ich froh ihn und all die anderen kennengelernt zu haben. Und würde ich das Angebot annehmen, würde ich noch mehr Zeit mit ihnen verbringen, aber es würde auch Stress mit sich bringen.

"Dann lass uns zur Kasse gehen!"

Wir bezahlten und auch wenn das Schuhpaar sehr billig gewesen war, war meine Brieftasche danach leer. Na super. Später mit der Bahn nach Hause zu fahren, fiel damit ja wohl weg. Und Jia wollte ich eigentlich auch nicht wieder anrufen, denn sie war zwar meine beste Freundin, aber ich wollte es auch nicht ausnutzen, dass sie ein Auto und ein großes Herz hatte.

Als wir aus dem kleinen Laden herauskamen, wechselte ich schnell die Schuhe und ohne ein Wort zu sagen steckte Chanyeol die High Heels in seinen Rucksack.

"Danke", sagte ich und wackelte mit den Zehen, nach dem ich die neuen Schuhe anprobiert hatte. "Wo möchtest du jetzt hin?"

"Wollen wir einen Kaffee trinken?"

"Du kannst dir gerne einen kaufen, ich verzichte", antwortete ich und folgte ihm auf den vollen Bürgersteig.

Das Gute an Chanyeol war, dass er einfach riesig war. Während ich in der Menge unterzugehen schien, ragte er wie ein Hochhaus zwischen all den Menschen empor und sobald ich ihn verlor, brauchte ich mich nur genau umsehen um seinen braunen Haarschopf zu erblicken. Er dagegen blickte sich manchmal desorientiert um, weil er mich verloren hatte, denn durch die neuen Schuhe war ich nun auch wieder ein ganzes Stück kleiner. Das Problem lösten wir, in dem ich mich bei ihm einhakte und so würden wir auch nicht so schnell getrennt werden. Ihm schien es nichts auszumachen und so führte er mich ziemlich zielsicher durch die Straßen von Seoul. Und zu meiner Überraschung würden wir nicht einmal angesprochen, denn seine Verschleierung schien wirklich hilfreich zu sein.

Dreißig Minuten später verließen wir gerade wieder das Café, Chanyeol hielt einen dampfenden Becher in der Hand und nippte vorsichtig an der heißen Flüssigkeit. Er verzog das Gesicht, als er sich die Zunge verbrannte und ich konnte nur lachend zusehen.

Ich hatte gar nicht bemerkt, dass es angefangen hatte zu regnen. Mittlerweile war der Himmel dunkelgrau und dicke Tropfen fielen von ihm herab, was die Leute nur noch schneller laufen ließ. Wir stellten uns an die Glaswand des Cafés und Chanyeol klappte den Regenschirm von Jongin auf, zog mich darunter und versuchte erneut den heißen Kaffee zu trinken.

"Heute ist es wirklich voll", murmelte ich und blickte auf die Menschenmassen, während der Regen stetig auf den Schirm trommelte. "Dabei ist es Freitag."

"Das Stadtteil hier ist meistens überfüllt, sogar noch spät abends. Wir verbringen hier viel Zeit, schließlich ist die Agentur genau um die Ecke und dadurch können wir nach dem Training herkommen um noch etwas einzukaufen. Wenn wir essen gehen, dann meistens hier."

"Werdet ihr dann nicht erst recht von Fans überlagert? Wenn ihr euch immer im selben Stadtteil aufhaltet?"

"Nein, eigentlich nicht. Seoul ist nun mal groß. Außerdem stört es uns ja nicht, Fans zu treffen. Es ist toll, wenn wir andere Leute für etwas begeistern können", meinte er und lehnte sich etwas zu mir herunter, damit ich ihn über den Lärm des Regens und der Menschen verstand.

"Ja, das tut ihr aufreden Fall!", antwortete ich.

Er hielt mir seinen Kaffee kurz hin und ich nippte dankbar daran, denn nun wurde mir kalt. Vielleicht waren Sandalen doch nicht die richtige Entscheidung gewesen, denn jetzt waren meine Füße mehr als nass. Naja, besser als auf High Heels laufen zu müssen, besonders bei Regen war das kein Spaß. Jede Frau wusste ich, wovon ich redete.

