VI) 18:15 Uhr
VI) 18:15 Uhr
Schwimmbad ohne Wasser ist wirklich zum Kotzen. Nicht nur wegen der Hitze. Kati sitzt am Beckenrand, ihre Beine baumeln ins Wasser. Sie hat mir ihren Rücken zugedreht, auf dem sich nur die dünnen Schnüre befinden, die ihr Oberteil zusammenhalten. Wie gerne würde ich jetzt neben ihr sitzen, anstatt auf dieser blöden Plastikbank im Abseits. Behindert sein ist scheiße. Verliebt sein auch. Beides zusammen erst recht.
Kati benetzt sich die Arme und den Oberkörper mit Wasser. Ich überlege, ob ich mich nicht doch irgendwie zu ihr setzen kann, da kommen Vincent und Max. Max springt direkt vor Kati ins Wasser und spritzt sie nass. Vincent springt hinterher. Prustend und lachend tauchen die beiden auf. Kati quietscht und hält sich die Hände vor das Gesicht, aber ihr Widerstand ist zwecklos. Max zieht sie ins Wasser. Die Drei lachen und haben Spaß.
»Hey Basti, komm mit rein«, ruft Max. Ein Wasserstrahl spritzt in meine Richtung. »Wir springen vom Dreimeter. Willst du mit?«
»Ne, lass mal. Ich bleibe lieber hier.« Und schwitze und schaue euch zu. Richtig ätzend halt. Die Wassertropfen haben dunkle Flecken auf den heißen Pflastersteinen vor mir hinterlassen.
Die beiden ziehen ab in Richtung der Sprungbretter. Kati zieht sich am Beckenrand hoch, steht auf und lässt sich bei mir nieder. Sie wringt ihre langen Haare aus. Neben den vereinzelten Wasserflecken auf dem Boden bilden sich ein paar weitere.
»Das hat richtig gut getan«, meint sie. »Schade, dass du nicht ins Wasser kannst.« Schwingt da Mitleid in ihrer Stimme mit?
Meine schlechte Laune sinkt mit einem Mal noch tiefer in den Keller. Ich hasse es, wenn man mir sagt, was ich kann oder nicht. »Ich kann schon. Ich will nur nicht.« Ich erschrecke selbst darüber, wie patzig ich klinge. Aber gesagt ist gesagt, ich kann meine Worte nicht zurückholen.
Dabei bin ich nicht sauer auf Kati, nur auf mich selbst. Ist doch alles Mist. Herzukommen war eine blöde Idee.
»Tut mir leid«, lenkt Kati ein.
Jetzt habe ich auch noch meine schlechte Laune an ihr ausgelassen. »Es muss dir nicht leidtun. Ach, vergiss es. War nicht so gemeint.« Dass ich den Leuten leidtue, bringt mich auch nicht weiter. Vielleicht ist das auch einer der Gründe gewesen, weshalb ich meinen Klassenkameraden meine Situation verschwiegen habe.
Kati schaut mich irritiert an und sagt nichts. Ich kann nicht verhindern, dass sich meine Gefühle auf meinem Gesichtsausdruck widerspiegeln und sagen will ich auch nichts mehr dazu. Langsam wird das Schweigen zwischen uns allerdings unangenehm. Ich will nicht, dass der Nachmittag so endet.
In meinem Kopf formt sich ein Gedanke. Das Nichtschwimmerbecken ist inzwischen fast leer. Die Sonne brennt zwar immer noch herunter, aber sie sinkt allmählich tiefer.
Weder ich noch sie sagen ein Wort. Kati genießt ganz klar, wie die Sonne auf ihre gekühlte Haut scheint. Wassertropfen glitzern auf ihren Schultern und kleine Wasserperlen rinnen aus den Spitzen ihrer Haare. Mir rinnt nur der Schweiß im Nacken hinunter.
Das ruhige Blau des Schwimmbeckens sieht richtig einladend aus.
Ich muss einfach irgendetwas sagen. Außerdem wird mir klar, dass ich etwas tun muss, wenn ich etwas an der vermaledeiten Situation ändern will. Und im Augenblick will ich nichts mehr als das.
»Ich hole meine Badehose«, sage ich.
Kati öffnet die Augen und dreht sich zu mir. Sie öffnet den Mund, sagt aber nichts.
»Ich glaube, ich gehe doch ins Wasser.«
Ehe Kati die richtigen Worte findet, bin ich aufgestanden und laufe zu meinen Sachen. Die Badehose ist ganz unten im Rucksack. Ich spüre, wie mir Kati hinterherschaut, aber sie bleibt auf der Bank sitzen. Endlich ziehe ich die langen Shorts hervor. Ich habe das Modell mit den längsten Hosenbeinen eine Nummer größer gekauft und noch nie getragen. Ich weiß nicht, ob ich den Mut aufbringen werde, es heute anzuziehen.
Kati wird mich nicht nur für einen Langweiler und Miesepeter, sondern auch für einen Feigling halten. Am besten ich reiße mir die Gefühle gleich aus dem Herzen.
Während ich mit meiner Badehose in der Hand auf die Umkleidekabinen zusteuere, schaue ich zu Kati, die immer noch auf der Bank wartet. Sie lächelt mir zu. Ganz wie von selbst erwidere ich ihr Lachen. Wahrscheinlich gleicht es bei mir eher einer verunglückten Grimasse. Sie erhebt sich halb, setzt sich aber wieder hin und winkt mir stattdessen.
Ich würde am liebsten umdrehen und weglaufen, aber dann würde ich wie ein Angsthase dastehen. Viel zu schnell habe ich die Umkleidekabinen erreicht und wähle die ganz außen.
Mist. Ich lehne mich von innen an die Wand und stöhne. Mir ist zum Heulen zumute. So ein Mist!
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top