Kapitel 26

Aaliyah's Sicht
*Der nächste Tag*

Meine Augen gleiten über die Tattoos meines Bruders, welcher sich gerade mit Mike unterhält und ein Glas Wein trinkt, während wir zusammen kochen.

Mir ist gar nicht aufgefallen, wie sehr er mir gefehlt hat und ihn jetzt bei mir zu haben fühlt sich unglaublich toll an.

"Wie läuft's zwischen euch zwei?", fragt Nate, lächelt mich an und fährt sich durch die Haare.

"Wir haben weder gestritten noch geredet.", antworte ich seufzend.

"Er ist dein Bruder, Lia, wenn nicht er für dich da sein soll, wer dann?", erwidert Nathaniel besorgt.

Sofort tauchen strahlend grüne Kristalle vor meinem inneren Auge auf und ich lächle schief, als seine Worte in meinem Kopf erscheinen.

"Was erwartest du von mir, Nate? Soll ich ihm ein Geschenk kaufen und mich bei ihm bedanken, dafür, dass er sich für mich schämt?", meine Stimme klingt strenger als erwartet und ich merke, wie mein Bruder verwirrt die Augenbrauen zusammenzieht.

"Was ist denn mit dir los? Wir reden hier über Mike, Aaliyah, nicht irgendeinen dahergelaufenen Penner aus deiner Schule.", meint Nate und blickt mich etwas böse an.

"Warum bin immer ich diejenige, die von anderen gebaute Scheiße, ausbaden muss? Er ist es, der mich wie Dreck behandelt sobald wir nicht mehr Zuhause sind. Er ist es, der seinen Freunden erlaubt sich über mich und mein Leben lustig zu machen. Er ist es, der mich kaputt gemacht hat. Ich würde für ihn sterben, während er sich nicht einmal traut vor seinen Freunden für mich geradezustehen.", fauche ich laut, spüre die intensiven Blicke meines Vaters in meinem Rücken, doch es ist mir egal.

"Du bist auch nicht gerade nett zu mir, Lia!", ertönt jetzt die Stimme von Mike und kurz darauf steht er auch schon vor mir.

Eine leise Stimme in meinem Kopf erinnert mich daran, dass alles vergänglich ist, außer Familie aber dann gibt es noch meine Wut in Verbindung mit Enttäuschung, welche jenes Geräusch um längen übertönen.

"Du bringst mich wirklich dazu, so zu sein wie ihr, oder?! Muss ich unbedingt aufzählen, wie oft ich dich von deinen Parties abgeholt, danach geduscht und ins Bett gebracht habe? Zwingst du mich wirklich dazu, dir all die Male zu nennen, in denen du wie ein kleines Kind weinend an meiner Tür geklopft hast, weil irgendeine unwürdige Schlampe dir dein Herz gebrochen hat? Ich war immer für dich da und - als ich einmal ein wenig Hilfe von dir wollte, weißt du, was du da getan hast?", ich atme tief durch, ignoriere die Tränen von uns allen komplett. "Alles was ich wollte war neben dir zu schlafen, weil ich Angst hatte, aber du hast deine Tür abgesperrt und bist zu Aiden gegangen. Ich habe immer wieder gesagt, dass es wegen Mum's Tod ist, aber jetzt, fast drei Jahre später, bist du kein Stück besser geworden und Mike, ich hasse dich dafür. Eines Tages wirst du dich an alle meine Taten für dich erinnern und du wirst deine jetzige Haltung mir gegenüber bereuen, aber das schlimme dann wird sein, dass es mich nicht mehr interessiert.", sage ich schluchzend, höre nicht einmal auf in seine Augen zu gucken, kann somit regelrecht beobachten, wie mit jedem meiner Worte sein Gewissen lauter zu schreien beginnt.

Die Angst, ich könnte alle diese Worte eines Tages bereuen ist natürlich da, aber im Moment kann ich leider nicht wirklich sagen, dass es mich interessiert.

"Aaliyah..", beginnt Nate sanft und greift nach meinem Arm.

"Nein, fass mich nicht an. Ich bin immer diejenige, die psychisch krank und total am Durchdrehen ist, dabei solltet ihr alle erstmal in den Spiegel schauen! Ich habe es satt von euch wie ein Psycho behandelt zu werden. Ich bin ein ganz normales 18 jähriges Mädchen, mit einer etwas harten Vergangenheit. Ihr löst eure Probleme mit Alkohol und Arbeit, dasselbe tue ich mit einer Klinge.", "Du bist alles was wir noch haben, Snow. Allein deine Existenz ist der einzige Grund für unser Weiterleben. Wir sorgen uns um dich, aber du lässt uns kaum an dich heran und wir wissen nicht, wie wir damit umgehen sollen.", sagt mein Vater ruhig, stellt sich zu meinen Brüdern und es ist, als würde ich in mein Herz sehen.

"Ihr behandelt mich wie eine Wesen aus Glas. Warum seid ihr nicht einmal normal zu mir?", erwidere ich seufzend, fahre mit den Händen über mein Gesicht und blicke dann in die blauen Augen von Nate.

"Was meinst du mit normal?", fragt Mike verwirrt.

"Redet mit mir über die Schule. Fragt mich über Jungs aus. Seid sauer auf mich, wenn ich etwas dummes anstelle.", antworte ich nur.

"Du bist eine perfekte Schülerin, hast kaum bis nichts mit Jungs zutun und stellst nie etwas dummes an. Aaliyah, du bist ein Engel.", kommt es von meinem ältesten Bruder und beinahe breche ich in Gelächter aus.

"Genau das meine ich. Ihr sorgt euch um mich, aber das Problem dabei ist, dass ihr nie danach fragt, wie es mir geht. Dad, dich sehe ich kaum und verdammt, du fehlst mir. Nate, du bist immer hier aber fehlst einfach. Und Mike, du bist mir so nah, scheinst aber Kontinente von mir entfernt zu sein. Lasst euch das Mal durch den Kopf gehen und genau dann können wir wieder reden. Ihr seid meine Familie und auch ihr seid der einzige Grund, warum die Klinge nur waagerecht auf meinem Arm landet. Ich liebe euch und niemals wird irgendjemand eure Plätze einnehmen können, nur sollten wir wirklich an unserer Kommunikation arbeiten, denn sonst bricht diese ganze Familie zusammen - und wir alle werden darunter leiden.", sind meine letzten Worte, bevor ich nach meiner Jacke greife und mit meinen Autoschlüsseln das Haus verlasse.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top