"Dort drüben ist einer meiner Lieblingsläden, wollen wir da mal reinsehen?"

Und damit zog er mich mit sich, meine Schuhe machten platschende Geräusche durch die Pfützen und meine Füße wurden noch nasser. Wir beeilten uns um schnell auf die andere Straßenseite zu kommen, wo wir sofort in einen kleinen Laden stürmten. Chanyeol klappte den Regenschirm zusammen und stellte ihn vorne an der Tür an, dann stürzte er sich bereits in die Suche nach neuen Klamotten.

Es war ein süßer Laden mit toller Ware, doch alles hatte einen beträchtlichen Preis. Daher zwang ich mich, mich nicht zu sehr in Shoppinglaune zu bringen, denn ich hatte sowieso kein Geld um mir etwas zu kaufen. An irgendeinem Punkt verlor ich Chanyeol und ging daher durch zu den Frauensachen. Meine Technik um die Zeit schneller vergehen zu lassen war ziemlich simpel: Möglichst schreckliche Sachen holte ich hervor und schaute sie mir an. Alles, was mir potenziell gefallen könnte, ließ ich links liegen und konzentrierte mich eher auf die grässlichen Dinge. So hatte ich gar nicht erst die Chance, mich in irgendetwas zu verlieben.

Jeder kennt das: Man findet ein Teil, verliebt sich und kommt nicht mehr davon los. Und dann kann man es doch nicht mitnehmen, es tut im Herzen weh und noch Tage danach bereut man es, nicht genug Geld mitgenommen zu haben...
Ich wippte mit der Musik mit, während ich ein besonders grässliches Oberteil anschaute. Dann wechselte das Lied, ich hielt Inne und musste anfangen zu lachen. Nachdem ich mich wegen diesem gruseligen Zufall gesammelt hatte, deutete ich kleine Tanzbewegungen an und tanzte durch den Gang, während ich lachend mitsang.

Und dann erschien Chanyeol mit einem breiten Grinsen vor mir, konnte sich nicht halten vor Lachen, als er mich sah und stimmte selber in den Gesang ein.

"Geurae wolf naega wolf auuu-
A saranghaeyo
Nan neukdaego neon minyeo
Geurae wolf naega wolf auuu-
A saranghaeyo
Nan neukdaego neon minyeo"

Dann begann er mitten im Gang zu performen und die Choreografie zu tanzen. Zwei Kunden drehten sich zu uns um und schauten uns verwundert an, weshalb ich schnell zu ihm hin lief und versuchte ihn zu stoppen, doch Chanyeol machte einfach weiter und sang sogar noch lauter. Ich versuchte ernsthaft zu blieben, doch konnte mich einfach nicht halten und brach immer wieder in einen Lachanfall aus.

"Chanyeol!", sagte ich und versuchte seine Arme festzuhalten, doch er schob mich einfach lachend beiseite und performte seinen eigenen Song bis zum Ende.

Dann schienen auch die anderen Kunden zu verstehen, kamen zögernd auf ihn zu und fragten nach einem Autogramm und Bild.

Er zeigte sich freundlich, ließ sich aber nicht auf ein tieferes Gespräch ein. Stattdessen deutete er auf die Klamotten, die er unter dem Arm klemmen hatte und ich folgte ihm zu der Umkleide. Er hatte sich für zwei T-Shirts, zwei Pullover und eine Jacke entschieden und nach einer kurzen Anprobe entschied er sich für drei der Kleidungsteile. Wie ein treudoofer Hund folgte ich ihm zur Kasse und er bezahlte mit der Karte. Die Verkäuferin Nächte große Augen, fragte aber nicht nach einem Autogramm. Etwas verwirrt legte sie die Sachen zusammen, während Chanyeol vor sich hin summte. Sie reichte ihm die Tasche und der Junge lehnte sich an den Thresen und schenkte ihr ein freches Grinsen.

"Einen sehr guten Musikgeschmack habt ihr!"

Und damit drehte er sich um, hakte sich bei mir ein und ging zurück zum Ausgang.



*20.000 Won sind etwas weniger als 15 Euro

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