Kapitel 12
Aaliyah's Sicht
"Ich will doch nur wissen, warum du es tust, Aaliyah. Du bist meine einzige Tochter und das beste Stück meiner Seele. Ich will dir doch nichts schlechtes. Nenn mir den Grund für deine Depressionen und wir werden zusammen eine Lösung finden.", sagt mein Vater mit voller Überzeugung in seiner Stimme, während seine großen Hände die meine umschließen.
Ich würde ihm am liebsten alle Gründe aufzählen, angefangen bei meiner Mutter, die mich einfach so im Stich gelassen hat, weiter zu meinem Bruder der versucht ein kaputtes Glas mit Kleister zusammenzukleben.
Ich würde so gerne meinem Vater in die Augen gucken und ihm erklären, dass ich nachts immer noch nicht schlafen kann, weil ich das Bild meiner Mutter in einer Blutlarche einfach nicht aus dem Kopf bekomme.
Ich würde ihm für mein Leben gern erklären, dass ich es hasse, wenn Menschen mich anfassen und das nur wegen einem Mann, dem ich vertrauen sollte, nur damit er mein schlimmster Albtraum wird.
Doch alles was ich Zustande bringe, sind tausende von Tränen und lautes Schluchzen.
Meine Brust schmerzt, wenn ich meinem Vater in die Augen gucke, aber ich könnte ihn niemals mit dem ganzen Leid bestrafen, das meinen Körper erfüllt.
Seufzend gucke ich in seine grünbraunen Augen, wische mir die Tränen aus dem Gesicht und entziehe ihm meine Hände.
"Es tut mir leid, Dad. Ich habe versucht ohne den Schmerz klarzukommen, aber ich konnte es einfach nicht. Es ist wie eine Droge, wenn nicht sogar schlimmer und glaub mir, wenn ich es stoppen könnte, hätte ich es schon längst getan, doch ich kann und - will nicht. Ich brauche das.", "Du bist psychisch krank, Liebling. Ernsthaft krank.", sagt mein Vater ruhig und mit einem dichten Tränenschleier vor seinen grünbraunen Augen.
"Nein, Dad.", murmle ich und schlucke hart.
"Mein Engel, ich sage das doch nicht, um dich zu beleidigen. Ich bin Psychologe und-", "Ich bin nicht krank! Mir geht es nur nicht gut!", schreie ich sauer und spüre wie diese allseits bekannte Leere meinen Körper einnimmt.
Aufgebracht und vom Schmerz ergriffen, erhebe ich mich und starre meinen Vater wütend an.
"Aaliyah, die Klinik hat dir doch gut getan. Was hältst du davon wenn wir dich-", "Nein! Ich gehe dort nicht mehr zurück! Ich hasse es dort! Lieber sterbe ich, als zurück in diese Klinik zu gehen.", rufe ich empört und bis aufs tiefste verletzt.
Ich weiß, dass mein Vater nur das beste für mich will und es bricht mir das Herz, ihn so anzuschreien aber er behandelt mich seit Jahren als wäre ich eine Patientin, dabei bin ich doch seine Tochter.
"Ich will dir doch nur helfen, Liebling, aber du lässt mich ja nicht an dich heran.", seufzt mein Vater total erschöpft und ich mache es ihm nach.
"Wenn du mich wieder ansiehst wie du meine Brüder anguckst, und nicht als wäre ich deine Patientin, dann werde ich dich an mich heranlassen. Ich will nur deine väterliche Liebe, Dad, nicht deinen ärztlichen Rat.", ist das letzte was ich sage, bevor ich in mein Zimmer laufe und dort in Tränen ausbreche.
Die ganze Nacht liege ich wach und versuche mich an die schönen Zeiten meines Lebens zu erinnern, doch das ist schwerer als erwartet.
Ich erinnere mich an meine unbeschwerte Kindheit, an die Zeit mit Rowan in der Klinik und an die Urlaube mit meinem Vater.
Jeder hat eine Zeit in seinem Leben, wo die Situation einfach aussichtslos erscheint und man würde sich am liebsten einfach nur verkriechen, um nie wieder mit irgendjemandem zu sprechen.
Denn auch wenn man Menschen hat, die man liebt und von denen man geliebt wird, welche nur das beste für einen wollen, scheinen genau diese Menschen in jenem Moment alles nur noch schlimmer zu machen.
Lange Zeit denke ich darüber nach, wie ich die einst so gute Beziehung zu meinem Vater wieder aufbauen kann, doch je länger ich darüber nachdenke, desto trauriger werde ich, da es so aussichtslos scheint.
Diese konstante Schmerzphase meines Lebens wird mich wortwörtlich noch umbringen und ich habe keine Ahnung, wie lange ich noch dagegen ankämpfen kann.
Der Mittwoch vergeht ohne große Turbulenzen und ich bin viel zu glücklich darüber.
Den ganzen Tag schaut Wolf mich nicht and und schenkt mir auch nicht die Aufmerksamkeit, nach der ich tief in mir verlange.
Er hat anscheinend endlich verstanden, dass aus uns nichts werden kann.
Gestern sah er enttäuscht und nachdenklich aus, als ich ihn darauf angesprochen habe aber es kann auch nur Wunschdenken gewesen sein. Zu meinem Erstaunen lässt auch der ganze Rest der Schule mich in Ruhe und ich genieße diese Situation bis ins Mark.
Bei meinem Auto angekommen, belade ich die Beifahrerseite mit meinen Taschen, bevor ich auf die andere Seite laufe und dort auch schon die grünen Augen von Wolf erblicke.
Wunderschön klar und hell strahlen die Kristalle mich an, während er seine vollen Lippen aufeinander presst und die Kapuze nur wenige Strähnen seiner schwarzen Mähne entblößt.
Mein Körper spannt sich auf die intensivste Weise an und irgendwie habe ich diese Gefühle vermisst. Das Blut rauscht in meinen Ohren und mein Herz rast bereits seit wenigen Minuten.
"Was gibt's?", frage ich und fahre durch meine Haare.
"Ich wollte vorschlagen am Freitag mit zu dir zukommen, weil wir doch sowieso zusammen ins Krankenhaus zu den Kids wollten. Bis wir dorthin gehen, können wir ja auch schon ein wenig mit dem Projekt anfangen.", antwortet Wolf und fesselt mich mit seinen leidenschaftlichen Blicken.
In meinem Unterleib entsteht ein intensives Ziehen, das mir Gänsehaut über den ganzen Körper jagt.
"Das klingt gut.", erwidere ich, beobachte wie seine Augenbrauen sich wieder entspannen und er nickt.
"Fahr am Freitag mit deinem Bruder, dann können wir zusammen zu dir und mit nur einem Auto ins Krankenhaus. Bei zwei ist alles komplizierter.", ist das einzige was er noch dazu sagt, bevor er sich umdreht und auf seinen weißen Range Rover zuläuft.
Mir hat seine Aufmerksamkeit nicht gefallen, weil er so aufdringlich war und jetzt ist er so kalt und distanziert, was mich auch total stört.
Ich habe eben keine Ahnung was dieser Junge überhaupt mit mir tut.
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